Schweigeminute

Buch von Siegfried Lenz

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Schweigeminute

'Wir haben Siegfried Lenz für ein poetisches Buch zu danken. Vielleicht ist es sein schönstes.' Marcel Reich-Ranicki. Ein warmer Sommer an der Ostsee vor vielen Jahren. Benny Goodmann und Ray Charles sind noch en vogue, in den Gassen spielt der Drehorgelmann, man bezahlt in 'Mark', und wenn die Englischlehrerin vor die Oberprima tritt, stehen alle auf: 'Good morning, Mrs. Petersen.' Wie es zu der Liebe zwischen Stella und Christian kam, wie die Leidenschaft sich an der Realität messen muss und wie dann mit einem Mal alles zu Ende ist - und doch auch nicht. Wie die Liebe gerade durch den Tod unsterblich wird: das erzählt Siegfried Lenz mit meisterhafter Einfühlungskraft, mit Distanz und Humor. Im Thema des Vergänglichen, der Zeitverfallenheit irdischer Liebe, der Unmöglichkeit vollendeten Glücks, schwingt die Melancholie eines Theodor Storm. In der Lakonie des Erzählens spürt man die existenzielle Härte eines Ernest Hemingway. Und doch spricht hier die Sympathie und Integrität des Erzählers Siegfried Lenz, der im knappen Raum der Novelle eine Menschheitsfrage entfaltet, die immerzu gültig ist.
Weiterlesen

Bewertungen

Schweigeminute wurde insgesamt 54 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,2 Sternen.

(29)
(16)
(8)
(0)
(1)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Schweigeminute

    Siegfried Lenz – Schweigeminute
    Inhalt (sh. Amazon.de): Ein Sommer in einer Kleinstadt an der Ostsee irgendwann in den sechziger Jahren: Die Englischlehrerin Stella Petersen und ihr Schüler Christian sind ein Liebespaar – bis Stella bei einem Bootsunfall tödlich verunglückt. Während einer Gedenkfeier in der Aula blickt Christian zurück auf diese heimliche Liebesbeziehung, die nur einen Sommer dauerte, ihn aber für sein ganzes Leben verändert.
    Meine Meinung zum Buch:
    Vor ein paar Jahren hatte ich einen Erzählband von Siegfried Lenz gelesen, der mir recht gut gefallen hatte, in dem ich aber vor allem Das Feuerschiff für mich wiederentdeckt hatte. Daraufhin hatte ich mir seinen letzten Roman Fundbüro besorgt, den ich als viel zu durchsichtig und gekünstelt empfand. Die Furcht vor einer weiteren Enttäuschung durch eines seiner neueren Bücher hat mich lange davon abgehalten, es einmal mit seiner 2008 erschienenen Novelle Schweigeminute zu probieren. Diese hat mir wieder gut gefallen.
    Es wird zwar keine Jahreszahl angegeben, aber wie immer bei Siegfried Lenz, so hat mich auch auch Schweigeminute in der Vorstellung einige Jahrzehnte zurückgeworfen (immerhin ist noch die Rede von Mark als Währung, die Leute essen in den Lokalen Frikadellen mit Kartoffelsalat statt Sushi, Pizza oder Hamburgern, und Christian hilft durch gefährliche Tauchgänge seinem Vater beim ortsgerechten Absenken von riesigen Steinen zur Verstärkung von Molen – heute würden hier definitiv hochtechnisierte elektronische Orientierungshilfen zur Anwendung kommen).
    Der 18 Jahre alte Schüler Christian erlebt die Gedenkfeier zum Tod seiner Englischlehrerin Stella Petersen in der Aula seiner Schule und driftet gedanklich in die Zeit ab, die er mit ihr privat verbrachte, wie die Beziehung zu ihr verlief und wie es schließlich zu ihrem Tod kam.
    Mich hat hier im Thread extrem erstaunt, wie bereitwillig die Adjektive „wunderschön, berührend, anrührend“ etc. vergeben werden, ohne dass jemals explizit erwähnt wird, dass die Novelle auf einem moralischen Unding basiert: eine Lehrerin geht mit ihrem jungen Schüler ins Bett! Da müssen doch beim Leser zuallererst einmal sämtliche innere Alarmglocken läuten!
    Genau das, die moralisch empörende Aussgangssituation, dürfte die schriftstellerische Herausforderung gewesen sein, die sich der Autor gestellt hat: wie mache ich für den Leser eine dennoch lesbare und fühlbare Geschichte daraus? Bringt man als Leser den Autor nicht von vornherein um seinen schriftstellerischen Erfolg, wenn man sich überhaupt nicht an dieser Situation stört?
    Ich zumindest war anfangs ziemlich gegen die Geschichte eingenommen, denn eine Beziehung zwischen einer, wenn auch relativ jungen, Englischlehrerin und einem ihrer heranwachsenden Schüler ist kein Thema, mit dem ich einfach so mal gerade eben moralisch einverstanden bin, nur weil der große Siegfried Lenz es für eine Geschichte hernimmt. Und doch hat das Büchlein schließlich auch für mich funktioniert, was, wie ich glaube, daran liegt, dass Siegfried Lenz sicher weiß, mit welchen Details er die Erzählung anfüllt (auch wenn sie beim Lesen manchmal geradezu überflüssig erscheinen, wie z.B. eine Taschengeldregelung mit dem Vater) und wo er Lücken lassen muss, damit er die Geschichte dem Leser nicht aufdrängt und diesem die nötige Freiheit für seine eigene Vorstellung lässt, sodass er sich in der etwas schwierigen moralischen Situation der Handlung gut zurechtfindet, gerade weil er vom Autor nicht um eine Schuldzuweisung an die Lehrerin gebracht wird – er muss sie doch erst verurteilen können, um ihr danach (zusammen mit dem Schicksal) „verzeihen“ zu können.
    Vor allem das vage Element der fehlenden Vorstellung über den formalen bzw. informellen Charakter der Beziehung oder die Unmöglichkeit der Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft dürfte hier helfen; man hat als Leser mit einem halbwegs gesunden Menschenverstand sowieso die ganze Zeit unbewusst im Hinterkopf, dass „Beziehung“ und „gemeinsame Zukunft“ unmöglich dabei das Resultat sein können, egal, von welcher Seite man da herangeht. Ich denke auch, dass man aus genau denselben Gründen keine allzu romantisch-verklärte Sicht für diese „moralisch verirrte“ Lehrkraft hegen kann. Weiterhin trägt zur Erträglichkeit der Thematik in dieser Novelle meines Erachtens das Fehlen von schwelgenden und überbordenden Emotionen bei.
    Als sprachliche Besonderheit verwendet Siegfried Lenz innerhalb der Darstellung durch den Ich-Erzähler Christian immer wieder in Gedanken eine direkte Ansprache an die tote Lehrerin im Imperfekt (im Stile von „Du ließest …, Du sagtest …, Du standest …“), was mir wie eine unnötig gekünstelte verbale Tänzelei vorkommt und mich oft genug irritiert hat. Ansonsten jedoch kommt mir Schweigeminute sprachlich korrekt, einfach und unüberheblich vor, die verwendeten Metaphern sind schlicht, sitzen dafür aber (Ein Halleluja auf Siegfried Lenz, wenn ich Schweigeminute mit der betulich-tütteligen Sprache von Gertrud Leuteneggers Panischer Frühling vergleiche).
    Schweigeminute war für mich wieder mal eine richtig gute Lektüre, vor allem wegen ihrer sehr guten Struktur.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Schweigeminute

    Ein leises Buch, einfühlsam und wohltuend!
    Wie alt ist eigentlich diese Englischlehrerin, die mit ihren Schülern gerne lacht, Streiche ausheckt und so schnell schwimmen kann? Ist es da ein Wunder, dass sich die männlichen Schüler alle zu ihr hingezogen fühlen, sie verehren und sich in diese faszinierende Figur verlieben?
    Der Protagonist (Christian/18 ) erfährt mit dieser Lehrerin seine erste Liebe. Am liebsten würde er mit ihr zur “Vogelinsel” entfliehen, weit ab von allem, nur noch im Sand liegen, lieben, und in die Sterne schauen. Er hat auch schon den Proviant besorgt, den man für ein solches Unternehmen braucht …
    Aber dann kommt der Sturm! “Schweigeminute”!
    Diese Erzählung liest so schnell, wie die Wellen im Meer, welche durch künstliche Riffs unterirdisch gebrochen werden müssen, damit kein Unglück geschieht. Und dennoch ereignen sie sich ständig.
    Die Frage der Verantwortungslosigkeit stellt sich hier kaum. Anders als im Buch “Schande” von Coetzee (Professor mit Studentin), in dem es dazu führte, dass der Prof unehrenhaft entlassen wurde.
    Auch der Leser verhält sich sehr tolerant gegenüber dem Geschehen, und bedauert eher den Ausgang. Aber warum ist das so?
    Mir hat dieses Büchlein sehr gut gefallen. Eine weiche gepflegte Sprache, idyllische Landschaftsbeschreibungen und intensive Gefühle erwecken diese Lektüre zum Leben.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Schweigeminute

    Während einer Gedenkveranstaltung eines Gymnasiums lässt der Schüler Christian seine Gedanken noch einmal die vergangenen Wochen und Monate Revue passieren. Gedanken an seine Liebe, die er nun verloren hat. Gedanken an seine ehemalige Englischlehrerin Stella, mit der er ein mehr oder minder geheimes Verhältnis hatte. Während eines Sommers lernen die beiden ungleichen Personen einander kennen und lieben. Doch während Christian in seiner jugendlichen Naivität noch eine gemeinsame Zukunft der beiden herbeisehnt, sucht sie zunehmend die Distanz, die dann durch ihren plötzlichen Tod schließlich endgültig wird.
    Siegfried Lenz hat mit seiner Novelle "Schweigeminute" eine Geschichte erzählt, wie sie leichter und schöner kaum sein kann. Es ist nicht die breite erzählte Geschichte, es ist die Momentaufnahme einer großen Liebe. Es sind auch nicht die großen und starken Personen, sondern mehr die großen und starken Gefühle zwischen ihnen beiden. Das alles kleidet Lenz mit einfachen und gewählten Worten in ein stimmiges und sinnliches Gewand. Viele Bilder und Metaphern erschließen sich einem beim wiederholten Lesen und zwingen dem Leser seine eigenen Gedanken auf.
    Auch wenn bereits mit den ersten Worten des Buches dem Leser das Ende offenbar ist, so bleibt doch das Interesse an der Geschichte bis zur letzten Seite gewahrt. Es ist kein steter Spannungsbogen, der sich durch die Gedenkveranstaltung und die darin verwobenen kurzen Gedanken und Rückblenden zieht. Vielmehr ist es die dichte Atmosphäre, die den Leser in seinen Bann zieht und diese tragische Liebesgeschichte in einem Rutsch lesen lässt. Besonders die immer wiederkehrende direkte Anrede der Verstorbenen durch den Trauernden lässt den Leser teilhaben an seinem Erlebten und an seiner Gefühlswelt.
    Ein großes dünnes Buch für die ruhigen Momente des Lebens, ein wahrhafter Lesegenuss.
    […]
    Weiterlesen

Ausgaben von Schweigeminute

Hardcover

Seitenzahl: 128

Taschenbuch

Seitenzahl: 112

E-Book

Seitenzahl: 129

Hörbuch

Laufzeit: 00:00:30h

Besitzer des Buches 106

Update: