Lektionen
Buch von Ian McEwan, Bernhard Robben

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Buchdetails
Titel: Lektionen
Ian McEwan (Autor) , Bernhard Robben (Übersetzer)
Verlag: Diogenes
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 720
ISBN: 9783257247602
Termin: Neuerscheinung Dezember 2024
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Kurzmeinung
FrankWeEine eher ruhig daherkommende Lebensbilanz, die es aber in sich hat -
Kurzmeinung
Marie75 Jahre Zeitgeschichte - Leben eines fiktiven (?) Briten. Zähe Abschnitte ändern meine Begeisterung nicht
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Lektionen
Roland Baines ist noch ein Kind, als er 1959 im Internat der Person begegnet, die sein Leben aus der Bahn werfen wird: der Klavierlehrerin Miriam Cornell. Roland ist junger Vater, als seine deutsche Frau Alissa ihn und das vier Monate alte Baby verlässt. Es ist das Jahr 1986. Während die Welt sich wegen Tschernobyl sorgt, beginnt Roland, nach Antworten zu suchen, zu seiner Herkunft, seinem rastlosen Leben und all dem, was Alissa von ihm fortgetrieben hat.
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Über Ian McEwan
Der britische Schriftsteller Ian McEwan wurde 1948 in Aldershot in England geboren und wuchs durch die Umzüge seiner Familie unter anderem in Libyen und Singapur auf. Mehr zu Ian McEwan
Bewertungen
Lektionen wurde insgesamt 13 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,8 Sternen.
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Meinungen
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Eine eher ruhig daherkommende Lebensbilanz, die es aber in sich hat
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75 Jahre Zeitgeschichte - Leben eines fiktiven (?) Briten. Zähe Abschnitte ändern meine Begeisterung nicht
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Ein umfangreicher Werk zu einem wichtigen Thema:jedoch ausschweifend, unkonzentriert, langatmig. Enttäuschender Ausflug.
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Lektionen
- hasewue
Für mich war das Buch mein bisheriges Jahreshighlight und neben „Abbitte“ und „Nussschale“ das beste, was ich von McEwan bisher gelesen habe. Ohne @serjena input, wäre es auch noch eine ganze Zeit auf dem SUB gelegen und das möchte ich mir gar nicht ausmalen.Weiterlesen
Ich fand gerade so gut daran, dass es so vielschichtig war und so viel Handlung auf viele Jahre in doch relativ kurzem Umfang geschildert wird.
Ich merke aber auch beim Schreiben, dass es mir schwer fällt, ausführlicher zu werden.
Es hat mich stellenweise sehr berührt und aufgewühlt und ich hatte das Buch über ca drei Wochen immer und überall bei mir. Vielleicht gingen mir die Figuren deswegen auch so nah?
Ich würde mir von McEwan mehr solcher Bücher wünschen, man kann sich da so herrlich verlieren. Sonst ist man ja immer schnell durch mit der Geschichte.
Und bei McEwans eher dünnen Büchern habe ich immer das Gefühl, nur an der Oberfläche zu kratzen und gar keine Zeit zu haben, mich mit den Protagonisten wirklich auseinanderzusetzen. Das war hier gar nicht der Fall.
Ansonsten bin ich komplett bei @drawe
Sie kann meine sonstigen Empfindungen zu „Lektionen“ aber besser ausdrücken. -
Rezension zu Lektionen
- FrankWe
Man könnte im ersten Viertel dieses 720-Seiten-Werkes (24 Std. als Hörbuch) auf die Idee kommen, diesen Roman zu unterschätzen. McEWAN hetzt seine Leserschaft nicht gerade durch eine Handlung, die sich an der Biografie des Protagonisten (Roland) entlanghangelt.Weiterlesen
Der Autor – „zufällig“ genauso alt wie die Romanfigur – beschreibt nicht nur sehr detailliert die Lebens- und Beziehungsstationen von Roland, sondern nutzt diesen Roman ausgiebig dazu, eine ganze Reihe von bedeutsamen zeitgeschichtlichen Ereignisse und Stationen einzuweben. Da er uns auch eine familiäre Generation weiter in die Vergangenheit führt, reicht der Bogen von der „Weißen Rose“ in den 1940igern bis kurz vor den Ukraine-Krieg.
Da kommt einiges zusammen, das zwar überwiegend aus englischer Perspektive betrachtet und bewertet wird. Aber der deutschen Leserschaft kommt zugute, dass ein Zweig der Familie aus Deutschland stammt und deshalb auch ein beträchtlicher Teil der Geschichte in Deutschland spielt. So spielen dann z.B. die Situation der zwei deutschen Staaten und Maueröffnung in Berlin durchaus eine zentrale Rolle.
In gewisser Weise hat McEWAN also zwei Bücher geschrieben: Eine Lebensgeschichte von ca. 70 und eine Zeitgeschichte von knapp 80 Jahren. Das gibt dem Autor viel Gelegenheit zum Rückblick, zur Aufbereitung und zur Bilanzierung. Man kann wohl davon ausgehen, dass sich McEWAN in diesem Alterswerk ein literarisches Denkmal setzen wollte.
Die Themen im privaten Teil sind ganz überwiegend Beziehungsthemen: Es geht um einen selbst erlebten sexuellen Missbrauch des Roland (durch eine junge Klavierlehrerin), um eine frühe und intensive erotische Erfahrung (die durchaus sehr freizügig geschildert wird), um eine erste große Liebe, um das Verlassenwerden und das Alleinerziehen eines kleinen Sohnes, um eine späte zweite, tragische Liebe und um das Glück des Eingebundenseins in ein zugewandtes Familiensystem. Es geht gleich in zwei Konstellationen um den Umgang mit Verletzungen und Enttäuschungen, mit dem Ringen um Durchhalten, Aufarbeitung und Verzeihen. Irgendwann geht es dann auch um Krankheit und den verzweifelten Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben.
Neben diesen zentralen zwischenmenschlichen Themen spielt die Musik, das Klavierspielen, eine zentrale Rolle in diesem Roman: Rolands Begabung wird früh entdeckt und gefördert, kann sich dann aber doch nicht voll entfalten – begleitet ihn dann aber doch durch sein ganzes Leben.
Zwischendurch hat der Roman etwas Gemächliches, manchmal Anekdotenhaftes. Manchmal fühlt es sich an wie die ruhigen Erzählungen eines in die Jahre gekommen älteren Herrn. Dann wird auch mal über die englische Parteipolitik geplaudert und sich kritisch an der wirtschaftsfreundlichen „New Labour“-Politik von Tony Blaire abgearbeitet. Es wird von Besuchen und Begegnungen mit Bekannten und Familienmitgliedern erzählt – wie eben das Leben so manchmal dahinfließt.
Aber wenn man durchhält, setzt sich gegen Ende immer stärker das Gefühl durch, dass es lohnend und befriedigend war, sich durch dieses Leben führen zu lassen. Man ist gespannt darauf, ob und wie sich bestimme Kreise schließen. Man merkt so ganz allmählich, dass man nicht nur Roland, sondern auch ein paar Menschen seines sozialen Umfeldes in sein Leser-Herz geschlossen hat.
„Lektionen“ ist ein zutiefst menschlicher, ein berührender Roman – nicht immer spektakulär, aber voller emotionaler Tiefen und Untiefen. Man erkennt von Kapitel zu Kapitel stärker, wie doppel- bzw. mehrfachdeutig der Buchtitel gemeint ist – denn dieses geschilderte Leben beinhaltet sehr viel mehr Lektionen als die schicksalsprägenden Klavierstunden der Kindheit und Jugend.
Die Sicht auf die frühe männliche Sexualität und der bilanzierende Rückblick auf ein langes, mit Zeitgeschichte gespicktes Leben sprechen vermutlich am ehesten ein reiferes männliches Publikum an – was natürlich andere Leser/innen nicht ausschließen soll.
Zumindest für diese Gruppe sind die „Lektionen“ ein niveauvolles geistiges Futter. -
Rezension zu Lektionen
- Emili
Über den Autor: /VerlagWeiterlesen
Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot (Hampshire), lebt bei London. 1998 erhielt er den Booker-Preis und 1999 den Shakespeare-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung. Seit seinem Welterfolg ›Abbitte‹ ist jeder seiner Romane ein Bestseller, viele sind verfilmt, zuletzt kamen ›Am Strand‹ (mit Saoirse Ronan) und ›Kindeswohl‹ (mit Emma Thompson) in die Kinos. Ian McEwan ist Mitglied der Royal Society of Literature, der Royal Society of Arts, der American Academy of Arts and Sciences und Träger der Goethe-Medaille.
Kurzbeschreibung: /Verlag
Roland Baines ist noch ein Kind, als er 1959 im Internat der Person begegnet, die sein Leben aus der Bahn werfen wird: der Klavierlehrerin Miriam Cornell. Roland ist junger Vater, als seine deutsche Frau Alissa ihn und das vier Monate alte Baby verlässt. Es ist das Jahr 1986. Während die Welt sich wegen Tschernobyl sorgt, beginnt Roland, nach Antworten zu suchen, zu seiner Herkunft, seinem rastlosen Leben und all dem, was Alissa von ihm fortgetrieben hat.
Meine Meinung:
Ich habe mich für diesen Roman aufgrund der unterschiedlichen Bewertungen interessiert. Bei solch widersprüchlichen Wirkung auf den Leser möchte ich mir immer ein eigenes Bild davon machen. Auch das Thema liegt absolut in meinem Interessengebiet. Eine reflektierende Auseinandersetzung eines Charakters mit seiner Vergangenheit und dem Ich finde ich äußerst interessant. Außerdem geht es in diesem Roman in erster Linie um ein Thema, über das man sprechen sollte, man sollte aufzeigen, dass solches Verhalten seitens Erwachsener gegenüber Kindern unzulässig, grausam und einfach unfassbar ist. Es geht in diesem Roman u. a. um sexuellen Missbrauch.
Der Hauptcharakter der Geschichte ist mit 11 Jahren in ein Internat gekommen, weit weg vom zu Hause. Dort im Klavierunterricht hat er auch den Missbrauch erlebt. Doch als Kind konnte er lange Zeit diese Vorkommnisse nicht einordnen. Erst als Erwachsener, nach vielem Reflektieren und Nachdenken, wusste er, was ihm widerfahren war. Als Erwachsener lässt sich der Protagonist treiben, denkt über dies und jenes nach. Heiratet, bekommt ein Kind, seine Frau verlässt die beiden. Und die ganze Zeit über ist Roland eher eine nachdenkliche als handelnde Person.
Alles in allem wäre es ein unglaublich spannender Roman geworden über das Leben. Es hätte emotional werden sollen, da es wichtige und richtige Fragen gestellt worden sind. Doch es war alles andere als fesselnd. Da dieser Roman autobiografisch gefärbt ist, tut es mir leid, den kritisieren zu müssen. Aber so ein langweiliges Buch habe ich schon lange nicht gelesen.
Absolut keine neuen Ideen, keine neuen Gedankenanstöße, kein Leben in der Geschichte. Eine passive Betrachtung des eigenen Lebens und geschichtlichen Vorkommnissen. Ohne Gefühle, ohne Emotionen. Als ich erfahren habe, dass der Roman zum Teil biografisch ist, dachte ich mir, okay, dann könnte es passen. Denn die Betroffenen berichten über eigene Erlebnisse dieser Art oft distanziert. Doch bei einem Roman hätte ich doch eine andere Erzählweise gewünscht. Bis zu 60% dieser Geschichte dachte ich, wie halte ich bloß diese passive Langeweile aus. Zum Glück haben mir die letzten 40% doch ein wenig gefallen, sodass ich das Buch zu Ende lesen konnte. Leider kein gelungener Roman eines sehr guten Autors: zäh, langatmig, nichtssagend, ohne nennenswerten Höhepunkte, enttäuschend. -
Rezension zu Lektionen
- findo
Autorin: Ian McEwanWeiterlesen
Titel: Lektionen
Seiten: 714
ISBN: 978-3-257-07213-6
Verlag: Diogenes
Übersetzung: Bernhard Robben
Autor:
Ian McEwan wurde 1948 geboren und ist ein britischer Schriftsteller. Zunächst studierte er englische und französische Philologie und schloss das Studium anschließend mit einem Bachelor of Arts in englischer Literatur ab. Während des Studiums besuchte er einen Kurs für Kreatives Schreiben und unterrichtete später selbst.
1975 veröffentlichte er eine Kurzgeschichtensammlung, danach weitere Erzählungen und Romane. Mehrere seiner Werke wurden verfilmt und vielfach übersetzt. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, im deutschsprachigen Raum u. A. mit dem Deutschen Buchpreis und der Goethe-Medaille.
Inhalt:
Roland Baines ist noch ein Kind, als er 1958 im Internat der Person begegnet, die sein Leben aus der Bahn werfen wird: der Klavierlehrerin Miriam Cornell.
Roland ist junger Vater, als seine deutsche Frau Alissa ihn und das vier Monate alte Baby verlässt. Es ist das Jahr 1986. Während die Welt sich wegen Tschernobyl sorgt, beginnt Roland, nach Antworten zu suchen, zu seiner Herkunft, seinem rastlosen Leben und dem, was Alissa von ihm fortgetrieben hat.
Sowohl episch als auch intim - ein bewegender, zutiefst menschlicher Roman über Liebe, Verlust, Kunst und Versöhnung. (Klappentext)
Rezension:
Vor Romanen, deren Titel Programm sein könnten, müsste man warnen, wenn sie praktisch mit einem Zaunpfahl auf unangenehme Lektüre hinweisen. Vor allem dann, wenn ein einzelner Aspekt einem die Erzählung verleiden kann, so dass über den Rest an Seiten mehr als ein dunkler Schatten schwebt.
Dies gilt auch für das neueste Werk des britischen Schriftstellers Ian McEwan, der seinen Protagonisten Ende der 1950er Jahre auf ein englisches Internat schickt. Dort soll Roland neben umfassender Bildung auch Klavierunterricht erhalten. Eine Entscheidung, die Folgen haben wird.
Für den zu Beginn Elfjährigen, ebenso für den Lesenden, der sich sehr schnell entscheiden können wird, den Roman entweder zu mögen oder aus seinem Gedächtnis zu verbannen.
Die Mischung indes wirkt zunächst interessant. So wandelt sich der Coming of Age Roman zu einem Ein-Personen-Stück, ein Familienepos vor zeithistorischen Hintergrund, gewürzt mit einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik.
Viel Platz nimmt sich der Autor, um Brüche zu beschreiben, die den Protagonisten beinahe nur gegen Ende ein kleines Stück vom Glück gönnen werden. Auch an der Ausgestaltung der Figuren scheitert Ian McEwans Erzählung nicht. Die haben ihre Ecken und Kanten, bestehen, leben von und mit ihren Widersprüchen, was sich dann in der Gesamtheit allerdings so liest wie sich eine drittklassige Seifenoper anschauen lässt.
Das noch wäre erträglich gebe es diesen oben erwähnten Aspekt nicht, der die Lektüre endgültig unerträglich werden lässt. Abgestumpft durch die zu Hauf bekanntgewordenen Missbrauchsfälle aus verschiedensten Internaten rund um die Welt, sollte hier die Richtschnur eigentlich vorgegeben sein, doch Ian McEwans Protagonist lässt die Täterin nach Jahrzehnten entkommen.
Dem Kind sei dies verziehen, da es vielleicht Zeit braucht, Missbrauch als solchen zu erkennen und zu benennen. Alleine um der Handlung Willen jedoch die letzte Konsequenz als Erwachsener zu ziehen, anhand einer grausamen Argumentation, ist einfach falsch und sei nicht einmal einer literarischen Figur oder dessen Erschaffer verziehen. Beide Protagonisten haben ja schließlich ihr Leben gelebt. Beide Leben sind durch die Taten verpfuscht.
Genug der Konsequenz für beide Seiten. Ergo, Missbrauch an Jungen ist okay, trotz der hinzugefügten Schäden, wenn er von Frauen ausgeht. Wer das nicht widerlich findet, dem ist nicht mehr zu helfen. Hätte der Autor die Figurenkonstellation anders gestaltet, das Opfer zu Beginn ein junges Mädchen, der Täter ein Mann, Ian McEwans Roman wäre von der Kritik und auch sonst zerrissen worden.
Das ist nur ein Punkt von vielen, der diese Erzählung bestimmt, doch dominiert er so sehr, dass es für mich die Lektüre zerstört hat. Vielleicht kann man den Roman auch anders lesen oder der Autor hat einfach ein rotes Tuch erwischt, jedenfalls wird, wenn dieser Aspekt alles andere übertüncht, man wohl nicht mehr so schnell zu weiteren Geschichten aus der Feder Ian McEwans greifen.
Dennoch möchte ich die Rezension weiterführen. Zunächst die Perspektiven. Hauptperspektive bleibt die Rolands, ansonsten beschränkt sich der Autor auf wenig weitere Sichtweisen, der Spannungsbogen nimmt praktisch alle historischen Zeitabschnitte von Kriegszeiten bis zur Pandemie mit und wirkt zumindest hier konsequent.
Über weite Strecken passiert mit den Figuren auch nichts. Wandlungsfähigkeit ist etwas anderes, wenn man von einigen Wendepunkten einmal absieht. Immer wieder gibt es zudem Einschübe von Rückblenden, Sprünge, die zumindest etwas Abwechslung bringen.
Klappen- und Umschlagstext haben hier eindeutig zu viel versprochen. Ein Punkt hat das Vergnügen an der Lektüre zum Absturz gebracht. Vielleicht ist das meine Lektion. -
Rezension zu Lektionen
- drawe
Mein Lese-Eindruck:Weiterlesen
Ian McEwan breitet das ganze Leben des Roland Baines vor seinem Leser aus: eines sehr mittelmäßigen Mannes, der ein nach außen hin unbedeutendes Leben führt. Man liest von seinen hochfliegenden Plänen, die jedoch alle scheitern, man leidet bei seinen Niederlagen und verpassten Chancen mit und freut sich im umgekehrten Fall über seine kleinen Siege, die selten genug sind. Roland Baines‘ Leben wird durch den Schmerz des Verlassenwerdens geprägt und das Zusammenleben mit seinem Sohn. Gegen Ende des Romans sehen wir ihn eingebettet in eine große Patchwork-Familie mit den Familien seines Sohnes und seiner Stiefkinder. Was ist nun besser? Ist die große Kunst all den Schmerz wert? Die Entscheidung wird dem Leser überlassen.
Roland Baines Leben verknüpft sich dabei ständig mit der Zeitgeschichte und den gesellschaftlichen Umbrüchen, denen sein Leben ausgesetzt ist und von denen sein Leben auch mitbestimmt wird, ob das der Fall der Mauer ist, die Politik Margaret Thatchers, die Suezkrise etc. bis zur aktuellen Pandemie. Besonders die Kuba-Krise bleibt dem Leser in Erinnerung: wegen der apokalyptischen Stimmung dieser Zeit beschließt der 14jährige, vor dem Weltuntergang wenigstens einmal Sex gehabt zu haben – mit seiner Klavierlehrerin. Er kann sich dieser obsessiven Beziehung nur entziehen, indem er die Schule fluchtartig ohne Abschluss verlässt. Seine „formlose Existenz“, wie er sein Leben selber nennt, führt er auf diese einschneidenden Missbrauchs-Erlebnisse zurück.
Der Roman heißt „Lektionen“, und Roland Baines erhält seine Lektionen und der Leser auch. Es geht um komplexe moralische Fragen,, die jeder für sich selber beantworten muss. Roland Baines lernt, dass Vergrabenes ans Licht kommt, dass Vergangenes die Gegenwart belastet, und er lernt, dass auch ein unbedeutendes Leben mit vielen verpassten Chancen wie das seine ein erfülltes Leben sein kann.
Nicht alle Lektionen werden gelernt: „Er hatte das Jahr 1989 für ein Portal, einen Torbogen gehalten, eine weite Öffnung hin zur Zukunft, durch die alle strömen würden. Dabei war es nur ein Höhepunkt, ein kurzer Ausschlag nach oben gewesen. Längst wurden von Jerusalem bis Mexiko wieder Mauern hochgezogen. So viele vergessene Lektionen.“
Die Art und Weise, wie der Autor diese Geschichte erzählt, hat mich begeistert. McEwan wendet alle denkbaren erzählerischen Kniffe an. Besonders gut gefallen hat mir das „Mosaik der Erinnerungen“, wie es der Protagonist selber nennt. McEwan verzichtet auf breit angelegte Retrospektiven. Stattdessen unterbricht er die chronologische Abfolge durch Erinnerungsfetzen, die nur kurz aufleuchten, was ich als sehr authentisch empfand.
Fazit:
Ein souverän erzählter, sprachlich brillanter Roman um moralische Entscheidungen.
„Dinge verändern sich, und in der Veränderung muss das Richtige gefunden werden." -
Rezension zu Lektionen
- Maesli
Klappentext: Roland Baines ist noch ein Kind, als er 1959 im Internat der Person begegnet, die sein Leben aus der Bahn werfen wird: der Klavierlehrerin Miriam Cornell. Roland ist junger Vater, als seine deutsche Frau Alissa ihn und das vier Monate alte Baby verlässt. Es ist das Jahr 1986. Während die Welt sich wegen Tschernobyl sorgt, beginnt Roland, nach Antworten zu suchen, zu seiner Herkunft, seinem rastlosen Leben und all dem, was Alissa von ihm fortgetrieben hat.Weiterlesen
Meine persönlichen Leseeindrücke
Bücher mit mehr als 500 Seiten sind für mich von Natur aus schon schwierig, da ich sehr wenig Zeit zum Lesen habe. Bei Lektionen war die Begeisterung der meisten Lesefreundinnen so groß und so habe ich mich überzeugen lassen und beherzt zugegriffen.
Schon nach etwa 50 Seiten kamen Zweifel auf, ob das ein Buch für mich sein kann. Unentschlossen ob ich weiterlesen oder abbrechen soll, habe ich mir die eine oder andere Buchbesprechung durchgelesen. Wenngleich ich über viele Seiten nur geflogen bin, habe ich es zu Ende zu lesen. McEwasns Darstellungen und Ansichten geschichtlicher, politischer, und gesellschaftlicher Ereignisse fand ich sehr interessant und gut erzählt, die labernde Erzählweise von Roland Baines Lebensgeschichte hingegen brachte mich des Öfteren zur Verzweiflung.
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