Isidor
Buch von Shelly Kupferberg
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Buchdetails
Titel: Isidor
Shelly Kupferberg (Autor)
Verlag: Diogenes
Format: Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 256
ISBN: 9783257072068
Termin: Neuerscheinung August 2022
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Kurzmeinung
kleine_hexeTraurig und heiter zugleich, wie Klezmermusik
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Isidor
Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.
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Bewertungen
Isidor wurde insgesamt 7 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,4 Sternen.
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Meinungen
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Traurig und heiter zugleich, wie Klezmermusik
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Isidor
- Bellis-Perennis
Eine penibel recherchierte Spurensuche: Von Ostgalizien nach Wien - das Leben des Isidor Geller Shelly Kupferberg, 1974 in Tev Aviv geboren, begibt sich auf Spurensuche nach Mitgliedern ihrer Familie, die während in der Zwischenkriegszeit unter anderem in Wien lebten.Weiterlesen
Dazu recherchiert sie in zahlreichen Archiven wie dem österreichischen Staatsarchiv oder ähnlichen in Deutschland. Sie stößt auf ihren Urgroßvater Israel Geller, der aus einem Schtetl in Ostgalizien stammt und nach Zwischenstationen in Kolomea und Lemberg schließlich 1908 in Wien landet, wo er kurzerhand seinen Vornamen in Isidor ändert, Gefallen an Oper und Theater findet sowie Jura studiert und 1913 promoviert. Kurz vor Beginn des Krieges von 1914-1918 hat er eine leitende Position in einer Lederwarenfabrik inne, wird deswegen als „kriegswichtig“ eingestuft und muss nicht wie seine Brüder einrücken. Wären draußen gestorben wird, vergnügt sich Isidor in der Oper und schafft es, mit nicht immer lauteren Methoden, ein Vermögen anzuhäufen. Anders als andere Kriegsgewinnler behält er sein Vermögen in der Weltwirtschaftskrise und legt es in gut an. Wie so viele Juden seiner Zeit verkennt er den aufkeimenden Nationalsozialismus. Letztendlich wird er von seinem Personal an die Gestapo verraten, die sehr genaue Kenntnis von seinem Vermögen hat.
Meine Meinung:
Mir hat diese Biografie von Isidor Geller sehr gut gefallen. Sie zeigt einen Selfmademan, der aus bitterer Armut zum Multimillionär wird und damit die Vorurteile den Juden gegenüber wie „Kriegsgewinnler“, „reich auf Kosten anderer“ oder „Schuld an der Niederlage 1918“ schürt.
Der sachliche Schreibstil gefällt mir sehr gut. Ich kann mir die Recherchen in den Archiven sehr gut vorstellen. Sie kommt von einem ins andere, vom Hundersten ins Tausendste. Akribisch geht sie allen Hinweisen nach und fördert Erstaunliches zu Tage.
Isidor Geller ist die zentrale Figur, doch lernen wir auch seinen Neffen Walter kennen, der seinerseits Shellys Großvater ist. Der Stamm am Ende des BUches gibt einen gut Überblick über die weit verzweigte, in alle Welt verstreute Familie.
Wie ich es vom Diogenes-Verlag gewöhnt bin, ist das Buch hochwertig verarbeitet und hat ein ansprechendes Cover, das ein Reh ziert. Erst zum Schluss enthüllt sich der Konnex zum Cover. Gut gelungen!
Fazit:
Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten Buch über das Leben Isidor Geller 5 Sterne. -
Rezension zu Isidor
- kleine_hexe
Tragische Geschichte eines JahrhundertsWeiterlesen
Ein kleines vergessenes Schtetl im ADW in Galizien zur Jahrhundertwende 19/20. Die Doppeladlermonarchie hat noch 14 Jahre, dann zerfällt das Reich in einem langen blutigen Krieg, an dessen Ende nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.. Österreich ersteht quasi aus der Asche, stark verkleinert und gehörig gerupft, aber mit Stil und Charme. Isidor aus diesem kleinen Schtetl Lokutni hat es bis an die Spitze Wiens geschafft. Aber wie lange? Mit kleineren oder größeren Kriegsschiebereien, Aktiengewinne, lukrative Geschäfte auf dem Schwarzmarkt, die nicht immer koscher waren, ist Isidor am Kriegsende Millionär. Aber er ist nicht der einzige, der aus dem großen Vaterländischen Krieg Gewinne erzielt, da gehen viele Christen mit gutem Beispiel voran. Isidor wird zum Lebemann, Bonvivant. Leben und Leben lassen ist seine Devise. Er unterstützt seine Familie, Künstler und die Wiener Oper. Stets bereit zu spenden, zu helfen, öffnet er gerne sei Haus vielen Gästen und Freunden.
Aber auf den Straßen Wiens kehrt keine Ruhe ein. In den zwanziger Jahren zeigt sich, dass der Antisemitismus keine Erfindung des Großdeutschen Reiches allein ist. Immer wieder kommt es zu Gewaltausbrüchen, zu antijüdischen Hetzen und Verfolgungen. Isidor ist ein Ästhet, er verdrängt das Hässliche um ihn herum, glaubt sich, dank seiner Position und seines Reichtums davor gefeit. Nach dem “Anschluss” Österreichs, standen die Nazischergen bei ihm als einer der ersten auf der Matte. Isidors Bedienstete hatten heimlich im Voraus Listen mit all seinen Gütern und Aktien erstellt und den Nazis ausgeliefert. Seines Vermögens beraubt und todkrank wird er aus der Haft entlassen, um wenige Monate später als gebrochener Mann zu sterben. “Der Tod ist ein Meister aus Deutschland” (Paul Celan, Todesfuge), ja, die Deutschen haben Wien und die “Ostmark” übernommen und meisterlich und geordnet das wunderschöne Wiener Leben, an dem die Juden doch solch einen reichen Beitrag geleistet hatten, plattgewalzt.
Nur wenigen gelingt die Flucht, nach Amerika, nach Palästina. Walter, Lieblingsneffe Isidors ist einer von ihnen. Gute elf Jahre nach dem Krieg stattet er Wien einen Besuch ab, geht auch in das Haus, in dem er vor seiner Flucht gelebt hat. Die jüdischen Nachbarn sind alle weg, den Säuberungen zum Opfer gefallen. Allein die ehemalige Hauswartsfamilie wohnt noch da. “Als er bei dem Ehepaar klingelt, öffnet die Hauswartsfrau die Wohnungstür und erkennt Walter sofort. Kreidebleich ruft sie in die Wohnung hinein: “Der Jud’ is wieda doa!” Worauf ihr Mann rüde antwortet: “Sag koa Wort!” In den wenigen Sekunden, ehe sie die Tür vor Walters Nase zuschlägt, kann er einige Möbel seiner Eltern und ehemaliger Nachbarn ausmachen.” (S. 15). Juden sind zwar weg aus Wien, der Antisemitismus jedoch ist immer noch da, latent aber jederzeit präsent und bereit zu explodieren.
Isidor findet seine letzte Ruhestätte auf dem Wiener Zentralfriedhof in der jüdischen Abteilung. “Bewacht” werden die Gräber in diesem von Menschen wenig besuchten Bereich von Rehen, Hasen, Fasanen. Das Reh, dass dem Betrachter offen in die Augen blickt auf dem Titelbild, ist auch eine Anspielung auf das Reh, das bei Isidors Grab der Autorin entgegenblickt. Das Titelbild hat mich verzaubert. Eine Flucht von prunkvollen hohen Räumen und mittendrin blickt uns ein Reh an. Als ob es sein gutes und angestammtes Recht wäre, in diesem Palais zu sein, stellvertretend für den von Nazischergen ermordeten Hausherrn.
Ausgaben von Isidor
Besitzer des Buches 7
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