Das Kind im Turm

Buch von Francoise Chandernagor, Christel Gersch

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das Kind im Turm

    Klappentext:
    Er ist ein Glückskind und steht auf der Sonnenseite des Lebens: Louis Charles, der Sohn Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes, dazu bestimmt, als mächtigster Herrscher Europas zu regieren. Doch mit der Französischen Revolution wendet sich das Blatt, als das Ancien Régime stürzt und die ersten Köpfe rollen. Der kleine Prinz, kaum acht, kommt 1792 in den Kerker von Paris, und fortan ist das karge Turmzimmer sein Zuhause. Es ist der Beginn einer langsamen Agonie; denn über zwei Jahre wird das Kind dort festgehalten und mehr und mehr sich selbst überlassen – ausgerechnet in einer Zeit, als Menschenrechte als größtes Gut gelten. (von Amazon kopiert)
    Zur Autorin:
    Francoise Chandernagor, geboren 1945 in Palaiseau, lebt in Paris und auf dem Land. Sie war als Politikwissenschaftlerin am obersten französischen Verwaltungsgericht tätig, bevor sie sich 1993 ganz dem Schreiben widmete. Seit 1995 ist sie Mitglieder der Académie Goncourt, die jährlich einen der angesehensten französischen Literaturpreise vergibt. (vom Vorblatt kopiert)
    Allgemeines:
    Originaltitel: La Chambre
    Erstmals erschienen 2002 bei Editions Gallimard, Paris
    Aus dem Französischen Übersetzt von Christel Gersch
    2004 im Piper-Verlag erschienen
    29 Kapitel auf 286 Seiten, erzählt aus der personalen Perspektive des Kindes und einiger Wärter, einige Kapitel als fiktives Verhör beim Gericht.
    Inhalt:
    Was macht ein 8jähriges Kind, das man in einem abgesperrten Zimmer sich selbst überlässt, den ganzen Tag? Dem man nichts, kein Spielzeug, keine Bücher, nicht einmal Licht gibt. Ein Kind, das so unselbstständig ist, dass es sich nicht einmal allein anziehen kann?
    Das Kind bekommt Essen und in den ersten Wochen frische Kleidung, das ist alles. Warum erbarmt sich keiner der Wärter? Warum kümmert sich niemand um den Jungen, spricht mit ihm, fördert ihn?
    Eigene Meinung / Beurteilung:
    Er hat das Pech, dass er nach dem Tod des älteren Bruder der Dauphin ist und damit der Anwärter auf den Thron, von dem sein Vater Louis XVI. gerade gestoßen wurde. Louis Charles wird als Geisel im Turm des Schlosses eingesperrt, nur zu erreichen über Wendeltreppen und etliche Vorzimmer, auch sie zugesperrt. Das einzige Fensterchen des Zimmers nach draußen ist so hoch, dass Charles es nicht erreicht. Und das zweite Fenster ist nichts anderes als ein Guckloch, durch das seine Wärter ihn im Auge haben können ohne durch die Flure und Treppen zu laufen und durch das er von Schaulustigen angestarrt werden kann wie ein seltenes Tier.
    Er war bisher keine Minute seines Lebens allein; immer scharwenzelten Familie, Dienerschaft, Besucher um ihn. Plötzlich ist er auf sich allein gestellt. Tagsüber orientiert er sich am Licht und am Essen, das ihm gebracht wird, über die Zeit. Er hängt seinen Erinnerungen an die Zeit mit seinen Eltern nach. Doch nachts kommen Alpträume aus den dunklen Ecken seines Zimmers, genährt vom Grauen, das er in seinem jungen Leben schon gesehen hat, Menschenfresser, Monster, Erscheinungen.
    Nicht gewohnt, selbst für seine Kleidung und die Ordnung seines Zimmers zu sorgen, versinkt er bald in dumpfem Brüten, verkommt in Unordnung und Dreck.
    Die Männer, die ihn bewachen, haben lediglich den Auftrag, ihn am Leben zu halten. Aus Angst vor Verrat und Guillotine in den ständig wechselnden Machtstrukturen nach der Revolution ergreift keiner von ihnen die Eigeninitiative, sich des Kindes anzunehmen. Den Gestank, der aus dem Zimmer dringt, und die Ungezieferplage durch die Unsauberkeit ignorieren sie.
    Als das Land nach der Schreckensherrschaft Robespierres langsam zum Normalzustand zurückkehrt, ist es für Charles zu spät. Auch wenn jetzt einer der Wärter seine Verantwortung erkennt und ihr nachkommt, haben die einsamen Jahre unwiderruflich ihre Spuren hinterlassen: Der Junge kann nicht mehr gehen, nicht mehr lesen, fast nicht mehr sprechen, er ist übersät von Wunden und Beulen, und sein Tod ist nur eine Frage von Tagen.
    Die Autorin verfolgt ihr Anliegen, die letzten Jahre des Kronprinzen zu erzählen, konsequent. Nur durch seine Gedanken und die Aussagen der Wärter bei den fiktiven Verhören erfährt man, was sich außerhalb der Mauern abspielt. Die Kenntnis der politischen Wirren nach der Revolution, Namen und Taten der Wortführer werden beim Leser vorausgesetzt.
    Erstaunlich, wie es der Autorin gelingt, über das eingesperrte Dasein in vier Wänden ohne Außenkontakt ein Buch zu schreiben, das nicht langweilt, sondern durch die konstante Steigerung des Verfalls bis zum seelischen und körperlichen Tod fesselt, und das sich trotz des schauerlichen Inhalts spannend und interessant lesen lässt.
    Die Autorin hat die Fakten anhand von Rechnungen des Gefängnisses, Berichten und Dienstplänen der Wärter und anderer beteiligter Personen recherchiert und fiktiv verarbeitet.
    Die Geschichte des Jungen hat ein Nachspiel, das bis in unsere Zeit wirkt: Das Gerücht, in dem Turm sei ein namenloser Junge gestorben, während Louis XVII. fliehen konnte, hielt sich zwei Jahrhunderte lang nicht nur bei französischen Royalisten hartnäckig. Der Gentechnik ist es zu verdanken, dass der Tod des letzten Dauphins gesichert ist. Erst 2004 wurde das Schlusskapitel einer der unwürdigsten Episoden der Nach-Revolution geschrieben, siehe hier.
    Fazit:
    Eine dunkle, schwer zu ertragende, historische Geschichte mit fiktiven Einschüben.
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Ausgaben von Das Kind im Turm

Taschenbuch

Seitenzahl: 288

Hardcover

Seitenzahl: 286

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