Verlassene Nester

Buch von Patricia Hempel

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Verlassene Nester

Ein heißer Sommer, ein Land im Umbruch, eine Familie in den Brachen der Vergangenheit Ein Sommer im Vakuum von alter DDR-Realität und einem Leben im wiedervereinigten Deutschland. Pilly ist dreizehn und sehnt sich nach Veränderung. Doch ihre Familie hängt am Gestern. Mit starkem poetischen Gespür erzählt Patricia Hempel vom Ende einer Kindheit und eines Landes, von einer ungewissen Zukunft und den Leerstellen in unseren Geschichten. Elbe-Grenzgebiet, 1992. Die Mischanlagen und Fließbänder des Betonwerks stehen still. Ebenso wie das Leben der Menschen in dem fiktiven Planort am Wasser. Während Pilly um jeden Preis versucht, die Aufmerksamkeit der älteren Katja zu gewinnen, verzieht ihr Vater sich immer häufiger ins Gasthaus im Ort. Die Mutter ist schon lange weg, angeblich im Westen, auch wenn kaum jemand ein Wort darüber verliert. Die Tanten wollen sich den Traum vom Goldenen Westen verwirklichen und setzen dabei ihre Lebensgrundlage aufs Spiel, während die alte Lehrerin von nebenan glaubt, dass sie viel enger mit Pillys Familie verstrickt ist, als alle ahnen. Noch ist für sie alle in diesem Sommer nichts verloren. Doch dann brennen eines Nachmittages die Gärten der vietnamesischen Vertragsarbeiter ab. Und Pilly steht plötzlich einer Frau gegenüber, die behauptet, ihre Mutter zu sein.
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Bewertungen

Verlassene Nester wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,8 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Verlassene Nester

    Eine distanzierte Geschichte mit unausgeschöpftem Potenzial
    Ich war als im Osten geborenes Nachwendekind mit bislang wenigen Erzählungen aus meiner Familie neugierig auf das Setting des Romans. Doch mein Wunsch nach einem tieferen Einblick in die Gefühle der Menschen in den Jahre nach der Wende konnte leider nicht erfüllt werden.
    Was der Autorin gut gelungen ist, ist eine greifbare Darstellung der trostlosen, in gewisser Hinsicht hoffnungslosen Atmosphäre. Ich habe vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben realisiert, dass die Wende viel zu wenig eine Kompromisssuche zwischen den beiden Staaten war und dass es eine solche hätte sein müssen, um wirklich ein geeintes Land herauszubekommen. Durch die Lektüre habe ich Lust bekommen, das Gespräch mit ehemaligen DDR-Bürger*innen zu suchen und das ist eindeutig ein Pluspunkt.
    Doch es gibt für mich an dem Roman leider zu viel, das mir nicht gefallen hat, weshalb ich ihn nicht so gut bewerten kann. Das trostlose Setting zermürbt nach einer Weile doch recht stark und damit hätte ich vielleicht sogar leben können, wenn ich wenigstens eine emotionale Bindung zu den Figuren hätte aufbauen können. Doch die metaphorische Schreibweise kam mir bis auf wenige Abschnitte ziemlich distanziert vor und es waren für mich auch schlicht zu viele Figuren. Deshalb konnte ich keine so wirklich greifen, die Lektüre blieb eher oberflächlich und zog sich.
    Manche Passagen gefielen mir zwar gut, doch insgesamt lässt mich das Buch eher unzufrieden zurück und wird nicht lange in mir nachhallen. Dafür wurden mir auch zu viele Handlungsstränge offen bzw. fallen gelassen und ich hatte den Eindruck, dass sich die Autorin bei all den angesprochenen Themen ein wenig verzettelt hat. Und dabei waren sie doch so wichtig, etwa die Vermittlung des stärker werdenden Rassismus innerhalb der Gesellschaft oder die ersten (queeren) Beziehungen in der Jugend. Für das Verständnis der Zwischentöne war zum Teil recht viel Vorwissen vonnöten, was das Lesen zusätzlich erschwert hat. Zudem fand ich, dass die auf dem Klappentext angekündigte Geschichte rund um das Verschwinden von Pillys Mutter einen Hauptfokus vermittelt, dem nicht entsprochen wird.
    Dementsprechend kann ich hier im Vergleich zu anderen Büchern nicht aufrunden und auch keine Leseempfehlung aussprechen.
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  • Rezension zu Verlassene Nester

    Klappentext/Verlagstext
    Sommer 1992 im ehemaligen Elbe-Grenzgebiet. Pilly ist dreizehn und sehnt sich nach Zugehörigkeit. Aber auch zwei Jahre nach der Wiedervereinigung hängt ihre Familie noch immer an den Idealen von Gestern. Der Vater flüchtet in die Gaststätte, die Tanten träumen vom Goldenen Westen und von Pillys Mutter fehlt nach wie vor jede Spur. Halt findet Pilly nur in der älteren Mitschülerin Katja. Ein Trugschluss. Sie ahnt nicht, dass am Ende dieses Sommers ihre Welt abermals eine andere sein wird.
    Die Mischanlagen und Fließbänder des Betonwerks stehen still. Ebenso wie das Leben der Menschen in dem fiktiven Planort an der Elbe. Während Pilly um jeden Preis versucht, die Aufmerksamkeit der älteren Schulkameradin Katja zu gewinnen, trinkt ihr Vater gegen die Erinnerungen an. Die Mutter ist schon lange weg, angeblich im Westen, auch wenn darüber eisernes Schweigen herrscht. Die Tanten wollen sich den Traum vom Goldenen Westen verwirklichen und setzen dabei ihre Lebensgrundlage aufs Spiel. Der Sommer nimmt eine drastische Wende, als eines Tages die Gärten der vietnamesischen Vertragsarbeiter abbrennen und Pilly plötzlich einer Frau gegenübersteht, die behauptet, ihre Mutter zu sein.
    Die Autorin
    Patricia Hempel, geboren 1983 in Berlin, studierte erst Ur- und Frühgeschichte, bis es sie von der Archäologie zum Studium Literarisches Schreiben/Lektorat an die Universität Hildesheim zog. 2017 erschien erster Roman „Metrofolklore‟. … Ihre Texte erschienen in diversen Magazinen und Anthologien, zuletzt in "Neue Schule - Prosa für die nächste Generation" (2021) und im Literaturboten 141 – Writing with Care (2023).
    Inhalt
    Pilly lebt in den 90ern mit ihrem alleinerziehenden Vater Martin in einem Wohnkomplex zwischen Industriebrachen, Kasernen und den Elb-Auen. Pillys Mutter Waltraut war nach jahrelangem Ehe-Streit verschwunden. Man sagt, die Grenzregion sei ein Sieb für Menschen, die zu DDR-Zeiten Fluchtpläne schmiedeten und inzwischen ihren Grund zur Flucht verloren hätten. Um mit ihren Freundinnen Katja und Biene auf dem Spielplatz Familie zu spielen, ist Pilly mit 13 Jahren längst zu alt. Das Spiel, in dem sie der Hund sein darf, dient den Mädchen als Vorwand, um die Hierarchie untereinander auszutarieren; es geht um Macht, Eifersucht – und Erotik. Zu Frau Klinge pflegt Pilly eine enge Beziehung. Die pensionierte Lehrerin hat ein Händchen dafür, Pilly zu fördern, indem sie sie beim Verkauf von Eiern und Gemüse aus ihrer Gartenparzelle mitarbeiten lässt – gegen Bezahlung. Pillys Vater hält durch Frau Klinges soziale Kontrolle mühsam den Mindeststandard ein, um gerade eben das Sorgerecht für seine Tochter zu behalten.
    Im Jahr 1 nach den Ereignissen von Hoyerswerda ist so mancher Nachbar im Ort überzeugt, dass er keine Supermärkte und keine Wiedervereinigung braucht. „Die von drüben“ wollten nur die kleinen Läden in die Pleite treiben. Die Fische, die Eli für ihre Fischbude fängt und gemeinsam mit Katharina verarbeitet, sind nicht für den Verzehr freigegeben, sie verkauft sie in alter Tradition als „Bückware“. Während rund um Elis historisches Fischerhaus mit Elbblick bereits abgeholzt wird, ist sie selbst noch unentschlossen, ob sie verkaufen will. Unklar ist, wem das Grundstück überhaupt gehört.
    Vor der Kulisse der stimmungsvollen Elbnebel bilden die Beziehungen zwischen zahlreichen Figuren einen fein gearbeiteten Gobelin, in dem kein Farbton am Gesamtbild fehlen darf: Die Situation ehemaliger Vertragsarbeiter aus Vietnam, Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, Stasi-Tätigkeit, ein Schwestern-Konflikt, Männer, die ohne Muttis Kontrolle verwahrlosen, sexuelle Orientierung - und was in einer abgelegenen Gegend an Tratsch, Aberglauben und Häme so auf den Tisch kommt. Gerade Pillys kindlich eingeschränkte Wahrnehmung hat mich an das Buch gefesselt; sie bleibt jedoch nicht die einzige Figur, die mit verblüffenden Fakten konfrontiert wird.
    Fazit
    „Verlassene Nester“ erzählt im Wechsel zwischen Pillys Ichperspektive und einem allwissenden Erzähler in authentischem Sound aus der Nachwendezeit. Ein großartiger, berührender Roman.
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Ausgaben von Verlassene Nester

Hardcover

Seitenzahl: 304

Besitzer des Buches 2

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