Weiße Krähe

Buch von Marcus Sedgwick, Renate Weitbrecht

Bewertungen

Weiße Krähe wurde insgesamt 9 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Weiße Krähe

    "Gothic Thriller" prangt auf dem Titelbild - aber in meinen Augen ist das Buch weniger ein Thriller als ein ungewöhnlicher, atmosphärisch dichter Schauerroman, der sich mit existentiellen Fragen beschäftigt: Wenn wir unsere letzte Reise antreten, was erwartet uns auf der anderen Seite, Himmel oder Hölle? Existiert eine höhere Macht, und falls ja, ist es ein liebender Gott oder ein gleichgültiger, vielleicht sogar rachsüchtiger?
    Am Ende schließt sich der Kreis und die drei Schlüsselfiguren beantworten diese Fragen für sich. Ich könnte mir vorstellen, dass die Antworten nicht jedem Leser gefallen, aber sie sind das konsequente Resultat der jeweiligen Entwicklung der Charaktere - und ich denke, der Autor erwartet vom Leser auch nicht, sie als ultimative Wahrheit zu akzeptieren.
    Im Grunde geht es also um den Tod, und Marcus Sedgwich verlegt seine Geschichte passenderweise in einen dem Untergang geweihten Ort: das fiktive Örtchen Winterfold, das mit jedem Sturm ein wenig mehr vom Meer verschlungen wird. So unglaublich es scheint: Winterfold beruht auf einem realen Ort, nämlich der Stadt Dunwich, die buchstäblich weggespült wurde, Haus für Haus! Auch die blutigen Experimente des Dorfpfarrers haben eine reale Grundlage, über die ich hier noch nichts verraten will, um nicht zu viel vorwegzunehmen (der Autor schreibt darüber im Anhang).
    In vielen Szenen spürt man sie geradezu, die Unausweichlichkeit von Winterfolds langsamen Sterben - und genauso unausweichlich entfaltet sich die Geschichte, auf zwei Zeitebenen und aus drei grundverschiedenen Blickwinkeln erzählt. Diese Erzählweise fand ich sehr originell und passend, denn sie erlaubt es dem Leser, verschiedene Ebenen der Geschehnisse zu erforschen.
    Die Tagebucheinträge des Dorfpfarrers erzählen den Teil der Geschichte, der im Jahr 1789 spielt. Aus seinen Worten spricht eine tiefe Gottesfurcht - mit Betonung auf Furcht. Er denkt viel über die Hölle nach und fragt sich, was es zu bedeuten hat, dass er sich die Hölle so viel besser vorstellen kann als den Himmel... Genau das bewegt ihn dann auch dazu, sich an Experimenten des neu zugezogenen Artes zu beteiligen. Er war für mich nun wirklich kein Charakter, mit dem ich mitfühlen konnte, aber so sehr mich seine Gedanken auch verstörten und abstießen, so wenig konnte ich mich ihrem Sog entziehen. Beim Lesen empfand ich eine Art leisen, schleichenden Horror.
    Ferelith ist ein hochintelligentes Mädchen, das nach dem tragischen Ende seiner Kindheit schon viel zu früh auf eigenen Beinen stehen musste. Sie ist ein wankelmütiger Charakter, wirkt manchmal von einer Idee besessen oder sogar wahnsinnig, aber sie findet in ihrer Erzählung auch poetische Worte voll dunkler Schönheit. Sie macht es dem Leser nicht einfach. Ich habe mir oft den Kopf über ihr Verhalten zerbrochen, aber gerade das macht sie auch so interessant. Da sie ihren Teil der Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt, konnte ich trotz allem mit ihr mitfühlen.
    Der Pfarrer und Ferelith sind Suchende - sie wollen ergründen, ob es die "weiße Krähe" gibt, den Beweis eines Lebens nach dem Tode. Rebecca aber sucht nicht, sondern hat verloren, was sie glaubte, schon sicher gefunden zu haben. Ihr Vater muss sich für etwas sehr Gravierendes verantworten und hat sich daher mit seiner Tochter nach Winterfold zurückgezogen, wo er erwartet, die nötige Ruhe zu finden. Entwurzelt von diesem Umzug, im Stich gelassen von ihrem Freund, fühlt sich Rebecca zutiefst einsam und lässt sich daher auch auf die Freundschaft mit Ferelith ein, obwohl ihre Instinkte ihr von Anfang an sagen, dass diese etwas Seltsames an sich hat. Rebecca war für mich in diesem Buch der Anker, denn die beiden anderen Hauptfiguren sind oft sehr extrem, sie aber ist ein ganz normales, sympathisches Mädchen mit Wünschen und Zielen, die ich nachvollziehen konnte.
    Wie schon gesagt, für mich ist das Buch eigentlich kein Thriller. Ich fand es sehr spannend, aber auf eher hintergründige, leise Art und Weise. Es geht in meinen Augen gar nicht so sehr darum, herauszufinden, was 1789 passiert ist, sondern um die Entwicklung der drei Protagonisten und ihren Umgang mit dem Tod.
    Vor allem aber besticht das Buch durch seine eindringliche, düstere Atmosphäre. Den Schreibstil fand ich wunderbar - meist eher einfach, aber mit ausdrucksstarken Bildern. Obwohl die Handlung recht gradlinig ist und das Erzähltempo eher langsam, konnte ich das Buch einfach nicht weglegen.
    Fazit:
    Schauerromane haben eine lange Tradition. Die Blütezeit erlebte dieses Genre zu Beginn des 19. Jahrhunderts, aber Marcus Sedgwick zeigt mit "Weiße Krähe", dass man auch im 21. Jahrhundert noch lohnende Schauerromane schreiben kann! Die dichte Atmosphäre und die interessanten Charaktere fesselten mich geradezu an dieses ungewöhnliche Buch, in dem es auch um ganz existentielle Fragen geht. Grusel, Philosophie und die Geschichte einer Freundschaft, die unter einem schlechten Stern steht - diese Mischung wurde hier originell und packend umgesetzt.
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  • Rezension zu Weiße Krähe

    Das Buch klang für mich so interessant, dass ich es unbedingt lesen musste. Kurz gesagt, ich bin ziemlich enttäuscht!
    Die Geschichte braucht ungefähr 7/8 des Buches um
    überhaupt in Gang zu kommen. Der Charakter Rebecca ist ein total schwacher Charakter und einfach nur nervig, kann die überhaupt was außer heulen und schluchzen?
    Auch der Charakter Ferelith ist weder Fisch noch Fleisch.
    […]
    Er beschreibt zwar die Gebäude und ich konnte sie mir auch vorstellen, aber letztendlich überlässt er das meiste der Fantasie des Lesers.
    […]
    Diesen Eindruck hatte ich leider überhaupt nicht. Wie bereits oben geschrieben, besteht das Buch aus 7/8 Rebecca-Ferelith-Geplänkel. Einzig und allein die
    Eintragungen des Pfarrers bringen die Geschichte langsam in Gang.
    […]
    Ich habe sie als sehr blassen und schwachen Charakter empfunden. Dadurch, dass sie eigentlich ständig heult und schluchzt, hatte ich gar keine Zeit mich mit ihr anzufreunden
    […]
    Das empfand ich ebenfalls als eine Schwäche des Buches. Den Charakter Ferelith hätte der Autor noch viel weiter ausbauen und beleuchten sollen.
    Mein Fazit:
    Nach überwiegend nervigem Geplänkel zwischen Ferelith und Rebecca, kann letztendlich das absichtlich verwirrende Ende, die Geschichte auch nicht mehr retten. Die Bezeichnung Gothic Thriller ist hier fehl am Platz und schürt völlig falsche Erwartungen.
    Am Ende des Buches hat der Autor noch einige Anmerkungen gemacht, in denen er beschreibt wie er zu der Geschichte inspiriert wurde.
    Er hat hier bewusst die besagten Elemente (Winterfold, den Bericht eines Wissenschaftlers und das Zitat von William James über die weiße Krähe) vermischt und genauso wirkt es auch auf mich, dies alles ist hier notdürftig vermischt.
    Ich kann mich nicht erinnern, überhaupt schon einmal eine derartig negative Bewertung abgegeben zu haben, aber dieses Buch hat es meiner
    Ansicht nach verdient:
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  • Rezension zu Weiße Krähe

    Klappentext:
    Als die siebzehnjährige Rebecca in den kleinen Küstenort Winterfold kommt, ahnt sie nicht, was sich hier mehr als zwei Jahrhunderte zuvor abgespielt hat. Sie weiß nichts über die furchtbaren Experimente des damaligen Dorfpfarrers, die mehreren Menschen das Leben kosteten. Erst durch ihre neue Freundin Ferelith erfährt Rebecca von der gespenstischen Vergangenheit des Ortes. Nur was hat die unnahbare Ferelith heute noch damit zu tun? Warum interessiert sie sich so für die Frage nach dem Jenseits? Rebecca zweifelt. Ist Ferelith eine Gefahr für sie? Oder nur eine gute, wenn auch geheimnisvolle Freundin?
    Über den Autor:
    Marcus Sedgwick, geboren 1968, arbeitete als Buchhändler und Lektor, bevor seine Karriere als Schriftsteller begann. Seit 1994 schreibt er Romane für Jugendliche, darunter „Revolver“, „Der Todeskuss“ und „Rot wie Blut – Weiß wie Schnee“.
    Allgemeines zum Buch:
    „Weiße Krähe“ umfasst 279 Seiten, die sich in eine Vielzahl an kurzen Kapiteln gliedern. Das Buch umfasst drei Erzählstränge, die sich abwechseln. Der erste Erzählstrang ist aus Sicht der Ich-Erzählerin Ferelith geschrieben. Die Kapitel dieses Erzählstrangs sind jeweils mit einem besonderen Titel überschrieben, der zum Inhalt des Kapitels passt. Der zweite Erzählstrang ist aus Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben, die jeweiligen Kapitel sind mit einer Datumsangabe überschrieben. Der dritte Erzählstrang beinhaltet Tagebucheinträge aus dem 18. Jahrhundert, die vom Pfarrer des Ortes Winterfold verfasst wurden.
    „Weiße Krähe“ ist im Februar 2012 als Taschenbuch mit Klappbroschur im dtv Verlag erschienen. Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel "White Crow" bei Orion Children's Books. Aus dem Englischen übersetzt wurde der Roman von Renate Weitbrecht.
    Das Cover ist sehr mystisch und auffallend gestaltet und passt hervorragend zur Atmosphäre des Romans.
    Meine Meinung zum Buch:
    „Weiße Krähe“ ist ein Gothic Thriller. Ohne die Besonderheiten dieses Genres genauer definieren zu wollen oder zu können, lässt sich auf jeden Fall sagen, dass dieses Buch mystisch, düster und unheimlich ist. Der Leser begleitet Rebecca und ihren Vater in den geheimnisvollen Ort Winterfold, der Stückchen für Stückchen vom Meer verschlungen wird und in dem vor zweihundert Jahren Schreckliches geschah. Die Bewohner dieses kleinen Küstenstädtchens haben nicht unbedingt etwas gegen Fremde, verhalten sich ihnen gegenüber aber auch nicht gerade freundlich und entgegenkommend, sondern eher misstrauisch und distanziert. Fragen werden nicht offenherzig beantwortet, argwöhnische Blicke werden ausgetauscht. Man spürt die Abneigung gegenüber Rebecca und ihrem Vater, die schon bald folgenreiche Taten nach sich ziehen wird.
    Nicht nur die Bewohner von Winterfold sorgen für Befremdlichkeit und Mystik, sondern auch die Gebäude. Eine verfallene Kirche, ein verlassenes Herrenhaus und Andeutungen auf Ereignisse, die vor knapp zweihundert Jahren dort stattgefunden haben. Marcus Sedgwick legt sein Augenmerk sehr stark auf die Beschreibung der Gebäude, die vor dem geistigen Auge des Lesers neu entstehen.
    Die Handlung verläuft sehr geradlinig und konzentriert sich nur auf die wirklich wichtigen Ereignisse, die dazu geeignet sind, die Handlung voranzutreiben. Der Autor baut nur Informationen ein, die für die Entwicklung der Geschichte wichtig sind. Nebensächlichkeiten oder Erzählstränge, die vermutlich die Handlung weiter ausbreiten könnten, aber nicht zu ihrer Entwicklung beitragen, werden weggelassen. So erfährt der Leser kaum etwas über das Leben von Rebecca, bevor sie nach Winterfold gekommen ist. Allein Adam, ihr Exfreund, wird immer wieder erwähnt. Das aber auch nur, weil er bzw. die Beziehung zwischen ihm und Rebecca für die Entwicklung der Handlung von Bedeutung ist. Dennoch ist die Handlung sehr detailreich. Der Autor hat sich viele Kleinigkeiten ausgedacht, die für ein mulmiges Gefühl beim Leser und für Spannung sorgen. Eine harmlose DVD oder eine nicht abgeschlossene Tür können leicht für Gänsehaut sorgen. Die Geschichte übt dadurch einen enormen Sog aus, der den Leser gefangen nimmt. Das Buch ist durchweg spannend, ohne dass ständig etwas Besonderes passiert. Es sind einfach Kleinigkeiten und vor allem viele unbeantwortete Fragen, die den Lesefluss aufrechterhalten und den Leser an die Geschichte fesseln.
    Es fällt leicht, sich mit Rebecca anzufreunden. Sie ist ein sympathisches und aufgeschlossenes Mädchen. Ferelith ist dagegen nicht so leicht zu durchschauen. Die Kapitel, die aus ihrer Sicht geschrieben sind, geben ein wenig Aufschluss über ihre Gedanken- und Gefühlswelt, aber dennoch bleibt sie bis zum Ende des Buches ein Rätsel. Ein sehr verwirrender Charakter ist der Pfarrer, der durch seine Tagebucheinträge aus dem 18. Jahrhundert wieder lebendig wird und als zweiter Ich-Erzähler fungiert. Man merkt als Leser einfach, dass mit ihm etwas nicht stimmt, dass er eine Idee verfolgt, die wahnsinnig ist. Sie fordert eine Handvoll Menschenleben und hat zudem Auswirkungen bis in die Gegenwart. Folgen, die nun Rebecca zu spüren bekommt.
    Viele Informationen, die der Autor dem Leser anbietet, machen nicht sofort Sinn. Stattdessen ist es die Aufgabe des Lesers, die Puzzlestückchen aufzusammeln und sie zu einem Bild zusammenzusetzen. Schon nach den ersten Andeutungen ergibt sich ein Hauch eines Bildes, dessen Details aber nur zu erahnen sind. Sichtbar wird dieses allerdings nicht eher, als der Autor es zulässt und weitere nützliche Hinweise anbietet..
    Der Schreibstil des Autors ist sehr eindringlich und für ein Jugendbuch angemessen. Das Buch liest sich leicht und flüssig. Die drei verschiedenen Erzählstränge lassen sich an kleinen Besonderheiten, wie zum Beispiel den Kapitelüberschriften, leicht auseinander halten. Sie geben der Geschichte das gewisse Etwas.
    Mein Fazit:
    Spannung pur – dieses Buch bereitet Gänsehaut und übt einen enormen Sog aus.
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Ausgaben von Weiße Krähe

Taschenbuch

Seitenzahl: 280

Hörbuch

Laufzeit: 00:03:25h

Hardcover

Seitenzahl: 272

Weiße Krähe in anderen Sprachen

Besitzer des Buches 16

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