Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Buch von Italo Calvino

Bewertungen

Wenn ein Reisender in einer Winternacht wurde insgesamt 29 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,9 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Wenn ein Reisender in einer Winternacht

    Die Inhaltsangabe spare ich mir und möchte nur noch meinen Kurzeindruck hinterlassen. Was bei dem Inhalt nicht gerade leicht wird. @serjena hatte das Buch im 365-Thread erwähnt und den Tipp gegeben unbedingt vom SuB zu befreien, weil es sich lohnen würde. Und es hatte sich gelohnt!
    Man wurde direkt in die Geschichte reingezogen und als Leser und Du angesprochen. Man begleitet den Leser als Leser in die Buchhandlung, fühlt sich direkt heimisch und vieles erkennt man an seinem eigenen Umgang und Kaufverhalten mit Büchern wieder, kehrt begeistert mit seinem Buchschatz nach Hause/ins Büro/im Auto und fängt an. Aber erst gilt es die perfekte Lesehaltung anzunehmen und sich ruhige Stunden zu sichern.
    Man beginnt und stellt fest, dass das Buch an der spannendsten Stelle abbricht und dafür ein anderes beginnt. Und ab da überschlagen sich die Ereignisse bzw. die Buchanfänge, insgesamt 10 an der Zahl und jede steht für sich. Und es sind nicht nur irgendwelche fiktive Anfänge. Beim näheren Hinsehen stellt man fest, dass man sie unterschiedlichen Stilrichtungen zuordnen kann. Es geht um Literatur, um Theorien, um Autoren, rund um Literatur einfach alles. Für mich war das ein Heidenspaß! Überhaupt empfand ich das Buch als humorvoll, spannend und sehr komplex.
    Gegen Schluss könnte es für den einen oder anderen etwas zu surreal werden. Ich empfand es als stimmig und das Ende als gut gewählt.
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  • Rezension zu Wenn ein Reisender in einer Winternacht

    Handlung
    Du kaufst dir ein neues Buch von einem deiner Lieblingsautoren. Voller Vorfreude machst Du es dir zu Hause gemütlich und beginnst zu lesen. Nur, um nach ein paar Seiten, die dich gleich gepackt haben, festzustellen, dass die Geschichte nicht weitergeht. Die folgenden Seiten des Buches sind nur die Wiederholung des spannungsverheißenden Anfangs, den du schon kennst. Da muss wohl etwas in der Produktion schiefgelaufen sein. Also gehst du zum Buchhändler, um dein Exemplar gegen ein vollständiges umzutauschen. Und schon bist du mittendrin in einer Suche nach dem Fortlauf von Geschichten, bei der du nur immer wieder auf neue Anfänge stößst. Aber du bist nicht alleine. Die Leserin gesellt sich mehr oder weniger zu dir; auch sie hält Ausschau nach Lesestoff und taucht deshalb immer wieder auf deinem Weg auf.
    Meine Meinung
    Selten habe ich ein Buch als gleichzeitig extrem komplex und hoch faszinierend empfunden. Diese Kombination kommt in meinem Erfahrungshorizont nur sehr selten vor, weil mich komplex doch meistens eher aggressiv macht, vor allem, wenn die Komplexität so bewusst und fast schon provokativ in die Geschichte gesetzt wird, wie bei diesem Buch. Aber das hier ist eindeutig eine Ausnahme.
    Alles beginnt damit, dass ein fiktives Du - mit dem man sich als Leser natürlich gleich identifiziert, weil man sich angesprochen fühlt und dieses Du außerdem auch noch mit "der Leser" tituliert wird - ein Buch von Italo Calvino kauft und beim Lesen feststellt, dass die Bögen beim Binden durcheinander geraten sein müssen. In der Buchhandlung erfährt der Leser dann, dass nicht nur die Bögen innerhalb des Buches vertauscht wurden, sondern dass sie sich mit Bögen einer weiteren Neuerscheinung vermischt haben und er gar nicht den Anfang des Buches gelesen hat, das er eigentlich wollte. So angefixt von der Geschichte, will er jetzt aber nicht mehr den neuen Calvino haben, sondern das Buch, das er zu lesen begonnen hat. Der Buchhändler verkauft ihm ein Exemplar. Während dieses Verkaufsgesprächs taucht eine weitere Leserin auf, die augenscheinlich das gleiche Problem hat, wie der Leser. Also tauschen die beiden ihre Telefonnummern aus, um sich über das nun hoffentlich richtige Buch unterhalten zu können.
    Doch auch diese Lektüre bricht der Leser nach wenigen Seiten ab, weil es sich defintiv nicht um die erste Geschichte, sondern um eine völlig neue handelt. Also macht er sich zusammen mit der Leserin erneut auf den Weg, die passende Fortsetzung zu finden.
    Insgesamt 10 Romananfänge findet der Leser so, und immer sind es völlig neue Geschichte, die abrupt abbrechen. Ganz dem Gedanken folgend "Was wäre, wenn ein Roman niemals weitergehen würde, sondern sich immer den Zauber des Anfangs bewahren könnte".
    Es ist ein Buch über Bücher, über Schreibweisen und eine Kritik an so ziemlich jeder Literaturtheorie, die es bis zu den 80er-Jahren gab. Die einzelnen Romanstücke, aber auch die übergeordnete Ebene von Leser und Leserin referieren nicht nur auf verschiedene Werke des 20. Jahrhunderts - Kafka oder Dostojevski, um nur zwei zu nennen - sondern nimmt auch die Arbeitsweise der Literaturwissenschaft aufs Korn, die versucht, einen objektiven Sinngehalt hinter dem geschriebenen Text zu finden, der faktisch aber nicht da sein kann. So entwickelt der Roman nicht nur elf verschiedene Geschichten, sondern erklärt gleichzeitig seine eigene Poetologie, nach der er funktioniert.
    Es ist ein wirklich grandioser Roman, der von Meta-Ebenen nur so wimmelt. Kunstwerke aus Büchern, deren Fotos in Büchern festgehalten werden, aus denen neue Kunstwerke entstehen, die wieder in Büchern ebgedruckt werden; eine von der Polizei in die Revolutionäre infiltrierte Kommissarin, die eine bei der Polizei infiltrierte Revolutionärin ist. Endlosschleifen, in denen sich die Gedanken verlieren können. Und ich unterstelle dem Text, das genau das auch seine Absicht ist. Passend dazu am Ende eine kleine Reflexion über verschiedenes Leseverhalten. Ich denke, jeder findet sich dort wieder.
    Insgesamt verleihe ich diesem Buch mit großem Vergnügen die höchste Punktzahl von
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  • Rezension zu Wenn ein Reisender in einer Winternacht

    Kein Roman im üblichen Sinne!
    Abwechselnd schildert Calvino zwei Ebenen und verflechtet sie miteinander zu einem Strang. Die Erste davon nimmt der Literaturbetrieb unter die Lupe, und die andere würfelt 10 Romananfänge in die Handlung.
    Ich, als Leser, fühlte mich auch gleich im ersten Kapitel angesprochen, in dem der Autor mein Leseverhalten untersucht und mich ständig direkt angesprochen hat. All das war neu für mich, ich war verwirrt, aber nach ein paar Kapiteln wusste ich wo der Hase lang läuft und worauf der Autor aus war.
    Calvino deckt den ganzen Literaturbetrieb auf: Vom Leseverhalten bis zu Lesegewohnheiten, Arten des Lesens, von Genre und Unterscheidungsmerkmalen, von Autoren, die sich untereinander bekämpfen, von Büchern, die den Leser fesseln, von beruflichen Profilesern und emotionalen Laienleser, von Realitätsflüchtlingen, vom Verlagswesen zum Buchhandel und den Zensurbetrieb. Calvino greift alles auf und lässt nichts im Dunkeln verborgen. Und zum Schluss ist alles fiktiv, alles nur Schein und unsere Realität taucht ins Unwirkliche, alles nur Roman?
    Eine sehr interessante Aufreihung, die uns der Autor hier serviert. Über große Strecken habe ich das Buch genossen, nur die letzten 50 Seiten war bei mir ein wenig die Puste raus, es wurde fast schon surreal, auf jedem Fall exklusiv bizarr. Doch das Ende hat mich dann doch wieder versöhnlich gestimmt, Calvino hatte eine Überraschung parat und dadurch alles abgerundet.
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Ausgaben von Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Hardcover

Seitenzahl: 312

Taschenbuch

Seitenzahl: 288

Wenn ein Reisender in einer Winternacht in anderen Sprachen

  • Deutsch: Wenn ein Reisender in einer Winternacht (Details)
  • Englisch: If On a Winter's Night a Traveller (Details)
  • Italienisch: Se una notte d' inverno un viaggiatore (Details)

Besitzer des Buches 82

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