• Kurzmeinung

    Ambermoon
    Ein Epos an atmosphärischer Detailverliebtheit und zwischenmenschlichen Beziehungen, der einen in eine Kleinstadt um 183

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Middlemarch

«Middlemarch», der berühmteste Roman von Mary Ann Evans, die unter dem Pseudonym George Eliot auftrat, um als schreibende Frau wahrgenommen zu werden, gilt bis heute zu Recht als Höhepunkt englischer Romankunst des 19. Jahrhunderts; seine Mischung aus Realismus, farbiger Personenzeichnung, psychologischer Einfühlung, naturwissenschaftlichem und philosophischem Interesse und historischem und sozialgeschichtlichem Bewusstsein ist unerreicht. Das Buch zeichnet ein lebhaftes Gemälde von den Skurrilitäten der englischen Provinz und ihrer Bewohner. Es ist mit scheinbar leichter Hand geschrieben in einem Stil, den eine verhaltene, doch stets präsente elegante Ironie prägt, wie sie ähnlich vollendet in der englischen Literatur vielleicht am ehesten Jane Austen zu Gebote stand. Für Virginia Woolf war es «das herrliche Buch» schlechthin.
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Bewertungen

Middlemarch wurde insgesamt 12 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.

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Meinungen

  • Ein Epos an atmosphärischer Detailverliebtheit und zwischenmenschlichen Beziehungen, der einen in eine Kleinstadt um 183

    Ambermoon

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Middlemarch

    Die Grenzen des Dorfes sind die Grenzen unserer Welt. Das akzeptieren vielleicht die restlichen Bewohner von Middlemarch, aber nicht Dorothea und Tertius. Wieso sollte einer jungen Frau der Zugang zu Wissen und Geist verschlossen bleiben, wenn die alten Männer damit nur Schindluder treiben? Und warum sollte ein junger Arzt nicht neue Methoden anwenden dürfen, wenn man dadurch Menschenleben retten kann? Neugier ist Pflicht für Dorothea und Tertius. Und um ihre Pflicht zu erfüllen, setzen sie vieles aufs Spiel... (Klappentext)
    ❃❃❃❃❃
    "Nichts auf der Welt ist so unaufdringlich wie der Prozess dieses allmählichen Wandels! Am Anfang atmeten sie ihn ohne Wissen ein; du und ich, wir haben sie vielleicht etwas mit unserem Atem angesteckt, wenn wir unsere falschen Zustimmungen äußerten oder unsere dümmlichen Schlußfolgerungen zogen; oder vielleicht kam es mit den Schwingungen aus dem blick einer Frau."
    (S. 201)
    Man begleitet hier drei Paare, die in einer Kleinstadt namens 'Middlemarch' ihrem Schicksal begegnen.
    Dorothea Brooke, die eine Ehe mit dem viel älteren und konservativen Gelehrten Mr. Casabaun eingeht.
    Ihre Beweggründe waren jedoch weniger romantischer Natur, sondern um ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen und dadurch nebenbei alles Wissen aufzusaugen. Mr. Casabaun jedoch wollte im Grunde nur eine bessere Sekretärin und Vorleserin, die ihn und seine Arbeit anhimmelt.
    Anfangs scheint diese Ehe zu funktionieren. Dorothea unterwirft sich ihm, macht alles für ihn um ihn glücklich zu machen, denn wenn er glücklich ist, ist auch sie glücklich. Bis sein Mündel und Vetter Will Ladislaw die Bühne betritt und Dorothea es wagt ihren Ehemann das erste Mal zu kritisieren.
    Selbst nach seinem frühen Tod möchte Mr. Casabaun das Leben Dorotheas kontrollieren und scheint es auch zu schaffen.
    Dann lernt man den jungen Arzt Tertius Lydgate kennen, der neu in der Kleinstadt ist und große Pläne hat. Er möchte die neuesten erlernten medizinischen Methoden nach Middlemarch bringen und seine Forschungen vorantreiben. Er ist dafür bereit ohne Bezahlung im Krankenhaus zu arbeiten und möchte sein Leben einzig seiner Forschung widmen.
    Bis Rosamond in sein Leben tritt. Sie kommt aus gutem Hause, ist wunderschön und entspricht ganz seinem konservativen Frauenbild. Doch Rosamund ist nur das Beste vom Besten gewohnt, verwöhnt, eingebildet und sieht in ihm vor allem die Möglichkeit in der Gesellschaft aufzusteigen, damit alle anderen vor Neid platzen.
    Die rasche Ehe beruht eher auf einem Missverständnis, in das Tertius hineinstolpert, doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb diese Ehe zum Scheitern verurteilt ist. Während er nicht vorhandenes Geld verprasst, um alle Wünsche Rosamondes zu erfüllen, hat er nämlich nicht nur mit dem Widerstand der alteingesessenen Ärzte zu kämpfen.
    Dann hätten wir da noch Mary Garth, eine kluge und empathische junge Frau aus bürgerlichem Haus, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, sich nicht so leicht blenden oder um den Finger wickeln lässt und konkrete Vorstellungen hat, wie ihr Ehemann zu sein hat.
    Ihr Kind- und Jugendfreund Fred Vincy ist das Gegenteil - aus der Oberschicht, ein kleiner Hansdampf, der noch nicht so recht weiß wo er steht und was er will. Er ist unsterblich in Mary verliebt, doch bevor sie ihn heiratet, muss er sich erst bewähren und sein Leben grundlegend ändern.
    "Dies war es, was Dorothea so kindlich machte und, einigen Urteilen zu folgen, so dumm bei all der Klugheit, die man ihr nachsagte; wie zum Beispiel gerade jetzt, wo sie sich - bildlich gesprochen - Mr. Casabaun zu Füßen warf und seine unmodischen Schnürsenkel küsste, als wäre er ein protestantischer Papst."
    (S. 78)
    Schon alleine die Geschichten dieser drei Paare könnte Bücher füllen, doch die Autorin Mary Ann Evans beschränkt sich nicht nur auf diese sechs Protagonisten.
    Es ist auch kein, wie viele nun eventuell vermuten, Liebesroman, denn die Liebe und Romantik spielen hier eher eine untergeordnete Rolle. Viel mehr ist es eine soziologische Gesellschaftsstudie in einer Zeit des Umbruchs.
    Der Beginn von etwas Neuem, welches das Alte langsam verdrängt, eine neue Generation wächst heran und ist dabei mit alten Traditionen und veraltetem Wissen zu brechen. Es ist eine Geschichte der gesellschaftlichen Emanzipation.
    Mit Feminismus hat das Buch also nur wenig zu tun, auch wenn das oft und gerne als Marketingaufhänger benutzt wird.
    Dies wird vor allem klar, wenn die Autorin auf die damaligen politischen Ereignisse eingeht, wie zum Beispiel die Reformation (Reform Act 1832) oder in Bezug auf die damalige Ökonomie und beginnende Industrialisierung.
    "Im Kreisbezirk, zu dem Middlemarch gehörte, war die Eisenbahn ein ebenso aufregendes Thema wie das Reformgesetz oder die drohenden Schrecken der Cholera, und vor allem die Frauen und die Gutsbesitzer hatten darüber die ausgeprägtesten Ansichten."
    (S. 733)
    Doch auch vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet enthält dieses Buch ganz großes Kino, stehen doch vor allem zwischenmenschliche Beziehungen im Vordergrund und das Schicksal ist hier ein ganz großes Thema.
    Wie reagieren die einzelnen Figuren auf Schicksalsschläge, wie werden sie damit fertig zu scheitern und wie gehen sie daraus hervor? Im Verlauf entwickeln sich die Figuren, ob nun positiv oder negativ, ergo auch hier geht es um die Entwicklung.
    Wer nun denkt, dies wird auf trockene Art und Weise an die Leserschaft gebracht, der irrt gewaltig.
    Man taucht in eine typische Kleinstadtwelt ein, eine Welt voller Klatsch und Tratsch, Missgunst und Neid und politischen und familiären Intrigen, inklusive Erbschleicherei. Es kommt zu spannenden, tragischen und traurigen Momenten, sowie überraschenden Wendungen.
    Die Figuren sind vielschichtig gezeichnet, selbst Nebenfiguren enthalten Tiefe und die ein oder andere sorgt auch für ein Schmunzeln.
    Auf den ersten Blick waren mir die meisten Figuren, allen voran Dorothea, eher unsympathisch, doch hier ist keine Figur nur schwarz oder weiß gezeichnet und dadurch kommt die Entwicklung im Verlauf der Geschichte jedes einzelnen umso mehr zur Geltung.
    Jede Figur, und mag sie noch so unwichtig erscheinen, ist ein wichtiger Bestandteil in dieser Geschichte. Im Verlauf greifen alle Zahnrädchen ineinander und ergeben ein großes Ganzes. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass eine nur sporadisch auftretende Figur auf jeden einzelnen Protagonisten im Städtchen Middlemarch Einfluss hat, um einige schließlich in den Abgrund zu reißen.
    "Doch jeder, der genau die geheimnisvollen Wege beobachtet, die die menschlichen Schicksale zusammenführen, sieht, wie sich ganz langsam die Einflüsse des einen Lebens auf ein anderes ankündigen, was die Gleichgültigkeit oder den kalten Blick, mit dem wir einen noch fremden Nachbarn anstarren, fast als eine wohlberechnete Ironie ausweist. Das Schicksal steht voll Sarkasmus daneben und hält die Fäden unserer 'dramatis personae' fest in der Hand."
    (S. 136)
    Wenn man zeitgenössische Romane gewohnt ist, ist der Schreibstil der Autorin anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, was jedoch bei allen Klassikern aus dieser Epoche der Fall ist.
    Ich musste mich, wie immer, erst an die langen Schachtelsätze gewöhnen, doch nach nur paar wenigen Seiten war ich in der Geschichte gefangen.
    Die Autorin macht es einem aber auch leicht, da sie zwischendurch auch trockenen Humor und Sarkasmus einstreut.
    Zwischendurch wendet sie sich dabei an den/die LeserIn selbst und jedes Kapitel wird durch ein Motto eingeleitet. Viele davon stammen aus ihrer eigenen Feder.
    Doch auch der Übersetzer Rainer Zerbst hat hier hervorragende Arbeit geleistet.
    "Bei Frauen erwartete man keine festen Überzeugungen; überhaupt bestand die beste Garantie für Gesellschaft und Familienleben darin, dass man überhaupt nicht nach seinen Überzeugungen handelte. Vernünftige Leute taten, was ihre Nachbarn taten, sodass man Verrückte, falls irgendwelche auf freiem Fuß waren, erkennen würde und ihnen aus dem Weg gehen konnte."
    (S. 24)
    Ich äußere mich nur selten über die Aufmachung eines Buches, doch hier muss es einfach sein, denn der dtv-Verlag hat hier großartige Arbeit geleistet. Wunderschöne Umschlaggestaltung und das qualitativ hochwertige Hardcover mit Lesebändchen sind ein wahrer Augenschmaus.
    So macht es gleich nochmal so viel Spaß in diesem Buch zu lesen, möge es noch so schwer sein. Zudem ist es dadurch ein toller Hingucker im Bücherregal. Vor allem bei Klassikern greife ich daher gerne zu solchen HC-Ausgaben, da diese in meinen Regalen bleiben dürfen.
    Da der dtv-Verlag vor allem in Bezug auf Literaturklassiker mein absoluter Favorit ist, hätte ich nichts dagegen, wenn mehr Klassiker in dieser wunderschönen Aufmachung erscheinen würden.
    Wie jeder Literaturklassiker aus dem dtv-Verlag, enthält auch diese Ausgabe ein interessantes Vorwort, diesmal von Elisabeth Bronfen, und ein ebenso interessantes wie auch informatives Nachwort des Übersetzers Rainer Zerbst. Da das Vorwort jedoch gewaltig spoilert, sollten diejenigen, die "Middlemarch" noch nicht kennen, dieses erst am Ende lesen.
    Zum besseren Verständnis sind natürlich auch reichlich Fußnoten mit Anmerkungen vorhanden.
    Auch dies alles Gründe, weshalb ich bevorzugt Klassiker aus dem dtv-Verlag wähle und weil hier wirklich gute ÜbersetzerInnen am Werk sind. Bei Letzterem bin ich nämlich wirklich etwas pingelig.
    Fazit:
    Einen Monat hab ich an diesem Wälzer von 1152 Seiten gelesen. Obwohl dieser durchaus ein paar Längen enthält, die politischen Ereignisse waren mir manchmal doch etwas zu trocken, reiste ich immer wieder gerne in das Städtchen Middlemarch und verfolgte gespannt Klatsch und Tratsch, Intrigen und vor allem die unterschiedlichen Entwicklungen der Figuren.
    Wie gerne würde ich all das Gelesene wieder vergessen, um alles wieder neu lesen und entdecken zu dürfen.
    © Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch, Leseprobe und Autoren-Info)
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  • Rezension zu Middlemarch

    George Eliot - Middlemarch
    Gelungene Gesellschaftsstudie mit Fokus auf den weiblichen Charakteren
    Das ist ein Buch, welches mich sehr lange beschäftigt hat. Ich hatte anfänglich so meine Probleme mit "Middlemarch", die aber nicht mit diesem Buch, sondern eher mit mir zu tun hatten. Meine Konzentrationsfähigkeit war nicht so gut im ersten Viertel dieses Buches und dies gepaart mit manchen etwas schwierig zu lesenden Sätzen dieses Buches war eine gewisse Herausforderung. Das besserte sich dann aber nach und nach und ich konnte schließlich zum Genuss dieses Buches kommen. Denn einen Genuss bietet dieses Buch in vielen Sätzen dieser Ausnahmeautorin.
    War sie doch ihrer Zeit deutlich voraus und erschuf hier mit "Middlemarch" eine Gesellschaftsstudie allererster Güte. Eine Studie über das Leben in der Provinz wurde dieses Buch von George Eliot genannt, aber eigentlich geht es fast nur um die höher gestellten Schichten der Provinz und genau das ist es, eine Studie über das Leben der höher gestellten Schichten in der Provinz. Und gleichzeitig in diese Gesellschaftskritik eingebettet ist auch eine wirklich interessante Darstellung weiblicher Verhaltensweisen in damaliger Zeit mittels verschieden dargestellter weiblicher Charaktere und ihrem Umgang mit dem anderen Geschlecht und ihrem Umgang mit den Normen ihrer Zeit. Durch eben diese verschieden dargestellten Charaktere wird hier ein großes Spektrum abgebildet und als Leserin ist man definitiv froh jetzt zu leben, denn diese konservative Zeit lädt nicht zum Verweilen ein. Dabei zeugt die Darstellung der verschiedenen Charaktere von einer perfekten Beobachtungsgabe der Autorin, denn sie beschreibt die menschlichen Eigenschaften ausgezeichnet und psychologisch durchdacht. Und bei vielem Beschriebenem kann der Leser Vergleiche ziehen, weil vieles von dem Verhalten der Menschen im Buch in heutiges Geschehen transferierbar ist. Beurteilen konnte die Autorin dies nicht nur durch Beobachten,. sondern auch durch eigene Erlebnisse, wie im Nachwort deutlich wird, es ist wirklich einiges an biographischen Daten in dieses Buch eingeflossen. Die Autorin hat eine bemerkenswerte Beobachtungsgabe und präsentiert ihre Erkenntnisse mit einer recht spitzen Zunge, wobei man sich als Leser dann sicher sein kann, dass die Autorin wahrscheinlich in ihrer Zeit mit ihren Ansichten angeeckt sein wird. Hier ist das Nachwort sehr erhellend und es ist nachvollziehbar, warum die Autorin ihr Buch unter einem männlichen Pseudonym herausgebracht hat.
    Insgesamt ist "Middlemarch" ein wirklich gutes Buch, dass man lesen sollte, allerdings muss ich den letzten Stern noch zurückhalten, denn richtig angeknipst hat es mich dann doch nicht.
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  • Rezension zu Middlemarch

    Ich habe das Buch ganz anders empfunden Dorothea fand ich anfangs etwas anstrengend und den sauertöpfischen Casaubon einfach fürchterlich, der Erzählton an sich hat mir aber sehr gut gefallen.
    Middlemarch ist um 1830 ein typisches englisches Städtchen mit den üblichen gesellschaftlichen Verhältnissen - den ehrwürdigen alteingesessenen Honoratioren, aufstrebenden Neureichen, einer Vielzahl von Kirchenmännern, hart arbeitenden "Mittelklasse"-Familien und ärmlich lebenden Tagelöhnern.
    Der Fokus des Buches liegt auf einer Handvoll Personen, deren Schicksale durch verwandtschaftliche Beziehungen, berufliche Kontakte und natürlich auch durch die Liebe miteinander verflochten sind. Zum einen gibt es die belesene, idealistische und manchmal etwas weltfremde Dorothea Brooke, die Gutes und Bedeutendes tun möchte und mit ihren hehren Vorstellungen von Ehe und Liebe den verknöcherten Gelehrten und Geistlichen Casaubon heiratet, der eigentlich nur eins im Sinn hat, nämlich das Buch fertigzustellen, das er als sein Lebenswerk betrachtet. In krassem Gegensatz dazu steht sein Großcousin Will Ladislaw, ein junger Künstler, dessen freigeistiges Denken und sonniges Gemüt Casaubon genauso ein Dorn im Auge sind wie sein unsteter Lebensstil ohne einen "ehrbaren" Beruf.
    Ein vielbeachteter Neuankömmling in Middlemarch ist der junge Arzt Tertius Lydgate. Mit seinem Interesse an modernen medizinischen Methoden und wissenschaftlichem Fortschritt wird er von den alteingesessenen Ärzten misstrauisch beäugt, während Rosamond Vincy, die kokette und standesbewusste Tochter des Bürgermeisters, aus ganz anderem Grund ein Auge auf ihn geworfen hat: sie sieht in ihm den Schlüssel zu ihrem heißersehnten gesellschaftlichen Aufstieg und umgarnt ihn nach allen Regeln der Kunst.
    Rosamonds Bruder Fred ist seit seiner Kindheit in Mary Garth verliebt. Die Garths sind eine rechtschaffene und äußerst sympathische vielköpfige Familie, aber in den Augen der Vincys nicht standesgemäß und viel zu arm. Marys Eltern wiederum sind nicht sehr angetan von Freds Hang zum Glücksspiel und ähnlichen Dingen, gerade weil sie mit Geldsorgen so vertraut sind.
    George Eliot zeichnet auf über 800 Seiten ein detailreiches, lebendiges Bild von Middlemarch und seinen Bewohnern. Besonderes Augenmerk liegt natürlich auf den Hauptpersonen, doch in scharf gezeichneten kleinen Szenen lernen wir auch unzählige Nebenfiguren gut kennen. Dabei zeigt sich, dass gewisse Eigenheiten wie gnadenloser Dorfklatsch, Argwohn gegenüber technischen Neuerungen und Misstrauen gegen alles Ungewöhnliche offenbar in der Natur des Menschen liegen und vor 200 Jahren genauso verbreitet waren wie heute.
    Anfangs hatte ich meine Befürchtungen, es könne immer wieder recht langatmig werden, doch das war bis auf ganz wenige Passagen überhaupt nicht der Fall, im Gegenteil, es wurde immer spannender. Eliot ist eine großartige Beobachterin der menschlichen Natur, formuliert wunderschön und kann sowohl bissige als auch witzige oder unkitschig gefühlvolle Töne anschlagen. Ich hätte mir seitenweise Zitate herausschreiben mögen und gerne noch viel mehr über Dorothea, Will, Lydgate und Mary erfahren.
    Abschließend bleibt noch anzumerken, dass die Clothbound-Classics-Ausgabe nicht nur optisch hübsch, sondern mit ihren Fußnoten und einem informativen Vorwort (das man aber besser hinterher lesen sollte) auch fürs bessere Verständnis des historischen Kontextes und weitere Hintergrundinfos sehr empfehlenswert ist.
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  • Rezension zu Middlemarch

    Ein ermüdendes Gesellschaft.- und Sittenprotrait der Provinz im Viktorianischen England!
    Über 1200 Seiten umfasst dieser meiner Meinung nach „historische Schinken“, der aus der Feder einer Frau entsprang – Mary Ann Evans – jedoch unter dem o.g. männlichen Pseudonym bekannt wurde. Der Roman umspannt vorwiegend das Thema Liebe, aber auch Standesdünkel, Politik und Gesellschaft, sowie Kunst und Religion. Drei Liebesverhältnisse tragen die Handlung, wobei Dorothea Brooke im Mittelpunkt steht.
    Diese schöne junge Dame ist moralisierend wie eine Heilige, doch tief im Herzen lodert eine große Leidenschaft in ihr. Sie schwärmt für den Geistlichen Casaubon, der ihr Vater sein könnte und ein großes historisches Werk in Arbeit hat. Die Protagonistin verliebt sich in ein Bild, der dienenden Gattin, die ihren Mann zur Seite steht und mit ihm gemeinsam sein Lebenswerk vollbringen möchte. Also ihr Sein völlig aufopfert für sein Wohl.
    Doch schon auf der Hochzeitsreise muss die junge Dame erkennen, dass ihr Gatte ihre bereitwillige Selbstaufgabe missversteht und ablehnt. Auch dass sein historisches Werk schon längst überholt ist, da er sich selbstüberschätzend Innovationen verwehrt.
    >>Ich wenigstens habe viel damit zu tun, gewisse menschliche Schicksale zu verwirren und herauszufinden, wie sie gewoben und miteinander verwoben sind, so daß alles mir zu Verfügung stehende Licht auf dieses besondere Gewebe konzentriert werden muß über jene verlockende Reihe wichtiger Einzelheiten, das Universum genannt, zerstreut werden darf.<<
    Dr. Lygate heiratet unterdessen die wunderschöne Rossamond, die mehr seiner adeligen Abstammung anhimmelt als seiner Berufung, der Medizin.
    Und so tut sich um den Ort „Middlemarch“ ein gesellschaftliches Leben auf mit tiefen Charakterdarstellungen, Einblicke in die damalige politische Lage, das Leben in der Provinz zum Stadtleben. Alles in Allem trägt dieser Roman die Anlage eine fesselnde Lektüre zu sein, wenn nicht diese Protagonistin eine Heilige verkörpern würde.
    Sie erzählt mit erhobenem Finger wie eine Moralapostelin, ihr Ton ist anklagend, drohend und belehrend, und das ermüdet. Ferner sind die Figuren im Roman entweder Schwarz oder Weiß und bleiben es auch. Grautöne gibt es nicht. Überraschende Wendungen sucht man vergebens, die Handlung ist immer voraussehbar!
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Ausgaben von Middlemarch

Taschenbuch

Seitenzahl: 1.264

Hardcover

Seitenzahl: 1.216

E-Book

Seitenzahl: 1.242

Middlemarch in anderen Sprachen

Besitzer des Buches 54

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