Nach Mitternacht

Buch von Irmgard Keun

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Nach Mitternacht

«Der beste satirische Roman über Nazideutschland» Arthur Koestler Frankfurt, 1936: Menschenmassen strömen auf den Opernplatz und warten auf den Besuch Hitlers. Mittendrin und doch abseits verfolgt die 19-jährige Susanne das Geschehen. Voller Sehnsucht und Unruhe wartet sie auf ein Lebenszeichen von ihrem Verlobten Franz. Gemeinsam wollten sie einen Zigarettenladen aufmachen. Doch plötzlich taucht Franz aus dem Nichts vor ihr auf. Er wurde an die Gestapo verraten, hat den Denunzianten – den Besitzer eines Zigarettenladens – umgebracht und muss nun fliehen. Kurz vor Mitternacht muss Susanne sich entscheiden: Soll sie ihre Heimat verlassen, um mit Franz zu gehen? 48 Stunden schildert Irmgard Keun durch die Augen ihrer Erzählerin den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. Mit genauer Beobachtungsgabe und scharfem Humor beschreibt sie die Erlebnisse, Gespräche und Widersprüchlichkeiten verschiedenster Menschen in dieser Zeit. Nach Mitternacht ist einer der wichtigsten Romane der deutschen Exilliteratur.
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Bewertungen

Nach Mitternacht wurde insgesamt 7 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Nach Mitternacht

    Danke @tom leo für Deine hervorragende Rezension - eigentlich bleibt einem nicht mehr viel zu sagen danach trotzdem steuer' ich noch einige meiner Eindrücke beim Lesen bei. Ganz klar seh ich es wie tom leo, dass man die deutsche Einführung ins Buch bzw. den Klappentext meiner Ausgabe lieber nicht lesen sollte, denn es wird zu viel verraten - und doch auch wieder nichts. Irgendwie seltsam und doch nicht gelungen.
    Sehr schnell wird beim Lesen dieses Buches klar, warum die Nationalsozialisten die Autorin mit Berufsverbot belegten - sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Dabei ist es kein großes Protestgeschrei, das sie erhebt, und sie lässt auch keine Kampfparolen vom Stapel - nein, im Gegenteil: sie erzählt einfach nur von den kleinen Alltagsbanalitäten und -gemeinheiten, von der ständigen Angst und Repression des kleinen Mannes, von der Macht der geistig Kleinen, die auf einmal am längeren Hebel sitzen, von der ständigen Angst davor, wer vielleicht ein Gespräch mithört und petzt… es sind die kleinen Dinge, die das Leben so schwierig bis unerträglich machen können und die schildert Irmagard Keun ganz simpel, einfach - doch dadurch umso eindrucksvoller. Wer ein Buch mit einer großen Handlung erwartet, gar gegen das damalige Regime handelnde Personen, der wird enttäuscht werden – der Alltag sah eben anders aus. Die Menschen arrangierten sich im Alltag mit all ihren Nöten, sie haben sich „in der Diktatur eingerichtet und angepasst“, wie es so treffend im Klappentext heißt.
    Der leichte und schöne Stil, einfach und schnörkellos, lässt einen durch die Geschichte gleiten. Sprachlich werden die Erzählebenen in die im Präsens geschriebene Gegenwart der Ich-Erzählerin Sanna in Frankfurt und in die in Vergangenheitsform geschriebenen Rückblicke nach Köln geteilt. Mein Dank gilt dabei auch dem List-Verlag, der es nicht nötig hat, die manchmal etwas älteren Schreibweisen auf Teufel komm raus zu modernisieren – so bleibt noch mehr von dem Gefühl von „damals“ erhalten. Dabei erweckt die Autorin immer wieder bei mir den Eindruck, als sei Sanna leicht naiv, was sie aber nicht wirklich ist. Trotzdem bleibt dieses Gefühl immer erhalten durch die Geschichte hindurch. Zum Teil mag es an dem "Unwissen" Sannas liegen was manchmal bei gewissen Fragen auftaucht, aber dabei muss man sich immer vergegenwärtigen, dass sie eine 19jährige aus der Provinz ist, aufgewachsen in einer Diktatur. Aber diese Naivität öffnet gleichzeitig immer diesen klaren Blick auf die Dinge, wie sie wirklich sind. Hervorragend kommt das u.a. bei dem von tom leo zitierten Satz über den Prinz Karneval zum Ausdruck.
    Klar erkennbar wird beim Lesen, wie viel die Menschen wussten und wissen konnten während dieser Zeit. Das Buch wurde 1937 bereits im Exil geschrieben und trotzdem werden Fakten wie Konzentrationslager etc. klar beim Namen genannt. Ein Schlag ins Gesicht all derer, die hinterher behaupten wollten, sie hätten nichts gewusst. Dieses Buch wird ganz sicher nicht das letzte gewesen sein, dass ich von Irmgard Keun gelesen habe. Ganz im Gegenteil macht es Lust darauf, mehr von ihr zu entdecken. Ganz eindeutige 5 Sterne von mir und eine deutliche Leseempfehlung an alle, die sich für die Thematik interessieren.
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  • Rezension zu Nach Mitternacht

    Original : Deutsch, 1937
    INHALT :
    Frankfurt, 1936 : Führerbesuch und Menschenauflauf, Fahnenmeer und eine kindliche Reihendurchbrecherin, Uniformen und « alte Kämpfer », hingebungsvolle Festerwartung und hier und da versteckte, und schon gefährliche, Gegenwehr. Susanne « Sanna » Moder lebt hier als Neunzehnjährige seit einem Jahr bei ihrem Stiefbruder Algin, der als kritischer Schriftsteller schon nicht mehr gedruckt wird. Mit sechzehn hatte sie das heimische Moseltal verlassen, wo sie von ihrer Stiefmutter (der dritten Frau ihres Vaters!) getriezt wurde, und war in Richtung Köln aufgebrochen. Dort wohnte sie bei Tant Adelheit, einer bitteren Frau, die schon mit dem Wind weht. Sie verliebt sich aber nach anfänglichen Hänseleinen in ihren Cousin Franz, einem schweigsamen Zeitgenossen, der von einer ihm von der Mutter angerechneten Schuld niedergedrückt wurde. Doch Sanna hält es nicht aus, bricht aus dem Tantchenmief nach Frankfurt auf. Was wird aus ihrer Liebe ? Und wie erleben sie und die Menschen um sie herum die neu heranbrechenden goldenen Zeiten unter dem Glanze des Führers ?
    (Vielleicht sollte man die deutsche Produktbeschreibung vermeiden ? Sie führt schon weit in die Tiefen des Romans hinein, der woanders beginnt !)
    BEMERKUNGEN :
    Mit sieben Kapiteln mit großzügigem Schriftbild und in dieser Ausgabe mit 200 Seiten ist dieser Roman schnell gelesen. Doch keinesfalls eine « Schnellkost ». Wie hier alles zusammenkommt : schärfste Kritik, ein klarer Blick UND andererseits eine scheinbare Unschuld, ein lakonischer Humor, der nur so ganz nebenbei und wie beiläufig die Verirrungen und Wirrungen der Zeit bloßlegt (in den Anfangskapiteln) – das empfand und empfinde ich einfach als ganz große Klasse. Selten habe ich DIESE Art Mischung in der deutschen Literatur angetroffen ; ich würde sie eher dem osteuroäischen Humor zurechnen, der sich mit seinen Totalitarismen auseinandergesetzt hat.
    Die Ich-Erzählerin legt die viehischsten Instinkte durch die braune Pest ganz offen. Sie spricht unzweideutig, doch manchmal in einer seltsamen Art von falschem Verständnis und unglaublich absurdem Humor, vom weit verbreiteten Denunziantentum (der Vater wird den Sohn verraten, die Tochter die Mutter etc : alle Kombinationen!), von der Rassenfrage, die nun anfängt, diese und jene ins Ausland sich absetzen zu lassen, der Auseinandersetzung zwischen Kommunisten/Arbeitern und Braunen, Polizeiverhören und Verfolgung, neuen Gesetzen und Fanatismus hier, da aber Angst bei einer gewissen Bevölkerung. Albtraum und Komödie liegen hier nah beieinander. Die einzigste Weise, damit fertig zu werden ?
    Erzählerisch springt Keun hier geschickt und spielerisch zwischen jeweiliger voranschreitender Jetztzeit und Rückblicken in die Vergangenheit und der Entstehung ihrer Beziehung zu Franz. Die Sprache fand ich sehr geschmeidig, manchmal naiv und toll zur selben Zeit, dabei auch wieder klar und realistisch. Neben den angesprochen Aspekten der Bloßlegung des braunen Reigens bringt sie auch einige Charakterzeichnungen, die ich erstaunlich fand. Ein Buch, von dem man viel zitieren könnte... :
    « …das ganze Volk sitzt im Konzentrationslager, nur die Regierung läuft frei herum“
    «...und langsam fuhr ein Auto vorbei, darin stand der Führer wie der Prinz Karneval im Karnevalszug. Aber er war nicht so lustig und fröhlich wie der Prinz Karneval und warf auch keine Bonbons und Sträußchen, sondern hob nur eine leere Hand. »
    (Sanna über Franz:)
    « Er lebt immer nur eine Sache auf einmal, das macht viele nervös. Wenn er ein Glas anfaßt, lebt er nur für das Anfassen des Glases und kann nichts anderes denken und fühlen. Wenn er einen Stein ansieht, lebt er für das Ansehen dieses Steines und kann nicht gleichzeitig sprechen oder hören. Wenn er iß, ißt er. Und wenn er liebt, liebt er.
    Manchmal lebt er wie eingehüllt in dichte Schleier. Wenn man ihn anspricht, wacht er auf, ohne geschlafen zu haben. Niemand weiß, was er denkt oder träumt in seinen Schleiern. Er selbst weiß es vielleicht, aber er spricht nicht darüber. Er lebt eben, was gibt’s da zu sagen ? Wenn man sich in Leben auflöst, hat man keine Worte. »
    Mit diesem Buch, 1937 veröffentlicht, erahnt man, was für eine Klarsicht diese Frau hatte !
    Durch eine mir liebe Rezensentin und Leserin wurde ich erst vor circa zwei Monaten auf diese mir bislang unbekannte Autorin aufmerksam und empfand dieses Buch als echten Glücksgriff. Die anderen Werke Keuns landen gefährlich hoch auf meiner Wunschliste ! Was für eine tolle, fast vergessene (?) Schriftstellerin ! Das wiederum macht einen etwas bescheiden, falls man denken sollte, schon alles ausgelotet zu haben und zu kennen. Wieviele ungehobene Schätze warten noch auf mich/uns ?
    AUTOR :
    Irmgard Keun, 1905 in Berlin geboren (auch wenn sie sich zeitlebens fünf Jahre jünger gemacht hatte) , versuchte sich zuerst im Kino und fing dann ab 1929 mit dem Schreiben an. Mit mit ihren beiden ersten Romanen, »Gilgi – eine von uns« und »Das kunstseidene Mädchen« (1931 und 1932) hatte sie sensationelle Erfolge. 1933 beschlagnahmen die Nazis ihre Bücher und setzten sie auf die Schwarze Liste. 1935 geht sie ins Exil. Der Schriftsteller Joseph Roth wird ihr Lebensgefährte. 1940, nach der Trennung von Roth, kündigt sie öffentlich ihren Selbstmord an und kehrt mit falschen Papieren nach Deutschland zurück, wo sie unerkannt lebt. Im biederen Literaturbetrieb der Nachkriegszeit kann sie nicht mehr an die Erfolge ihrer ersten Bücher anknüpfen, bis ihre Romane Ende der siebziger Jahre von einem breiten Publikum wiederentdeckt werden. Irmgard Keun stirbt 1982.
    (Quelle : List-Verlag, erweitert)
    Taschenbuch: 208 Seiten
    Verlag: List Taschenbuch (1. Januar 2002)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3548601510
    ISBN-13: 978-3548601519
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Ausgaben von Nach Mitternacht

Taschenbuch

Seitenzahl: 192

Hardcover

Seitenzahl: 208

E-Book

Seitenzahl: 209

Hörbuch

Laufzeit: 00:01:36h

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