Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Agaat

Südafrika in den 90er Jahren: Milla Redelinghuys wartet auf den Tod. Durch ein Nervenleiden am ganzen Körper gelähmt, fällt es ihr schwer sich mitzuteilen. Ihre schwarze Haushälterin Agaat ist bemüht, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Doch Agaat lässt die zum Schweigen verdammte Milla auch ihre neu erworbene Macht über sie spüren. Und hat eine diebische Freude daran. Denn da ist der alte Groll über jene Frau, deren Sohn sie großzog, die ihr aber den Zugang zur Familie verwehrte. Und deren Ehemann alle drangsalierte. Zumindest darin sind sich die zwei Frauen einig. Und während Milla die letzten fünfzig Jahre Revue passieren lässt, loten die beiden die Grenzen ihrer Beziehung aus. Und nähern sich dabei Stück für Stück einander an.
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Bewertungen

Agaat wurde insgesamt 5 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Agaat

    Inhalt
    Kamilla de Vet ist unheilbar an ALS (Amyotropher Lateralsklerose) erkrankt und hat nicht mehr lange zu leben. Der Sarg ist gekauft, das Grab schon ausgehoben. Die Patientin, in ihren erkrankten Körper eingeschlossen, kann selbst nur noch die Augenlider öffnen oder schließen und ist völlig auf ihre Pflegerin Agaat angewiesen. Die einzig verbliebene Kraft der Patientin ist die Vorstellungskraft. Millas Sohn Jakkie ist bereits aus Kanada auf dem Weg nach Südafrika, um sich von seiner Mutter zu verabschieden. Die 70-jährige Milla und die eine Generation jüngere Agaat verbindet ein besonderes Verhältnis, das sich im Dialog der beiden Frauen, aus Millas Tagebüchern und einer weiteren Erzählperspektive erschließt, in der Milla sich als „du“ anspricht und ihre Erinnerungen an sich vorbeiziehen lässt. Der Dialog der beiden Frauen muss einseitig bleiben; denn Milla kann nur Ja oder Nein signalisieren, und Agaat versteht die Dinge so, wie sie sie gern verstehen will. Alles, was Milla ein Leben lang Agaat gegenüber an Redensarten und Allgemeinplätzen von sich gegeben hat, kommt nun wie ein Bumerang zu ihr zurück, ohne dass sie sich dagegen wehren könnte. Als Milla mit letzten Kräften versucht, sich von Agaat etwas bringen zu lassen, von dem sie nicht deutlich machen kann, was sie meint, stelle ich mir vor, wie schrecklich es für einen Hilfebedürftigen sein muss, wenn er über etwas Abstraktes sprechen möchte, das die Pflegeperson evtl. gar nicht kennt.
    Rückblicke in unterschiedlichen Tonlagen führen in die 60er Jahre zurück. Milla heiratete damals Jakobus de Vet und beschloss, die Farm ihrer Großmutter wieder selbst zu bewirtschaften, die ihre Eltern mehr schlecht als recht einem Verwalter überlassen hatten. Milla hat die Verwaltung eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Mischwirtschaft wie selbstverständlich im Elternhaus gelernt und geht irrtümlich davon aus, das sie die Farm gemeinsam mit Jak führen wird, der so offensichtlich interessiert daran war, eine Frau mit Grundbesitz zu heiraten. Doch schnell wird deutlich, dass die beiden an der Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau und damit auch an der Anleitung ihrer schwarzen Arbeiter scheitern. Ein "Baas" und eine Farmerin müssen sich den Respekt ihres Personals durch tägliche Präsenz immer neu erarbeiten. Wenn Milla den ganzen Tag aktiv im Betrieb arbeiten will, braucht sie in einem großen Haushalt eine erfahrene vertrauenswürdige Haushälterin, die das Hauspersonal beaufsichtigt. Für den Haushalt bildet Milla aber nur die kleine Agaat aus, die damals noch ein Kind ist und von der den Lesern lange nicht klar ist, wie sie überhaupt in die Familie de Vet gelangt ist. Agaat ist allein Millas Geschöpf, alles was sie lernt, hat sie von Milla gelernt. Die Hausherrin zwingt Agaat (ein anfangs zwölfjähriges Kind!) gnadenlos, zusätzlich zum Haushalt und zur Kinderpflege auch die Landwirtschaft zu lernen. Man könnte vermuten, dass Milla in Agaat mit Gewalt eine Perfektion durchsetzen will, an der sie selbst so offensichtlich gescheitert ist. In einem Land mit Rassentrennung per Gesetz wird es erhebliche Probleme geben, wenn Arbeitgeber zulassen, dass ein schwarzes Dienstmädchen in der Hierarchie der Farm eine zu mächtige Rolle einnimmt. Dieses für das Verständnis von Ereignissen in Südafrika entscheidende Faktum hat der Texter/die Texterin des Klappentextes nicht begriffen, sonst würde dort nicht die völlig undenkbare Vorstellung genannt, ein schwarzes Hausmädchen könnte in Südafrika 1960 „mit zur Familie“ gehört haben. Agaat kann zwar Millas Sohn Jakkie wie ein eigenes Kind aufziehen, aber die de Vets konnten zur Zeit der Handlung im Apartheids-Staat unmöglich öffentlich gemeinsam mit Agaat auftreten.
    Fazit
    Mit dem Verhältnis zwischen einer völlig hilflosen Patientin und ihrer vertrauten Pflegerin schafft Marlene van Niekerk den Rahmen für eine vielschichtige Handlung, in der es nicht nur um die Beziehung dieser beiden Frauen geht, sondern um das staatlich erzwungene Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß zur Zeit der Apartheid, um Eifersucht zwischen Mutter und Kindermädchen, um männliche und weibliche Rollenbilder und das Verhältnis zwischen einem Farmer und "seinen" schwarzen Arbeitern in Südafrika. Außerordentlich beeindruckend finde ich die unterschiedlichen Tonlagen, in denen van Niekerk erzählt, darunter Millas gedachte Lautmalereien ("girts, garts", zieht sie die Handschuhe an), mit denen sie ihre begrenzte Wahrnehmung wiedergibt. Wem es beim Lesen gelingt, die europäische Brille seines persönlichen Urteils über eine uns fremde Kultur beiseitezulegen, der wird aus den gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Schwarz und Weiß auf der Farm Grootmoedersdrift erkennen, wie die Verhältnisse der 60er Jahre zu den ungelösten Problemen des heutigen Südafrika geführt haben.
    (13.7.2014)
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  • Rezension zu Agaat

    Zwei Frauen auf der Farm Grootmoedersdrift. Milla de Wet an das Bett gefesselt durch ihre degenerative Krankheit, welche ihr auch die Sprache genommen hat, somit nur mit den Augen und dem Lidschlag kommuniziert und Agaat ihre treue Dienerin und Betreuerin. Diese totale Abhängigkeit der Herrin zu ihrer Dienerin welche nicht nur für das Wohlergehen der Gelähmten sorgt, sie auch vor der Umwelt schützt und sogar von dem Arzt fern hält, stärkt die Bindung zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen Charaktere welche seit fast 50 Jahren besteht, wie Milla de Wet , Agaat als kleines Mädchen zu sich auf die Farm holte.
    Darauf angewiesen, dass Agaat die auf der Ebene des Augenkontaktes Kommunizierende versteht, bewegt sich das Umsorgen zwischen rücksichtvoller Teilnahme und Boshaftigkeit, welches ein ständiges hin und her der Gefühlwelt von Ohnmacht, Ängsten und Dankbarkeit von Milla bewirkt.
    Abwechselnd zwischen gestern und heute, mit wirren Gedankenfetzen von Milla, obwohl sie noch einen wachen Geist hat, und den Tagebucheinträgen beschreibt die Erzählung das Leben dieser beiden Frauen. Alte Ressentiments und Rivalitäten tauchen in diesen Gedanken auf, Schuldgefühle und Rechtfertigkeiten sowie Unausgesprochenes und zu viel Gesagtes.
    Die Erzählung ist zwischen 1948 und 1990 angesiedelt und beschreibt eindrücklich den Weg der Frauen welcher geprägt ist von öffentlicher und privater Gewalt. Es ist aber auch die Geschichte der Ungleichheit zwischen Weissen und Afrikaner durch die Apartheit, betrachtet durch den Mikrokosmos der reichen Burenfamilie de Wet welche durch Tyrannei und rohe Gewalt ihrer Überlegenheit Ausdruck gibt.
    Die Geschichte hat mich gefangen genommen, jedoch war sie nicht einfach zu lesen. Die Beschreibungen sind manchmal fast unerträglich lang, machen das Lesen oftmals sehr schwer und „schmerzhaft“, sind jedoch sehr gut gemacht und gehören dazu. Man muss sich wirklich auf das Buch einlassen, den Gedanken folgen und wenn man die letzten Seiten liest, wenn alle Teile zusammengesetzt werden, alles ans Licht kommt, Vermutungen sich bestätigen, weiss man, auch wenn es einige Male sehr schwierig war, es war es wert.
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  • Rezension zu Agaat

    Klappentext:
    Südafrika in den 90er Jahren: Milla Redelinghuys wartet auf den Tod. Durch ein Nervenleiden am ganzen Körper gelähmt, fällt es ihr schwer sich mitzuteilen. Ihre schwarze Haushälterin Agaat ist bemüht, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Doch Agaat lässt die zum Schweigen verdammte Milla auch ihre neu erworbene Macht über sie spüren. Und hat eine diebische Freude daran. Denn da ist der alte Groll über jene Frau, deren Sohn sie großzog, die ihr aber den Zugang zur Familie verwehrte. Und deren Ehemann alle drangsalierte. Zumindest darin sind sich die zwei Frauen einig. Und während Milla die letzten fünfzig Jahre Revue passieren lässt, loten die beiden die Grenzen ihrer Beziehung aus und nähern sich Stück für Stück einander an. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zur Autorin:
    Marlene van Niekerk, geboren 1954, veröffentlichte zwei Gedichtbände, eine Sammlung von Kurzgeschichten sowie den vielgepriesenen Roman »Triomf«, für den sie den M-Net-Preis, den CNA-Preis und die NOMA-Auszeichnung für Publikationen in Afrika erhielt. Der Roman wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und verfilmt. »Agaat« wurde zum preisgekrönten internationalen Bestseller und besiegelte ihren Ruf als eine der wichtigsten und einflussreichsten zeitgenössischen Autorinnen Südafrikas. Marlene van Niekerk lehrt Afrikaans und Niederländisch an der Universität Stellenbosch. (von der Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Agaat
    Aus dem Afrikaans übersetzt von Stefanie Schäfer.
    Erstmals erschienen 2004 bei Tafelberg-Uitgewers, Kapstadt.
    Erzählt von der Protagonistin in verschiedenen Erzählformen: Gedanken zum jetzigen Geschehen als todkranke, pflegebedürftige Frau; Tagebuchberichte, die ihr von Agaat vorgelesen werden; Erinnerungen, in denen sie sich als „Du“ anspricht; Passagen von Bewusstseinsströmen, kursiv gedruckt.Die einzelnen Stränge sind chronologisch konträr aufgebaut: Während die Jetztzeit nach vorne schreitet, gehen die Erinnerungen chronologisch immer weiter zurück.
    Prolog (aus der Perspektive von Millas Sohn Jakkie), 20 Kapitel, Epilog (wieder von Jakkie), Glossar der afrikaanssprachigen Wörter, Danksagung.
    816 Seiten
    Meine Meinung:
    Zeit ihres Lebens war Milla eine tatkräftige Frau, die ihre geerbte heruntergekommene Farm „Grootmoedersdrift“ zu neuer Blüte brachte. Verheiratet mit dem gut aussehenden Jak, der gern den „Baas“ (weißer Chef) spielte, Anweisungen gab, aber die Arbeit anderen überließ, war Milla gezwungen, das Heft in die Hand zu nehmen, was seinem Selbstbewusstsein als Mann nicht gut bekam. Er wehrte sich mit Schlägen und häuslicher Abwesenheit.
    Milla nimmt das schwarze Mädchen Agaat zu sich, erzieht sie mit Drill und Härte. Gleichzeitig lehrt sie das Kind alles, was es für den Haushalt und die Farmbewirtschaftung braucht. Für Millas Sohn Jakkie wird nicht seine Mutter, sondern Agaat zur Bezugsperson.
    Auch wenn der Umgang Millas mit dem Kind Agaat heute unmenschlich erscheint, war es für das Südafrika der 1960er beinahe revolutionär, als weiße, gut situierte Frau ein schwarzes Kind vor dem Tod zu retten und unter die Fittiche zu nehmen. Die gesellschaftliche Ächtung, die vor allem Jak befürchtet, scheint vorprogrammiert. Vor allem, als Agaat in einen Anbau des Farmhauses zieht.
    Sie entwickelt sich zu Millas rechter Hand, sowohl in Haushalt und Küche als auch bei Jakkies Versorgung, und erweist sich als Krisenmanagerin während Vieh-Epidemien und Unwetter-Katastrophen.
    Dennoch: Sie gehört nirgends dazu. Weder zur Familie, denn sie ist eine Schwarze, noch zu den schwarzen Arbeitern auf der Farm, denn sie ist etwas „Besseres“.
    Nun liegt Milla todkrank und vollständig gelähmt im Bett. Jak ist tot, Jakkie nach Kanada ausgewandert. Agaat übernimmt die Pflege. Die Rollen und Abhängigkeiten sind vertauscht. Milla, darauf angewiesen, dass Agaat ihr (im wörtlichen Sinne) alles von den Augen abliest, gibt sich in ihre Hand im Bewusstsein, dass Agaat ihr die beste Pflege und der Farm die Weiterexistenz garantiert.
    Es geht um die Beziehung zweier Frauen mit verschiedenen Hautfarben im Apartheid-System. Von keiner der Personen vernimmt der Leser Kritik am System, und dennoch findet man sie: Verpackt in konkrete Begebenheiten (z.B.: Milla kann mit Agaat eine Zirkusvorstellung nicht besuchen, weil es nur getrennte Eingänge für Schwarz und Weiß gibt; Agaat kann Jakkie nicht als Patin über das Taufbecken halten, darf nicht einmal bei der Familienfeier anwesend sein, usw.).
    Was potenzielle Leser abschrecken könnte: Der Blick auf die erste Seite, wo Zitate und Zitierbelege aus südafrikanischen Büchern abgedruckt sind, mit denen Agaat lesen lernt. Wozu? Jeder Leser, Autor und Lektor weiß, wie entscheidend die erste Seite für die Lese- und Kaufentscheidung ist. Warum so ein unattraktiver Anfang?
    Was die kursiven Abschnitte mit den Bewusstseinsströmen angeht: Sind sie wirklich erforderlich? Kann man nicht deren Inhalt – sofern bedeutsam - zwischen den Zeilen des Erzähltextes lesen?
    Ansonsten ein empfehlenswertes, wenn auch sehr breit erzähltes Buch aus einem literarisch weitgehend unbekannten Land. Mit berührenden, aber auch schockierenden Szenen.
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Ausgaben von Agaat

Taschenbuch

Seitenzahl: 816

E-Book

Seitenzahl: 816

Hardcover

Seitenzahl: 816

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