Amy Bloom - Die unglaubliche Reise der Lillian Leyb / Away

  • Klappentext:
    Lillian Leyb ist Mitte zwanzig, als sie ihren russischen Heimatort verlässt, um in Amerika Fuß zu fassen. Sie ist einem schrecklichen Massaker an der jüdischen Bevölkerung entflohen. In New York wird die Lower East Side zu ihrem neuen Zuhause, und das Schicksal scheint es gut mit ihr zu meinen - bis sie erfährt, dass ihre totgeglaubte Tochter vielleicht noch am Leben ist.
    Als Lillian 1924 in New York ankommt, will sie es schaffen in diesem neuen, verheißungsvollen Land. Schon bald hat sie nicht nur eine Arbeit als Näherin, sondern auch einen vermögenden Liebhaber. Da steht eines Tage eine Verwandte vor ihrer Tür und behauptet, Lillians Tochter habe das Massaker in Russland überlebt und sei möglicherweise nach Sibirien gebracht worden. Von da an gibt es für Lillian kein Halten mehr. Wider alle Vernunft verlässt sie New York und macht sich völlig mittellos auf eine abenteuerliche Reise. Quer durch Nordamerika, entlang dem legendären Yukon Telegraph Trail, reist sie unbeirrt ihrem Ziel, Sibirien, entgegen.
    – (Von der Hoffmann und Campe-Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Amy Bloom, geboren 1953, hat bereits mehrere Romane und Erzählungen veröffentlicht. Bloom schreibt unter anderem für den New Yorker, The New York Times, The Atlantic Monthly und Vogue. Sie lehrt an der Yale University Creative Writing. – (Von der Hoffmann und Campe-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Away
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Adelheid Dormagen
    Gekürzte Lesung
    6CDs, 456 Minuten
    Sprecherin: Marina Köhler


    Meine Meinung:
    Lillians gesamte Familie, ihre Eltern und ihr Mann, sind bei einem antisemitischen Massaker in ihrer russischen Heimat umgebracht worden. Bevor ihr etwas geschehen würde, hatte Lillian ihre Tochter Sophie in die Scheune geschickt, fand sie aber später nicht mehr. Dass Sophie nicht überlebt hat, scheint sicher, nachdem Lillian etliche Monate später immer noch kein Lebenszeichen hat. Sie wandert nach Amerika aus, beginnt in Armut und als Näherin, bis sie einen reichen Mann trifft, dessen Geliebte sie wird. Und zugleich die Geliebte von dessen Vater.
    Von einer Cousine, die nach Amerika nachkommt, erfährt Lillian, dass Sophie angeblich leben soll, und sie macht sich auf quer durch Amerika; sie hat vor, in Kanada über den Yukon zur Beringstraße und anschließend weiter nach Sibirien zu kommen, mit ein paar Dollar in der Tasche und einem Ranzen mit wenigen Kleidern.


    Ein Buch, das eher zum Genre des Abenteuer-, als des Entwicklungsromans gehört, denn das Augenmerk liegt hauptsächlich auf der Handlung und den Ereignissen. Ein Abenteuerbuch mit einer weiblichen Protagonistin, das ist die seltenere Variante.
    Trotz der schrecklichen Gewalt, die ihr widerfährt, und ihrer Sehnsucht nach der Tochter bleibt Lillian dem Leser ein Stück weit fremd, und die Distanz wird auch nicht überbrückt, wenn man ihr quer durch den Kontinent und durch die Gefahren von Wetter, Wegstrecke und Mitmenschen folgt.


    Durch ein eigenartiges stilistisches Vorgehen fällt sich die Autorin selbst in den Rücken und nimmt ihrer Geschichte die Spannung: In Vorausschau erzählt sie von verschiedenen Personen, die Lillians Weg kreuzen, auch wichtigen Personen, und der letzte Teil ihres Lebens wirkt als Zeitraffung weit weg und völlig uninteressant, so, als handle er von einer bedeutungslosen Nebenfigur.


    Weil ich meistens Bücher ein paar Jahre nach dem Lesen höre, achte ich weniger darauf, ob sie gekürzt sind oder nicht. Aber dieses Buch hatte ich aus der Bücherei mitgenommen und gehört ohne es zu kennen. Die Kürzungen haben mich sehr gestört, weil sie sinnentstellend sind oder die Handlung entscheidend unterbrechen. Vermutlich muss ich, wie in einem ähnlichen Fall, das Printbuch irgendwann lesen.


    Es ist vor allem der ausgezeichneten Sprecherin Marina Köhler zu verdanken, dass ich nicht abgebrochen habe, als mich die Kürzungen mehr und mehr irritierten. Sie liest gleichbleibend ruhig ohne dieses nervige Verstellen der Stimme; dennoch hat man keine Probleme, den Dialogen zu folgen.


    Ein Buch zur Unterhaltung zwischendurch. Aber: Als Printversion.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)