Niemand weiß, dass du hier bist

Buch von Nicoletta Giampietro

  • Kurzmeinung

    Bellis-Perennis
    Vom Saulus zum Paulus - die Geschichte einer Verwandlung
  • Kurzmeinung

    Isabella1978
    Berührt, wühlt auf, spannend bis zur letzten Seite. Sehr lesenswert.

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Niemand weiß, dass du hier bist

Eine große, hoffnungsvolle Geschichte über Mut und Freundschaften, die größer sind als jede Ideologie. Atmosphärisch, warm und voller erzählerischer Kraft. Siena, 1942. Der zwölfjährige Lorenzo soll den Krieg bei seinem Großvater und seiner Tante überstehen. Noch ist es in der Toskana friedlich. Auf den weiten Plätzen der verwinkelten Stadt freundet er sich mit Franco an, der seine glühende Verehrung für den Duce teilt. Die Begeisterung bekommt erste Risse, als er Daniele kennenlernt. Daniele ist Jude. Als die Deutschen die Stadt besetzen und beginnen, jüdische Familien zu deportieren, kann Lorenzo nicht zusehen. Doch seine Entscheidung bringt nicht nur seine Freundschaft mit Franco in Gefahr, sondern auch seine Familie und ihn selbst.
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Bewertungen

Niemand weiß, dass du hier bist wurde insgesamt 7 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,8 Sternen.

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Meinungen

  • Vom Saulus zum Paulus - die Geschichte einer Verwandlung

    Bellis-Perennis

  • Berührt, wühlt auf, spannend bis zur letzten Seite. Sehr lesenswert.

    Isabella1978

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    Eine bewegende Geschichte über Freundschaft und Zivilcourage in Zeiten des Zweiten Weltkriegs im faschistischen Italien Vom Saulus zum Paulus - die Geschichte einer Verwandlung
    Dieser historische Roman führt die Leser in eine hierorts vielleicht nicht ganz so bekannte Zeit des 20. Jahrhunderts:
    Wir befinden uns in den Jahren 1942 bis 1944. Der Zweite Weltkrieg tobt und viele Familien versuchen, wenigstens ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. So auch die Eltern von Lorenzo, die ihren Sohn aus Tripolis, der heiß umkämpften Hauptstadt Libyens, nach Siena schicken. Man erklärt dem 12-jährigen, dass er während der Ferien bei Tante Chiara und seinem Großvater bleiben soll.
    Lorenzo, ganz mit der faschistischen Propaganda von Mussolini und Hitler aufgewachsen, findet im Nachbarsjungen Franco einen Freund.
    Chiara, eine Lehrerin, lehnt die Faschisten ab und verliert deswegen ihren Job. Lorenzo hat es nicht leicht, weitere Freunde zu finden, weil seine Familie aus altem sienesischem Adel stammt, der dem Duce und seinen Schergen ein Dorn im Auge ist. Doch dann begegnet er Daniele und die Freundschaft mit dem grobschlächtigen Franco gerät ins Hintertreffen. Was Lorenzo anfangs nicht weiß ist, dass Daniele genauso Jude ist, wie Dottore Matteo, der mit der Familie freundschaftlich verbunden ist.
    Das Blatt wendet sich als die deutsche Wehrmacht in Italien einmarschiert und auch hier mit ihren Deportationen beginnt. Lorenzo wird Zeuge wie Daniele und seine Familie abtransportiert werden. Er beginnt über die Rechtmäßigkeit des Regimes nachzudenken. Wenig später taucht der völlig verschreckte Daniele bei Lorenzo auf und Lorenzo versteckt seinen Freund am Dachboden …
    Meine Meinung:
    Selten hat mich eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg so gefesselt wie diese. Zum einem, weil ich wenig über die Faschisten in Italien weiß. Daher nehme ich dieses Buch zum Anlass, hier weitere Informationen einzuholen.
    Der zweite Grund ist dem Schreibstil von Nicoletta Giampietro geschuldet. In einfühlsamen und aufwühlenden Worten beschreibt sie die Lebensumstände der Menschen in Italien. Zu Beginn des Faschismus leben Juden in Italien, wenn auch nur geduldet, zumindest beinahe unbehelligt. Mussolini hat es eher auf den alten Adel abgesehen, denn auf Juden. Das ändert sich schlagartig, als Hitlers Truppen in Italien einmarschieren, weil ihm der Duce nicht mehr wirklich vertrauenswürdig erscheint und die Amerikaner in Süditalien einmarschiert sind. Leidtragende wie immer, die Bevölkerung, die gleich in eine Doppelmühle gerät: Neben den Repressalien des eigenen Regimes, kommen die amerikanischen Truppe vom Süden und die deutschen vom Norden.
    Die Autorin versteht es meisterhaft, den kleinen Lorenzo vom Saulus zum Paulus werden zu lassen. Er zeigt mehr Zivilcourage als viele Erwachsene und zerbricht fast daran. Für seine Freundschaft setzt er fast alles aufs Spiel. Sein eigenes Leben als auch das seiner Familie, denn Franco und seine Familie sind Spitzel ersten Ranges.
    Diese Erzählebene rund um Lorenzo und Daniele, sowie den zivilen Widerstand, den Lorenzos Familie leistet, geht unter die Haut. Die geschichtlichen Ereignisse werden dabei so unterschwellig eingeflochten, dass man als Leser gar nicht bemerkt, Geschichtsunterricht zu erhalten.
    Fazit:
    Ein beeindruckender historischer Roman aus einer der dunkelsten Epochen unserer Zeit. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
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  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    Nicoletta Giampietro - Niemand weiß, dass du hier bist
    Eine Geschichte über Freundschaft
    Mit "Niemand weiß, dass du hier bist" haben wir hier die Geschichte des jungen Lorenzo und gleichzeitig einen geschichtlichen Abriss der letzten Kriegsjahre des zweiten Weltkriegs im nördlichen Italien vor uns liegen. Dieser Roman ist in einer einfachen Sprache verfasst, ist also einfach zu lesen, spiegelt trotzdem die Geschehnisse in einer stark hinterfragenden und nicht wertenden Art wieder, lässt also dem Lesenden Zeit eigene Schlüsse zu ziehen. Dieses Buch hat einen sehr informativen Charakter und vermittelt in geschickter Form geschichtliches Wissen. Gleichzeitig wird dem Leser in der Geschichte gezeigt was Krieg und Verblendung mit den Menschen macht und welche Schäden angerichtet werden können, könnte dadurch und durch den recht einfachen Sprachaufbau ein den Geschichtsunterricht perfekt untermalendes Buch sein.
    In dem Roman wird die Geschichte des 12-jährigen Lorenzo erzählt, aus dem libyschen Tripolis kommend, wird er von seiner Mutter 1942 zu seinem Schutz in Siena bei seiner Tante Chiara und seinem Großvater einquartiert. Sein Mutter verlässt ihn wieder, um seinem in die Armee eingezogenen Vater zu helfen. Sein Vater hat in der Armee gedient und die Familie sind überzeugte Faschisten. Lorenzo freundet sich in Siena mit dem ebenfalls faschistischen Nachbarsjungen Franco an. In dem Roman werden die geschichtlichen Entwicklungen Italiens gut untergebracht und durch verschiedene Erlebnisse in der Schule und in der Stadt Siena, sowie die politische Entwicklung verändert sich die Figur des Lorenzo langsam und vor allem die Freundschaft zu einem weiteren Nachbarsjungen, Daniele, verwandelt die Haltung Lorenzos sehr nachhaltig.
    Weiterhin ist dieses Buch für mich eine Lehrstunde für menschliches Verhalten und menschliche Wandlungsfähigkeit, zeigt deutlich wie Menschen ticken. Dieses menschliche Verhalten schildert die Giampetro unterschwellig schon fast etwas boshaft, was mir sehr gefallen hat. Gleichzeitig kommen in dem Buch auch viele schon etwas philosophisch anmutende Gedanken zum Thema Leben zum Tragen, allerdings auch das etwas unterschwellig. Das Buch bringt in seiner Geschichte den Gedanken in den Fokus, welches Verhalten von Menschen richtig oder falsch sein könnte, regt ein Nachdenken des Lesers an. Und ein Nachdenken zum Thema Krieg und polemisierendem Verhalten kann ja nicht falsch sein.
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  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    Klappentext:
    Siena, 1942. Der zwölfjährige Lorenzo soll den Krieg bei seinem Großvater und seiner Tante überstehen. Noch ist es in der Toskana friedlich. Auf den weiten Plätzen der verwinkelten Stadt freundet er sich mit Franco an, der seine glühende Verehrung für den Duce teilt. Die Begeisterung bekommt erste Risse, als er Daniele kennenlernt. Daniele ist Jude. Als die Deutschen die Stadt besetzen und beginnen, jüdische Familien zu deportieren, kann Lorenzo nicht zusehen. Doch seine Entscheidung bringt nicht nur seine Freundschaft mit Franco in Gefahr, sondern auch seine Familie und ihn selbst.
    Autorin:
    Nicoletta Giampietro, geboren 1960, wuchs in Mailand in einer italienisch-französischen Familie auf. Sie studierte Politikwissenschaften und Geschichte in Mailand und Tübingen und zog 1986 endgültig nach Deutschland. Nach längeren Aufenthalten in Köln und Rotterdam lebt sie seit 1995 in Mainz. Sie spricht fünf Sprachen, ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. „Niemand weiß, dass du hier bist“ ist ihr erster Roman.
    Allgemeines:
    Erscheinungsdatum: 1. März 2019
    Seitenanzahl: 416
    Verlag: Piper
    Eigene Meinung:
    Es ist wieder ein Buch, was zur Zeit des zweiten Weltkrieges spielt, beziehungsweise auch in der Zeit davor. Das hat man schon oft gelesen, aber für mich war das Besondere sowohl die Tatsache, dass der Roman in Italien spielt, als auch der junge Protagonist.
    Italien ist faschistisch und den Kindern wird in der Schule schon beigebracht Mussolini zu verehren. Ich konnte mir das bisher so gar nicht vorstellen und war überrascht, wie „normal“ es für die Kinder dort beschrieben wurde. Auch Lorenzo ist nun in Siena in der Schule, als seine Mutter ihn dorthin geschickt hat, weil es in Tripolis zu gefährlich wurde.
    Mir hat außerordentlich gut gefallen, wie die Autorin Lorenzos Entwicklung und damit den inneren Zwiespalt darstellt. Er sieht Dinge, hinterfragt diese und verzweifelt, da er keine einfache Antwort darauf findet. Generell sind alle Protagonisten unheimlich mühevoll und sensibel ausgearbeitet.
    Es werden innerhalb des Romans mehrere Themen behandelt, nicht nur geht es um den Krieg und den Faschismus, es geht auch um die Juden, um die Folter, um das Überleben, aber auch um Hoffnung, Freundschaft und sich entwickelnde und verändernde Beziehungen.
    Fazit: Nicoletta Giampietro hat einen sehr einfühlsamen Roman über das Vor- und das Kriegsgeschehen in Italien verfasst, der mich besonders mit seiner sensiblen Schreibweise für sich eingenommen hat. Ein ganz wundervolles Debüt!
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  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    Klappentext von der Verlagsseite Eine große, hoffnungsvolle Geschichte über Mut und Freundschaften, die größer sind als jede Ideologie. Atmosphärisch, warm und voller erzählerischer Kraft.
    Siena, 1942. Der zwölfjährige Lorenzo soll den Krieg bei seinem Großvater und seiner Tante überstehen. Noch ist es in der Toskana friedlich. Auf den weiten Plätzen der verwinkelten Stadt freundet er sich mit Franco an, der seine glühende Verehrung für den Duce teilt. Die Begeisterung bekommt erste Risse, als er Daniele kennenlernt. Daniele ist Jude. Als die Deutschen die Stadt besetzen und beginnen, jüdische Familien zu deportieren, kann Lorenzo nicht zusehen. Doch seine Entscheidung bringt nicht nur seine Freundschaft mit Franco in Gefahr, sondern auch seine Familie und ihn selbst.
    Autoreninfo von der Verlagsseite: Nicoletta Giampietro, geboren 1960, wuchs in Mailand in einer italienisch-französischen Familie auf. Sie studierte Politikwissenschaften und Geschichte in Mailand und Tübingen und zog 1986 endgültig nach Deutschland. Nach längeren Aufenthalten in Köln und Rotterdam lebt sie seit 1995 in Mainz. Sie spricht fünf Sprachen, ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. „Niemand weiß, dass du hier bist“ ist ihr erster Roman.
    Erster Satz: Ich war seit einer Woche in Siena, als statt Mamma das Telegramm eintraf.
    Aufbau:
    "Niemand weiß, dass du da bist" enthält drei Teile mit insgesamt 34 Kapiteln, einem Kapitel mit "21 Jahre" später, Notizen zum Buch und einer Danksagung.
    Meinung: Was für ein Debütroman! Selten hat mich ein Buch schon mit der ersten Seite her von Sprache und Stil so gefesselt wie dieses hier. Jede Seite ein sprachlicher Leckerbissen. Die Geschichte um den zwölfjährigen Lorenzo ist wie ein Sog. Man taucht tief in ein Stück italienische Geschichte ein, von dem ich nicht viel wusste, und so sehr erpicht darauf war, mehr davon zu erfahren. Jede Zeile, jede Seite, jedes Kapitel zog mich tief in Lorenzos Gedankengänge, sein Wandel im Laufe der Geschichte vom jungen Bailila hinzu einen nachdenklichen jungen Mann, der im Laufe der letzten Kriegsjahre über sich hinaus wächst.
    Lorenzo, eigentlich in Tripolis lebend, wird von seinen Eltern nach Siena ins vermeintlich sichere Italien gebracht. Die mittelalterliche Stadt Siena ist Handlungsort der Geschichte um Lorenzo. Dort konzentriert Giampietro das gesamte Kriegsgeschehen und versucht so mithilfe ihres jungen Protagonisten ein Stück italienischer Kriegsgeschichte aufzuarbeiten. Sie lehnt sich da leicht an reale Personen an und arbeitet die historischen Begebenheiten, wie der Einmarsch der Mussolinis Sturz, Italiens Loslösung vom Deutschen Bündnis, der Einzug der Deutschen Wehrmacht in Siena und die Befreiuung Sienas durch die franzöische Armee, auf. Lorenzo erlebt dies alles hautnah mit und ist damit für den Leser das Verbindungsglied zur Geschichte. Sie beschreibt dabei alles so bildhaft, sodass ich ganz tief in die Geschichte eintauchen konnte.
    Neben dem Setting und der historischen Aufarbeitung stechen vor allem Giampietros Protagonisten heraus. Die überaus glaubwürdig und authentisch rüberkommen. Auf der einen Seite ist das Lorenzo, der zunächst geprägt durch seine faschistischen Eltern sehr nationalistisch denkt und handelt. Er kennt es nicht anders und glaubt an den Sieg Italiens und die damit für ihn verbundene Rückkehr nach Tripolis. Erst durch seine Tante Zia Chiara, die eine Gegenposition zu den faschistischen Gedanken Lorenzos Eltern einnimmt, erkennt Lorenzo nach und nach, was falsch läuft in Siena und in Italien. Verstärkt wird dies noch durch den jüdischen Jungen Daniele, dessen Eltern bei einer Säuberungsaktion der Schwarzhemden nach Deutschland ins Konzentrationslager gebracht werden. Mit Lorenzos Hilfe gelingt Daniele die Flucht vor der Säuberungsaktion. Durch Danieles Schicksal und seine damit verbundene Aufgabe hinterfragt Lorenzo immer mehr die Begebenheiten in Siena. Dadurch fällt es ihm auch immer schwerer mit seinen Jugendfreud und Nachbar Franco, der durch seinen Vater und Onkel sehr faschistisch geprägt wurde und absolut kriegsnärrisch ist, zurechtzukommen. Denn er darf nichts verraten, denn sowohl Zia Chiara, seine Tante als auch Daniele würden sonst in großer Gefahr schweben.
    Überhaupt gelingt es Nicoletta Giampietro all ihren Figuren Leben einzuhauchen, dabei spreche ich nicht nur von den drei Jungs, sondern auch den vielen Nebencharakteren. Sie sind alle so deutlich dargestellt, dass sie für mich fassbar wurden. Mit all ihren guten als auch schlechten Seiten. Im Laufe der Handlung, die vieles umfasst, ohne dabei den Spannungsbogen zu verlieren, gewinnt man sie lieb oder man fängt sie immer mehr an zu verachten.
    Dabei gelingt es ihr immer wieder mit ihren Sprachbildern die Stimmung in den Jahren einzufangen. Ich habe noch nie ein Buch gelesen, dass so deutlich das Leben in einer Stadt während des Krieges widerspiegelt wie "Niemand weiß, dass du hier bist". Ein Meisterwerk, das sowohl das Kriegsgeschehen, als auch die Empfindungen der Bürger, das Denunziantentum, die Partisanen, Mitläufer und Täter beleuchtet. Ohne dabei nur Fakten herunter zu beten, sondern diese in starke sprachliche Bilder wieder gibt, die mir auch heute noch drei Tage nach Beenden des Romans nachhängen. Bilder, die mir nicht mehr so schnell aus dem Kopf gehen und in mir nachklingen, die mich zum Nachdenken anregen und auch zeigen, dass nicht alle, die einer bösen oder guten Sache nachrennen es auch immer böse oder gut meinen. Sie zeigt mit ihren Sprachbildern so viele Facetten sowohl bei den Faschisten und Partisanen auf, die bei mir noch sehr lange nachklingen werden.
    Besonders schön und für mich, der gerne erfährt, wie es den Protagonisten später ergangen ist, ist das Kapitel "21 Jahre später", für mich bildet dies einen gekonnten Abschluss des Buchs. Ebenso die Notizen zum Buch, in denen Giampietro erzählt, welche historischen Begebenheiten und Orte, den Hintergrund zu ihrem Debütroman "Niemand weiß, dass du hier bist" bilden. Beides gehört für mich zu einem guten beziehungsweise sehr guten Einzelband dazu.
    Fazit Nicoletta Giampietros Debüt "Niemand weiß, dass du hier bist" ist ein sehr gelungener Roman über das Erwachsenwerden im Krieg, den für sich richtigen Weg finden und die Hoffnung nie zu verlieren. Mit einer bildhaften Sprache und historisch genau dargestellten Geschehen ist "Niemand weiß, dass du hier bist" ein Roman, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und den ich jeden ans Herz legen, der sich für Italien und "Wider des Vergessens" interessiert.
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  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    Autorin: Nicoletta Giampietro
    Titel: Niemand weiß, dass du hier bist
    Seiten: 416
    ISBN: 978-3-492-05918-3
    Verlag: Piper
    Autorin:
    Nicoletta Giampietro wurde 1960 in Mailand geboren und wuchs in einer italienisch-französischen Familie auf. Sie studierte nach der Schule Politikwissenschaften und geschichte in Mailand und Tübingen, zog 1986 nach Deutschland. Seit 1995 lebt sie in mainz, nach Stationen in Köln und Rotterdam. Sie spricht mehrere Sprachen. "Niemand weiß, dass du hier bist" ist ihr erster Roman.
    Inhalt:
    Der zwölfjährige Lorenzo soll bei seiner Tante in Siena unterkommen, bis der Krieg vorüber ist. Die Toskana gilt als sicher. Mit seinem neuen Freund Franco träumt Lorenzo vom glorreichen Triumph des faschistischen Italiens. Doch die Begegnung mit Daniele bringt seine Überzeugungen ins Wanken. Daniele ist Jude. Als die Stadt schließlich von den Deutschen besetzt wird, schweben er und seine Eltern in großer Gefahr. Und Lorenzo trifft eine folgenreiche Entscheidung. (Klappentext)
    Rezension:
    Es gibt Romane, deren Geschichten verschwinden, sobald man den Buchdeckel zugeklappt hat und andere, die bleiben und nachwirken. Zur letzteren Sorte gehört "Niemand weiß, dass du hier bist" von Nicoletta Giampietro. Das Debüt der italienischen Autorin erzählt die Geschichte des kleinen Lorenzo, der vor den Kriegswirren des Zweiten Weltkrieges in Afrika ins vermeintlich sichere Italien zu Verwandten gebracht wird und dort mit seinem neuen Freund Franco vom Siegeszug des Faschismus träumt. Zunächst ist alles noch aufregend, auch wenn erste Anzeichen von der Grausamkeit und Bedingungslosigkeit auch den Kinderaugen des Zwölfjährigen nicht entgehen. Jüdische Mitschüler verschwinden aus dem Unterricht, immer schwieriger wird es, an Lebensmittel zu kommen, die Tante eckt mit allzu freier Meinungsäußerung an.
    Im Szenario einer Kleinstadt, Siena, in der Toskana konzentrieren sich die Auswirkungen des Krieges. Viel packt die Autorin hinein. An historischen Gegebenheiten orierentierent, an realen Personen nur leicht angelehnt, hat sie einen Aufarbeitungsversuch eines Stückes italienischer Geschichte geschaffen, der fasst zu vergessen werden drohte.
    Zunächst die Protagonisten, in deren Zentrum der anfangs zwölfjährige Lorenzo steht. Aufgewachsen in Tripolis, ist er der wache Charakter, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Zugleich außenstehender Beobachter und Beteiligter trägt der Protagonist die Geschichte. detailliert zeigt die Autorin den Zwiespalt auf, in dem Lorenzo sich befindet, vor allem in den gegensätzlichen Freundschaften, einerseits zum gleichaltrigen Franco, dessen Familie vom Faschismus profitiert, er selbst ist ganz der Ideologie verfallen, andererseits im späteren Verlauf zu Daniele, der nur knapp dem Unheil der Deportation entgeht. Beide Freundschaften bringen Lorenzo, auf die eine oder andere Art und Weise, in Gefahr.
    Immer wieder fallen dabei bezeichnende Sätze, wie dieser:
    […]
    Die Geschichte entfaltet eine Sogwirkung, zunächst nur leicht, mit zunehmender Seitenzahl immer stärker, der man sich nicht entziehen kann. Dazu trägt ein kontinuierlicher Spannungsbogen bei und die Tatsache, dass die Autorin möglichst viele Themen gezielt untergebracht hat. Zwar nur haarscharf an der Überfrachtung vorbei, sind auch die Nebenfiguren so detailliert gezeichnet, dass sie fassbar werden, allen voran Figuren wie Matteo oder Zia Chiara, die durchaus zur Identifikation taugen. Lorenzo steht irgendwo dazwischen. Auch thematisch macht es Giampietro ihren Lesern nicht leicht. Geschont wird niemand.
    Es werden die Auswirkungen des Krieges auf den Alltag, das Denken und Handeln der Partisanen, der Mitläufer und der Täter behandelt, aber auch dort immer wieder gezeigt, dass jede Geschichte zwei seiten hat, eine großer Stärke des Romans, unterstützt durch sprachlich wunderbare Bilder.
    […]
    Geschichtliche Aufarbeitung kennen wir von deutscher, niederländischer oder von polnischer Seite, dieser Roman zeigt einen Versuch etwas Unfassbares fassbar zu machen aus italienischer Sicht. So gelungen, habe ich selten etwas gelesen und kann diesen Roman nur jeden Interessierten ans Herz legen. In klarer verständlicher Sprache und nicht allzu langen Kapiteln verfolgt die Autorin das Handeln ihres Protgonisten über mehrere Jahre, in denen Lorenzo einen Prozess des zu schnellen Erwachsenwerdens durchmachen muss. Leben, damit der andere überlebt, dabei einen klareren Blick bekommen. Vielleicht kann man es so zusammenfassen?
    Emotional, nicht kitschig, beschreibt die Autorin Lorenzos Weg und zeigt im Nachwort auf, welchen realen Gegebenheiten einzelne Elemente der Handlung und Beschreibungen entlehnt sind. Gerade dies macht "Niemand weiß, dass du da bist" zu einem unglaublich starken Roman, dessen Geschichte sich so oder ähnlich tatsächlich hätte abspielen können. Manche Szenen sind der Realität entlehnt.
    Wer diesen Roman liest, wird dies mit zunehmend offenen Mund tun und viel Stoff zum Nachdenken bekommen. Eine Geschichte mit Nachhall, die ihres Gleichen sucht, gegen das Vergessen und für das Erinnern. Eine unbedingte Empfehlung.
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  • Rezension zu Niemand weiß, dass du hier bist

    1942-1944. Der 12-jährige Lorenzo wird während des Zweiten Weltkrieges von seinen Eltern von der libyschen Stadt Tripolis zu Tante Chiara und dem Großvater ins toskanische Siena geschickt, um dort in Sicherheit das Ende des Krieges abzuwarten. Im Nachbarsjungen Franco findet er schnell einen Freund, mit dem er die Begeisterung zum Duce und dem Faschismus teilt, die sich Lorenzo von seinem eigenen Vater abgeschaut hat. Tante Chiara dagegen lehnt das System völlig ab. Als Lorenzo herausfindet, dass sein anderer Freund Daniele Jude ist ebenso wie Dottore Matteo, beginnt er, seine Einstellung zu überdenken. Dann marschieren die Deutschen in Italien ein und besetzen Siena, was Daniele und seine Familie in große Gefahr bringt, denn ab sofort sind Juden auch hier nichts mehr wert und die Familie soll nach Deutschland deportiert werden. Wird Lorenzo seine Freundschaft zu Daniele aufgeben? Wie wird Franco reagieren?
    Nicoletta Giampietro hat mit ihrem Buch „Niemand weiß, dass du hier bist“ einen wunderbaren und tiefgründigen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist leicht und flüssig, jedoch versteht es die Autorin meisterhaft, mit ihren Worten zu spielen und die jeweilige Stimmung und Atmosphäre einzufangen und dem Leser zu vermitteln. Schnell lässt man sich von der Geschichte einfangen und verfolgt die Geschichte von Lorenzo, seiner Freunden und seiner Familie. Die bildhaften Beschreibungen spiegeln das noch unbeschwerte toskanische Siena, die verwinkelten Gassen und das italienische Lebensgefühl wunderschön wieder. Doch zunehmend mit der Ankunft der Deutschen verdunkelt sich die Atmosphäre und wird immer bedrückender. Das zeigt sich an den sich ändernden Lebensumständen der Bevölkerung und dem unterschwellig geschürten Hass über die Juden wie in Deutschland. Der einfühlsame Erzählstil lässt den Leser die Gefühlswelt der Protagonisten wunderbar miterleben. Die Autorin hat eine sehr gute Hintergrundrecherche betrieben und die damalige politische Lage Italiens sehr gut mit ihrer Handlung verwoben. Sie weist große Ähnlichkeiten mit dem Nazi-Regime auf und macht auch deutlich, wie sehr die Menschen durch Propaganda manipuliert wurden. Umso erstaunlicher die Erkenntnis, dass die Faschisten von Hitler regelrecht überrannt und für ihre eigenen Zwecke benutzt wurden.
    Die Protagonisten sind sehr ausgewählt und detailliert gestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie besitzen Charakter, Individualität und wirken vor allem sehr lebendig. Der Leser kommt ihnen sehr nahe, kann mit ihnen leiden, fühlen, hoffen und bangen. Lorenzo ist ein Junge, der eigentlich seine Kindheit in allen Sinnen genießen sollte. Doch er muss einen Krieg miterleben und Entscheidungen treffen, die für ein Kind in seinem Alter eigentlich viel zu groß sind. Von der politischen Einstellung des Vaters geprägt, ist er erst voller Enthusiasmus für das faschistische Regime. Aber dann sieht er mit eigenen Augen, was dieser in seiner Umgebung anstellt und auch die vehemente Ablehnung seiner Tante gibt ihm zu denken. Der eventuelle Verlust seines besten Freundes spornt ihn an, sich Möglichkeiten auszudenken, ihn zu schützen. Er bleibt nicht untätig, sondern begibt sich in seinem kindlichen Eifer in Gefahr, zeigt Menschlichkeit und Mitgefühl. Das Kind Lorenzo wirkt oftmals wie ein Erwachsener hervorgerufen durch die damaligen Umstände. Tanta Chiara ist eine Seele von Mensch, die Ungerechtigkeiten nicht ausstehen kann. Sie verweigert sich selbst dem Faschismus, ihre Einstellung ist gefährlich, aber sehr verständlich. Ebenso überzeugen Daniele oder Franco und machen die Handlung rundum spannend und gleichzeitig berührend.
    „Niemand weiß, dass du hier bist“ ist ein rundum gelungenes Debüt, das man, einmal begonnen, kaum aus der Hand legen kann. Ein Jahreshighlight und mit einer absoluten Leseempfehlung verdient ausgestattet! Unbedingt lesen!!!
    Fesselnde
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Ausgaben von Niemand weiß, dass du hier bist

Hardcover

Seitenzahl: 416

E-Book

Seitenzahl: 417

Taschenbuch

Seitenzahl: 416

Besitzer des Buches 11

Update: