Nemesis

Buch von Philip Roth, Dirk van Gunsteren

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Nemesis

Eine schwere Polio-Epidemie erschüttert 1944 Newark, Kindern droht Lähmung oder der Tod. Nur der junge Sportlehrer Bucky bewahrt die Ruhe und kümmert sich als Ausgemusterter hingebungsvoll um seine Schüler. Doch das Gefühl der Vergeblichkeit wächst so stetig wie das Verlangen nach privatem Glück. Als Bucky dem Wunsch seiner Freundin Marcia nachgibt und sie in ein Kinderferienlager begleitet, scheinen Krieg und Seuche in weite Ferne gerückt …
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Bewertungen

Nemesis wurde insgesamt 14 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Nemesis

    „Nemesis“, der neue Roman des großen amerikanischen Schriftstellers Philip Roth, der schon lange den Literaturnobelpreis verdient hätte, ihn aber wohl nie erhalten wird, sticht unter seinen letzten Büchern heraus. Zunächst ist man nämlich, auch weil die Handlung 1944/45 spielt und es um ein Geschehen in Newark geht, versucht, das Buch für ein bisher unveröffentlichtes Frühwerk zu halten.
    Und dennoch ist es nach seinen eigenen Aussagen der letzte, abschließende Teil einer Reihe, die er selbst „Nemeses“ nennt, eine Reihe, die mit „Jedermann (2006) begann und dann im jährlichen Rhythmus von „Exit Ghost“ (2007), „Empörung“ (2008) und „Die Demütigung“ (2009) ergänzt wurde.
    Eine Reihe, in der der Autor die Themenkomplexe Sterben, Altern, Krankheit, Unglück und Schuld im Großen wie im Kleinen beleuchtete und auf seine unverwechselbare und in ihrer Ausweglosigkeit stellenweise schwer zu ertragenden Art beschrieb.
    In „Jedermann“ kämpfte sein namenloser Protagonist gegen die Hinfälligkeit, in „Exit Ghost“ verschwand Roths jahrzehntelanges Alter Ego Nathan Zuckerman für immer von der literarischen Bühne. Und auch in den beiden letzten Romanen „Empörung“ und „Die Demütigung“ leiden die Hauptpersonen unendlich an ihrer zu Ende gehenden Existenz und ihren Aporien.
    Der Protagonist von „Nemesis“, Bucky Cantor, hat diese Existenz zu Beginn des Buches durchaus hoffnungsvoll noch vor sich. Während seine Freunde, darunter auch viele Juden, so wie er, in Übersee gegen Nazideutschland kämpfen, ist er wegen eines Augenleidens vom Militärdienst befreit, was ihm schwer zu schaffen macht, denn auch er hat von den Gräueln der Nazis gehört. Doch zu Hause ist der Pädagoge und Sportler mit einem ganz anderen Kampf und mit ganz anderen Aporien konfrontiert.
    Bucky Cantor muss mit ansehen, wie in seiner Heimatstadt Newark immer mehr ihm zum Feriensport anvertraute jüdische Jungen von dem Kinderlähmungsvirus befallen werden. Etliche von ihnen sterben. Die Stadt ist in Panik, Roths fiktive Schilderung (es gab 1944 keine solche Epidemie in Newark) hat zeitweise alttestamentarische Dimensionen.
    Bucky flieht aus seinem Job in ein sicher geglaubtes jüdisches Ferienlager, wo auch seine Freundin Marcia Steinberg arbeitet. Als auch dort nach einiger Zeit die Polio ausbricht, fällt der Verdacht auf Bucky. Eine sofort angeordnete Untersuchung bestätigt den grausamen Verdacht und Bucky kehrt schon im Krankenhaus allem den Rücken. Nach seiner Heilung widersteht der nun behinderte Cantor allen Versuchen der ihn liebenden Marcia, an der Beziehung festzuhalten.
    Wie eine Art moderner Hiob sucht er die Schuld nur bei sich und hadert mit einem Gott, an den er glaubt nach wie vor, dem er aber vorwirft, grausam zu sein. Weil die ganze Geschichte sozusagen parallel zu dem furchtbaren Geschehen in den Vernichtungslagern der Nazis spielt, ist man versucht, hier Verbindungen herzustellen, doch die führen nicht weiter, weil es, wie ich glaube, Roth darum gar nicht geht. Eher darum, zu zeigen, dass einer, der an den Gott der Väter (noch) glaubt, eben diese Theodizeeproblem bekommt.
    Schon ziemlich am Anfang des Buches ist deutlich, dass es da einen Ich-Erzähler gibt, der aber lange anonym bleibt. Es ist Arnie Mesnikoff, ein jüdischer Junge, der zu Cantors Feriensportgruppe in Newark gehörte und ebenfalls an Polio erkrankte. Doch auch er, der als überzeugter Atheist vorgestellt wird, kann, als er lange Zeit später Bucky Cantor wieder trifft, dem zwar seine Geschichte entlocken, um sie der Nachwelt zu erzählen, ihn aber aus seinem Teufelskreis von Schuld und Selbstanklage nicht erlösen. Während Bucky weiter mit Gott hadert und scheitert, ist der Atheist Arnie ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden, der behindertengerechte Wohnungen baut.
    Das Buch ist spannend erzählt, sein Thema spricht an und bewegt. Ein Mann, der sich Nemesis, der Rachegöttin und ihrem Wirken ausgesetzt sieht, kommt anders als Hiob im Alten Testament aus dem Hadern mit Gott und aus der Hybris nicht heraus. Selbst die Liebe anderer Menschen kann ihn nicht retten, eine hoffnungslose Figur, der doch eine so hoffnungsvolle Zukunft offen stand.
    „Nemesis“, das sei abschließend bemerkt, ist einer der wenigen Romane aus dem Werk von Philip Roth, in der Sexualität, und insbesondere die schwierige Sexualität von in die Jahre gekommenen Männern, keine Rolle spielt. Auch das hat zu meinem Lesegenuss beigetragen.
    Wie in vielen seiner Werke spielt Philip Roth in diesem Buch durchaus auf seinen jüdischen Familienhintergrund an. Doch er ist kein spezifisch jüdischer Autor. Sein Thema ist die gesamte amerikanische Gesellschaft, und weil er selbst einen jüdischen Hintergrund hat, gibt er vielen seiner Protagonisten einen ebensolchen. Doch in der Regel ist es für die Thematik und die Bedeutung seiner Romane nicht von erheblicher Bedeutung. Seine jüdischen Protagonisten beteiligen sich an keinerlei innerjüdischen Debatten oder gar religiös-politischen Auseinandersetzungen, etwa über die Politik die Bedeutung Israels, wie dies etwa die Figuren in Howard Jacobsons lesenswertem und preisgekröntem Roman „Die Finkler-Frage“ (DVA 2011) tun.
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  • Rezension zu Nemesis

    PHILIP ROTH IS BACK!!!
    Nach "Empörung" und noch mehr nach "Demütigung", den beiden zuletzt erschienen Büchern von Roth hatte ich schon Zweifel, ob es von ihm noch etwas anderes als "Altmännerphantasien" zu lesen geben wird! Ja, gibt es! Mit "Nemesis" kehrt Philip Roth zu seiner alten Form zurück und legt ein Buch vor, das ich von der ersten bis zur letzten Zeile verschlungen habe! Das Buch hat einen unheimlichen "Zug", von der ersten bis zur letzten Seite!
    Es sind wieder die großen Roth'schen Themen, um die sich dieses Story dreht: Verantwortung, Solidarität, Schuld, falsche Ideale, und die Verwirklichung des eigenen Glücks.
    Schauplatz ist wieder einmal die jüdische Gemeinschaft in Newark.
    Den Protagonisten würde ich als modernen Hiob bezeichnen, er kämpft unermüdlich an allen Fronten, ist der moralische Held und scheitert trotzdem. Den eigenen Unzulänglichkeiten zum Trotz (oder gerade deshalb?) läuft er gegen das Schicksal an, ist den Umständen gnadenlos ausgeliefert und hadert mit Gott.
    Das Buch sei allen Roth-Lesern (die möglicherweise auch den Autor mittlerweile abgehakt haben) sehr ans Herz zu legen! Den halben Punkt Abzug gibt es für die fast schon zu routinierte Schreibe (die möglicherweise aber auch an der Übersetzung liegen könnte), aber das ist Jammern auf hohem Niveau!
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  • Rezension zu Nemesis

    Bucky Cantor, ein junger Sportlehrer, kümmert sich während einer Polio-Epidemie intensiv um seine Schüler. Bucky ist stark kurzsichtig und wurde deshalb beim Militär als untauglich eingestuft. So kann er nicht mit seinen Kameraden in den Krieg ziehen, sondern muss daheim bleiben. Dies verursacht in ihm das Gefühl, versagt zu haben.
    Als die Epidemie sich weiter ausbreitet und er die Chance hat, dieser zu entfliehen, um Bademeister in einem Sommercamp zu werden, nutzt er diese. Aber auch im Camp bleibt die Atmosphäre nicht friedlich.
    Bucky, den seine Schuldgefühle plagen, beginnt sein Schicksal zu hinterfragen und auch an Gott zu zweifeln.
    Da ist mir eine Stelle in den Sinn gekommen, wo Bucky den Vater eines an Polio gestorbenen Jungen besucht:
    "(Der Vater: )"Man macht immer alles richtig, immer und immer, von Anfang an, man versucht, ein vernünftiger Mensch zu sein, ein hilfsbereiter Mensch -und dann das! Wo ist da der Sinn in diesem Leben?" " Es scheint keinen zu geben", sagte Mr. Cantor. (S. 42)
    Durch seine Schuldgefühle geplagt, trifft Bucky Entscheidungen, die sein Leben beeinflussen. Z.B. verzichtet er auf seine Verlobte.
    Am Ende des Romanes ist Bucky ein verbitterter Mann, der mit sich und seinem wohl verfehlten Leben hadert.
    Gelungen ist auch das plötzliche Auftauchen des Ich-Erzählers auf S. 188.
    In diesem Roman stellt Philip Roth m.E. die Frage nach dem Sinn, bzw. der Sinnlosigkeit des Lebens und wieso Gott es zulässt, dass so viele schreckliche Dinge geschehen.
    Nicht zu vergessen ist der Buchtitel:
    Nemesis ist in der griechischen Mythologie die Göttin des „gerechten Zorns“ sowie diejenige, die „herzlos Liebende“ bestraft. Sie wurde dadurch auch zur Rachegottheit.(wikipedia)
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Ausgaben von Nemesis

Hardcover

Seitenzahl: 222

Taschenbuch

Seitenzahl: 224

E-Book

Seitenzahl: 222

Nemesis in anderen Sprachen

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