Die Verjagten: Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts
Buch von Jan M. Piskorski, Peter Oliver Loew
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Buchdetails
Titel: Die Verjagten: Flucht und Vertreibung im...
Jan M. Piskorski (Autor) , Peter Oliver Loew (Übersetzer)
Verlag: Siedler Verlag
Format: Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 432
ISBN: 9783827500250
Termin: August 2013
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Rezension zu Die Verjagten: Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts
- Winfried Stanzick
„MarsWeiterlesen
Zimmer darin sitzt eine familie fünf oder schs personen jemand liest ein buch jemand betrachtet fotos jemand erinnert sich an den krieg jemand schläft jemand geht aus jemand stirbt in der stille jemand trinkt wasser jemand bricht das brot
Janek schreibt den buchstaben A
zeichnet einen ritter mit blauem sporn jemand startet zum mond jemand brachte eine rose einen vogel einen fisch schnee fällt glocken schlagen
Mars tritt ein das schwert erfüllt das zimmer mit feuer“
Mit diesem Gedicht des polnischen Lyrikers Tadeusz Rozewicz leitet der zu den profiliertesten polnischen Historikern gehörende 1956 geborene Jan M. Piskorski sein großes Werk über die „Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts“ ein. Schon vor dem Ersten Weltkrieg begannen Menschen zwangsweise aus ihren angestammten Gebieten zu fliehen, und auch danach hörten diese Flüchtlingsströme und Zwangsvertreibungen mit unzähligen Opfern nicht auf, bis in die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, wo es hauptsächlich durch den Zusammenbruch der kommunistischen Staaten noch einmal zu für nicht mehr möglich gehaltenen Exzessen kam.
Viele der beschriebenen Vertreibungen waren mir bekannt, weil ich mich schon als junger Mensch damit beschäftigt hatte. So etwa die genauen Hintergründe und Schicksale der Menschen herausfinden wollte, die speziell von meiner Mutter (BDM-Mitglied) in den fünfziger Jahren immer abschätzig als „die Flüchtlinge“ bezeichnet wurden, denen man Ausgleichszahlungen für ihr verlorenes Hab und Gut zahlen würde, während sie selbst leer ausginge, wo man doch nur als Mitläufer eingestuft worden sein nach dem Krieg.
Doch von noch mehr Vertreibungen und Unrecht konnte ich in diesem bahnbrechenden Buch lesen, von denen ich bisher nie etwas gehört hatte, obwohl ich seit meiner Jugend mich für Politik und Geschichte interessiere. Etwa den Exodus der Serben 1915 oder das Schicksal der Griechen und Armenier nach der Gründung der Türkei.
Es scheint so zu sein, dass bestimmte historische Ereignisse erst sehr lange, nachdem sie geschehen sind, für eine wissenschaftliche Aufarbeitung reif sind. So etwa dauerte es bis 1985, bis Bundespräsident von Weizsäcker eine damals wichtige Rede zur deutschen Vergangenheit halten konnte, und es dauerte noch länger, bis man ohne den Vorwurf des Revanchismus sich einzuhandeln über das unendliche Leid der nach dem Krieg aus dem Osten vertriebenen Deutschen reden konnte. Ich habe in meiner jetzigen, von der Flucht betroffenen Familie viele dramatische Geschichten gehört, die mir beim Lesen dieses Buches immer wieder präsent waren.
„Die Verjagten“ ist verständlich geschrieben. Es will aufklären und nicht aufrechnen. Eine Fülle von Material im Anhang lädt zur Weiterbeschäftigung ein. Hauptsächlich aber will es mahnen und warnen, denn der Geist, aus dem Vertreibungen stattgefunden haben, ist noch lange nicht gebannt. Nicht nur der Jugoslawienkrieg und seine Folgen haben das gezeigt.
Ausgaben von Die Verjagten: Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts
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