Das Ende des Vandalismus

Buch von Tom Drury, Gerhard Falkner, Nora Matocza

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Das Ende des Vandalismus

Der Gelegenheitsdieb Tiny Darling wird von seiner Frau Louise nach sieben Jahren Ehe vor die Tür gesetzt. Sie beginnt eine Affäre mit dem örtlichen Sheriff Dan Norman, einem einfachen Mann mit starken Prinzipien, dem die Machenschaften Darlings schon lange ein Dorn im Auge sind. Doch nicht nur sein Job, auch die Beziehung mit der undurchschaubaren Louise rauben dem Gesetzeshüter den Schlaf. Als Louise schließlich eine Fehlgeburt erleidet und Tiny Darling Dans Wiederwahl mit seinen kriminellen Intrigen vereiteln will, muss der Sheriff endlich handeln - die Frage ist nur, wie ... Tom Drury skizziert in »Das Ende des Vandalismus« ein liebevoll realistisches Bild der amerikanischen Provinz und schildert dabei amüsant und lakonisch die Absurditäten einer Dreiecksbeziehung zwischen Alltag, Leidenschaft und Verbrechen.
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Serieninfos zu Das Ende des Vandalismus

Das Ende des Vandalismus ist der 1. Band der Familie Darling Reihe. Diese umfasst 3 Teile und startete im Jahr 1994. Der letzte bzw. neueste Teil der Serie stammt aus dem Jahr 2017.

Bewertungen

Das Ende des Vandalismus wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das Ende des Vandalismus

    Über "Das Ende des Vandalismus", wobei von Tonfall, Atmosphäre und Haltung her auch viel für die Folgebände passen sollte:
    Je mehr Romane geschrieben werden, umso mehr Klischees stehen in der Literaturlandschaft herum. Selbst behutsame Alltagsbeschreibungen gibt es so viele, dass es gut tut, einmal einen Schritt zurückzutreten, um eine neue Unmittelbarkeit zwischen dem literarischen Abbild und dem Alltäglichen unserer Gegenwart zu erreichen. Tom Drury macht diesen Schritt zurück, um alle Story-Konstruktionen und Genre-Stereotype aus dem Weg zu wischen.
    Es geht ihm dabei nicht einfach nur darum, alltägliche Belanglosigkeiten in den Blick zu nehmen und Routinen und Nichtigkeiten zu beschrieben, um ein möglichst authentisches Bild unserer Gegenwart zu zeigen. Auch das ist ja literarisch schon hinlänglich erschlossen. Es geht Drury meiner Meinung nach darum, die Figuren und ihre Geschichten von allen literarischen und generischen Zwängen zu befreien. Dass man Figuren zum Beispiel nicht extra mit einer bestimmten Charaktereigenschaft ausstattet, nur damit über die Folgen, die dieser Wesenszug durch entsprechende Handlungen in der Lebenswelt weiterer Figuren anrichtet, eine bestimmte Moral verdeutlicht werden kann: Schicksal X tritt dank miesen Charakterzuges von Person 1, womit deren Umfeld klarkommen muss. Auf dass alle etwas gelernt haben und der Autor dem Leser eine authentische Milieu- und Charakterstudie liefern kann. All sowas macht Tom Drury nicht: Er erschafft keine Figuren, um durch sie etwas zu verdeutlichen, sondern er erschafft Figuren mit einem teilweise widersprüchlichen Bündel von Wesenszügen und schaut was passiert, wenn sie mit bestimmten Stolpersteinen oder Besonderheiten im normalen Tagesablauf konfrontiert werden. Ihre Reaktion ergibt Sinn aus dem Bündel ihrer Charaktereigenschaften.
    Schon allein wie Drury sein Personal präsentiert, ist besonders: Bei keiner Figur gibt es groß einleitende Beschreibungen des reinen Phänotyps. Kein blond und dick, keine fein geschwungenen Augenbrauen, kein luftiges Sommerkleid, keine Birkenstock-Sandalen. Stattdessen bevorzugt es Drury, seine Figuren durch Handlungen zu charakterisieren. Da gähnt jemand zum Beispiel immer so exzessiv wie ein Fernsehlöwe in Tierdokumentationen. Und schon kommt Bewegung in den Sympathie-Zettelkasten im Kopf des Lesers, weil mit diesem Verhalten ja eine Vielzahl charakterlicher Feinheiten mitschwingt: Man kommt einer plastisch so rund charakterisierten Figur viel näher, als es reine Äußerlichkeiten vermöchten, die nur kleine Labels platzieren, aber nichts tief in einem (wieder)erkennen lassen.
    Hand in Hand mit der Art, wie Drury seine Charaktere von generischen, oberflächlichen Zwängen befreit, geht auch seine Entrümpelung der Konfliktdramaturgie einher: Die Geschehnisse folgen wirklich einer Alltagslogik und werden nicht der dramatischen Fünfaktstruktur eingepasst, in der Handlungen konfliktreiche Folgen nach sich ziehen, die einen bestimmten (gesellschaftlichen oder charakterlichen) Umstand in traurig stimmender oder komisch erhellender Weise zu bewerten trachten. Deswegen kann „Das Ende des Vandalismus“ auch vermeintlich ohne echten Höhepunkt oder Knalleffekt einfach wie mittendrin in einem Handlungsbogen enden. Weil die Schlaglichter schon gesetzt sind und keine künstliche Betonung mehr brauchen. Die Figuren haben gehadert, gelitten, sich dumm benommen, sich gefreut und sind unzufrieden aufgewacht und zufrieden zu Bett gegangen, da braucht es kein Fazit und keinen Schlussstrich des Autors!
    Es gibt künstlerische, auch literarische Ausdrucksformen, die weniger pointenversessen sind als die Belletristik: Gedichte brauchen nicht unbedingt eine Pointe, oft erschaffen sie vor allem eine Ahnung, ein Stimmungsbild. Noch „schlimmer“ Gemälde: Was nicht linear, sondern flächig angelegt ist, vermag kaum auf einen Höhepunkt zusteuern. Denn wo fängt was an, wo hört etwas auf. Drurys Romane aus dem Grouse County, von denen „Das Ende des Vandalismus“ der erste ist, sind wie Gemälde mit kleinen Szenen und Entdeckungen in den Ecken und Winkeln, wie drei große ungereimte Prosagedichte über Menschen unserer Gegenwart, getarnt als der Große Amerikanische Roman. Als wären die verschiedenen Mitglieder der Familie Darling menschliche Kompassnadeln, Wegweiser, geheimnisvolle Botschaften, Kreidepfeile oder Straßenkarten wandert der Leser an ihrer Seite durch ihre sich überlappenden Lebenswelten, um Schritt für Schritt eine Art moralische Landkarte unserer westlichen, kapitalistischen, säkularisierten Gegenwart zu zeichnen. Gangbare Wege des Lebens durch eine Provinz, die selten so schön erzählt war wie hier. Mit lakonischem, scharfem Witz, der aber immer in viel Einfühlungsvermögen getaucht ist. Alles von einer flirrenden, fast magischen Stimmung des Gleichgewichtes. Eine kleinstädtische Gemeinschaft, verbunden in einer tief verwurzelten Solidarität, die auch eine Handvoll Unruhestifter, Sonderlinge und Kleinkriminelle erträgt, weil alle Einwohner sie schon kannten, als sie noch im Sandkasten gespielt haben. Aber bei aller Alltäglichkeit dieses Amerikabildes ziehen durch Grouse County auch einige fast unergründlich dämonisch wirkende, beunruhigende Strömungen: ein ausgesetztes Baby, ein gemeingefährlicher Metallsucher und Brandstifter oder eine verwirrte Frau, die sich für eine keltische Kriegerin hält: lauter der Normalität eingeschriebene Momente unterschwelliger Bedrohung, die eine Herausforderung an die Gemeinschaft in ihrem Zusammenhalt darstellen. Wie Geister, die durch ihre Existenz auf die verdrängten Dreckecken hinweisen. Und bisher ist die Gemeinschaft stabil genug, alle Störungen auszuhalten. Nicht nur in dieser Hinsicht sind Drurys Grouse-County-Romane eine sehr hoffnungsvolle, lebensbejahende Lektüre. Der Titel des ersten Romans weist in seiner vielleicht naiv klingenden Programmatik da schon in die richtige Richtung!
    Ich bin übrigens durch die wirklich in allen Rezensionen erwähnte Überfülle an Personen, die vor allem „Das Ende des Vandalismus“ durchstreifen, überhaupt nicht verwirrt gewesen. Wenn man erwarten müsste, dass all diese Figuren im Laufe der Handlung noch für das Erreichen konfliktreicher Plotpoints und Überraschungen „wichtig“ werden müssen, könnte man schon die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber so funktionieren Drury-Romane eben nicht. Die Figuren haben ihren Wert im Grunde allein durch sich, selten oder nie aus einer dramaturgischen Funktion. Sie sind schön und wichtig, so wie sie auftauchen. Und sie handeln und fühlen und denken so widersprüchlich, wie wir auch. Wiederholt brechen Frauen aus sie einschnürenden Beziehungsmomenten aus, um sich selbst zu finden. Eine Stärke, die viele der unbeweglicheren Männerfiguren bei Drury nicht haben. Dennoch wird dadurch nicht alles gut: Die Kinder leiden unter den Unsicherheiten der Eltern. Wider besseren Wissens macht man die gleichen Fehler wieder und wieder. Man geht, auch wenn man dadurch manche ein zweites Mal im Stich lässt. Erreichte Siege stellen sich bei Licht betrachtet als banal oder gar Rückschritte heraus. Und schon schießt in den warmherzig-humorvollen Tonfall ein großer Schuss Melancholie hinzu. Und die Behutsamkeit, mit der Drury den Umstand einer Totgeburt beschreibt, ist von bewundernswerter, schlichter Erhabenheit über alle Formen des Kitsches und Spektakels. Und wie sich in den Folgeromanen die Kinder langsam anschicken, mit ihren Geschichten die Geschichten ihrer Eltern zu verdrängen, zeugt von einer tiefen Einsicht in das Rad des Lebens: Man muss einfach aufhören, sich selbst zum Teil einer fremden Geschichte machen. Lass alle Leute ihre eigenen Sehnsüchte, Zwiespälte, Ängste, Hoffnungen und Träume zu Markte tragen.
    „Das Ende des Vandalismus“ ist (wie es auch die Folgebände der Trilogie sind) ein phänomenales Buch: plastisch gezeichnete Figuren, sehr pointierte Dialoge, empfindsame Beschreibungen, warmherzig, nuanciert, humorvoll, liebenswert und wehmütig. Alltag und Provinz war noch nie so schön wie hier. Ohnegleichen! Mein klarer Favorit der drei Grouse-County-Romane ( ).
    [Den Mittelteil mochte ich am wenigsten ( ), da mir Tiny und Joan zunächst - wegen der Erfahrungen aus dem Vorgänger - viel unsympathischer waren als Louise und Dan im ersten Roman. Aber spätestens mit der herzerschütternden Offenheit des Schlusses klopft der letzte Band der Trilogie ( ) dann wieder fast bei der Vollkommenheit an! ]
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  • Rezension zu Das Ende des Vandalismus

    Verlagstext
    Der Gelegenheitsdieb Tiny Darling wird von seiner Frau Louise nach sieben Jahren Ehe vor die Tür gesetzt. Sie beginnt eine Affäre mit dem örtlichen Sheriff Dan Norman, einem einfachen Mann mit starken Prinzipien, dem die Machenschaften Darlings schon lange ein Dorn im Auge sind. Doch nicht nur sein Job, auch die Beziehung mit der undurchschaubaren Louise rauben dem Gesetzeshüter den Schlaf. Als Louise schließlich eine Fehlgeburt erleidet und Tiny Darling Dans Wiederwahl mit seinen kriminellen Intrigen vereiteln will, muss der Sheriff endlich handeln - die Frage ist nur, wie ...
    Tom Drury skizziert in »Das Ende des Vandalismus« ein liebevoll realistisches Bild der amerikanischen Provinz und schildert dabei amüsant und lakonisch die Absurditäten einer Dreiecksbeziehung zwischen Alltag, Leidenschaft und Verbrechen.
    Der Autor
    Tom Drury geboren 1956 in Iowa, zählt zu den wichtigsten amerikanischen Schriftstellern seiner Generation. Seine Romane wie »Das Ende des Vandalismus« und »Traumjäger« gelten als moderne Klassiker. Er veröffentlicht unter anderem im »New Yorker« und in »Harper’s Magazine«. Drury lebt in Iowa.
    Inhalt
    Tiny und Louise Darling leben im 300-Einwohner-Ort Grafton im Mittleren Westen der USA. Nach der Trennung von Louise zieht Klempner Tiny zu seinem Bruder Jerry; Louise beginnt eine Beziehung mit Sheriff Dan Norman. Dan ist mit den Ermittlungen in einer Serie von Landmaschinen-Diebstählen beschäftigt und lässt sich - ganz unbürokratisch - von einem Sprühflugzeug über seinen Bezirk fliegen, um nach den teuren Männerspielzeugen Ausschau zu halten. Für einen Landwirt ist ein gestohlener Traktor alles andere als komisch, es geht dabei um seine Existenz. Louise arbeitet für den betagten Fotografen Kleeborg, der für die offiziellen Schulfotos des Ortes zuständig ist. Kleeborg will sein Geschäft längst an Louise übergeben, aber sie geht der Nachfolgefrage bisher noch aus dem Weg, weil sie am liebsten nur konzentriert in der Dunkelkammer arbeitet. Als im Supermarkt ein Baby ausgesetzt wird, entschließt sich Sheriff Dan, nicht nach der Mutter zu fahnden und die Angelegenheit sich durch die sprichwörtliche Hilfsbereitschaft auf dem Dorf von selbst regeln zu lassen. In weiteren Rollen treten der junge Albert auf, der gemeinsam mit seinen Kumpels den Wasserturm beschmiert hat und von Dan zur Strafe zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert wird, und Chiang, eine Austauschschülerin aus Taiwan, die noch nicht ahnt, dass eine Gast-Familie von Hühnerfarmern für sie nicht nur Nachteile mit sich bringt. Andere Handlungsfäden befassen sich mit Suchtproblemen, Strukturproblemen in ländlichen Regionen und dem politischen Hintergrund bei Sheriff-Wahlen. Dass Dan logischerweise als Demokrat für Schul-Unterricht über Evolution sein muss, weil seine republikanischen Konkurrenten ihn ablehnen, erfährt man nebenbei auch noch.
    Fazit
    Der Einstieg in den ersten Teil der Grouse-County-Trilogie ist nicht einfach. Ich fühlte mich anfangs wie in einem gigantischen Wimmel-Bilderbuch auf der Suche nach einer Hauptfigur und dem zentralen Thema des Buches. Insgesamt sollen in „Das Ende des Vandalismus“ fast 70 Figuren auftreten. Tom Drury erzählt fast schon bizarr beiläufig von alltägliche Ereignissen aus einem dörflichen Mikrokosmos, die für die Beteiligten jedoch alles andere als banal sind. Man folgt seinen Figuren zum Zähneputzen, sieht einen Waschbären die Straße kreuzen, fühlt aber auch in existenziellen Krisen wie einer glücklosen Schwangerschaft mit.
    Eine überarbeitete Version ist als Teil von Grouse County erschienen.
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Ausgaben von Das Ende des Vandalismus

Taschenbuch

Seitenzahl: 400

Hardcover

Seitenzahl: 399

Besitzer des Buches 5

Update: