Serpentinen
Buch von Bov Bjerg

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Kurzmeinung
ManuHErinnerungen, Gedanken rund um Selbstmord des Vaters, Reise Mut dem Sohn, für mich manchmal verwirrend. Vielleicht als H -
Kurzmeinung
HypocritiaDurch d. brüsken Sprachstil verbieten sich pseudo-empath. Floskeln wie "berührend", "leise Töne" u.ä. - sehr gut!
Zusammenfassung
Inhaltsangabe zu Serpentinen
Ein Vater unterwegs mit seinem Sohn. Ihre Reise führt zurück in das Hügelland, aus dem der Vater stammt, zu den Schauplätzen seiner Kindheit. Da ist das Geburtshaus, dort die elterliche Hochzeitskirche, hier der Friedhof, auf dem der Freund Frieder begraben liegt. Ständiger Reisebegleiter ist das Schicksal der männlichen Vorfahren, die sich allesamt das Leben nahmen: 'Urgroßvater, Großvater, Vater. Ertränkt, erschossen, erhängt.' Der Vater muss erkennen, dass sein Wegzug, seine Bildung und sein Aufstieg keine Erlösung gebracht haben.
Vielleicht helfen die Rückkehr und das Erinnern. Doch warum bringt er seinen Jungen in Gefahr? Warum hat er keine Antwort auf dessen bange Frage: 'Um was geht es?' Er weiß nur: Wer zurückfährt, muss alle Kurven noch einmal nehmen. Wenn er der dunklen Tradition ein Ende setzen will.
Bov Bjerg gehört zu den wichtigsten Schriftstellern der deutschen Gegenwart. Nach dem Bestseller „Auerhaus“ legt er nun seinen neuen Roman vor. Genau, mutig und lang nachwirkend erzählt er vom Kampf eines Vaters gegen die Dämonen der Vergangenheit. Nur wenn er seinen Sohn so liebt, wie er selbst nie geliebt wurde, kann die Reise der beiden glücken.
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Bewertungen
Serpentinen wurde insgesamt 10 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.
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Meinungen
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Erinnerungen, Gedanken rund um Selbstmord des Vaters, Reise Mut dem Sohn, für mich manchmal verwirrend. Vielleicht als H
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Durch d. brüsken Sprachstil verbieten sich pseudo-empath. Floskeln wie "berührend", "leise Töne" u.ä. - sehr gut!
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Ein Buch, das einen sprachlos zurücklässt.
Rezensionen zum Buch
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Rezension zu Serpentinen
- drawe
Klappentext:Weiterlesen
Ein Vater unterwegs mit seinem Sohn. Ihre Reise führt zurück in das Hügelland, aus dem der Vater stammt, zu den Schauplätzen seiner Kindheit. Da ist das Geburtshaus, dort die elterliche Hochzeitskirche, hier der Friedhof, auf dem der Freund Frieder begraben liegt. Ständiger Reisebegleiter ist das Schicksal der männlichen Vorfahren, die sich allesamt das Leben nahmen: "Urgroßvater, Großvater, Vater. Ertränkt, erschossen, erhängt." Der Vater muss erkennen, dass sein Wegzug, seine Bildung und sein Aufstieg keine Erlösung gebracht haben.
Vielleicht helfen die Rückkehr und das Erinnern. Doch warum bringt er seinen Jungen in Gefahr? Warum hat er keine Antwort auf dessen bange Frage: "Um was geht es?" Er weiß nur: Wer zurückfährt, muss alle Kurven noch einmal nehmen. Wenn er der dunklen Tradition ein Ende setzen will.
Bov Bjerg gehört zu den wichtigsten Schriftstellern der deutschen Gegenwart. Nach dem Bestseller „Auerhaus“ legt er nun seinen neuen Roman vor. Genau, mutig und lang nachwirkend erzählt er vom Kampf eines Vaters gegen die Dämonen der Vergangenheit. Nur wenn er seinen Sohn so liebt, wie er selbst nie geliebt wurde, kann die Reise der beiden glücken.
Mein Leseeindruck:
Dieses Buch hat mich in einer Weise gepackt, wie ich das schon lange nicht mehr erlebt habe, und mich zunächst einmal sprachlos sitzen lassen.
Sachlich betrachtet, geht es um das Problem der transgenerationalen Traumaweitergabe, d. h. die Weitergabe von schweren seelischen Traumata an die nachfolgenden Generationen. Wie es in der Bibel, Altes Testament, Buch Moses, schon heißt:
"Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen."
Und das ist hier der Fall. Hier erzählt ein schwer traumatisierter Mensch über die Auswirkungen seiner Familiengeschichte. Um seiner Dämonen Herr zu werden, fährt er in das Land seiner Kindheit, die Schwäbische Alb. Und dort begegnet er seinen Dämonen wieder: den Kriegserlebnissen der Väter und Großväter, der alltäglichen familiären Gewalt, Deportation und Heimatverlust, Selbsttötungen, und dazu kommen Alkoholismus, quälender Provinzialismus und Depression. Der Leser begegnet hier einem leidenden Menschen, der seine Last lindern möchte und keine Entlastung finden kann.
Die tiefe Liebe zu seinem Sohn ist dabei der Motor: er will ihm nicht sein eigenes Schicksal aufbürden und entwirft daher verschiedene Szenarien, dem Sohn den Fluch der Väter und Vorväter zu ersparen.
Rein vom Plot her geschieht nicht viel in diesem Roman, und dennoch verfolgt man atemlos die „Serpentinen“, die der Roman macht. Die Handlung spielt sich überwiegend im Kopf des Ich-Erzählers ab: er erinnert sich, er durchlebt Szenen neu, er stellt sich künftige Szenen vor, er plant, und immer wieder wiederholt er: ob das die marmorierten Fliesen seiner Kindheit sind, die er überall entdeckt, oder eine bestimmte Szene am Küchentisch – fast manisch wiederholt er sich, seine Gedanken drehen sich im Kreis, kehren zurück, eilen voraus, und als Leser erkennt man die quälende Obsession, die der Erzähler nicht mehr bezwingen kann.
Und immer wieder dazwischen zärtliche Erinnerungen an seinen Sohn – und dann wieder der kühle klare Blick des reflektierenden Soziologen, der nach Antworten sucht.
Und dazu diese besondere Sprache, die mir schon in „Auerhaus“ gut gefallen hat: eine klare, absolut schnörkellose Sprache, die jetzt in diesem Roman noch härter und knapper gestaltet wird. Da ist kein Wort zuviel. Trotz des harten Inhalts wird hier nicht gejammert, es wird auch nicht geschwätzt und nichts zerredet, auch nicht in den Dialogen. In knappen und präzisen Sätzen erkennt der Leser immer das tiefe Leiden dieses Menschen, das mit einer verblüffenden Authentizität erzählt wird, sodass man autobiografische Elemente vermutet.
Gerade diese erstaunliche sprachliche Sicherheit führt, denke ich, dazu, dass dieses Buch niemals abgleitet.
Fazit: Ein ungemein heftiges und auch düsteres Buch – und zugleich ein ungemein schönes literarisches Ereignis.
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Besitzer des Buches 17
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