Wie rote Erde
Buch von Tara June Winch

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Buchdetails
Titel: Wie rote Erde
Tara June Winch (Autor)
Verlag: Haymon Verlag
Format: Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 376
ISBN: 9783709981559
Termin: Oktober 2022
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Kurzmeinung
SarangeEin Buch voller Schmerz, Trauer und zerrissener Träume, aber auch Heilung, Aufbruch und Mut.
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Wie rote Erde
Was bleibt, wenn sich der rot schimmernde Staub über Australien gelegt hat? Und wer bleibt, wenn es die Vergangenheit ist, die Grenze um Grenze setzt – wenn sie alles überdauert? August Gondiwindi ist Australierin, Wiradjuri, Enkeltochter – und: Schwester ohne Schwester. Als ihr Großvater Albert „Poppy“ stirbt, kehrt sie nach zehn Jahren in London nach Prosperous zurück, um an seiner Beerdigung teilzunehmen. Dort, zwischen Massacre Plains und dem Broken Highway, ist sie aufgewachsen. Dort hat sie am Fluss mit ihrer Schwester gespielt, wurde von ihrer Mutter verlassen, und an diesem Ort lebte auch ihr Großvater, der Vermächtnisse und Geheimnisse in sich getragen hat, die August Stück für Stück aufdeckt. Denn an dieser Stelle beginnt für sie eine unaufhaltsame Suche: Nach einer Zugehörigkeit, die über Generationen andauert, nach dem, was ihr Großvater hinterlassen hat, der wahren Geschichte der Zeit und dem Schlüssel, mit dem sie die rote Erde ihres Landes zu retten vermag. Ein Kampf: um den eigenen Boden unter den eigenen Füßen. Albert Gondiwindi hat sein gesamtes Leben in Prosperous verbracht, in diesem einen Haus am Ufer des Murrumby Flusses, das nun droht von einem Bauunternehmen zerstört zu werden. Er weiß, dass sein letzter Atemzug unmittelbar bevorsteht und dass noch eine letzte Aufgabe erfüllt werden muss: Die Sprache seines Volkes, seine Sprache, all die Traditionen, die ihn begleitet haben, weiterzugeben. An seine Enkeltochter, an die Nachwelt. Doch nach dem Tod von Albert ist Augusts Trauer stark, wird verstärkt durch alte Wunden, die nicht nur haften, sondern kontinuierlich aufgerissen werden: Das Aufwachsen in Armut, die Inhaftierung ihrer Mutter, das Verschwinden ihrer Schwester, der Rassismus, den sie und ihre Familie ertragen mussten, ertragen müssen. Denn nur weil der Aggressor von heute einen anderen Namen, eine andere Verkleidung trägt als damals, ist es immer noch derselbe. Und die Linien, die vom weißen Kolonialismus wieder und wieder neu gesteckt und durch das Land der Aboriginals gezogen wurden, sind immer noch dieselben. Wie zurückerobern, was einem entrissen wurde? Wie akzeptieren, dass man selbst, die eigene Familie, die Menschen, die zu einem gehören –Generationen über Generationen – denselben Kampf kämpfen müssen? Die Kontinuitäten der Ausbeutung, des Versuchs, den Menschen Land und Kultur und der Erde Ressourcen und Nahrung zu rauben, werden sichtbar, als August die Konfrontation sucht. Sie ist entschlossen und legt einen Schwur ab: ihre Familie und ihr Land zu retten. Dabei wird sie getragen von den Worten ihres Großvaters, von Namen und Erinnerungen, Verbündeten. Von Beständigkeit. Denn was ihr Großvater sich aus der Seele geschrieben hat, das Vermächtnis aller, die vor ihm da waren und die nach ihm da sein werden, das bleibt. Der Mut der Menschen, der so tief im Boden verankert ist, er bleibt. Weil nichts verschwindet. Nichts stirbt. Nur Teil von uns wird. Und August? Sie ist. Dort, wo man ihr nicht erlaubt zu sein. Und: Sie bleibt. Aus dem Englischen von Juliane Lochner
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Wie rote Erde wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.
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Ein Buch voller Schmerz, Trauer und zerrissener Träume, aber auch Heilung, Aufbruch und Mut.
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Wie rote Erde
- Sarange
Verlagstext:Weiterlesen
Was bleibt, wenn sich der rot schimmernde Staub über Australien gelegt hat?
Und wer bleibt, wenn es die Vergangenheit ist, die Grenze um Grenze setzt – wenn sie alles überdauert?
August Gondiwindi ist Australierin, Wiradjuri, Enkeltochter – und: Schwester ohne Schwester. Als ihr Großvater Albert "Poppy" stirbt, kehrt sie nach zehn Jahren in London nach Prosperous zurück, um an seiner Beerdigung teilzunehmen. Dort, zwischen Massacre Plains und dem Broken Highway, ist sie aufgewachsen. Dort hat sie am Fluss mit ihrer Schwester gespielt, wurde von ihrer Mutter verlassen, und an diesem Ort lebte auch ihr Großvater, der Vermächtnisse und Geheimnisse in sich getragen hat, die August Stück für Stück aufdeckt. Denn an dieser Stelle beginnt für sie eine unaufhaltsame Suche: Nach einer Zugehörigkeit, die über Generationen andauert, nach dem, was ihr Großvater hinterlassen hat, der wahren Geschichte der Zeit und dem Schlüssel, mit dem sie die rote Erde ihres Landes zu retten vermag.
Ein Kampf: um den eigenen Boden unter den eigenen Füßen.
Albert Gondiwindi hat sein gesamtes Leben in Prosperous verbracht, in diesem einen Haus am Ufer des Murrumby Flusses, das nun droht von einem Bauunternehmen zerstört zu werden. Er weiß, dass sein letzter Atemzug unmittelbar bevorsteht und dass noch eine letzte Aufgabe erfüllt werden muss: Die Sprache seines Volkes, seine Sprache, all die Traditionen, die ihn begleitet haben, weiterzugeben. An seine Enkeltochter, an die Nachwelt.
Doch nach dem Tod von Albert ist Augusts Trauer stark, wird verstärkt durch alte Wunden, die nicht nur haften, sondern kontinuierlich aufgerissen werden: Das Aufwachsen in Armut, die Inhaftierung ihrer Mutter, das Verschwinden ihrer Schwester, der Rassismus, den sie und ihre Familie ertragen mussten, ertragen müssen. Denn nur weil der Aggressor von heute einen anderen Namen, eine andere Verkleidung trägt als damals, ist es immer noch derselbe. Und die Linien, die vom weißen Kolonialismus wieder und wieder neu gesteckt und durch das Land der Aboriginals gezogen wurden, sind immer noch dieselben.
Wie zurückerobern, was einem entrissen wurde?
Wie akzeptieren, dass man selbst, die eigene Familie, die Menschen, die zu einem gehören –Generationen über Generationen – denselben Kampf kämpfen müssen? Die Kontinuitäten der Ausbeutung, des Versuchs, den Menschen Land und Kultur und der Erde Ressourcen und Nahrung zu rauben, werden sichtbar, als August die Konfrontation sucht. [...]
Quelle: amazon; gekürzt, weil sonst zu viel verraten wird
Die Autorin:
Tara June Winch ist eine in Frankreich lebende Wiradjuri-Autorin. Ihre früheren Veröffentlichungen „Swallow the Air“ und „After the Carnage“ wurden von der Kritik gefeiert. Sie ist Empfängerin der Rolex Mentor und der Protégé Arts Initiative, wo sie unter der Anleitung von Wole Soyinka schrieb. „The Yield“ war ein Bestseller und gewann seit Veröffentlichung acht nationale Literaturpreise in Australien. Mit „Wie rote Erde“ („The Yield“) erschien im Oktober 2022 erstmals ein Buch von Tara June Winch in deutscher Übersetzung.
Quelle: amazon.de
Meine Meinung:
Australien ist für mich literarisch leider noch weitgehend "terra australis incognita", aber das darf sich nun u.a. mit diesem bewegenden Roman ändern. Da ich mich sehr für indigene literarische Stimmen interessiere, habe ich bei diesem Buch auf NetGalley direkt zugegriffen. Es wurde eine sehr intensive Lektüre, angesiedelt zwischen den Start- und Landepunkten der "First Fleet" in Portsmouth und Botany Bay sowie tief im australischen Landesinneren.
Der Einstieg gestaltete sich zunächst schwierig: assoziativ und traumhaft, mehrere verschiedene Erzählstimmen, dazu noch Verwirrung dadurch, dass die Protagonistin August als Frau einen Männernamen trägt. Solche Anfänge, wo ich erstmal länger herumrätseln muss, wer wer ist und wie mit wem zusammenhängt, mag ich nicht sonderlich. Nachdem sich die drei Erzählstränge herausgeschält hatten, kam ich besser zurecht: Wir haben August im Heute, das Wiradjuri-Wörterbuch ihres verstorbenen Großvaters und die verstörenden Briefe eines gutmenschigen Missionars nochmal einige Generationen früher, ähnlich den Briefen von Father Damien in Louise Erdrichs "Wundern von Little No Horse". Nachdem ich das verstanden hatte, konnte ich mich auf das assoziative Erzählen v.a. im Zusammenhang mit dem Wörterbuch einlassen, habe aber dennoch beim Lesen den roten Faden vermisst. Und das war natürlich Absicht, denn den Figuren in Winchs Buch fehlt eben auch ihr roter Faden: Nicht anders als bei der Sklaverei oder bei den First Nations Nordamerikas wurden hier generationenlang systematisch Familien auseinandergerissen, Muttersprache und Kultur unterdrückt, Menschen gebrochen oder ermordet.
Obwohl Winch vieles nur andeutet und im Nachwort schreibt, dass die Realität noch viel schlimmer war als das, was sie im Roman verarbeitet hat, war es unendlich traurig, von den Verschleppungen der Babys und Kleinkinder in Kinderheime zwecks "weißer" bzw. eher weiß-dienlicher Umerziehung zu lesen, der damit einhergehenden Schutzlosigkeit und Verzweiflung der Kinder und Eltern nachzuspüren, die Entwurzelung und Isolierung der Menschen nachgezeichnet zu sehen. Winch schildert in oft nur knappen Begebenheiten den vielfachen Rassismus der Weißen den Aborigines gegenüber, die Versklavungen, brutalen Misshandlungen, Vergewaltigungen und Morde, die größtenteils ungesühnt blieben. Aus dieser traumatischen Geschichte ergibt sich dann die Suche der Nachgeborenen nach einer Identität, einem Platz im Leben. Der Roman atmet die damit verbundene Trauer, den Schmerz, zeigt die teils verformten Persönlichkeiten und die ungesühnte und letztendlich heute unsühnbare Schuld der Weißen an den indigenen Völkern Australiens und dieser Welt.
Es ist ein langsames Buch - wie der (fiktive) Fluss Murrumby, der nicht mehr wie früher stetig fließt, höchstens gelegentlich mal als Rinnsal. Einst zuverlässige Lebensgrundlage, nun aufgestaut von den Weißen zu ihren eigenen Zwecken, bildet er ein Symbol für die Geschichte der Ureinwohner und der Eindringlinge. Verhalten mäandern Erinnerungsschleifen in den Wörterbucheinträgen des Großvaters (hier auch spannend: eine Art Einführung in den Animismus der Aborigines jenseits von westlich verklärtem Traumreisenkitsch) und in den zunehmend verzweifelten Briefen des Pfarrers, in denen man viel über die frühere Lebensweise der Aborigines und ihre Kolonisierung lernt, während die Handlung im Hier und Jetzt rund um August und ihre Aunties oft nur mühsam und stundenweise vorangeht, teils sehr poetisch geschildert in Rückblenden, Träumen und Erinnerungsfetzen, aber auch mit mutigem Aufbegehren und Nachvornschauen.
Schade fand ich, dass am Ende des Buches nach einem großen Wendepunkt die weiteren Geschehnisse nur noch gerafft dargestellt wurden - hier hätte die Autorin sich gern noch ein bisschen mehr Zeit lassen können; ich hätte die Protagonistin August gern noch weiter bei ihren Entwicklungen begleitet.
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