Der Kameramörder

Buch von Thomas Glavinic

Bewertungen

Der Kameramörder wurde insgesamt 19 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Der Kameramörder

    "Ich wurde gebeten, alles aufzuschreiben." Mit diesem Satz beginnt der Ich-Erzähler seinen Bericht über ein Osterwochenende, an dem er und seine Lebensgefährtin ein befreundetes Paar in der Steiermark besuchen. Während die Medien minutiös über einen Doppelmord an zwei Kindern berichten, den der Mörder mit einer Videokamera aufgenommen haben soll, pendeln die vier Freunde zwischen Fernseher und Kartenspiel, Küche und Gesprächen hin und her. Einerseits angewidert, andererseits fasziniert kommentieren sie dabei Handlungsweise der Medien. Draußen, in der echten Welt, wird gleichzeitig fieberhaft nach dem Mörder gesucht. Ein ebenso verstörender wie atemraubender Kriminalroman...(Klappentext)
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    Als Leser verfolgt man mit Spannung die Suche nach dem Mörder aus der Sicht des Ich-Erzählers. Dieser befindet sich mit seiner Lebensgefährtin auf Osterbesuch bei Freunden in der Weststeiermark. In der Nähe geschah ein furchtbarer Mord an zwei Kindern, welcher vom Mörder gefilmt wurde. Dieses Video gelangte an die Meiden und löste mit dem Mord einen regelrechten Dominoeffekt aus. Dieser beinhaltet Kritik an den Medien, der Kirche, sowie an der Sensationsgier der Menschen.
    Man fragt sich was davon schrecklicher ist - der Mord, das Snuff-Video, wie daraus eine regelrechte Show veranstaltet wird, der daraus resultierende Quotenkampf, oder die Sensationsgeilheit der Menschen.
    Und dann die erschreckende Erkenntnis, daß man damit einen Spiegel vorgehalten bekommt und sich selbst darin erkennt - mehr oder weniger ausgeprägt.
    Aufgrund der Thematik ist dieser Roman nichts für schwache Nerven, da man sich mit dem Protagonisten das Video in den Nachrichten ansieht.
    Dies alles erfolgt zwar nicht in typischer Glavinic-Manier, jedoch trotzdem in einem ungewöhnlichem Schreibstil - ohne Dialoge und Absätze (also in einer Wurscht geschrieben), sondern in Form einer Niederschrift des Ich-Erzählers. Dieser erzählt dies in einem erschreckend nüchternem Ton und etwas holprig, was jedoch vom Autor so beabsichtigt ist.
    Es ist als ob man selbst vor dem TV sitzt, den Nachrichten folgt und dem eigenen Voyeurismus fröhnt.
    Die Auflösung war für mich überraschend, da ich jemand ganz anderen auf dem Schirm hatte.
    Was mir jedoch dann fehlte war das Motiv, was ihn dazu bewegt hat, ob er dies schon öfters gemacht hat und wie er das hinbekommen hat, dass es keiner in seiner Umgebung merkt. Quasi ein kleines Psychogramm des Täters. Für mich war es daher dann ein etwas unbefriedigendes Ende.
    Fazit:
    Ein durchaus lesenswerter Roman, der Kritik an den Medien, der Kirche und der Sensationsgier übt, jedoch nichts für schwache Nerven. Nur mit dem Ende war ich etwas unzufrieden.
    Absolute Leseempfehlung für einen schon etwas älteren Glavinic.
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  • Rezension zu Der Kameramörder

    Sehr schwer, eigene Worte zu finden, um Glavinics Kameramörder zu kommentieren – zu sehr fällt das Buch aus dem üblichen Rahmen eines Krimis oder eines Romanes – ich kann Athiloris Argument hier oben für Einordnung unter Roman/Erzählung durchaus nachvollziehen. Die Bezeichnung „literarischer Krimi“, die Rosalita hier im Thread eingebracht hat, kann man, glaube ich, als Leser sehr gut akzeptieren, auch wenn der Begriff ungewöhnlich klingt – aber die Lektüre selbst erweist sich als durch und durch ungewöhnlich, ein echtes Kuriosum, zumindest für meine Begriffe.
    Ich könnte nicht behaupten, dass sich das Buch leicht lesen lässt: auf 119 Seiten muss man, ohne Absatz und Gnade seitens des Autors, den Gedankenfluss eines einzigen Menschen über den Zeitraum eines Osterwochenendes kontinuierlich „mitdenken“; es handelt sich dabei um einen Gedankenfluss, der mir merkwürdig unbeteiligt, empfindungslos (weil Wertungen des Erzählers gänzlich fehlen) und stellenweise fast linkisch vorkam: es werden Abkürzungen wie in Zeitungsnachrichten verwendet, z.B. „u.U.“, oder Gedanken in Form von Schlagzeilen bzw. Überschriften; insgesamt gesehen eine Lektüre, die ich als eine spröde Leseerfahrung, kratzig, unangenehm, ein bisschen wie Sandpapier, empfand.
    Das Buch liest sich also weder wie ein gewöhnlicher Krimi noch wie ein Roman, der Sprachstil klingt holprig, die indirekte Rede ist stellenweise ziemlich unbeholfen gehalten, das Benehmen der beiden Ehepaare stellt alles andere als ein erzählreifes Abenteuer dar: vier Leute, die bei Alkohol, Essen und endlosen Naschereien entweder vor dem Fernseher sitzen, um die Mediendeckung um den grausigen Doppelmord, der ganz in ihrer Nähe an zwei Kindern verübt worden ist, zu verfolgen, oder bei irgendwelchen Gesellschaftspielen praktisch pausenlos über das skandalös-brutale Ereignis reden.
    Kommen wir zum Thema persönliche Bewertung von Glavinics Kameramörder: Wenn ich bisher ausschließlich Punkte beschrieben habe, die im einzelnen negativ und nach saftigen Abzügen für eine Bewertung klingen, gebe ich dem Buch jedoch ohne Zögern die vollen fünf Sterne, die das Buch für mich ganz eindeutig verdient.
    Um das verstehen zu können, darf man den Kameramörder jedoch nicht mitten im Buch abbrechen, man muss es einfach zu Ende lesen, denn vorher hat man eigentlich keine Ahnung, worin man eigentlich steckt und was auf einen zukommt. Die geniale schriftstellerische Einheit, die hier geschaffen ist, wird erst nach beendeter Lektüre in ihrer Gesamtheit sichtbar. Ich bin versucht zu sagen, dass sich das Buch wie eine 119 Seite lange Pointe liest; auch das klingt seltsam, aber bei diesem Buch handelt es sich nun mal um eine seltsame Lektüre – eine Pointe wirkt außerdem erst, nachdem man sie gehört und verstanden hat, nachdem „der Groschen gefallen ist“ – so in etwa ging es mir mit dem Kameramörder.
    Im Nachhinein wurde mir klar, dass die verwendete Erzählweise inklusive des darin steckenden merkwürdigen Humors die einzig funktionierende Erzählweise für dieses Buch sein kann. Dadurch, dass Glavinic sich die ganze Zeit über auf dem schmalen Grat der gerade noch erträglichen „Nervigkeit“ bewegt, kann das Thema Medienkritik bzw. Kritik am Medienkonsum erst auf lesbare Weise an den Mann/die Frau gebracht werden. Ich bin der Meinung, dass ich eine direktere Form der Abhandlung dieser Thematik einfach nur als lehrerhaft empfunden hätte und ein solches Buch mit rollenden Augen genervt auf „Nimmerwiederlesen“ weggelegt hätte. Doch gerade dieser Stil, mit dem Glavinic dem Leser so bewusst macht, dass er ihn auf seltsam humorige Weise absichtlich irritiert, macht das Buch erst möglich - und wenn man dann alles bis zum letzten Satz durchgelesen hat, dann kann man die Geschichte in sich und all die darin enthaltenen „nervigen“ Elemente nachvollziehen und genießen.
    Der Kameramörder von Thomas Glavinic erscheint mir für alle diejenigen einen Versuch zum Kennenlernen des Autors wert, die nicht immer wieder dasselbe oder in sich ähnliche Bücher hinter einem neuen Buchdeckel suchen; es könnte ein Erlebnis für solche Leser werden, die sich für neugierig und experimentierfreudig halten.
    Für mich persönlich definitiv nicht der letzte Glavinic (Das Leben der Wünsche befindet sich mittlerweile schon in meinem SUB).
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  • Rezension zu Der Kameramörder

    Ich stelle gerade fest, dass dieses Buch in der Rubrik "Romane /Erzählungen" vorgestellt wurde. Ich kann damit gut leben, allerdings wäre die Sparte " Krimis/Thriller" wohl passender. Immerhin hat Thomas Glavinic für dieses Buch 2002 den Friedrich-Glauser-Preis (lt. Wikipedia der "neben dem Deutschen Krimi Preis der wohl wichtigste Krimipreis im deutschsprachigen Raum." erhalten.
    Mir gefällt die Beschreibung "literarischer Krimi" sehr gut. Es ist kein herkömmlicher Krimi, von Spurensuche, Detektivsarbeit liest man nicht viel; Es ist die extrem sachliche, nüchterne Erzählweise, die sich wie ein Zeitungsbericht liest, die das Besondere an diesem Buch ausmacht! Mit dem Satz "Mir wurde aufgetragen, alles aufzuschreiben" beginnt der Ich-Erzähler von diesem Osterwochenende zu erzählen, das er mit seiner Lebensgefährtin Sonja bei Freunden in der Steiermark verbringt. Jenes Wochenende, an dem der "Kameramörder" seine grauenhafte Tat beging, von der die Medien rund um die Uhr berichteten. Minutiös beschreibt der Ich-Erzähler den Tagesablauf der vier Freunde, wie sie zwischen Küchen und Fernseher, Kartenspiel und Radiosendersuche hin- und herpendeln, um ja nicht die neuesten News zu verpassen. Einerseits sind sie angewidert von der Vorgangsweise der Medien und verurteilen diese lauthals, andererseits geben sie sich der Sensationslust hin und konsumieren hautnah die dargebotenen pikanten Details, folgen dem Wettbewerb der TV-Sender, die um Einschaltquoten und reißerische Schlagzeilen kämpfen, während sie aus dem Fenster die Fahnung verfolgen können.
    Großartig beschreibt Glavinic die Charaktere, vom sensationsgeilen Heinrich, der keine Minute Berichterstattung verpassen will bis hin zur zurückhaltenden Eva, die v.a. das Vorgehen des Mörders abscheulich findet und trotzdem immer wieder hinschaut.
    Es ist ein Spiegel unserer Gesellschaft, den uns Glavinic vorhält. Was erwarten wir von den Medien, wo ist die Grenze? Und ist das Verhalten der Medien fast noch abscheulicher als die Tat selber? Oder hat nicht jedes Land das Fernsehprogramm, das es verdient?
    Knallhart, schonungslos mit einem - zumindest für mich (ich bin aber kein versierter Krimi-Leser) doch überraschenden Ende!
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  • Rezension zu Der Kameramörder

    Klappentext: Das erschütternde Protokoll eines für die Medien arrangierten Doppelmordes und ein atemberaubender Kriminalroman über die gefährliche Macht des Fernsehens.
    "Ein verstörendes und verstörend perfekt inszeniertes Planspiel (...). Ein eiskalt komponierter Roman, der mit solcher inneren Konsequenz zu Ende gebracht wird, dass wir nicht im fernsten glauben, [mit der Lösung] sei etwas gelöst." Karl-Markus Gauss in Neue Zürcher Zeitung
    Aufbau und Handlung: Zwei makabere Mordfälle sind in aller Munde - auch bei den beiden Paaren, die die Hauptcharaktere des Buches darstellen. Aus Sicht des einen Mannes erzählt kommt das Ganze sehr distanziert und sachlich daher, was die Angelegenheit noch makaberer erscheinen lässt, jedoch keineswegs das Gefühlleben des Lesers einschränkt. Durch die verschiedenen Eigenarten der Charaktere wird die Handlung vorangetrieben und steuert langsam aber sicher auf die Auflösung der Mordfälle zu.
    Obwohl man einen Krimi erwartet, liest es sich eher wie eine Erzählung. Das Buch ist schnell gelesen, da es kurz und flüssig geschrieben ist. Ich finde das Buch empfehlenswert. Spannend, klar und neu.
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Ausgaben von Der Kameramörder

Taschenbuch

Seitenzahl: 160

Hardcover

Seitenzahl: 160

E-Book

Seitenzahl: 158

Besitzer des Buches 34

Update: