Ein Leben mehr

Buch von Jocelyne Saucier

Bewertungen

Ein Leben mehr wurde insgesamt 31 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Meinungen

  • Eine feine, wunderbare Erzählung, welche fast perfekt ist.

    serjena

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Ein Leben mehr

    Es ist eine faszinierend schlichte, andere Welt, die die namenlos bleibende Fotografin betritt, als sie in die tiefen Wälder Ontarios reist, um dort einen Mann namens Boychuck zu finden, der als Jugendlicher die furchtbaren Waldbrände überlebt hat und, inzwischen hochbetagt, immer noch in der Gegend leben soll. Sie trifft auf zwei weitere alte Männer, Tom und Charlie die in simplen Hütten mitten im Wald leben und übernachtet in einem mehr oder minder verlassenen Luxushotel, das einst in der Hoffnung auf Erschließung der Region und größere Reichtümer eröffnet wurde und jetzt nur noch den schwachen Abglanz verblasster Träume widerspiegelt. Fasziniert von den alten Herren, lässt sie sich deren Lebensgeschichten erzählen, porträtiert die knorrigen Gesichter und bekommt hautnah mit, wie eines Tages Marie-Desneige auftaucht, kaum jünger als Tom und Charlie, die zum ersten Mal in ihrem Leben auf eigenen Füßen stehen und etwas Neues anfangen will.
    Mit sparsamen, treffenden Worten entführt Jocelyne Saucier ihre Leser*innen in die urtümliche Umgebung der kanadischen Wälder und zeichnet die nicht immer schnurgeraden Lebenswege der kleinen Gemeinschaft nach, die sich dort zwischen Bäumen, Hütten, Angelschuppen und dem Fluss gebildet hat. Der stillen Schönheit der Natur in der Gegenwart stellt sie die eindrücklichen, aber nie voyeuristischen Bilder der grausamen Feuersbrünste gegenüber, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts dort mehrfach tobten, und die Legendenbildung, zu der es infolge der Brände kam: der blinde Junge, der tagelang umherirrte, die Mädchen auf dem Floß, die Kinder, die stundenlang im Fluss ausharrten und nur deshalb überlebten.
    Und auch über den Geschehnissen in der Gegenwart schwebt bei allem Realismus auch ein zart märchenhafter Hauch, insbesondere der zerbrechlichen Marie-Desneige haftet etwas Besonderes an, das bei stark auf dem Boden den Realität stehenden Leser*innen Fragen aufwerfen mag, aber gleichzeitig einen stillen Zauber ausübt, von dem man sich gerne erfassen lässt.
    Ein ungewöhnliches Buch, das mir sehr gut gefallen hat (bis auf die Szene mit
    Was den deutschen Titel angeht, muss ich meine Annahme von früher korrigieren. Er klingt zwar im Vergleich zum Originaltitel auf den ersten Blick etwas langweiliger, passt aber dennoch gut zu dem, was im Buch passiert.
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  • Rezension zu Ein Leben mehr

    Ein sehr schönes Werk!
    Einsiedlerisch leben drei alte Männer in den nordkanadischen Wäldern. Morgens essen sie Bratkartoffeln mit Speck, sie reden über den Tod, um ihn fern zu halten und leben ihre Freiheit. Sie möchten über ihr Leben – und über dessen Ende – selber bestimmen können. Versorgt werden sie von Bruno und Steve, die beide die Freiheit und das Verbotene lieben. Sie bringen den Alten regelmäßig Dinge, die sie brauchen, das Geld dafür nehmen sie aus dubiosen Geschäften.
    Tom, der jüngste der drei, hat struppiges Haar und einen massigen Körper und einen Blick, der sagt, dass er die Welt kennt und mehr als genug von ihr gesehen hat. Ihm wurde, genauso wie Charlie, ein zweites Leben geschenkt, als sie in die Wälder kamen. Am meisten zu erzählen gehabt, als eine neugierige Fotografin nördlich des 41. Breitengrades auftaucht und Fragen stellt, hätte Ted. Ted, damals unter dem Namen Boychuck bekannt, floh vor seinen Dämonen in den Wald, so heißt es. Er war einer der letzten Überlebenden des Großen Brandes von Matheson 1916. Die große und kräftige Fotografin interessiert sich für die Großen Brände und egal wen sie deswegen trifft, jeder erwähnt Boychuck.
    Doch, so erfährt die junge Fotografin, ist Ted kürzlich verstorben. Aber auch eine zweite Person stößt zu der kleinen Gemeinschaft am See: Eine 82jährige geheimnisvolle Dame namens Marie-Desneige.
    Während die Fotografin immer mehr Informationen rund um die Großen Brände sammelt und die alte Dame in der Gesellschaft der Einsiedler aufblüht und das erste Mal zu leben beginnt, verändern sich auch Charlie und Tom. Ihre einst so lockere und selbstbestimmte Art mit dem Tod umzugehen wird anders, und nach langer Zeit weichen die langen kalten Wintertage im Norden dem Erblühen von Liebe und Freiheit.
    Mir hat “Ein Leben mehr” sehr gefallen. Zum Einen sind die Charaktere äußerst interessant und derart realistisch gezeichnet, dass man sich die kleine Gemeinschaft irgendwo tief in den kanadischen Wäldern sehr gut vorzustellen vermag. Da wären zum Beispiel die alten Einsiedler, jeder auf seine Weise vor irgendetwas geflohen – die einen vor dem Tod, die anderen vor den Dämonen der Vergangenheit – leben sie zusammen und doch jeder für sich. Sie leben in und mit der Natur, fernab der Zivilisation. Oder Marie-Desneige die, trotz ihrer 82 Jahre, zuvor noch nie gelebt hat und nun wie ein zerbrechlicher kleiner Vogel langsam das Fliegen wagt. Natürlich darf man auch die Fotografin nicht außer Acht lassen, von der jeder gedacht hätte, sie würde nicht wieder in den Wald zurückkehren, da Boychuck verstorben ist und alle eines besseren belehrt. Aber auch Steve und Bruno, die die Alten unterstützen und das Verbotene lieben, sind, obgleich man nicht so viel über sie erfährt, sehr faszinierende Personen.
    Zum Anderen ist es die Sprache die einen tiefen Eindruck hinterlässt. Mit großer Leichtigkeit erzählt die Autorin von der frischen Liebe, die in späten Jahren erblüht und mit ruhigem Ton beschreibt sie die Vergangenheit der Alten, lässt den Leser in die Ruhe des Waldes eintauchen, während ihre Sprache bei den Passagen zu den Großen Bränden, wie das Feuer selbst, zu lodern scheint.
    Man fühlt sich immer in das Geschehen gezogen, auch wenn man dennoch eine Gewisse Distanz verspürt.
    Die Perspektive des Buches wechselt von Kapitel zu Kapitel, sodass der Erzähler immer ein anderer ist und auch die Zeit wechselt. Eigentlich mag ich solche Sprünge überhaupt nicht, doch lockern sie hier die Geschichte auf, geben Antworten auf aufkommende Fragen oder führen den Leser kurz in eine falsche Richtung. Außerdem macht es das Buch noch spannender.
    Des weiteren ist die Thematik der Großen Brände zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr schön angesprochen. Das Ganze wird dem Leser informativ wie auch emotional nahegebracht.
    Ein ganz besonderes Buch, welches nahegeht und mit seiner bezaubernden Sprache eine stimmungsvolle Atmosphäre schafft. Auf 192 Seiten kommt man den Charakteren und ihrer Art frei zu sein und mit dem Tod umzugehen sehr nah. Eine klare Leseempfehlung von mir!
    “Die Flucht in eine andere Welt rettete uns das Leben.” (S.114, Z.1,f.)
    5/5 Sterne
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  • Rezension zu Ein Leben mehr

    Meine Meinung:
    Das Leben, das Altern und der Tod
    Jocelyne Saucier erzählt hier von ganz eigenen/alten Menschen, die sich im Wald versteckt/sich zurückgezogen haben, um dort, abseits der Zivilisation, ihren Lebensabend zu verbringen. Die Rede ist von Charlie, Tom und es gab auch noch einen dritten Alten, Boychuck, aber der ist vor kurzem gestorben ...
    Wer sich nun fragt, wie man als über 90-Jähriger in einer Waldhütte auf Dauer überleben kann: es ist nämlich so, dass die Männer von jüngeren Freunden, die dubiose Geschäfte führen, Hilfe in Form von allem möglichen materiellen Zeug erhalten.
    ~ "Man ist frei, wenn man sich aussuchen kann, wie man lebt." ~
    (S. 7)
    Aber wer glaubt, dass das wohl nur eine ziemlich langweilige Geschichte über alte Männer, die im Wald auf ihr Ableben warten, ist, der irrt. Einer der Freunde bringt nämlich schon bald seine Tante, die alte Dame, oder Marie-Desneige, wie sie schon bald genannt wird, mit in den Wald. Die alte Dame hat eine ein wenig traurige Lebensgeschichte hinter sich und je mehr man von ihr erfährt und man mitbekommt, wie sie im Wald und allen voran bei Charlie, aufblüht, desto mehr wünscht man sich, man hätte sie schon eher aus der Zivilisation in die wilde Natur, zu den Alten gebracht.
    Und dann gibt es da noch die Fotografin, eine plötzlich auftauchende, jüngere Besucherin, die sich erstens für alte Menschen, von denen sie Fotos schießen kann und zweitens für den toten Boychuck, der der letzte Überlebende vom großen Brand in Matheson gewesen sein soll, interessiert.
    ~ Die beiden Einsiedler waren ganz besondere Exemplare in ihrer Sammlung alter Leute. ~
    (S. 86)
    Aber dass die Fotografin gar nicht mehr gehen will bzw. immer wieder kommt, damit hat niemand gerechnet. Ich auch nicht. Aber nicht, weil ich die Idee, in einer Hütte im Wald zu leben, schrecklich finde, sondern eher, weil diese alten Menschen in den Wald gegangen sind um dort ihr restliches Leben bis zu ihrem Tod zu genießen und die Fotografin da eben irgendwie ... nicht reinpasst.
    Marie-Desneige ist ein ganz besonderer Charakter. Als zartes, zerbrechliches Vögelchen wird sie von der Autorin dargestellt und es war sehr schön, zu lesen, dass für sie nun, bei Charlie im Wald, ihr Leben erst richtig beginnt ...
    ~ Keiner von uns will sterben, fügte Charlie hastig hinzu, aber es hat auch niemand Lust auf ein Leben, das einem nicht mehr gehört. ~
    (S. 106)
    Auch die Liebe bekommt in diesem Buch noch ihren Platz, sie muss erst vielleicht noch ein bisschen warten, aber dann, dann kommt sie, zeigt den Charakteren, wie es mit ihr sein kann und lässt ein Gefühl zurück, das sich anfühlt, als hätte man ein Leben mehr ...
    4 !
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  • Rezension zu Ein Leben mehr

    Ich habe das Buch gestern beendet. Meine Erwartungen waren wohl zu hoch, ich bin ziemlich enttäuscht Das Buch ist wirklich wunderschön geschrieben. Die Figuren sind alle vom Leben gebeutelt und bauen sich eine neue Existenz in den Wäldern auf. Das Raue aber auch die Ruhe der Natur spiegelt sich in ihnen wieder. Für solche Charaktere hatte ich schon immer eine Schwäche
    Dann taucht Marie-Desneiges auf und bringt die eingeschworene Gemeinschaft gehörig durcheinander. Und genau ab diesem Zeitpunkt geht es für mich mit der Geschichte bergab. Dann geht es wirklich mehr in Richtung Liebesgeschichte. Sie kriegt ein Häuschen mit allem, was sie sich wünschen kann und natürlich ist es sie, die Boychucks Werdegang entschlüsselt und natürlich ist sie es, die Boychucks Charakter erkennt.
    Mein Ärger gilt nicht der Person an sich, sondern eher der Rolle, die ihr zugedacht wurde. Ein bisschen sehr utopisch angelegt und somit für mich leider etwas realitätsfern.
    Ich habe auch nicht verstanden, warum
    Fazit:
    Ein starker Anfang, dann nimmt die Geschichte eine Wendung und meine Faszination bricht ein Leider nur
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  • Rezension zu Ein Leben mehr

    Original : Französisch (Quebec/Canada, 2011)
    INHALT :
    1996 : Eine Photographin ist unterwegs in den weiten Wäldern Kanadas und sucht Edward (oder auch Ted, Ed) Boychuck, einen der letzten Zeitzeugen der Großen Feuer der Jahre 1911-16. Zu spät : als sie in einer abgelegenen Gegend mit drei Baracken ankommt, war er gerade die Woche vorher hochbetagt gestorben. Die beiden anderen ebenfalls weit über achtzigjährigen Waldkäuze Charles und Tom zeigen sich eher unbeeindruckt vom Tode ihres Kumpels, machen über den Tod eher ihre Witze, empfinden sichtbar das Erscheinen der namenlos bleibenden Photographin als Störung. Was ist hier aber wirklich passiert ? Was hat sie hierher geführt ?
    Später taucht auch noch eine alte Dame auf, die Tante eines Mittelmannes zwischen Außenwelt und der Waldsiedlung. Die beiden Frauen bringen die alten Regeln und die Waldgemeinschaft durcheinander. Und eine (?) Liebesgeschichte der besonderen Art entsteht
    GLIEDERUNG
    Die verschiedenen Kapitel werden – in meiner französischen Ausgabe – eingeführt durch so was wie panoramahafte, kursiv gedruckte Überblicke. Die ersten drei Abschnitte werden in der Ich-Erzählung von drei verschiedenen Akteuren die Handlung und ihre Sicht der Dinge, ihr Kennen der « Alten », erzählt : die Photographin, dann zweie der Mittelsmänner (Bruno und Steve), die Brückenfunktion zur Außenwelt haben. Im Anschluß dann ein allwissender Ich-Erzähler, der in verschiedenen Etappen, teils chronologisch, teils in der Rückschau, Elemente preisgibt.
    BEMERKUNGEN :
    1996 ist Tom 86 und Charles schon 89. Mit Ed waren sie mehr oder weniger lang in dieser Abgeschiedenheit und da muss schon was dahinterstecken. Ed war wohl der erste gewesen : er hatte - was öfter als eins der Zentralmotive wiederkommt – das große Feuer von Matheson 1916 überlebt, zog sich viel später hier zurück und arbeitete monatelang an seinen Bildern.
    Was ist wohl bei ihnen allen passiert ? Woher das anfängliche Mißtrauen gegenüber der Neuen ? Die Story gibt es nach und nach preis. Und führt uns, meines Erachtens oft auf leicht falsche Fährten. Darin ähnelt es nahezu einem Thriller, denn anfangs liegt fast was Dunkles, Unheimliches in der Luft.
    Doch im Laufe der Geschichte - insbesondere durch das Eintreffen und der Seßhaftigkeitwerdung von Gertrude, die über 60 Jahre in einem « Irrenhaus » interniert worden war und nun auf der Flucht ist - werden die ganzen Gewohnheiten dieser Männer durcheinandergeworfen, andere Gefühle geweckt und Leben in die Bude gebracht. Immer wieder geht es in dieser Geschichte um Freiheit. Wovon ? Wofür ? Und um das Altern, die Würde und den Tod...
    Manche Andeutung falscher Pisten führte mich in die Irre und ließ mich fragend zurück, als ob kleine Ecken und Widerhaken eingebaut worden wären und die Autorin sich von verschiedenen Genres versuchen läßt? Aber geschieht vielleicht ganz recht ! Ein guter Roman, eine zarte Liebesgeschichte, aber auch ein Zeitzeugnis über die Schrecken der Großen Feuer, die zwischen 1911 und 1916 weite Teile des Nordens von Ontario zerstört hatten. Und so manche Überlegung über das Altern...
    Sicherlich ein gutes Buch für viele Büchertreffler!
    AUTORIN :
    Jocelyne Saucier ist eine kanadische Schriftstellerin französischer Sprache. Sie wurde 1948 in Clair/Nouveau-Brunswick geboren und studierte zunächst Politikwissenschaften an der Universität Laval. Danach schlug sie eine Laufbahn als Journalistin ein und veröffentlichte seit 1996 vier Romane, die alle in Quebec angesiedelt sind. Allein der hier vorgestellte Roman erhielt ua folgende Auszeichnungen : Prix des cinq continents de la francophonie, Prix littéraire des collégiens, Prix France-Québec und den Prix Ringuet.
    Zahlreiche weitere Auszeichnungen.
    Détails sur le produit
    Broché: 208 pages
    Editeur : Denoël (22 août 2013)
    Collection : Romans français
    Langue : Français
    ISBN-10: 2207116107
    ISBN-13: 978-2207116104
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Ausgaben von Ein Leben mehr

Taschenbuch

Seitenzahl: 192

Hardcover

Seitenzahl: 192

E-Book

Seitenzahl: 193

Ein Leben mehr in anderen Sprachen

  • Deutsch: Ein Leben mehr (Details)
  • Englisch: And the Birds Rained Down (Details)
  • Französisch: Il pleuvait des oiseaux (Details)

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