Nichts als Gutes: Grabreden
Buch von Stefan Slupetzky

Titel: Nichts als Gutes: Grabreden
Stefan Slupetzky (Autor)
Verlag: Picus Verlag
Format: Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 160
ISBN: 9783711721112
Termin: September 2021
Aktion
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Kurzmeinung
Buchbesprechung Man wünscht sich den Autor als Grabredner - aber jetzt nich nicht -
Kurzmeinung
kleine_hexe Das Buch ist so schräg, dass es schon wieder gut ist!
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Nichts als Gutes: Grabreden
Über Tote, heißt es, soll man nichts als Gutes sagen. Stefan Slupetzkys pointierte und hintergründige fiktive Grabreden erzählen ebenso viel über die Verstorbenen wie über die Redner selbst.Grabreden sind eine literarisch vernachlässigte Kurzform des biografischen Erzählens. Stefan Slupetzky lässt in seinen Miniaturen seine Grabredner und Grabrednerinnen stets nicht nur über die Toten, sondern auch über sich selbst erzählen, über Versäumnisse und Sinn des eigenen Lebens: Der Chef eines tüchtigen Mitarbeiters muss erkennen, dass es über den Toten schier gar nichts zu sagen gibt, eine Grabrede für einen verstorbenen Grabredner, ein Stand-up-Comedian, der dem Toten die Pointen neidet, ein Interessensvertreter, der den Anlass zu einer politischen Ansprache nutzt oder ein Geistlicher, der in der Trauerrede die Identität eines Mädchenmörders enthüllt.Stefan Slupeztky findet das Komische im Tragischen und zaubert Leserinnen und Lesern ein Schmunzeln ins Gesicht.
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Bewertungen
Nichts als Gutes: Grabreden wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.
Meinungen
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Man wünscht sich den Autor als Grabredner - aber jetzt nich nicht
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Das Buch ist so schräg, dass es schon wieder gut ist!
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Nichts als Gutes: Grabreden
- Buchbesprechung
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8. November 2021 um 21:49
Der Tod eines Menschen ist das natürliche Ende eines mehr oder minder aufregenden Lebens. Ebenso nüchtern und mit dem intellektuellen Abstand eines Schriftstellers vergleicht Stefan Slupetzky (59) in seiner im September beim Picus Verlag erschienenen Sammlung fiktiver Grabreden "Nichts als Gutes" unser Leben mit einem Buch. Dessen vorderer Deckel entspricht einer sachlich gehaltenen Geburtsurkunde mit Namen des Neugeborenen (Buchtitel) und Angabe der Eltern (Verfasser, Verlag, ISBN). Nach Abschluss eines Lebens (Handlung) endet das Buch auf seinem hinteren Deckel mit einer kurzen, natürlich positiv klingenden Zusammenfassung des Inhalts, gewissermaßen mit einem Nachruf oder einer Grabrede. In seiner Sammlung teils längerer, oft nur kurzer, in jedem Fall aber fiktiver Grabreden, was man beim Lesen leicht übersehen könnte, lässt Slupetzky natürlich, wie sollte es auch anders sein, seine Trauerredner die Verstorbenen nur in bestem Licht erscheinen. Dennoch macht er uns dabei voller Raffinesse und Humor sowie gelegentlich mit einer kräftigen Prise Sozialkritik auf unsere unliebsamen Eigenarten, Eitelkeiten und Schwächen aufmerksam. Meistens sind es nicht die Verstorbenen, sondern vielmehr die Trauerredner selbst, die uns mit dem Gesagten mal nachdenklich, sehr oft aber auch amüsiert zurücklassen. Denn selbst im Tod wie im Falle des beamteten Sachbearbeiters, der so gar keine erkennbaren Spuren auf seinem Lebensweg hinterlassen hat – keine Freunde, keine Hobbys, keine Eigenarten –, findet der Autor eine Spur Komik, wenn er den Grabredner folgern lässt: „Falls er in die Hölle kommen sollte, stehen seine Chancen gut, vom Teufel übersehen zu werden.“ Lebensnah wirkt die Grabrede der Ehefrau, die nach jahrzehntelanger und seine Marotten geduldig ertragener Ehe am Tag der Beisetzung ihres Mannes nicht nachsichtig, sondern zürnend zurückbleibt: „Heute wird keiner schnarchen neben mir, und heut nimmt keiner meine Hand. Nicht heute, wo ich's wirklich brauchen tät.“Weiterlesen
Genüsslich liest man Slupetzkys Grabrede – natürlich ebenso fiktiv wie alle anderen! – auf den viel gerühmten und preisgekrönten Autor: Aus jedem Satz eines Schriftstellerkollegen quillt Neid auf den aus dessen Sicht unverdient erfolgreicheren Verstorbenen und tief empfundene Kränkung. Dem Grabredner gelingt es, „den gelobten Menschen …. liebevoll ins Licht [zu] rücken, dass ein paar Lichtstrahlen auch auf ihn, den Lobenden, zurückfallen“, wie Slupetzky in seiner Vorbemerkung schreibt, und geschickt die Verdienste des Verstorbenen kritisch zu hinterfragen: „…., dass ich kein Byzantiner bin, der die Gesellschaft der Juroren sucht, um sich bei einem Gläschen Wein lieb Kind zu machen, und so blieb mir dieser – ohnehin weit überschätzte – Preis versagt.“
Mag der Tod eines Menschen für die Trauernden noch so tragisch sein, „Slupeztky findet das Komische im Tragischen“, wie der Verlag sein Buch rühmt – und dies trifft es genau. Manchmal scheint dem Autor beim Schreiben seiner nicht nur philosophisch intelligenten, sondern auch stilistisch beeindruckenden Grabreden förmlich der Schalk im Nacken gesessen zu haben – wie bei der kürzesten Grabrede für den verstorbenen Padre Lorenzo, den der Prior des Schweigeklosters mit „...“ (übersetzt aus dem Italienischen) folgerichtig „totschweigt“. Hier bleibt dem Leser sogar Gelegenheit zur eigenen Deutung des umfänglich Verschwiegenen. Denn ein Schweigen sagt doch mehr als tausend Worte.
„Ob wir ihm [dem Tod] glücklich folgen oder uns dagegen stemmen, macht nicht den geringsten Unterschied. Nur dass das eine viel mehr Spaß macht als das andere“, lässt uns Slupetzky an seinen Schlussgedanken zum Tod teilhaben. Nach der Lektüre seines Buches wünscht man sich ihn als Grabredner. Doch erst viel später. Denn noch sollten wir seiner Erkenntnis aus dem vorher Gesagten folgen: „Trinkt und singt und tanzt, … lebt und liebt.“ -
Rezension zu Nichts als Gutes: Grabreden
- kleine_hexe
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18. September 2021 um 22:14
Unglaublich! Hätte nie gedacht, dass Trauerreden auch spannend sein können.Weiterlesen
Also, was Stefan Slupetzky hier vorlegt ist schwer in Worte zu fassen. Es ist so schräg, dass es schon wieder gut ist, es ist spannend, ohne Verfolgungsszenen oder Spionage oder Kämpfe, es hat unerwartete Pointen, sowohl im Stil als auch im Gesagten. Trauerreden als literarische Gattung? Ungewohnt aber warum nicht?
Wie Slupetzky selbst gesteht: manche Grabreden schreibt er gemäß seinem Willen und seiner Intention, aber bei anderen gelingt es ihm nicht, er muss dem Redner die Freiheit der Rede gewähren. Sei es der Leiter eines Bestattungsunternehmens der ein sehr persönliches und schockierendes Geständnis während seiner Grabrede macht. Oder eine Witwe, die eine spießige erzkonservative Rede halten sollte, so die Intention des Autors, doch letzten Endes ist es eine ergreifende Schilderung eines leisen Lebens, einer langen Ehe, mit ihren Höhen und Tiefen: „ein Schicksal unter vielen, ohne Zögern angenommen, ohne Bitterkeit erlebt und ohne Widerwillen erfüllt.“ (S. 108).
Richtig lachen musste ich bei den Grabreden für Svein Eirikson, Padre Lorenzo, oder Bilfried Bem (genial die Aussage: „Und in aller Haffheit / Dunkt der Hurz“ (S. 148). Das Lachen verging mir aber bei der Grabrede für Noah Halwang oder für die jungen Menschen die während der Flucht auf dem Mittelmeer ertranken.
Der Autor ändert jedes Mal seinen Schreibstil, passt ihn der jeweiligen Rede an, mal ernst, mal ironisch, mal zu Herzen gehend.
Trauerreden als literarische Gattung? Wenn sie von Stefan Slupetzky verfasst werden, auf jeden Fall!
Ausgaben von Nichts als Gutes: Grabreden
Update: 8. November 2021 um 21:49