Apostoloff

Buch von Sibylle Lewitscharoff

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Apostoloff

Zwei Schwestern, unterwegs im heutigen Bulgarien. Auf der ersten Hälfte ihrer Reise waren sie Teil eines prächtigen Limousinenkonvois, der die Leichen von 19 Exilbulgaren ? in den Vierzigern von Sofia nach Stuttgart ausgewandert ? in ihre alte Heimat überführte. Darunter der frühverstorbene Vater der Schwestern. Jetzt sind sie Touristinnen, chauffiert vom langmütigen Rumen Apostoloff. Er möchte den beiden die Schätze seines Landes zeigen, aber für seine Vermittlungsversuche zwischen Sofia und Stuttgart zeigen die Schwestern wenig Sinn. Zwei Schwestern, ein Fahrer: Ihre Reise durch Bulgarien wird zur rabenschwarzen, erzkomischen Abrechnung mit dem Vater und seinem Land. Preis der Leipziger Buchmesse 2009
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Bewertungen

Apostoloff wurde insgesamt 6 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,7 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Apostoloff

    Um ehrlich zu sein hätte ich das Buch nach dem ersten Kapitel beinahe in eine Ecke geschmissen. Was soll denn dieses bissige, giftige, vorurteilsbehaftete Gekeife ? Ist schon nicht mehr schön,.. Nu, angesichts des Preises der Leipziger Buchmesse oder sonstigen
    Kommentaren zu der schon mal streitsüchtigen Autorin dachte ich dann : Lies mal weiter !
    Und schon im zweiten Kapitel kam für mich etwas auf, was mich an Bekanntes erinnerte : Die Melancholie der Exilierten oder Emigranten ! Und nicht nur etwa in der ersten Generation, bei den direkt Betroffenen, sondern als ob das auch weitergegeben würde. Zumindest bei einigen der Kinder und Kindeskinder… Da fühlte ich mich dann doch direkt angesprochen. Und plötzlich wird dieses Bissige, Kritisierende,
    Giftige (einige hätten ihre wahre Freude an diesem Spektakel!) klammheimlich und wie hinterrücks zu einem Ausdruck von Sehnsucht oder Unerfülltheit. Das Gekrittele an dem, was ja nun wohl tatsächlich viele Bereiche der ehemaligen Ostblockländer ausmacht(e) wird zur Erwartung von mehr. So schwingt unterschwellig eine Melancholie durch bei dieser Keifschwester. Ähnelt sie nicht in mancherlei Hinsicht dann dem Vater…
    Diese Themen werden wohl eher suggeriert ? Aber was klar auf der Hand liegt – und wo vielleicht das erste Verdienst des Buches ist ? - mag wohl die unglaubliche Sprachgewandtheit Lewitscharoffs sein ! Die Sprache ist reich, erfinderisch, lakonisch, ja auch « böse ». Aber immer original ! Wie viele Wortschöpfungen oder neue Umgänge mit Ausdrücken ! Ich notierte, nur zB :
    - « seine übliche Magenzimperlichkeit »
    - « das süßholzt und baedekert eisern so fort »
    - « als wäre ihr ganz weltwunderlich zumut »
    - « entknittern », « entknicken »
    - « er hat seinen Zuversichtsgenerator angeworfen »
    usw…
    Der Giftigkeit der Schreiberin – in der wir mit Augenzucken viele gemeinsame, autobiographische Elemente mit Lewitscharoff erkennen – widersetzt sich dieser Hauch der Melancholie. Dieser schwingt an einigen Stellen auf wunderbar-sanfte Weise durch (so zB S.217 oben). Was wäre diesem scheinbar so trostlosen Land entgegenzusetzen ? Was braucht es ? Durch die Negativumschreibung wird es klar : « das Land ist entseelt worden », wie so viele, füge ich hinzu. Wie vielleicht auch die Unsrigen… ?
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  • Rezension zu Apostoloff

    Klappentext:
    Zwei Schwestern. Die eine auf der Rückbank, die andere auf dem Beifahrersitz, die eine scharfzüngig und kampflustig, die andere nachsichtig und höflich: sie sind unterwegs im heutigen Bulgarien. Auf der ersten Hälfte ihrer Reise waren sie Teil eines prächtigen Limousinenkonvois, der die Leichen von 19 Exilbulgaren - in den Vierzigern von Sofia nach Stuttgart ausgewandert - in ihre alte Heimat überführte. Darunter der früh verstorbene Vater der Schwestern. Jetzt sind sie Touristinnen, chauffiert vom langmütigen Bulgaren Rumen Apostoloff. Er möchte den beiden die Schätze seines Landes zeigen, die Keramik mit Pfauenaugendekor (dessen Kobaltblau giftig ist), die Schwarzmeerküste (komplett versaut), die Architektur (ein Verbrechen des 20. Jahrhunderts). Die Jüngere, die Erzählerin, spuckt Gift und Galle.
    Apostoloffs Vermittlungsversuche zwischen Sofia und Stuttgart sind zunächst wenig erfolgreich. Denn das bulgarische Erbe der Schwestern wiegt schwer - wenn der Vater, der erfolgreiche Arzt und schwermütige Einwanderer, in ihren Träumen auftaucht, schlängelt das Ende des Stricks, an dem er sich erhängt hat, noch hinter ihm her. Doch dem »Unglück, das dieses Aas von einem Vater auf Häupter und Herzen seiner Töchter geladen hat« wird nicht auf melancholische Art begegnet.
    Sibylle Lewitscharoffs neuer Roman ist eine Suada von der Rückbank, die bissige, rabenschwarze und erzkomische Abrechnung einer Tochter mit dem Vater und seinem Land.
    Die Autorin:
    Sibylle Lewitscharoff, 1954 in Stuttgart geboren, lebt in Berlin. Für "Pong" erhielt sie 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Zuletzt erschienen die Romane "Montgomery"(2003) und Consummatus (2006). 2007 wurde sie mit dem Preis der Literaturhäuser ausgezeichnet, 2008 mit dem Marie-Luise-Kaschnitz-Preis.
    Meine Meinung:
    Zwei Schwestern reisen von Stuttgart aus durch Bulgarien.
    Grund: Die Überreste verstorbener Familienmitglieder sollen nach Bulgarien überführt werden. Der Initiator ist Tabakoff, der ein Grabmonument schaffen möchte.
    Und diese Idee ist skurril - die Familienmitglieder gefriergetrocknet zu überführen.
    Ich zitiere mal aus dem Buch:
    ""Der Clou des Monuments bestand darin: Wenn am Tage der Auferstehung die Stuttgarter Bulgaren gemeinsam aus ihren Urnenhäuschen flögen, würden sie als erstes den Schneegipfel des Vitoscha-Gebirges erblicken. Tabakoff stellte sich die Sache unbedingt mit Schnee vor, obwohl es auf dem Vitoscha inzwischen selten schneit, in Zukunft womöglich überhaupt nicht mehr. Und noch eins: da sich bei Tabakoff inner schon alles um Amerika gedreht hatte, war in seine religiösen Vorstellungen ein tröstlicher Kinderglaube gezogen, in dem er so rosa und hellblau zuging wie auf seinen Hollywoodschaukeln, nicht düster und streng wie in dem orthodoxen Milieu, in dem er aufgewachsen war.
    Beim Nachtmal im Principe di Savoia ließ uns seine rostige Stimme wissen, wie er sich die Auferstehung dachte: in einem fliegenden Wusch. Zarte Wolken am Himmel. Gott wartet in einem rosa Gewand. die Türchen würden aufspringen, die Deckel der Urnen ebenso, und was darin noch an Krümeln sein mochte, würde dabei herausfliegen und sich in neue, leichte Leiber verwandeln. er selbst natürlich mit von der Partie - bis dahin wäre er ja längst tot -, aber nicht nur das: er würde der Mannschaft vorausfliegen, sie waren seine Flugschüler, er sein Kapitän." (S. 83/84)
    Während der Fahrt erinnert sich die Ich-Erzählerin, immer wieder gibt es Rückblicke in die Kindheit, auch dort skurrile Begebenheiten, Skizzen.
    Man lernt die Unterschiede zwischen Ost und West, der schwäbischen und der bulgarischen Mentalität etwas kennen.
    Selbst die Schwestern sind unterschiedlich. Während die Eine eher sanftmütig ist, ist die Ich-Erzählerin bissig.
    Lewitscharoffs Schreibstil sagt mir sehr zu.
    Sicher ist es erwähnenswert, dass Lewitscharoff aus Stuttgart stammt und ihr Vater ein bulgarischer Arzt war.
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Ausgaben von Apostoloff

Hardcover

Seitenzahl: 248

Taschenbuch

Seitenzahl: 248

E-Book

Seitenzahl: 252

Hörbuch

Laufzeit: 00:05:31h

Besitzer des Buches 21

Update: