Bernhard Schlink - Olga

  • Olga beobachtet und Herbert rennt
    »Sie macht keine Mühe, am liebsten steht sie und schaut.« So lautet der erste Satz. Und er beschreibt Olga außerordentlich gut.


    Das Mädchen Olga beobachtet, um zu verstehen. Von der Nachbarin lernt es lesen und schreiben noch bevor es in die Schule kommt. Olga wächst in Armut auf. Ihre Eltern versterben früh. Die Mutter ihres Vaters nimmt sie zu sich nach Pommern, wird ihr jedoch nie zur Großmutter, von der Olga Freundlichkeit und Liebe erfahren kann. Es ist die Zeit des Deutschen Kaiserreichs. Olga ist wissensbegierig, sie saugt alles ein, was ihren Horizont erweitert. Ihr ist bewusst, dass ihr nur Bildung zu einem besseren Leben verhelfen kann. Sie befreundet sich mit Herbert und Viktoria, den Kindern des Gutsbesitzers. Die beiden brauchen eigentlich niemanden. Zu Olga lassen sie sich jedoch herab, denn sie ist anders, als die anderen Kinder.


    Während Olga verharrt und beobachtet, rennt Herbert durchs Leben. Er liebt es zu laufen, immer schneller und schneller. Herbert und Olga verlieben sich ineinander, was natürlich nicht geht, weil nicht standesgemäß. Olga erkämpft sich trotz aller Widrigkeiten eine Ausbildung zur Lehrerin. Herbert liebt das Abenteuer, ihn zieht es in die Ferne. Von einer Expedition zur Arktis kehrt er nicht wieder zurück.


    Der Roman gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil erzählt Olgas und Herberts Lebens- und Liebesgeschichte. Der zweite Teil wird aus der Sicht des jungen Ferdinand erzählt. Es ist die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Olga hat ihr Gehör verloren, liest von den Lippen ab. Sie muss ihren Beruf als Lehrerin aufgeben und verdient sich nun durch Näharbeiten ihren Lebensunterhalt, auch bei Ferdinands Familie. Im dritten Teil wird es noch einmal richtig spannend. Er besteht aus den Briefen, die Olga ihrem vermissten Geliebten nach Tromso geschickt hat.


    Mir gefällt die Hauptprotagonistin sehr. Olga ist eine starke Frau. Sie weiß was sie will und geht ihren Weg trotz aller Widerstände. Herbert dagegen ist ein Gutsbesitzersohn, dessen Weg eigentlich vorbestimmt ist, den er jedoch ablehnt. Er möchte sein eigenes Ding machen. Seine Sehnsucht ist die Weite, das Nichts. Er will sich im Nichts verlieren. Olga sagt später zu Ferdinand: „In ihm rannte es, und ich musste daneben herrennen.“


    Der Roman liest sich leicht und flüssig. Ich habe ihn gerne gelesen. Er hat mich berührt und zum Nachdenken gebracht. Stimmung und Zeitgeist kamen sehr gut rüber. Mein Lieblingszitat von Olga lautet: „Du kannst aus dem, was dir gegeben ist, nicht das Beste machen, wenn du es nicht annimmst.“ Wie wahr.


    Fazit: Kein leichtes Lesefutter, eher ein Roman für Leser, die gute Lektüre bevorzugen.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • eher ein Roman für Leser, die gute Lektüre bevorzugen

    Sollte Schlink endlich wieder ein lesenswertes Buch gelungen sein? :scratch: Nach dem erstklassigen "Der Vorleser" hat er meiner Meinung nach nur noch mittelmäßige, teilweise äußerst langweilige Erzählbände und Romane veröffentlicht.


    Wenn ich in der Bücherei zufällig darauf stoße, sehe ich es mir an.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Kein leichtes Lesefutter, eher ein Roman für Leser, die gute Lektüre bevorzugen.

    Danke für die schöne Vorstellung, es klingt alles in allem sehr gut, ... aber gebranntes Kind scheut das Feuer. :cry: Dennoch würde ich mich freuen, wenn Bernhard Schlink wieder ein halbwegs großer Wurf gelungen wäre.

    Nach dem erstklassigen "Der Vorleser" hat er meiner Meinung nach nur noch mittelmäßige, teilweise äußerst langweilige Erzählbände und Romane veröffentlicht.

    Deiner Meinung kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.
    Voller Grauen denke ich dabei an "Das Wochenende", das ich nach "Der Vorleser" voller Freude aufgeschlagen habe ... :shock:

    Wenn ich in der Bücherei zufällig darauf stoße, sehe ich es mir an.

    Ja, so halte ich es mit diesem Autor auch. Aber manchmal geschehen ja doch noch Zeichen und Wunder - und zumindest zu Weihnachten sollten wir daran glauben, liebe Marie :wink: !

  • Ein guter Anfang und ein gutes Ende machen noch lange kein gutes Buch

    "Olga", das neue Werk von Bernhard Schlink, zeigt die Lebensgeschichte einer Frau auf, die sich über beinahe hundert Jahre erstreckt.
    Olga, das arme Mädchen, das am liebsten steht und schaut, und Herbert, der reiche Junge, der am liebsten rennt und sich nicht aufhalten lassen will, lernen sich Ende des 19. Jahrhunderts im Grenzgebiet zwischen Preußen und Polen kennen und lieben. Doch während Olga klare Vorstellungen von ihrem Leben hat, scheint Herbert rastlos und unstet. Er flieht vor sich und der Welt und unternimmt Reisen und Expeditionen mit Folgen - von einer kehrt er nicht mehr zurück. Olga, allein gelassen, verdient ihren Lebensunterhalt zunächst als Lehrerin, dann als Näherin, übersteht zwei Weltkriege, Flucht und Krankheit und gibt die Hoffnung nicht auf, ihr Geliebter kehre irgendwann zurück.


    Der Roman gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil umfasst den Beginn der ungewöhnlichen Liebesbeziehung; im zweiten wechselt die Erzählperspektive zu Ferdinand, dem Sohn des Haushalts, in dem Olga später als Näherin arbeitet; der dritte enthält Briefe, die Olga an den verschollenen Herbert adressiert hat.


    Bernhard Schlink schreibt und beschreibt pragmatisch, ruhig und leise. Seine Sprache und die versteckten, fast philosophischen Botschaften zwischen den Zeilen machen Spaß am Lesen. Dennoch habe ich im Laufe der Erzählung, in der man als Leser von einem geschichtlichen Ereignis zum nächsten gehetzt wird, vor allem Tiefgang und Emotionalität vermisst, die eigentlich erst im letzten Drittel des Buches zu spüren sind. Besonders schwer habe ich mir mit dem mittleren Abschnitt getan, in dem der nach meinem Empfinden zu blasse Ferdinand versucht, seine Freundschaft zu Olga darzustellen und Olga's Leben im Nachhinein zu beleuchten, und dies auf in meinen Augen wenig fesselnde Art.
    Olga hat für mich als Hauptfigur erst am Ende Kontur und Gesicht bekommen, bis dahin ist sie mir unnahbar und fremd geblieben, ebenso wie Herbert, der mich überhaupt nicht mitnehmen konnte.


    Die Handlung wirkt durchdacht und schlüssig, bietet einige Überraschungen und klärt offene Fragen zuletzt. Auch der Aufbau der Geschichte ist nicht uninteressant. Doch insgesamt betrachtet konnte mich "Olga" von Bernhard Schlink nicht restlos begeistern, dafür waren mir der Gang durchs Jahrhundert zu oberflächlich und das Personal zu kalt. "Mehr" vom Anfang und Ende hätte mir besser gefallen.

  • Wie fett im Rezensionsexemplar drinnen steht, soll man das Buch NICHT vor Veröffentlichung besprechen.
    Finde ich, ehrlich gesagt, unmöglich, sich nicht an die Angaben des Verlages zu halten.

    Das steht nicht immer dabei und viele darf man schon früher rezensieren auch wenn Anderen Fristen gesetzt werden.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Ich habe das Buch ja selbst von vorablesen bekommen und es steht gleich vorne auf der ersten Seite.

    vielleicht haben sie es direkt vom Verlag erhalten und nicht bei allen sind Fristen vorgegeben

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Empfehlenswert


    Ich finde die Geschichte Empfehlenswert. Bernhard Schlink hat einen wunderbaren Erzählstil den ich sehr mag, schlicht und ohne überflüssige Worte.
    Es geht von Anfang an sehr rasch voran ohne kurzweilige Stellen, die Geschichte startet mit Olgas Kindheit - diese Kindheit ist alles andere wie eine "normale" oder "typische Kindheit. Recht bald kommt dann auch schon der Mann Herbert ins Spiel.
    Dank des flüssigen Schreibstils fliegt man nur so über die Seiten.
    Ein toller Roman voller Melancholie, der die damalige Zeit vermittelt.

  • Olga
    Autor: Bernhard Schlink
    Verlag: Diogenes (12.01.18) *
    ISBN-10: 3257070152
    Seiten: 320


    Inhalt:
    Olga wächst im frühen 19. Jahrhundert bei ihrer Großmutter in Tilsit, Ostpreußen auf.
    Sie lebt in ärmlichen Verhältnissen und ihre Großmutter ist ihr nicht sehr wohlgesonnen. Olga lernt für ihr Leben gerne, ist wissbegierig und aufgeschlossen.
    Da sie als Mädchen nicht gefördert wird, bringt sie sich alles selber bei.


    Ihr bester Freund Herbert dagegen wächst sehr betucht auf.
    Olga verbringt ihre Kindheit mit Herbert und dessen Schwester Viktoria.
    Doch als Viktoria mit 17 aus einem Mädchenpensionat zurück kommt, fängt sie an, gegen Olga zu intrigieren, da diese nicht ihrer Gesellschaftsschicht angehört.
    Doch Herbert und Olga lieben sich.
    Olga wird Lehrerin und Herbert zieht es hinaus in die Welt. Doch immer wenn er zurück kommt, verbringt er die meiste Zeit mit Olga.
    Eigentlich soll er die Fabrik seines Vaters übernehmen, doch so lange seine Eltern Olga nicht anerkennen, ist er dem nicht gewillt.
    Kurz vor dem zweiten Weltkrieg trifft er eine folgenschwere Entscheidung.


    Das Buch ist in drei Teile eingeteilt.
    Der erste erzählt die Geschichte von Olga und Herbert.
    Der zweite Teil wird aus der Perspektive des Jungen Ferdinands (und später des Erwachsenen) erzählt, in dessen Familie Olga nach dem 2. Weltkrieg arbeitete und zu dem sie eine enge Beziehung entwickelte.
    Den dritten Teil kann ich Euch nicht nennen, um nicht zu Spoilern.


    Meine Meinung:
    Das Buch schildert ein ganzes Jahrhundert Menschheitsgeschichte und das ganz unauffällig nebenbei. Erzählt von der Kolonialzeit und dem deutschen Völkermord an den Hereros. Dabei ist Olga immer die politisch linke Stimme. Und es kann einem manchmal schon übel werden, wenn man liest, wie die Deutschen über die Hereros dachten.


    Dabei fand ich besonders beeindruckend, wie stark Olga war. Als sie keinen Förderer für die Oberschule fand, weil Mädchen schließlich eh heiraten und deswegen keine Ausbildung brauchen, brachte sie sich den ganzen Stoff selber bei, um schließlich aufs Lehrerseminar gehen zu können.
    Sie ließ Herbert seine Freiheit und drängte ihn nie.
    Im dritten Teil wird noch deutlicher, was sie in dieser Zeit geleistet hat.


    Kolonialzeit, zwei Weltkriege, Weimarer Republik, wo sie auch politisch aktiv war. Vertreibung aus Preußen, als die Russen kamen. Später erlebt sie durch Ferdinand,
    die Studentenrevolution in den 68ern.


    Leider hat mir ein bisschen die Tiefe gefehlt.
    Also unterm Strich ist es schon ein sehr interessanter Roman und ich habe ihn gerne gelesen, aber ich hätte mir doch gewünscht, dass ein bisschen mehr rüber kommt, wie Olga sich in den einzelnen politischen Stadien gefühlt hat. Der Teil, wie bitter es für sie z.B. in den Kriegen war, fällt fast ganz unter den Tisch.
    Oder bei dem Beispiel, dass sie Herbert nicht drängt, mit ihm zusammen zu ziehen. Man kann sich als Leser nur denken, dass sie sich das wünscht und das es für sie zur damaligen Zeit nicht einfach war, als Frau alleine zu Leben.


    Im dritten Teil fügt es sich ein bisschen zusammen.


    Mir selbst hat der zweite Teil mit Ferdinand am Besten gefallen, den Ferdinant erzählt auch viel von seinen Gefühlen.


    4,5 :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich finde es nicht gut, dass Ihr als Bücherforum so was unterstützt.

    Wir haben hier gar nichts damit zu tun und weder unterstützen wir es noch prangern wir es an, weil es uns gar nichts angeht.

    Ich habe das Buch ja selbst von vorablesen bekommen und es steht gleich vorne auf der ersten Seite.

    Und vielleicht steht es in deinem Buch aber in den Büchern der Anderen nicht, so etwas kommt vor und man muss ja nicht so viel Wind darum machen.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • @Mara: Nein, sie haben die Bücher auch von vorablesen, was man bei den Rezensionen dort ganz schnell sehen kann. Ich finde es nicht gut, dass Ihr als Bücherforum so was unterstützt.

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    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Meine Entdeckung von Bernhard Schlink fing 2010 mit dem Roman „Der Vorleser“ an, der eines der ersten deutschsprachigen Büchern im Original war, das ich gelesen hatte, und der bis heute zu meinen Lieblingsbüchern gehört. So waren die Erwartungen an „Olga“ sehr groß. Ich liebte den Schreibstil dieses Autors, die Gedankentiefe und das Dramatische, was klug formuliert den Leser zutiefst trifft.


    Als ich anfing, „Olga“ zu lesen, war ich nicht begeistert. Die beiden Hauptfiguren entwickelten sich auf den Seiten, aber die Handlung war mir ein bisschen zu trocken, zu linear. Außerdem suchte ich nach den Emotionen, die in mir „Der Vorleser“ vor knapp 8 Jahren ausgelöst hatte. Und ich fand sie, allerdings erst im zweiten Drittel des Romans.


    Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil erfährt der Leser die Geschichte der beiden Hauptprotagonisten: Olga, die schon als Kind durch ihre Fähigkeit auffällt, zu beobachten, das Mädchen, das sich zu einer weisen Frau entwickelt, die am Ende ihres Lebens feststellen muss, sich nie geliebt gefühlt zu haben. Und dann Herbert, der schon bei seinen ersten Schritten versucht zu rennen, was sein ganzes Leben charakterisiert: ein ständiges Rennen, ohne klares Ziel, ein Rennen ins Nichts, ein Wegrennen, das Olga so unglücklich macht. Die beiden sind ein Paar, ohne es sein zu dürfen, ohne es sein zu können. Ein Paar ohne Zukunft. Weil Herbert weiter rennen muss, weil es ihn ständig in die Ferne zieht.


    Im zweiten Teil lernen wir Olga als eine reife Frau kennen, die die beiden Weltkriege überlebt hatte, die allein lebt und immer noch innig auf ihren Herbert wartet. Ihre Liebe schenkt sie nun Ferdinand, einem Jungen, in dessen Familie sie als Näherin arbeitet und sich allmählich zum Familienmitglied entwickelt. Sie versucht, die besten Eigenschaften in Ferdinand zu fördern und ihn von dem Unsinn abzuhalten, der ihren Herbert und später ihren Schüler (eigentlich mehr als nur Schüler – das Geheimnis wird später gelüftet) Eik ins Verderben führt. Gerade in diesem Teil kommen immer wieder Sätze vor, die mich mit ihrer Aussagekraft besonders beeindruckt hatten, Sätze, die man als Aphorismen benutzen könnte. Die Weisheiten des Lebens, die Olga aus ihrer eigenen Erfahrung formuliert. So wie zum Beispiel „Das Leben ist eine Kette von Verlusten, und man muss beizeiten lernen, seinen Frieden damit zu machen“.


    In diesem Teil findet sich auch mein persönlicher emotionaler Höhepunkt – der Tod von Olga. Als hätte ich sie gekannt, als wäre ich Ferdinand, so lebendig wurde für mich die Hauptfigur des Romas.


    Im dritten Teil darf der Leser einen Einblick in Olgas Briefe an Herbert bekommen, die der Empfänger nie gelesen hatte. In diesen Briefen offenbaren sich noch ein paar Geheimnisse, die die Bewunderung für diese Frau noch weiter hochtreiben. Eine richtig faszinierende Lebensgeschichte und eine unglaublich beeindruckende Figur.


    Mit „Olga“ hat Bernhard Schlink ein weiteres Meisterwerk geschaffen, das bereits seinen Ehrenplatz im Regal meiner Lieblingsbücher eingenommen hat.

  • Olga, Roman von Bernhard Schlink, 320 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.
    Die Geschichte der Liebe von Herbert und Olga, im Hintergrund von annähernd 100 Jahren deutscher Geschichte.
    Die Waise Olga kommt Ende des 19. Jahrhunderts zu ihrer Großmutter nach Pommern. Dort verliebt sie sich in Herbert, den Sohn eines Gutsbesitzers. Doch ihre Liebe trifft auf Widerstand von Herberts Schwester und seinen Eltern. Olga will im Leben etwas erreichen und wird Lehrerin. Herbert sucht währenddessen Abenteuer, fremde Länder und Heldentum. Für Deutschland will er die Arktis erobern, aber seine Expedition scheitert. Wird Olga Herbert jemals wiedersehen?
    Das Buch ist aufgeteilt in 3 Teile. Kindheit und Jugend bis zum Ende des 2. Weltkriegs beinhaltet der erste Teil. Die Geschichte beginnt wenig spannend und der Spannungsbogen bleibt flach. Hölzern und emotionslos beschreibt Schlinck, Olgas Streben nach Wissen, Herberts Suche nach der Weite und wie er sich von der Großmannssucht des Kaiserreiches anstecken lässt. Nichts was er geben konnte versagte er ihr. Was sie vermisste, war er zu geben nicht fähig.
    Im Hauptteil erlebt der Leser Olga als ertaubte ältere Frau, weshalb sie als Lehrerin nicht mehr arbeiten kann. Die nach den Kriegen, im Westen bei einer Familie als Näherin unterkommt. Dort befreundet sie sich mit Ferdinand dem jüngsten Sohn der Familie. Diese Freundschaft und Verbundenheit bleibt bis zum Tod Olgas und darüber hinaus bestehen. Dieser Teil, war für mich eher langweilig und ich habe das Buch immer wieder zur Seite gelegt. Auch die Liebesgeschichte fand ich nicht besonders romantisch.
    Der 3. Teil, m. M. nach der beste, zeigt wie Olga wirklich war. Bis dahin dachte ich Olga ist „nur“ eine starke Frau, die alle Schicksalsschläge, Enttäuschungen und Verluste stoisch über sich ergehen lässt. Erst durch ihre Briefe erfährt der Leser von ihrem Leid und über ihr Unglück. Dieser Teil versöhnte mich durch überraschende Wendungen wieder etwas mit der Geschichte.
    Die Protagonistin war meine Lieblingsfigur in der Erzählung. Ihre Entwicklung von Kind bis zur reifen Frau faszinierte mich. Olga eine beeindruckende starke Frau, die immer wusste was sie will und sich von Nichts und Niemand selbst von ihrer Krankheit nicht aus der Bahn werfen lässt. Ferdinands Verhalten konnte ich nicht immer ganz nachvollziehen. Der, nur um an die verschollene Briefe einer „guten Bekannten“ zu kommen, nach Norwegen reist und auch noch Unsummen dafür ausgibt. Allen anderen Figuren fehlte es an Charaktertiefe, sie blieben stets blass für mich, selbst Herberts Beweggründe konnte ich nicht nachvollziehen, es hätten mich z.B. auch Viktorias Intrigen brennend interessiert.
    Insgesamt ein mäßig unterhaltsamer Schicksalsroman mit historischem Hintergrund, Schlink konnte damit an sein Werk „der Vorleser“ m.E. nicht anknüpfen. Geeignet für Leser die sich für Schlinks Werke, bzw. Romane dieses Genres begeistern können. Von mir dafür 3 Sterne.

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Bernhard Schlink - Olga

    "Wald- und Wiesen- Liebe"

    Ein leise und schlicht geschriebener Roman über ein Mädchen/eine Frau, über ihr Leben und vor allem ihre überbordende Stärke, wenn man bedenkt in welcher Zeit dieses Buch angesiedelt ist. Dieser Roman besteht aus recht kurzen und ruhig erzählten Kapiteln und ist in drei Teile geordnet. Bernhard Schlink erzeugt aber trotzdem, oder gerade deshalb eine starke Anziehungskraft. Im ersten Teil wird Olgas Leben bis zu ihrer Ankunft in der Stadt am Neckar geschildert. Im zweiten Teil schildert Ferdinand, der Sohn der Familie bei der Olga zuletzt nähte, ihr Leben bis zu ihrem Tode. Und im dritten Teil erfährt man den Rest über Briefe, die Olga ihrem Herbert schrieb


    Das Buch befasst sich mit der namensgebenden Olga Rinke. Eine starke Frau aus einer Zeit, in der es für Frauen nicht so leicht war, ihr Leben selbst bestimmt zu leben. Die aber einiges schafft, was sicher nicht jede hingekriegt hätte. Es geht um ihr Leben und ihre große Liebe, ihren Herbert. Beide sind Charaktere die anders sind, nicht dazugehören. Olga lebt in ärmlichen Verhältnissen in Breslau, verliert früh ihre Eltern und muss zur lieblosen Großmutter nach Pommern in ein kleines Dorf ziehen. Dort lernt sie dann Herbert kennen, den Sohn des reichsten Mannes im Dorf. Die Beiden machen viel zusammen, treffen sich oft, und nach und nach entsteht eine Liebe und sie kommen sich schließlich näher. Durch ihre Standesunterschiede und die Zeit in der sie leben, wird ihnen aber ein Zusammenkommen erschwert. Olga lernt viel und geht in ein Lehrerinnenseminar und wird auch Lehrerin. Herbert geht zur Armee, hat den Drang nach der Ferne/der Weite/dem Unendlichen, ist sehr rastlos. Geht als erstes nach Deutsch-Südwest, in den Krieg mit den Herero, später noch an viele andere Orte, ist der Getriebene. Zwischenzeitlich treffen sich die Beiden immer wieder, aber zwischen Ihnen fehlt auch etwas, und beide spüren das.


    "Olga mochte, wenn Herbert etwas nicht verstand, nicht erklären, nicht ausdrücken konnte. Er war stark, ließ sich nicht einschüchtern und nicht unterkriegen, und so einen Mann wollte sie. Zugleich wollte sie zu ihrem Mann nicht nur aufschauen, sondern hatte ihm gerne etwas voraus. Aber er musste es nicht wissen und erst recht nicht sich darüber ärgern."


    "Unsere Liebe ist eine Wald-und-Wiesen-Liebe, lachten sie."


    "Sie sah das die Rolle, die sie in Herberts Leben spielte, an die Rolle der Geliebten im Leben eines verheirateten Mannes erinnerte. Der verheiratete Mann lebt in seiner Welt und geht seinen Dingen nach, und gelegentlich spart er aus seinem Leben ein Stück aus und verbringt es mit der Geliebten, die an seiner Welt und seinen Dingen keinen Anteil hat. Aber Herbert war kein verheirateter Mann, es gab keine Frau und keine Kinder, zu denen er zurückgekehrt wäre. Olga wusste, dass er sie liebte und ihr so nahe war, wie er einem anderen Menschen nur sein konnte."


    Herbert geht schlussendlich auf eine Arktisexpedition. Olga schreibt ihm noch eine lange Zeit postlagernde Briefe hinterher, weil sie ihn nicht vergessen kann/will.


    Olga, die Hauptperson des Romans ist für mich eine sehr starke Persönlichkeit, die die Widrigkeiten des Lebens tapfer erträgt. Aber auch oft das Ruder selbst übernimmt, was in dieser Zeit damals nicht unbedingt einfach gewesen sein wird. Der Autor schreibt mit wenig Emotion, aber trotzdem entstand diese bei mir beim Lesen doch recht stark. Dieser Roman hat noch einen langen Nachhall.