Morgen

Buch von Walter Kappacher

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Morgen

    Original : Deutsch, 1972 geschrieben, 1975 erstmals veröffentlicht
    INHALT :
    Winkler ist Angestellter einer Werbeagentur in Salzburg. Das Verhalten seiner Kollegen, seines Chefs irritiert ihn und er verfolgt aufmerksam Gesten, Bewegungen und Handlungen auf der Arbeit, in der Freizeit, im Freundeskreis. Dabei kann er erstaunt sein über die Reaktionen und Erwartungen der anderen.
    Es drängt sich leise der Eindruck eines Ungenügens auf, ein Drang bei Winkler zu mehr Freiheit : Zuhause räumt er sein Zimmer leer, entfernt alles, was die Wände ziert. Wird er einen Schritt der Loslösung, einen Schritt « hinaus » wagen ?
    Ein Roman über die kleinen und großen Widrigkeiten des Alltags und über den eventuellen Ausstieg aus einem vorgefertigten Leben in der Suche nach einer eigenen Perspektive...
    (Quelle : sich an den Text der 4. Seite der DTV-Ausgabe anlehnend)
    BEMERKUNGEN :
    Der Roman ist unterteilt in kurze, selten länger als eine Seite lange Abschnitte, die zumindest in der DTV-Ausgabe stets jeweils neu auf einer neuen Seite anfangen. Derart liest sich das Buch, wenn man es denn darauf anlegen sollte, rasch mit seinen knappen 160 Seiten. Die Abschnitte handeln jeweils von verschiedenen Sphären des Lebens von Winkler, einem Werbeagenten : wir folgen ihm auf der Arbeit, daheim oder bei Ausgängen. In regelmäßigen Abständen werden diese Themen weitergeführt, wieder aufgegriffen. Dies könnte etwas künstlich wirken, ist jedoch – in anderer Präsentation – ja in vielen Romanen ähnlich der Fall. Hier wird es äußerlich stark angekündigt und eingerahmt.
    Wir finden viel indirekte Rede (im Konjunktiv) und die Sprache ist eine seltsame Mischung (so erschien es mir) zwischen leidenschaftsloser Beschreibung, feinen Beobachtungen des Ich-Erzählers und zur selben Zeit einem manchmal humorigen Ton mit aber einem Ton Zurückhaltung : kann solch ein Erzähler im Mitleben dieser und jener Ereignisse des Alltags noch zB aus vollem Herzen mitlachen, sich gehen lassen ? Oder ist bei ihm schon seit jeher, zunächst verborgen hinter scheinbar nicht einordbaren Beschreibungen eine Art Entfremdung da, eine Sehnsucht nach « Veränderung », ein Freiheitsdrang, der ihn, eventuell für manchen Leser unerwartet, plötzlich zu vorgeschrittener Seitenzahl erwähnen läßt, dass er eine Kündigung erwägt ?
    Winkler fühlt sich – und er wird nach den teils seltsam anmutenden Kurzbeschreibungen dann « klarer », gestört durch die Aufdringlichkeiten von Menschen, Dingen, Arbeit. Er « will sich verändern », und das meint er wohl nicht im allgemeinen beruflichen Sinne, sondern eventuell viel existenzieller ! Lange kann man sich mit solch einem Gedanken, solch einem Wunsch tragen : « immer die Vorstellung, ich werde etwas tun, was mein Leben ändert, was mich wirklich befriedigt ». Und wie so oft stellt auch er fest, dass « ich mich aber treiben lasse, und alles beim alten bleibt ».
    Wird er aber dann irgendwann einen (ersten) Schritt gehen ? Bleibt er in einer reinen Nostalgie stecken ?
    Ein feiner Roman über diese angesprochenen Fragen. Man muss als Leser – zumindest ist es mir so ergangen und ich hätte ja gerne andere Meinungen dazu – wohl akzeptieren, dass man anfänglich und für lange nicht so ganz genau sehen mag, wohin uns diese kleinen Beobachtungen führen, wohin uns das alles bringen könnte. Vielleicht rollt man so nach dem Leser den Roman wie von hinten nochmals auf und er erhält wie eine neue Perspektive ?
    Ich sah in dieser verlinkten DTV-Ausgabe eine neuere Jahresangabe und war erstaunt, denn mir schien die Sprache und der Stil trotz allem hier unausgereifter als in den bislang gelesenen späteren Werken Kappachers. Erst später entdeckte ich, dass « Morgen » also wirklich schon 1972 geschrieben und 1975 verlegt worden ist und nun, wahrscheinlich in der Folge seiner Wiederentdeckung und seines Büchnerpreisgewinns, neu aufgelegt wurde ?!
    Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Stil, die Sprache und das Angeschnittene ein Niveau hat, wie ich es bei so manch anderen zeitgenössischen Werken vermisse. Für die Liebhaber Kappachers also ebenfalls eine Entdeckung wert !
    (interessante Bemerkungen zum Roman auch hier : http://www.litges.at/litges3/i…r&catid=13:buch&Itemid=17 )
    AUTOR:
    Walter Kappacher, geboren 1938 in Salzburg, verließ mit 15 Jahren die Schule und war in verschiedenen Berufen tätig (Lehr- und Gesellenjahre als Motorradmechaniker; nach dem Militärdienst Interesse fürs Theater; Reisebüro-Kaufmann), 1964 Beginn der literarischen Tätigkeit, seit 1967 Veröffentlichungen, seit 1978 freiberuflicher Schriftsteller. Lebt in Obertrum bei Salzburg. Mitglied des Österreichischen PEN-Zentrums. Seit 2004 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, seit 2009 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
    Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, Hermann-Lenz-Preis 2004, Georg-Büchner-Preis 2009. Bei Deuticke erschienen zuletzt Selina (2005), Der lange Brief (überarbeitete Neuauflage 2007) und Rosina (Erzählung, NA). (Quelle: Hanser-Verlag)
    Hier im BT wurden schon mehrere Bücher des Autors besprochen :
    http://www.buechertreff.de/rez…r%20Kappacher-index1.html
    Produktinformation
    Taschenbuch: 160 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Oktober 2009)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3423138742
    ISBN-13: 978-3423138741
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Ausgaben von Morgen

Taschenbuch

Seitenzahl: 160

Hardcover

Seitenzahl: 128

Besitzer des Buches 3

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