Das rote Kornfeld

Buch von Mo Yan

Bewertungen

Das rote Kornfeld wurde insgesamt 6 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,6 Sternen.

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Meinungen

  • Tolle bildhafte Sprache, aber die Handlung leider auch sehr brutal.

    Sherlocke

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das rote Kornfeld

    Über den Autor:
    Mo Yan – eigentlich Guan Moye – wurde 1955 in Gaomi in der Provinz Shandong geboren. Während der Kulturrevolution begann er mit 12 Jahren in einer Fabrik zu arbeiten und trat als 20jähriger in die Volksbefreiungsarmee ein. 1984 begann er an der Literaturabteilung der Kulturakademie zu unterrichten während er an der Kunsthochschule der Volksbefreiungsarmee bis 1986 studierte. Sein Künstlername bedeutet „Sprich nicht“ - ein Rat seiner Eltern um ihm Schwierigkeiten zu ersparen.
    Sein literarischer Durchbruch gelang Mo Yan 1987 mit „Das rote Kornfeld“, welches international bekannt wurde durch die Verfilmung von Zhan Yimou. Der Roman zählt zur chinesischen Xungen-Literatur (Wurzelliteratur / Literatur der Wurzelsuche), die in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre aufkam. Die Wurzeln der chinesischen Zivilisation wurden im Bauerntum gesucht, die Intellektuellen suchten nach Erklärungen für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die nicht im politischen System begründet sind. Es wird nach dem kulturellen Fundament gefragt, welches die Kulturrevolution ermöglichte, ohne damit eine politische Debatte zu eröffnen.
    2009 gewann Mo Yan den „Newman Prize for Chinese Literature“ der University of Oklahoma, 2012 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Diese Preisverleihung löste weltweite Kritik aus, v.a. chinesische Intellektuelle und Künstler wie Ai Weiwei oder Liao Yiwu äußerten sich öffentlich kritisch gegenüber Mo Yan und auch der Schwedischen Akademie.
    Buchinhalt (Klappentext):
    Die endlosen Felder sind der Glanz und der Reichtum des chinesischen Dorfes Gaomi. In mächtigen roten Wellen erstrecken sie sich bis zum Horizont. Rot sind auch die Vorhänge der Sänfte, in der die schöne Dai Fenglian zu ihrem zukünftigen Ehemann Shan getragen wird. Aber als der Sänftenträger Yu Zhan'ao und Dai Fenglian sich sehen, entbrennen sie in Liebe zueinander.
    Als opulente Familiensaga zeichnet der Roman das Schicksal eines Dorfes vor dem Hintergrund des chinesisch-japanischen Krieges nach. Vierzig Jahre später erinnert sich der Enkel an den süßen Duft des frisch gebrannten Schnapses und an die vielen Geschichten und losen Scherze. Die Geister seiner Vorfahren fordern ihn auf, die Tradition des Dorfes und seiner Familie fortzuführen, Vergangenheit und Gegenwart zu versöhnen.
    Meine Meinung:
    Den Klappentext empfinde ich im Nachhinein als irreführend. Ich habe die Geschichte und Geschichten in diesem Buch nicht als opulente Familiensaga empfunden, sondern als leicht chaotische Geschichten einer Familie und Region in einem definierten Zeitraum der chinesischen Geschichte in einer eng gefassten Region (Gaomi). Ich habe es auch nicht als "Verneigung vor den Vorfahren" empfunden, wie es K.G. Beck-Ewe beschreibt.
    Der Enkel tritt nur als Erzähler in Erscheinung, er spielt nicht wirklich eine Rolle. Die Handlung spielt in einem Zeitraum von etwa 15 Jahren zwischen 1922 und 1939, die Protagonisten werden meist nur Großmutter, Großvater, Vater und (später) zweite Großmutter genannt, obwohl sie zur Zeit der Handlung zwischen 15 und etwa 45 Jahre alt sind. Selten werden deren Namen verwendet.
    Die Großmutter Dai Fenglian, die mit einem Leprakranken verheiratet werden soll, verliebt sich in den Sänftenträger Yu Zhan'ao - der darauf einen Weg findet, seine Geliebte vor dieser Ehe zu bewahren. Die Beiden werden ein Paar ohne je zu heiraten, sie leben ein Leben leicht abseits der gesellschaftlichen Regeln, was durch einen gewissen Reichtung sowie die Cleverness der Protagonistin ermöglicht wird. Aber auch Yu Zhan'ao ist geprägt durch die Gesellschaft, weshalb diese Beziehung nicht bleibt wie sie ist – er nimmt sich eine zweite Frau, er schließt sich den Banditen an, er kämpft gegen die japanischen Besatzer – aber immer bleibt er auch in der Beziehung zu Dai gefangen....
    Die Geschichte der Region und die Geschichten der Familie werden in sprunghaften Episoden erzählt – ständig wird zwischen den Zeiten hin- und hergewechselt, manchmal mitten in einem Absatz. Die Familie und die bäuerliche Gesellschaft ist geprägt durch die grausame Zeit der chinesischen Geschichte, gezwängt zwischen die große Vergangenheit des chinesischen Kaiserreichs und der blutigen Besatzung durch die Japaner. So grausam die Zeit, so grausam die Geschichten.... selten gibt es Zeiten des Friedens und der Ruhe in dieser Familie und Region. Sind es in früheren Zeit gesellschaftliche Zwänge (wie z.B. die gebundenen Füße, die Verheiratungspolitik u.ä.), Banditen und die höheren Beamten, die die Bevölkerung drangsalieren, so sind es später die Japaner und ihre chinesischen Helfershelfer (Marionettensoldaten genannt), die das Leben der ländlichen Bevölkerung zur Hölle machen.
    So grausam die Geschichten in diesem Buch, so grausam der Erzählstil. Mo Yan nimmt kein Blatt vor den Mund und erzählt sehr genau, direkt und sehr, sehr detailliert – so detailliert, dass es einige Male wirklich zu viel war und ich kurz davor war, das Buch abzubrechen. Dieses Buch mit seinen Geschichten ist nichts für schwache Nerven. Die chinesische Gesellschaft wird als sehr grausam geschildert, selbst vor der Zeit der Besatzung. Das beginnt schon mit der barbarischen Tradition der gebundenen Füße, bei der kleinen Mädchen die Füße gebrochen und eng bandagiert werden, damit sie nicht weiterwachsen. Die Verheiratungspolitik auf dem Land ist genauso grausam, denn die Mädchen werden durchaus verkauft wenn es der Familie dienlich ist. Die Banditen der Region haben mehr Macht und Sagen als die Behörden und die Staatsmacht, sie sind die Macht in der Region – wenn nicht grad höhere Beamte durchs Land ziehen und sich mal durchsetzen.
    Und all diese Grausamkeiten richten sich immer gegen die eigenen Landsleute, die eigene enge regionale Gesellschaft. Das Individuum zählt nicht viel, Macht alles, egal wie. Und Macht wird ausgelebt und Machtausübung wird gerächt – und immer wieder sind die Handlungen von Grausamkeit geprägt. Am Ende gipfelt es darin, dass sich die chinesischen Banditen und Armeeeinheiten gegenseitig bekämpfen und töten um Macht und Ansehen willen, anstatt gemeinsam gegen die Japaner zu kämpfen. Und mitten zwischen diesen Kämpfen und Kämpfern wird die Bevölkerung zerrieben, gemetzelt und vertrieben. Am Ende dann verlieren alle, denn die Japaner kennen keine Gnade – niemandem gegenüber....
    Mein Fazit:
    Ich habe dieses Buch in meinem Lesekreis gelesen – nach all der Kritik (und den wenigen positiven Stimmen) zur Nobelpreisverleihung wollten wir uns ein eigenes Bild von diesem Autor machen. Ein Teil von uns las „Frösche“, zwei lasen „Das rote Kornfeld“. Ich war wirklich neugierig, denn irgendeinen Grund mussten die Juroren der Schwedischen Akademie ja haben, dass sie ausgerechnet Mo Yan auszeichneten. Mit einem gelesenen Buch kann man sich zwar noch kein umfassendes Bild machen, aber man bekommt einen Eindruck. Und mein Eindruck war, trotz der exzessiven Grausamkeit des Buches, ein positiver. Nach meinem Empfinden zeigt Mo Yan deutlich, dass man sehr wohl Kritik üben kann in einer repressiven Gesellschaft ohne gleich auf dem Index zu landen. Ich glaube, dass der Autor in diesem Buch die Neigung zu Grausamkeit allen Individuen gegenüber für die gesellschaftlichen Entwicklungen in China nach der japanischen Besatzung verantwortlich macht. Ohne diese gesellschaftliche Akzeptanz von Grausamkeit hätte die Kulturrevolution in all ihrer Grausamkeit und mit all ihren Folgen für die chinesischen Gesellschaft wohl keine Chance gehabt. Zumindest habe ich diese Aussage aus diesem Buch für mich gezogen.
    Ich werde zumindest noch „Frösche“ lesen, um meinen Eindruck von Mo Yan zu verfestigen – zumindest weiß ich schon mal, dass das Buch nicht so grausam ist wie „Das rote Kornfeld“ - was mich wiederum darin bestärkt, dass es Mo Yan genau um die Darstellung dieser Grausamkeit in seinem Buch ging und geht. Doch auch trotz meines insgesamt positiven Eindrucks kann ich diesem Buch nur 3.5 Sterne geben – zum einen, weil mir die Grausamkeiten irgendwann zu viel wurden (die Botschaft wäre auch mit weniger immer noch sehr deutlich geworden) und zum anderen wegen der extremen und ständigen Zeitsprünge durch den gesamten Roman. Dadurch wurde es stellenweise schwierig zu wissen, wo man grade in der Geschichte steckte und das Lesen wurde anstrengend. Überhaupt ist dieses Buch kein Buch, dass man mit „Genuss“ liest – man muss es sich erarbeiten. Aber wer sich für das Thema interessiert findet hier einen interessanten Autoren mit einem doch beeindruckenden Buch.
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  • Rezension zu Das rote Kornfeld

    Der vorliegende Roman erschien in der VR China in gekürzter Form erstmals im Jahr Es handelt sich dabei um das Buch, das Mo Yans weltweiten Ruhm begründen sollte und das 1988 von dem bekannten Regisseur und Choreographen Zhang Yimou verfilmt wurde – dem Jahr, in dem auch die ungekürzte Fassung auf dem chinesischen Markt erschien, die dieser Bearbeitung zugrunde liegt.
    Das Buch erzählt die Familiengeschichte des Ich-Erzählers und versteht sich dabei als eine Verneigung vor den Vorfahren, die in viel härteren Zeiten viel heroischer gewesen sein sollen, als es die Menschen heutzutage sind.Beginnend kurz vor dem Zweiten Weltkrieg erzählt das Buch in immer wieder wechselnden Zeitebenen, wie die Einwohner der Provinz Nordost-Gaomi sich den Herausforderungen des Lebens in der damaligen Zeit gestellt hatten und vor allen Dingen auch, wie sie sich in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den einmarschierenden japanischen Truppen bewährt habe.Doch die Japaner sind nicht die einzige Bedrohung der Menschen in dieser Zeit. Auch das alte Kulturdenken – z.B. das Binden der Frauenfüße -, rebellische Boxer, die sich für unverwundbar halten, böse Nachbarn und riesige Rudel wilder und verwilderter Hunde machen den Menschen das Leben überaus schwer und fordern ihnen alles ab, das sie nur geben können. Und auch ihre eigenen Leidenschaften werden ihnen oft genug zum Verhängnis.
    Die Darstellung des ländlichen Lebens ist in diesem Roman bereits überaus „plastisch“, so dass man sich auch die unangenehmsten Momente nur allzu gut von der Beschreibung her vorstellen kann. Das gilt sowohl für die damaligen Lebensumstände auf dem Land, wie auch für die Darstellung von Körpergerichtsbarkeit und den kriegerischen Auseinandersetzungen der Menschen untereinander und auch mit den Hunden. Das sollte man wissen, bevor man sich irgendein Buch von Mo Yan zulegt, denn diese sehr deutliche Form der Darstellung stellt gewissermaßen sein Markenzeichen dar.Die Geschichten – und die Geschichte – die dieses Buch ausmachen sind interessant und zeigen den Leserinnen und Lesern sehr eindringlich, wie sehr die Welt in China zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch anders gewesen ist, als wir sie uns normalerweise vorstellen können.Die Zeitsprünge innerhalb der Geschichte sind ziemlich gewöhnungsbedürftig, auch weil innerhalb dieser Sprünge immer wieder auch Bezüge zu anderen Zeiten hergestellt werden, so dass man „Das rote Kornfeld“ noch mal einfach so nebenher lesen kann. Man muss sich auf den Titel und auf die verschiedenen Zeitstufen – und auf ein umfangreiches Personal - einstellen um mit dem Buch wirklich zu recht zu kommen. Dies zeigt sich besonders gegen ende des Buches deutlich, wenn man stellenweise das Gefühl bekommt, dass die ganze Geschichte ein wenig zerfasert. Abgesehen davon ist „Das rote Kornfeld“ aber weitestgehend narrativ und informativ eine bereichernde Leseerfahrung – wobei die neueren Werke Mo Yans deutlich zeigen, dass er sich noch weiter entwickelt hat. :thumright:
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Ausgaben von Das rote Kornfeld

Taschenbuch

Seitenzahl: 496

Das rote Kornfeld in anderen Sprachen

  • Chinesisch: Hong gaoliang jiazu (Details)
  • Deutsch: Das rote Kornfeld (Details)
  • Englisch: Red Sorghum (Details)

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