Katharina Münz - Die 13. Jungfrau

  • Als rechtlose Bastardtochter seiner dänischen Sklavin geboren, erhält Melwyn dank des geschickten Schachzugs ihres adeligen Vaters die Möglichkeit zu einem ungeahnten sozialen Aufstieg: Im Gefolge einer kornischen Fürstentochter, die in Flandern eine arrangierte Ehe eingehen soll um eine Allianz gegen die allgegenwärtigen Wikingerüberfälle zu schmieden, ist überraschend ein Platz frei geworden. Melwyn tritt als Beschützerin ihrer rechtmäßig geborenen jüngeren Halbschwester eine Reise an, die sich schon bald ganz anders entwickelt als gedacht und Melwyn an Orte führt, von denen sie noch nie gehört hat - und tiefer zurück in die Vergangenheit, als sie je zu träumen wagte ...


    Textprobe:



    Ein lautes Platschen lässt mich aufsehen, und ich bekomme gerade noch mit, dass die Seeleute die Eingeweide über Bord werfen.
    Wie ein Opfer für einen wütenden Meeresgott, schießt es mir durch den Kopf. Ich schlucke ein schrilles Lachen hinunter, das aus meiner Kehle dringen will, und taste nach Mutters Amulett. Was, wenn es ihre Götter doch gibt? Wenn sie hier draußen auf dem Meer Macht besitzen und sich Sankt Silyens Wirken nur auf Luxulyan beschränkt?
    Woher soll ich das wissen? Ich war ja nie weiter von zu Hause weg, als dass ich den Turm der Burg noch sehen konnte. Und bei den Predigten des Priesters habe ich nie richtig zugehört …
    Ich schlage meine Hand vor den Mund. Was denke ich da? Oh Sankt Silyen, verzeih! Nie wollte ich an deiner Stärke zweifeln. Schnell stopfe ich den Anhänger unter meine klammen Kleider und spüre dem Frösteln nach, das die Berührung des eisigen Metalls auf meiner Haut auslöst.
    Der Anführer von Eluids Kämpfern tritt zu mir. »Geh besser unter Deck. Da hinten braut sich wieder etwas zusammen.«
    Ich nicke, wende mich im Fortgehen um. »Weißt du, wo wir sind?«
    Mit einem Kopfschütteln winkt Kevern dem Schiffsführer.
    Der sieht auf seine Frage hin hoch in den Himmel. »Irgendwo östlich von Ostanglien. Der Sturm kam aus Südwest.« Er kratzt sich hinterm Ohr. »Feststellen, wo genau wir sind, kann ich erst, wenn die Sonne herauskommt. Wenn wir Pech haben, treiben wir mit der nächsten Sturmfront weiter in den Norden ab.«
    »Treiben? Können die beiden uns denn nicht lenken?« Mit der Rechten deute ich auf die Steuermänner.
    »Nur wenig. Ohne Segel können wir nicht kreuzen, sind der Richtung der Wellen und des Windes ausgeliefert. Wir werden versuchen, ein Notrigg aufzubauen und das verkleinerte Behelfssegel zu setzen. Aber ob wir damit kreuzen können?« Er verzieht sein Gesicht.
    »Und was heißt das?« Ich halte die Luft an. Oh Sankt Silyen, vergiss meine Zweifel – hilf!
    »Solange es uns nicht weiter nördlich als Grimsby verschlägt, können wir einen Westwind zur Küste Frieslands nutzen.«
    »Und dort finden wir Sicherheit?« Ich schäme mich für das Flehen in meiner Stimme in dem Augenblick, als ich damit herausplatze.


    ›Die 13. Jungfrau‹ war mein Debüt, es erschien nach einer turbulenten Entstehungsgeschichte als E-Book im November 2015 und bildete den Auftakt zu den romantischen Fantasyromanen, die ich unter dem Label ›Edition Wikinger im Herzen‹ schreibe.


    Die Idee für das Buch entwickelte sich in meinem Unterbewusstsein, nachdem ich einen sehr interessanten Zeitungsartikel mit einer Neuinterpretation der Kölner Sankt-Ursula-Legende gelesen hatte, der die sagenhaften Geschehnisse in die Zeit der Wikingerüberfälle auf das Rheinland verortete.


    Besonders gefesselt hat mich die Formulierung in jenem Artikel, ›die Stadtheilige mit ihren elf Ehrenjungfern‹. Wieso elf Begleiterinnen, fragte ich mich spontan. Egal ob Jesus' Jünger, die Ritter der Tafelrunde, zu Schwänen verwandelte Brüder einer Prinzessin im Märchen - ist es normalerweise nicht immer komplettes Dutzend, das sich um eine höhergestellte Persönlichkeit schart? Und wenn die jungfräuliche Fürstentochter ganz standesgemäß mit 12 Ehrenjungfern aufgebrochen war - was wurde dann aus der 13. Jungfrau, wenn nur ein Dutzend Mädchen gefunden wurde?


    Diese Gedanken haben mich bis in den Schlaf verfolgt, und im Traum erlebte ich dann das, was im Buch zur Wendepunktszene wurde, derart lebendig und realitätsnah, dass ich, nachdem ich schweißüberströmt aufgewacht war, mir das Ganze eher zu therapeutischen Zwecken vom Leib schrieb.


    Aber dann, als ich es mit ein bisschen Abstand las, war ich fasziniert davon, wie sehr der Text dank der intuitiv gewählten Ich-Perspektive und des Präsens geradewegs in den Kopf meiner Protagonistin ›beamte‹. Zuvor hatte ich einige Erfahrung mit Texten gesammelt, die ganz typisch für das historische Genre, in einer eher distanzierten personalen Perspektive und in der Vergangenheitsform gehalten waren. Das kleine Stück las sich aber viel unmittelbarer und lebendiger. Der Meinung war auch eine ebenfalls schreibende Bekannte, der ich das Fragment zum Testlesen gab.


    Ich baute dann ein Arbeitsexposé rund um den vorhandenen Wendepunkt und ging daran, das auszuarbeiten.
    Der Werdegang dieses Buchs war sehr spannend und überaus rasant.
    Nachdem ich die Szene Ende Januar 2015 geträumt hatte, konnte ich das vollendete und überarbeitete Manuskript bereits im Juni des gleichen Jahres an den ersten Verlag schicken, und wie eingangs erwähnt, erschien es dann im November, gerade mal 10 Monate später, als E-Book.


    Besonders stolz bin ich aber auf diese - leicht überarbeitete - Taschenbuchversion, die ich, nachdem die Printrechte an mich zurückgefallen waren, im August diesen Jahres veröffentlicht habe.


    ›Die 13. Jungfrau‹ ist, nach dem Prequel ›Weihnachten auf Luxulyan‹, das ich bereits vorgestellt habe, und dem abschließenden 3. Teil ›Falkenherz - Bewährung der Schildmaid‹ Teil der ›Schildmaid-Saga‹.
    Hierbei ist jeder Teil auch für sich einzeln lesbar, darauf habe ich extra durch entsprechende Testleser geachtet.



    Herzliche Grüße!
    Katharina Münz