Glockengasse 29
Buch von Vilma Neuwirth, Elfriede Jelinek
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Buchdetails
Titel: Glockengasse 29
Vilma Neuwirth (Autor) , Elfriede Jelinek (Vorwort)
Verlag: Milena Verlag
Format: E-Book
Seitenzahl: 161
ISBN: 9783902950079
Termin: Januar 2014
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Kurzmeinung
Bellis-PerennisÜberleben eines jüdischen Mädchens in Wien
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Glockengasse 29
Vilma Neuwirths Erinnerungen dokumentieren auf einzigartige Weise den Überlebenskampf einer jüdischen Wiener Arbeiterfamilie.
Ein seltenes und kraftvolles Zeugnis der österreichischen Vergangenheit.
Im Haus Glockengasse Nr. 29 lebten bis 1938 jüdische und christliche Kleingewerbetreibende und Arbeiter friedlich miteinander. Man half sich im Alltag und pflegte, so weit es
die begrenzten Mittel zuließen, gute Nachbarschaft. Im März 1938 wurden aus Nachbarn schlagartig Verfolger und Verfolgte:
Erniedrigungen wie die berüchtigten Reibpartien, Flucht und Deportation standen auch in der Glockengasse an der Tagesordnung. Mittel für eine organisierte Flucht gab es nicht. Auch die ärmlichsten Wohnungen wurden arisiert. Das Überleben der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner kam einer Unmöglichkeit gleich.
Vilma Neuwirth überlebte die Schrecken und den Terror der NS-Herrschaft als Sternträgerin in der Wiener Glockengasse, nicht zuletzt durch den Mut ihrer Mutter. Sie erzählt in ihren Erinnerungen an die Jahre 1938 bis 1945 eindringlich von den täglichen Veränderungen unter den neuen Machthabern, von der antisemitischen Hetze der Nachbarn, von jugendlichem Leichtsinn und dramatischen Trennungen.
In ihrem Buch erzählt Vilma Neuwirth nicht nur von ihrem persönlichen Schicksal, sondern auch von dem ihrer Familienangehörigen, jenen, die in den Vernichtungslagern
der Nationalsozialisten umgebracht wurden, aber auch jenen,
die in Wien auf abenteuerliche Weise überleben konnten.
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Überleben eines jüdischen Mädchens in Wien
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Glockengasse 29
- Bellis-Perennis
Vilma Neuwirth, das jüdische Mädel aus der Leopoldstadt, erzählt, wie sie die Nazizeit überlebt hat:Weiterlesen
Chuzpe, Mazel Tov und eine gehörige Portion Frechheit .... Vilma Neuwirth erzählt in diesem, im Milena Verlag erschienenen Buch, die Geschichte ihrer Familie.
Der Vater Jude, die Mutter Christin – in keiner der beiden Herkunftsfamilien wirklich akzeptiert, leben sie in Wien, im zweiten Bezirk, der Leopoldstadt, in einem Miethaus, unter sowohl jüdischen als auch nicht jüdischen Familien.
Der Vater hat sich mit einem kleinen Frisiersalon im Erdgeschoss des Hauses selbständig gemacht. Sie haben nicht viel zum Leben, aber es reicht für die insgesamt zehnköpfige Familie. Man tratscht mit den Nachbarn, leiht sich unter anderem den Wintermantel und kommt – bis auf die üblichen Streitereien an der Bassena und am Gangklo – recht gut miteinander aus.
Die scheinbare Idylle zerplatzt, als 1938 die Nazis auch in Österreich an die Macht kommen. Nachbarn, die vor ein paar Tagen noch freundlich gegrüßt haben, spucken die Familie nun an. Jüdische Familien werden aus ihren Wohnungen geworfen. Ihre arischen Nachfolger reißen sich alles, was nicht niet- und nagelfest ist unter den Nagel.
Familie Neuwirth hat Glück im Unglück: als Wohnungsmieterin ist die christliche Mutter eingetragen. Sie verbleiben als letzte jüdische Familie in einem arisierten Haus wohnen. Immer auf der Hut vor Denunzianten.
Vilma ist gerade einmal 10 Jahre alt, als diese Politik der Vernichtung über sie hereinbricht. An Schulbildung ist nicht mehr zu denken. Mehrfach übersteht Vilma durch pure Frechheit gefährliche Situationen. Auch die Mutter wächst, wie so viele Frauen dieser Zeit über sich hinaus. Mehrmals kann sie mit dem provokanten Satz „auch ich habe für den Anschluss gestimmt“ und einem angesteckten Hakenkreuz, Nazi-Schergen verblüffen.
Nicht alle Familienmitglieder und Freunde entgehen der Deportation. Der Vater stirbt im letzten jüdischen Spital in Wien, in der Malzgasse.
Während des Krieges wird Vilma zur Fabrikarbeit unter anderem bei Schrack-Eriksson zwangsverpflichtet. Sie stellt sich extra ungeschickt an, begeht wissentlich Sabotageakte und wird nicht dabei entdeckt.
Mit viel Chuzpe und Mazel tov überlebt Vilma die Kriegsjahre in Wien.
Meine Meinung:
Vilma Neuwirth erzählt mit viel Esprit und auch Trotz die Geschichte ihres Lebens in der Zeit zwischen 1938 und 1945. Manchmal muss ich trotz des ernsten Themas wirklich schmunzeln. Ich kann mir die junge Vilma gut als Wildfang vorstellen. Trotz der Gräuel, die sie erfahren, gesehen und miterlebt hat, hat sie ihren Humor nicht verloren. Dieses Buch hebt sich dadurch durch viele Augenzeugenberichte ab, die – verständlicherweise – über die Grausamkeiten der Nazis berichten.
Sehr beeindruckend auch die Fotos und Ausschnitte aus den Briefen, die das Buch zu einem lebendigen Zeugnis werden lassen.
Viele der genannten Orte kenne ich persönlich. Ich habe in gegenüber jener Schule in der Zirkusgasse gewohnt, aus der man Vilma und ihre Geschwister hinausgeworfen hat. Das Haus Glockengasse 29 ist einem hässlichen Neubau gewichen. Ich muss direkt nachsehen, ob dort „Steine der Erinnerung“ angebracht sind. Das Haus in der Kleinen Sperlgasse 2a, in dem das Sammellager untergebracht war, ist heute eine Volksschule.
Wer mit offenen Augen durch die Leopoldstadt, den 2. Bezirk Wiens geht, begegnet auf Schritt und Tritt Orten der Erinnerung.
Fazit:
Die tolle Familiengeschichte, von einer, die überlebt hat, verdient fünf Sterne und eine Leseempfehlung.
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Besitzer des Buches 2
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