Engel des Universums

Buch von Einar Mar Gudmundsson, Angelika Gundlach

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Engel des Universums

Über die schmale Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit Páll verlebt eine unbeschwerte Kindheit in Reykjavík. Doch in der Schule wird er von Kopfschmerzen heimgesucht. Schließlich wechselt er an eine Kunstschule und begegnet dort Van Gogh und Gaugin; ihnen fühlt er sich näher als seinen Mitmenschen. Langsam verschieben sich die Grenzen, Páll wird in die Nervenheilanstalt Kleppur eingeliefert – und stellt fest, dass er nur einer von vielen Verrückten ist. Einar Már Gudmundsson, einer der größten Dichter der isländischen Literatur, hat die tragische Geschichte seines geisteskranken Bruders zu einem aufsehenerregenden Roman verarbeitet, der irrsinnig komisch und zugleich zutiefst berührend ist. Ausgezeichnet mit dem Preis des Nordischen Rates.
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Bewertungen

Engel des Universums wurde insgesamt 3 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,7 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Engel des Universums

    Original : Isländisch, 1993 geschrieben
    BEMERKUNGEN :
    Mir hat der Roman zunehmend gut bis sehr gut gefallen, und ich hole ihn an dieser Stelle gerne nochmals hoch um auf ihn aufmerksam zu machen! Zugegebenermaßen fragte ich mich anfangs andauernd, ob es ein berechtigtes Vorgehen des Autors ist, über seinen Bruder in der Ich-Form zu schreiben, und somit quasi « anstelle von » zu schreiben. Was aber – so dachte ich mir – wissen wir wohl vom wirklichen Innenleben eines so genannten « Verrûckten » ? Ich frage mich dies um so mehr als da ich selber ebenfalls eine kranke Schwester habe, und wir uns in der Familie alle oft fragen, wie sie wohl die Welt wahrnimmt… Deswegen konnte mich dieser Roman auch besonders treffen.
    Aber es ist halt ein Roman. Es gibt halt leichte Verbiegungen : so ist Pall eben nicht am Tag des Nato-Eintritts geboren, zumindest widersprechen sich dieser mit dem angegebenen Geburtstagsdatum zu Beginn des Buches (das hat wohl symbolisch-gesellschaftspolitische Gründe). Hat man aber das Fiktive, bzw den Kunstgriff von Gudmundsson akzeptiert wird das Buch zu einer schönen Mischung zwischen Reflektion, Poesie, Erzählen, Fabulieren…
    Man liest zwischen den Zeilen heraus, welch großen Platz in diesem Island noch Oralität, Poesie, Erzählkunst, Traum- und Sagenwelt haben !
    Ich stimme @Ambermoon zu, dass die sprunghafte Erzählweise etwas irreführend ist. Sie mag dem inneren Hin- und Her entsprechen. Äußern tut sich das durch zahlreiche Kapitel und Lesehäppchen: Zwei große Teile mit jeweils römisch numerierten Teilen, die jeweils erneut arabisch numeriert unterteilt sind, und in sich nochmals voneinander abgesetzte Abschnitte enthalten. Manchmal erschloß sich mir diese Logik des Unterteilens nicht ganz… !
    Ganz nebenbei wird auch eine gewisse Entwicklung im Umgang mit Krankheiten dieser Art geschildert. Als Pall klein war wurden sie noch Zeugen von Unterbringungen auf menschenunwürdigste Art (nackt, Promiskuität, etc) in Kleppur. Das steht den Dokumentarberichten aus zB dem Rumänien vom Anfang der 90iger Jahre in nichts nach. Die Ambivalenz der Anwendung von Beruhigungsmitteln wird ebenfalls angedeutet.
    Ein reicher Roman ! Er hat mir gut gefallen !
    AUTOR :
    Einar Már Guðmundsson (* 18. September 1954 in Reykjavík) ist ein isländischer Schriftsteller. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Einar Már Guðmundsson wuchs in Reykjavík auf. 1979 erhielt er den Bachelor of Arts an der Universität Island in Vergleichender Literaturwissenschaft und Geschichte. Anschließend arbeitete er weiter an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität von Kopenhagen. Infolge der Finanzkrise 2008 und des drohenden Staatsbankrotts Islands griff der Schriftsteller die verantwortlichen Politiker mit Härte an. Im Umfeld eines anwachsenden Protests von bis zu 6000 Bürgern, der jeweils samstags vor dem Parlament stattfand, verglich Einar Már die Situation mit jener der DDR vor dem Fall der Mauer. Die Krise habe mit der Liberalisierung der Banken begonnen, als die Politiker "den Reichtum des Volkes ihren Freunden schenkten". Die Banken seien unkontrolliert gewachsen, dem Land über den Kopf. Der Schriftsteller verlangte den Rücktritt der Regierung, ein Übergangsregime aus Experten und Neuwahlen. Die Proteste führten im Januar 2009 zum Rücktritt der Regierung.Der Autor lebt heute in Reykjavík, ist verheiratet und hat fünf Kinder.
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  • Rezension zu Engel des Universums

    Mich hat dieser Roman sehr berührt...
    Der Autor spürt behutsam dem Leben seines an Schizophrenie erkrankten Bruders nach und setzt ihm mit diesem Buch ein Denkmal der besonderen Art. Dazu begibt er sich in „die Welt der Geisteskranken, aus der nur wenige zurückkehren“ (S. 162). Pall beendete sein Leben im Alter von 43 Jahren, da er sein Leben in und außerhalb der Anstalt Kleppur nicht mehr ertragen konnte – oder anders formuliert: da er nicht mehr ertragen konnte, was ihm angetan wurde und was er anderen, vor allem seiner Familie antat.
    Das „Verrückte“ ist eigentlich von Anfang an da: der Autor wählt die Ich-Perspektive Palls, der sein Leben quasi aus dem Grab heraus erzählt und aus dieser Distanz heraus auch reflektieren kann.
    In einer nüchternen, sehr reduzierten, chronikhaften Sprache – die gerade wegen ihrer Kargheit hoch emotionalisierend wirkt - führt der Erzähler den Leser in seine Welt ein: Angstvorstellungen, Halluzinationen, Isolation, Einsamkeit und die Unfähigkeit, seine subjektive Realität mit der objektiven Realität der Außenwelt in Übereinstimmung zu bringen.
    Er stellt erschütternde Menschenschicksale vor, die man nicht so schnell vergessen kann. Dazu gehört z. B. Palls Freund Petur, der - in seiner Realität - an der Universität von Peking über Schiller promoviert wurde und schließlich für die Familie nicht mehr zu ertragen ist. „Petur breitete sich aus, und wo er sich auch niederließ, saugte er alle Luft auf“ (S. 175). Petur versucht immer wieder, wie Pall auch, in der Gesellschaft außerhalb der Anstalt Fuß zu fassen, vergeblich: „… und oft war er in dem Augenblick am glücklichsten, wenn die Polizei ihn einsammelte und hinaus nach Kleppur fuhr; da ging es ihm oft bedeutend besser als draußen in der Kälte, die man Gesellschaft nennt“ (S. 176).
    Dazu gehört aber auch Palls „gesunder“ Freund Rögnvaldur, der ihm auch während seiner Schübe die Treue hält und der sich dann das Leben nimmt. „Kleppur ist überall“ (S. 145).
    Der Roman enthält aber auch heitere, fast komödiantische Episoden, die an den Filn „Einer flog über das Kuckucksnest“ erinnern.
    Das Buch wird gerahmt von Hinweisen auf Palls Mutter: kurz vor Palls Geburt und kurz nach Palls Tod: „… als Mama die Augen öffnet, steigt die Morgensonne auf“ (S.222). Ein sehr versöhnlicher Schluss für die trauernde Mutter.
    Fazit: ein sehr anrührender Roman, ein besonderes Denkmal des Autors für seinen geliebten Bruder.
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  • Rezension zu Engel des Universums

    Geboren wurde Páll am 30. März 1949 in Reykjavik, an dem Tag, als Island in die Nato eintrat und noch niemand ahnte, daß Páll eines Tages verrückt werden würde. Páll wächst in einer Kellerwohnung auf und verlebt eine scheinbar ungetrübte Kindheit, in der Kleppur, die Irrenanstalt, jedoch bereits wie ein Leitmotiv immer gegenwärtig ist. Erst auf dem Gymnasium beginnen die Schwierigkeiten, als er die Ausbildung wegen dauernder Kopfschmerzen abbrechen muss und auf die Kunstschule wechselt. Eines Tages verwandelt er sein Zimmer in eine Arche, und da er schon längst davon überzeugt ist, die Nachbarsfrau sei scharf auf ihn, bietet er ihr an, sie bei der kommenden Sintflut zu retten. Er landet in Kleppur, wo man ihn mit Spritzen ruhigstellt, wenn er wieder einmal meint, er sei Gauguin oder van Gogh oder beide zugleich.
    Einar Már Gudmundsson hat die tragische Geschichte seines geisteskranken Bruders zu einem aufsehenerregenden Roman verarbeitet...(Klappentext)
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    Der Autor schafft es gekonnt den schleichenden Weg der Schizophrenie aus der Sicht eines Erkrankten zu beschreiben und zwar aus der Sicht seines bereits verstorbenen Bruders. Daher enthält dieser Roman zum Teil auch autobiographische Züge des Autors, da er Selbsterlebtes einbringt.
    Er erzählt wie aus einem normalen und aufgewecktem Jungen ein aggressiver und verängstigter Erwachsener mit Schizophrenie wird.
    Man spürt die Ängste und innere Zerrissenheit, durchlebt mit dem Protagonisten die stätig wachsende Paranoia, den Gang durch die Dunkelheit und den Nebel zwischen Realität und Wahn, inklusive Filmrisse und taucht ein in seine wirre Gedankenwelt. Man begleitet ihn durch seine Jugend bis hin zu seinen Aufenthalten in der Nervenheilanstalt und lernt Freunde und Mitpatienten kennen.
    Der Schreibstil ist flüssig und trotz der Thematik manchmal fast schon poetisch. Zusätzlich enthält dieser Roman malerische Beschreibungen Islands zur Zeit der Modernisierung, sowie der damaligen isländischen Lebensweise und der isländischen Bewohner.
    Leider kommt es manchmal zu einer sehr sprunghaften Erzählweise zwischen den Jugendjahren und den des erwachsenen Páll, was den Lesefluß etwas holprig werden lässt. Dies bessert sich jedoch im Verlauf.
    Aufgrund der Thematik ist dieser Roman zwar bedrückend, enthält aber auch Szenen die einen schmunzeln lassen. Zudem zeigt sich hier wie schmal der Grat zwischen Normalität und Wahnsinn eigentlich ist und das so mancher Irre normaler ist, als so einige die sich außerhalb einer solchen Anstalt bewegen.
    Fazit:
    Ein Roman der einem Einblicke in die Gedankenwelt eines Schizophrenen gewährt. Genauso bedrückend und verstörend, wie auch poetisch und malerisch, der mich begeistert und nachdenklich zurücklässt.
    Hierfür gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung.
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Ausgaben von Engel des Universums

Taschenbuch

Seitenzahl: 224

Hardcover

Seitenzahl: 200

Besitzer des Buches 5

Update: