Tsunenos Reise

Buch von Amy Stanley, Elisabeth Liebl

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Tsunenos Reise

Ein faszinierendes Panorama der japanischen Kultur und Historie - basierend auf den Briefen einer unbeugsamen Frau. Edo, 1830: Die Stadt, die wir als Tokio kennen, ist das größte urbane Zentrum der Welt und zieht viele Menschen an. So auch Tsuneno, eine junge Frau aus der Provinz; ebenso wie ihr Leben verändert sich auch die Stadt und steht bisweilen kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps. Tsunenos Ansehen steigt erst, als ihr Mann Samurai wird. Sie stirbt 1853, im Jahr, in dem auch Edos Geschichte endet: Die US-Navy erzwingt die Auflösung des Shogunats – und Edo wird im Jahr 1868 zu Tokio. Amy Stanley stieß in einem Archiv auf Tsunenos Briefe an ihre Familie, die einen Einblick in das Leben dieser Gesellschaft ermöglichen – eine perfekte Ergänzung zu Stanleys kluger Stadtgeschichte. In den USA wurde Amy Stanley für ihr Buch mit dem PEN/Jacqueline Bograd Weld Award for Biography und dem National Book Critics Circle Award 2020 ausgezeichnet.
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Bewertungen

Tsunenos Reise wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Tsunenos Reise

    ... Eine moderne Frau im Japan des 19. Jahrhunderts / ... A Japanese Woman and Her World
    Klappentext/Verlagstext
    Ein faszinierendes Panorama der japanischen Kultur und Historie - basierend auf den Briefen einer unbeugsamen Frau.
    Edo, 1830: Die Stadt, die wir als Tokio kennen, ist das größte urbane Zentrum der Welt und zieht viele Menschen an. So auch Tsuneno, eine junge Frau aus der Provinz; ebenso wie ihr Leben verändert sich auch die Stadt und steht bisweilen kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps. Tsunenos Ansehen steigt erst, als ihr Mann Samurai wird. Sie stirbt 1853, im Jahr, in dem auch Edos Geschichte endet: Die US-Navy erzwingt die Auflösung des Shogunats – und Edo wird im Jahr 1868 zu Tokio. Amy Stanley stieß in einem Archiv auf Tsunenos Briefe an ihre Familie, die einen Einblick in das Leben dieser Gesellschaft ermöglichen – eine perfekte Ergänzung zu Stanleys kluger Stadtgeschichte.
    Die Autorin
    Amy Stanley studierte East Asian Languages and Civilizations an der Harvard University und spezialisierte sich auf die Geschichte Japans. Heute unterrichtet sie japanische Geschichte an der Northwestern University, mit einem Schwerpunkt auf Geschlechterforschung. Für dieses Buch recherchierte Amy Stanley in japanischen Archiven und Bibliotheken. Acht Jahre lang entschlüsselte und übersetzte sie die Briefe Tsunenos, gemeinsam mit Studenten der Universitäten Cambridge, Osaka, Nara und Kansai.
    Inhalt
    Als 1804 im Dorf Ichigami in der japanischen Provinz Echigo dem Oberpriester Emon (*1768) nach zwei Söhnen die Tochter Tsuneno geboren wird, liegt vor dem Neugeborenen ein vorgezeichneter Weg. Emons Söhne können ebenfalls die Priesterlaufbahn einschlagen, seine Töchter werden wie ein Vermögenswert Ansehen und Wohlstand der Familie steigern, indem sie jung in andere Priesterfamilien verheiratet werden. Schon 1817 wird Tsuneno mit dem Oberpriester von Jogonji verheiratet. Zuvor war sie gemeinsam mit ihren Brüdern für ihren gesellschaftlichen Stand und die Arbeit in einem wohlhabenden Haushalt mit vielen Familienmitgliedern erzogen worden. Ihr Bruder Giyu (*1800), Nachfolger seines Vaters als Dorfvorsteher und Priester, kann jedoch nicht ahnen, dass seine bei der Heirat erst 12-Jährige Schwester sich für eine japanische Frau als zu wenig duldsam zeigen und von ihm mehrmals die Einwilligung in eine Scheidung verlangen würde. Weil Tsnunenos Familie gewohnt ist, Briefe zu schreiben und Haushaltsbücher zu führen, kann Amy Stanley Tsunenos ungewöhnlichen Lebensweg anhand dieser Aufzeichnungen rekonstruieren.
    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeichnet sich in Japan bereits ein gesellschaftlicher Umbruch ab, der Tsuneno und ihre Ehemänner wie in einem Strudel verschlingen wird. Aus einer reinen Bauerngesellschaft mit vermutlich geringen Klassenunterschieden bildet sich u. a. durch das Entstehen von Handel und Gewerbe eine gebildete Klassengesellschaft, in der schon bald die Normen nicht mehr genügen werden, die bisher das Leben in Tsunenos Dorf regelten. In Ichigami konnte Tsuneno ihre Mitmenschen anhand deren Zugehörigkeit zu vertrauten Familien einschätzen. Dass sie von einer bekannten Person getäuscht oder betrogen wurde, war unwahrscheinlich, weil ein unzuverlässiger Verhandlungspartner und seine Familie damit das Gesicht verloren hätten. Als Tsuneno schließlich mit über 30 Jahren in Edo (heute Tokio) ihre vierte Ehe eingeht, hatte sie bereits bitter bereuen müssen, dass sie zwar elegante Kimonos nähen konnte, aber dem Leben unter Fremden völlig ahnungslos gegenüberstand.
    Aus heutiger Sicht hochinteressant, verläuft Tsunenos ungewöhnliches Schicksal parallel zum Niedergang des Shogunats (1867) und dem wachsenden Drängen westlicher Staaten, Japan möge bitte endlich seine Häfen für ausländische Schiffe öffnen, den Fremden zukünftig Wasser und Vorräte verkaufen, vor seiner Küste Schiffbrüchige aufnehmen und versorgen. Bis dahin war japanischen Seeleuten und Fischern der Kontakt zu fremden Schiffen streng verboten. - An anderer Stelle werden 1839 und 1856 die Opiumkriege geführt. Wer schon von Matthew Perry und James Biddle gehört hat, kann historisch einordnen und hier atemlos verfolgen, wie Tsunenos zahlreiche Versuche, Arbeit zu finden und zum Lebensunterhalt in ihren Beziehungen beizutragen, an der Unfähigkeit eines verknöcherten Systems scheitern, sich der Moderne zu stellen.
    Man könnte Stanleys Buch so interpretieren, dass Tsuneno nicht an ihrer Rebellion gegen ihre vorgezeichnete Rolle scheitert, sondern an einer Gesellschaft, die zu lange den Kopf vor den Anforderungen des 19. Jahrhunderts in den Sand steckt.
    Tsuneno sucht ausgerechnet zu einer Zeit Arbeit, als das Shogunat daran scheitert, tausende Gefolgsmänner und Samurai zu finanzieren, sowie die durch Zuzug vom Land rasant wachsende Stadt Edo zu organisieren und seine Bürger zu schützen. Da die verarmten Samurai ein zusätzliches Einkommen suchten, konkurrierten sie mit den Zuwandern nach Edo um Arbeit, dadurch sanken die Einkommen, Prostitution und Kriminalität dagegen blühten, während die „Stadtväter“ Edos mit ihrem Beharren auf einem überholten System darin versagten, ihren Bürgern Sicherheit und den Rahmen für Handel und Gewerbe zu bieten.
    Fazit
    Mit der Verknüpfung von Tsunenos rekonstruierter Biografie, der wirtschaftlich-politischen Krise Edos und der erzwungenen Öffnung Japans nach außen ist Amy Stanley ein ungewöhnlich fesselndes Buch gelungen. Schon lange hat mich kein Stoff mehr so intensiv angeregt, mich mit der Epoche der Handlung zu beschäftigen. Die Autorin entwickelt die Handlung vom Detail zum Ganzen (vom Kleinkind zur Ehefrau, von der behüteten Tochter zur Städterin, von der Familie zur Staatsform, vom abgeschotteten Japan zur Weltpolitik). Für ein Sachbuch läst sich "Tsunenos Reise" erstaunlich flüssig lesen, Karten, Personenliste und Quellenangaben tragen dazu bei.
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Ausgaben von Tsunenos Reise

Hardcover

Seitenzahl: 416

Besitzer des Buches 2

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