Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Buch von Herta Müller

Cover zum Buch Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Titel: Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

3,4 von 5 Sternen bei 4 Bewertungen

Verlag: Fischer

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 239

ISBN: 9783596188222

Termin: November 2010

Aktion

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

»Ich bin bestellt.« Im Rumänien Ceauçescus begibt sich eine junge Frau auf den Weg zum Verhör durch den Geheimdienst. Sie hat diese Fahrt mit der Straßenbahn schon oft machen müssen, doch diesmal hat sie aus einer Vorahnung heraus Handtuch und Zahnbürste eingepackt. Unterwegs zieht ihr Leben vorüber: die Kindheit in der Provinz, die halberotische Liebe zum Vater, die Deportation der Großeltern, das gelegentliche Glück, das ihr mit Paul gelingt. Doch an diesem Tag hält die Bahn an der Station, an der sie aussteigen muss, nicht an. Und sie beschließt zum ersten Mal, nicht zum Verhör zu gehen.
Weiterlesen

Bewertungen

Heute wär ich mir lieber nicht begegnet wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,4 Sternen.

(0)
(2)
(2)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

    • 18. April 2012 um 21:26
    Inhalt (amazon.de):
    Eine junge Frau ist zum Verhör bestellt.
    Herta Müller, in Rumänien geboren und aufgewachsen, erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die regelmäßig zum Verhör beim Geheimdienst bestellt wird. Auf dem Weg dorthin, während der Fahrt mit der Straßenbahn, lässt sie ihr Leben an sich vorüberziehen. Sie denkt zurück an ihre Kindheit in der Kleinstadt, an ihre Beziehung zum Vater und an die Ehe mit dem Sohn jenes Mannes, der für die Deportation ihrer Großeltern verantwortlich war. An diesem Tag hält der Fahrer an der Haltestelle, an der sie aussteigen muss, nicht an. Und so geht sie zum ersten Mal nicht zum Verhör.
    Zur Autorin:
    Herta Müller wurde 1953 im rumänischen Nitzkydorf geboren. Sie studierte Germanistik und Rumänistik, trat innerhalb einer Aktionsgruppe in Opposition zur Diktatur Ceausescus für Meinungsfreiheit ein. Ihre Arbeit als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik verlor sie, weil sie nicht für die rumänische Geheimpolizei als Spitzel arbeiten wollte. Nachdem ihr schriftstellerisches Erstlingswerk Niederungen in Rumänien nur stark zensiert veröffentlicht wurde, erschien es in West-Berlin 1984 ungekürzt, woraufhin sie als Autorin in Rumänien Publikationsverbot erhielt. 1987 konnte sie Rumänien verlassen und nach Berlin ziehen. Nach zahlreichen weiteren Veröffentlichungen wurde ihr 2009 der Nobelpreis für Literatur verliehen.
    Meine Meinung:
    Der vorrangige Handlungsfaden in Herta Müllers Heute wäre ich mir lieber nicht begegnet führt uns durch die paar Stunden Zeit, die eine junge Frau bis zu ihrem Termin für ihr nächstes Verhör verbringt; das sind die Nachtstunden, den frühen Morgen und die Fahrt mit der Straßenbahn, durchweg in der ersten Person geschrieben. Dabei bringt die Autorin jede Menge Details und Gedanken, in einer sehr direkten, fast derben Sprache, die in beinahe jedem Satz Desillusion vermittelt; man findet sehr viele Metaphern, die fast abwegig, gleichzeitig jedoch merkwürdig passend anmuten, z.B. auf Seite 189:
    […]
    Die Gedanken während der Fahrt mit der Straßenbahn werden in keinem kontinuierlichen Strang erzählt. Es folgen unzählige Einschübe in einer scheinbar ungeordneten Reihenfolge: Details zu früheren Verhören, dabei vor allem zu Major Albu, der die Verhöre durchführt, Details aus der Kindheit der jungen Frau, aus ihrer jetzigen und aus ihrer ersten Ehe, aus ihrer Freundschaft zu Lilli, einer anderen jungen Frau und deren Schicksal …
    Herta Müller gibt nach und nach in Form von unregelmäßigen Einschüben auch die Ereignisse wieder, die die Grundlage für die Verhöre bilden. Ich habe den Eindruck, dass es die Bruchstückhaftigkeit dieser Information ist, die in der ersten Hälfte der Erzählung eine fast atemlose Spannung aufbaut. Ich wollte beim Lesen unbedingt wissen: Warum ist sie zum Verhör geladen? Was hat sie getan? Was wird mit ihr passieren?
    Nach der Hälfte von Heute wäre ich mir lieber nicht begegnet stelle ich fest, dass ich dieses Buch plötzlich satt habe, dieses Buch reibt mich auf durch diese pausenlosen kleinen und großen Ungerechtigkeiten, die im Buch ständig passieren. Sie lassen mich als Leser nie in Ruhe, überall wird man Zeuge von unauffälliger oder auch offener Schikane. Ich muss mich zu diesem Zeitpunkt beinahe überwinden, weiterzulesen, obwohl die Sprache so direkt, so deutlich unausgesucht und dadurch so packend wirkt. Ich meine zu spüren, dass es in dieser Weise bis zum Ende der Erzählung so weitergehen wird und denke, dass ich es langsam kapiert habe, dass das Leben in einer Diktatur ungerecht war, dass die Menschen viel haben erdulden müssen. Das Seltsame ist, dass die Autorin nie irgendwelche großen Grausamkeiten beschreibt, es sind lauter kleine Dinge, Ereignisse, die, einzeln genommen, keinen so großen emotionalen Anspruch an den Leser stellen sollten.
    Dann kommt die Einsicht: genau das ist der Punkt, den die Autorin aufzeigen will: Nicht welche Ungerechtigkeiten begangen wurden und an unser Gerechtigkeitsgefühl zu appellieren, sondern wie es sich anfühlt, dieses Alltagsleben in diesem System, wie aufreibend desillusionierend es ist, in der Diktatur zu leben, ständig mit neuen und beinahe kreativen Arten der Drangsalierung aufgerieben zu werden, und seien sie noch so scheinbar unbedeutend. Einfach das Gefühl, man würde nie in Ruhe gelassen werden und hätte nicht das Recht, unbehelligt und friedlich vor sich hin leben. Hat man einmal das Gefühl, ein bisschen aufatmen zu können, sich etwas entspannen zu können, dann folgt ganz plötzlich ein neuer Schlag, in welcher Form auch immer.
    Eigentlich könnte man hier sagen: nichts Neues, schon tausend Mal gelesen, schon tausend Mal gehört. Ja, stimmt. Genau das habe ich gedacht. Aber das Buch hat mir persönlich dann doch etwas Neues gebracht: nicht die Empörung vor dem Unrecht, sondern ein Verstehen, oder wahrscheinlich sogar nur die Ahnung des Lebensgefühls, dieses „Ich habe es so satt“. Denn Unrecht als Unrecht zu verstehen, muss nicht bedeuten, dass wir dem dazugehörenden Leben mental irgendwie näher gekommen sind.
    In diesem Sinn kann ich abschließend nur sagen, dass es sich bei Herta Müllers Heute wäre ich mir lieber nicht begegnet um ein Buch handelt, bei dem weder wohlgefällige Lesestunden noch eine offene Stellungnahme gegen die Diktatur in Rumänien zu erwarten sind, sondern die Darstellung eines Lebensgefühls unter diesen Bedingungen; schlicht, direkt, und sehr effizient geschrieben. Hoffentlich habe ich zum Ausdruck bringen können, dass dieses Buch bei mir einen sehr starken Eindruck hinterlassen hat.
    Ich habe versucht, meine persönlichen Empfindungen während der Lektüre wiederzugeben - nicht die Meinung einer Person, die weiß, das Herta Müller mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde und dieser Tatsache Rechnung tragen zu müssen glaubt.
    Weiterlesen

Ausgaben von Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Hardcover

Cover zum Buch Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Seitenzahl: 240

Taschenbuch

Cover zum Buch Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Seitenzahl: 239

E-Book

Cover zum Buch Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Seitenzahl: 241

Hörbuch

Cover zum Buch Heute wär ich mir lieber nicht begegnet

Laufzeit: 00:06:36h

Besitzer des Buches 9

Update: 25. September 2024 um 15:49