Verräterkind
Buch von Sorj Chalandon, Brigitte Grosse

Titel: Verräterkind
Sorj Chalandon (Autor) , Brigitte Grosse (Übersetzer)
Verlag: dtv
Format: E-Book
Seitenzahl: 307
ISBN: B09XY48Q8R
Termin: November 2022
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Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Verräterkind
- bikesbooksboulders
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27. November 2022 um 17:35
Im Mai 1987 begann in Lyon der Prozess gegen Klaus Barbie. Unter den zahlreichen Journalisten, die das Verfahren im Gerichtssaal verfolgen, ist auch ein Mann, für den es um mehr geht als um den Schlächter von Lyon. Für ihn ist es auch eine Auseinandersetzung mit seinem Vater, von dem er immer noch nicht weiß, auf welcher Seite er im zweiten Weltkrieg er eigentlich stand.Weiterlesen
"Dein Vater stand auf der falschen Seite", das wurde dem Erzähler schon als Kind von seinem Großvater gesagt. Diese Aussage hat das ohnehin schon angespannte Verhältnis zu seinem Vater noch mehr angespannt. Was hat der Mann, der seine Familie mit seinen explosiven Launen tyrannisierte, wirklich im zweiten Weltkrieg gemacht?
Der Vater hat viel erzählt und sich oft widersprochen. Sicher ist nur, dass er im Gefängnis saß. Aber warum, darüber gibt es viele verschiedene Aussagen. Irgendwann erkennt der Sohn, dass es ihn nicht weiterbringt, wenn er versucht das Geflecht aus gegensätzlichen Erzählungen zu entwirren. Mit der Hilfe von einem Freund besorgt er sich die alte Gerichtsakte vom Prozess seines Vaters und plant, den alten Mann mit der Wahrheit zu konfrontieren.
Auch wenn er erwachsen ist: sobald er auf seinen Vater trifft, wird er wieder zu dem Kind, das von ihm gnadenlos unterdrückt wurde. Er hat keine glücklichen Erinnerungen an seine Kindheit. Wenn es etwas Schönes gab, hat es der Vater mit seinem Verhalten kaputt gemacht. Vielleicht liegt es daran, dass er dem Vater nicht so gegenüber treten kann, wie er es gerne würde. Auch wenn er die besseren Argumente hat: der alte Mann poltert ihn jedes Mal nieder. Dieser Wut steht er hilflos gegenüber.
Ich war mir nicht immer sicher, ob der Vater sich wirklich noch an alle Dinge erinnern konnte, die ihm der Sohn vorgeworfen hat. Zu oft hat er sich selbst widersprochen, hat die Wahrheit verbogen oder schlichtweg geleugnet. Vielleicht stellt er sich deswegen auch manchmal gegen den Sohn, weil er sich falsch verdächtigt sieht.
Auf der anderen Seite mussten die Vorwürfe für mich nicht alle wahr sein, denn das Verhalten des Vaters beim Prozess hat mir deutlich gezeigt, wes Geistes Kind er ist. In meinen Augen ist er ein furchtbarer Mensch. Deshalb kann ich nicht verstehen, wieso sein Sohn immer wieder versucht, eine Versöhnung herbei zu führen, denn Vater und Ehemann war er nur auf dem Papier.
Verräterkind erzählt mehr als das, was in der Vergangenheit passiert ist und in der Gegenwart passiert. Die Dinge, die im Prozess gegen Klaus Barbie berichtet werden, waren nicht immer leicht zu lesen. Trotzdem gehören auch sie zur Geschichte.
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Update: 28. November 2022 um 08:05