Ein russischer Roman

Buch von Emmanuel Carrere, Claudia Hamm

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Ein russischer Roman

»Mein Leben war verfolgt von Wahnsinn und Horror. Die Bücher, die ich geschrieben hatte, sprachen von nichts anderem. Nach Der Widersacher konnte ich nicht mehr. Ich wollte diesem Zwang entkommen. Und ich dachte, ihm durch die Liebe zu einer Frau und durch Nachforschungen über meine Familie entkommen zu können. Die Nachforschungen drehten sich um meinen Großvater mütterlicherseits, der nach einem tragischen Leben 1944 verschwand und sehr wahrscheinlich als Kollaborateur erschossen wurde. Seine Geschichte ist das Geheimnis meiner Mutter, das Gespenst, das in unserer Familie spukt. Um dieses Gespenst zu bannen, ging ich riskante Wege. Sie führten mich in ein verlorenes russisches Provinzstädtchen, und ich blieb lange dort, auf der Lauer, dass irgendetwas geschehe. Und es geschah etwas: ein grausames Verbrechen. Wahnsinn und Horror holten mich wieder ein. Sie holten mich auch in meinem Privatleben ein. Ich hatte für die Frau, die ich liebte, eine erotische Geschichte geschrieben, die in die Wirklichkeit eingreifen sollte, doch die Wirklichkeit entzog sich meinen Plänen. Sie stürzte uns vielmehr in einen Albtraum, der den grausamsten in meinen Büchern glich und der unser Leben und unsere Liebe zerstörte. Denn darum dreht sich dieses Buch: um die Drehbücher, die wir ausarbeiten, um die Wirklichkeit zu zähmen, und um die fürchterliche Weise, mit der sich die Wirklichkeit dieser bemächtigt, um darauf zu antworten.«
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Bewertungen

Ein russischer Roman wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Ein russischer Roman

    Nach den Worten Carrères haben « Verrücktheit und Grauen » sein Leben und sein Werk zutiefst geprägt. Nach letzten Werken wollte er aus diesem Teufelskreis heraustreten und den vermeintlichen Ursprüngen von all dem in seiner eigenen Familiengeschichte auf dem Grunde gehen, indem er einen davon ausgehenden „Bericht“ schreibt. Dabei geht er insbesondere aus vom vermeintlichen Familientabu, dem im Herbst 1944 mysteriös verschwundenen russischstämmigen Großvater, der sehr wahrscheinlich aufgrund der „collaboration“ (mit den Deutschen) bei Bordeaux hingerichtet worden ist. Dieses nie offen ausgesprochene Geheimnis belastete sicherlich die (überaus bekannte) Mutter, Hélène Carrère d’Encausse und bis hinein in die Generation von Emmanuel. Seine Nachforschungen, seine innerliche Auseinandersetzung mit den Ursprüngen eines Teiles seiner Familie in Russland/der Sowjetunion führen ihn auf die Spuren eines in den Kriegswirren in Russland verloren gegangenen Ungarns, der im Jahre 2000 in einer psychiatrischen Anstalt wieder entdeckt wird. Carrère entscheidet sich für einen Filmbericht über sein dortiges Erleben und lässt sich auf ein unentgeltliches Mitleben in einer abgeschiedenen Stadt Russlands ein. Das Nacherzählen dieser Stränge und vor allem auch das gleichzeitige Erleben einer sehr intensiven Liebesbeziehung machen das Buch aus.
    Ich war sehr beeindruckt vom Schreibstil Carrères, den ich erstmals entdeckte: da ist eine oft sehr flüssig und leicht zu lesende Art! Was er aber erzählt ist manchmal nah dem Albtraum oder aber mir schon fast zuviel werdende ausführliche Beschreibungen sei es seines Liebeslebens oder recht privater Angelegenheiten. So wuchs manchmal in mir der Eindruck, zum Voyeur zu werden und ich frage mich, ob Carrère - er spricht dieses Problem selber ausdrücklich an - gut daran tut, auch seinen Angehörigen bzw. seiner Geliebten gegenüber, all das auf dem Marktplatz auszubreiten. Ich bin nicht zu einem abschließenden Urteil gelangt... Was aber durchaus fasziniert ist, wie es dem Autor gelingt, die Komplexität menschlicher Gefühle oder in all den in Russland spielenden Abschnitten die widersprüchliche Vielfalt der „russischen Seele“ wieder zu geben. Die Aufrichtigkeit und Schonungslosigkeit der Darstellung sind also meines Erachtens gleichzeitig die Stärken und die Schwächen dieses Buches. Wer so schreibt macht sich letztlich verletzlich, doch schreibt sich einen großen Teil seiner „Erblast“ von der Seele. Das verdient Respekt, auch wenn ich manchmal meinte, dass zur ganz großen Reife auch ein Stück Zurückhaltung und Andeutung als Ausdruck verwendet werden können.
    Trotz dieser Abstriche ein zu entdeckendes Buch!!!
    Broché: 356 pages
    Editeur : POL (1 mars 2007)
    Collection : FICTION
    Langue : Français
    ISBN-10: 2846821828
    ISBN-13: 978-2846821827
    Verlinkung zur franz. Amazonseite: http://www.amazon.fr/Un-roman-…oks&qid=1189701712&sr=1-1
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Ausgaben von Ein russischer Roman

Hardcover

Seitenzahl: 282

E-Book

Seitenzahl: 282

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