Tom Finnek - Galgenhügel

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Ein Münsterland-Krimi
    Der erste Fall für Tenbrink und Bertram
    Ein nebelverhangener Herbstmorgen, ein kleines Dorf im Münsterland und ein historischer Galgen - an dem eine bekannte Schauspielerin hängt. Alles deutet auf Selbstmord hin. Doch das Seltsame: Genau an diesem Ort starb vor sechzehn Jahren auch die Schwester der Toten. Ein bloßer Zufall? Die Kommissare Tenbrink und Bertram glauben nicht an Zufälle. Irgendwo muss es eine Verbindung zwischen den beiden Todesfällen geben. Während ihrer Ermittlungen graben sie tief in der Vergangenheit der Dorfbewohner - was nicht allen im Ort gefällt. Und um ein altes Geheimnis zu schützen, schreckt jemand auch vor weiteren Morden nicht zurück.


    Autor (Quelle: Verlagsseite)
    Tom Finnek, 1965 in Westfalen geboren, lebt als Filmjournalist und Schriftsteller in Berlin. Als Autor beschäftigt er sich schon länger mit historischen Stoffen. Für ihn ist gerade London mit seiner langen, wechselhaften Geschichte besonders faszinierend, und dem trägt er in seinen Romanen UNTER DER ASCHE, GEGEN ALLE ZEIT und VOR DEM ABGRUND Rechnung: Sie spielen alle in London, aber in unterschiedlichen Jahrhunderten. Tom Finnek ist verheiratet und stolzer Vater von zwei Söhnen.


    Allgemeines
    Erster Fall einer Reihe von Münsterland-Krimis um das Gespann Tenbrink & Bertram
    Erscheinungstermin: 5. Dezember 2017 bei Bastei Lübbe als TB mit 418 Seiten
    Gliederung: Prolog – Sechs Hauptteile mit jeweils nummerierten Kapiteln – „Intermezzo“ nach dem dritten Teil – Epilog
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungsort und -zeit: Ahlbeck im Münsterland in der Gegenwart


    Zum Inhalt
    Die Schauspielerin Ellen Gerwing, die ihrem Heimatort Ahlbeck schon vor vielen Jahren den Rücken gekehrt hat, kehrt zu ihrer Schwester Anne, die dort den Schulzenhof, ein Wellness Hotel, betreibt, zurück und erhängt sich an einem als Denkmal rekonstruierten Galgen auf dem Galgenhügel. Genau an dieser Stelle ist 16 Jahre zuvor ihre Zwillingsschwester Eva ums Leben gekommen. Da Ellen über den Tod der Schwester nie hinweggekommen ist und außerdem vor einem Jahr bei einem Flugzeugunglück, das sie selbst schwer verletzt überlebt hat, ihren Mann verloren hat, zweifelt niemand an einem Suizid – niemand außer Hauptkommissar Heinrich Tenbrink, dem einige Umstände des vermeintlichen Selbstmordes seltsam vorkommen. Während die Oberstaatsanwältin Derksen den etwas schrulligen, vergesslich gewordenen alten Hauptkommissar am liebsten „wegloben“ möchte und ihm gern Knüppel zwischen die Beine wirft, unterstützt ihn sein junger ostdeutscher Kollege Maik Bertram bei den Nachforschungen, auch als die Ermittlungen schon offiziell eingestellt worden sind.
    Es gibt Hinweise darauf, dass die Hintergründe des aktuellen Todesfalls in der Vergangenheit zu finden sind, aber nicht jeder in der Dorfgemeinschaft ist damit einverstanden, dass Fremde vergangene Ereignisse wieder aufwühlen.


    Beurteilung
    Der erste Band der geplanten Münsterland-Krimireihe präsentiert ein ungewöhnliches Ermittlergespann. Hauptkommissar Tenbrink hat seit dem Tod seiner Ehefrau vor drei Jahren merklich abgebaut, er ist vergesslich geworden und ein eher wortkarger, in sich zurückgezogener Zeitgenosse. Auch wenn er ohne seine „Zettelwirtschaft“ keinen Überblick mehr über Namen und Daten hätte, ist ihm sein feines kriminalistisches Gespür nicht abhandengekommen. Sein Kollege Maik Bertram ist ein attraktiver, lebenslustiger junger Mann, der aufgrund unklugen, ethisch fragwürdigen Verhaltens aus Magdeburg strafversetzt wurde. Die beiden Kommissare ergänzen sich gut und begeben sich gemeinsam auf Spurensuche in einem komplex konstruierten Fall. Dieser Fall ist weitestgehend glaubwürdig und für den Leser nicht zu früh vorhersehbar, erstellte Theorien müssen immer wieder revidiert werden.
    Sehr gelungen ist die atmosphärisch dichte Darstellung des kleinen Dorfs im Münsterland und der umgebenden Moor- und Waldlandschaft, die beim Leser ein ausgeprägtes Kopfkino erzeugt.
    Die Charaktere der Romanfiguren sind detailliert und ohne Schwarzweißmalerei ausgearbeitet, ihre Verhaltensweisen sind nachvollziehbar.
    In den Roman, in dessen Handlung auch Ermittlungen in den benachbarten Niederlanden einfließen, sind wiederholt kursiv gedruckte niederländische Wörter und Sätze eingeflochten, die meistens, aber nicht immer, verständlich sind. Hier wäre ein Glossar dieser Wörter im Anhang hilfreich gewesen.


    Fazit
    Ein stimmungsvoller Auftakt einer Reihe von Münsterland-Krimis, der bereits Vorfreude auf den nächsten Band („Totenbauer“, Frühjahr 2018) weckt!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Die beiden Kommissare Tenbrink und Bertram werden zu einen Selbstmord gerufen. Nur hat Tenbrink ein ungutes Gefühl. Für ihn steckt mehr dahinter. Da die Tote eine bekannte Schauspielerin ist, ist der Druck besonders hoch den Fall abzuschließen. Nur Tenbrink ist stur und ermittelt weiter und findet im Dorf Geheimnisse über die niemand reden will.
    Das Ermittlergespann ist gut und glaubwürdig dargestellt. Tenbrink ist ein Münsteraner Dickschädel. Er wird seit dem Tod seiner Frau immer vergesslicher und hilft sich mit einen kleinen Büchlein und seiner "Zettelwirtschaft". Bertram wurde aus Ostdeutschland strafversetzt, da er sich dort einige Verfehlungen zu schulden kommen lassen hat. Diese beiden ergänzen sich wunderbar und bilden ein gutes Gespann. Auch die Verhältnisse im Dorf werden glaubwürdig geschildert. Der Autor verzichtet auf reißerische Action aber trotzdem war ich die ganze Zeit von der Handlung gefesselt. Auch die Auflösung gelingt gut.
    Mir hat das Buch gut gefallen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

    Sub: 5539:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 10

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Rafik Schami - Wenn du erzählst erblüht die Wüste

    :montag: Eva Almstädt - Akte Nordsee- Der Teufelshof


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.

  • Wow, welch ein Krimi - viel Lokalkolorit und Spannung pur! Ein echter Finnek.Der Galgenberg - Schicksalsberg dreier Schwestern


    Eine Touristenfamilie macht während ihres Campingurlaubs in einem kleinen Dorf nahe der holländischen Grenze eine grausige Entdeckung: Am Schaugalgen des Ortes hängt eine wirkliche Frauenleiche.


    Schnell wird klar, dass es sich um die bekannte Schauspielerin Ellen Hartmann handelt, die nach einem Flugzeugabsturz im Wellnesshotel ihrer jüngsten Schwester Anne zur Rehabilitation weilt. Aufgrund ihrer Vorgeschichte scheint ein Freitod plausibel.


    Als jedoch KHK Heinrich Tenbrink und sein Kollege Maik Bertram erfahren, dass genau auf diesem Galgenberg in der Silvesternacht vor 16 Jahren Ellens Zwillingsschwester Eva ums Leben gekommen ist, zweifelt zumindest Tenbrink an der Selbstmordtheorie.


    Die Staatsanwältin will den Fall, aufgrund des Medieninteresses so schnell wie möglich abschließen und lässt Tenbrink nur ein paar Tage für die Ermittlungen Zeit.


    Werden Tenbrink und Bertram das Geheimnis um Ellens Tod lüften können?


    Meine Meinung:


    Dieser Krimi ist Auftakt einer neuen Reihe, die im Münsterland, unweit der holländischen Grenze angesiedelt ist.


    Wir begegnen einem interessanten Ermittler-Duo: Da ist zum einer der verwitwete Heinrich Tenbrink, dessen Gedächtnis ihn immer öfter im Stich lässt und der diese Aussetzer mit seiner langjährigen Erfahrung und einer strukturierten Zettelwirtschaft zu kaschieren sucht. Ihm zur Seite steht Maik Bertram, der ursprünglich aus dem Drogendezernat von Magdeburg kommt und dort einer Venusfalle erlegen ist, die ihn beinahe den Job gekostet hat. Nur mit Mühe und der Hilfe seines damaligen Chefs, musste er den Polizeidienst nicht quittieren, wurde aber nach Nordrhein-Westfalen strafversetzt.


    Tenbrink und Bertram sind ein gut eingespieltes Team. Doch die Veränderung bei Tenbrink und das Techtelmechtel mit der Staatsanwältin bringen Bertram an seine Grenzen.


    Wie wir es von Tom Finnek gewöhnt sind, ist der Schreibstil spannend und flüssig zu lesen. Da werden falsche Spuren gelegt und wieder verworfen, mehrere Verdächtige präsentiert und ein psychologisch gut aufgebauter Plot hinterlegt.


    Die Figuren, allen voran Tenbrink und Bertram, sind authentisch. Jede hat so ihre Ecken, Kanten und Untiefen.


    Magda Hartmann, zum Beispiel, traut der Leser ohne weiteres zu, am Mordkomplott gegen ihre ehemalige Schwiegertochter, mitzuarbeiten, zumal ihr Sohn Michael bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Doch auch Michaels Bruder, der Dorfpolizist Max, reiht sich in die Reihe der Verdächtige ein. Und überhaupt scheint der Zusammenhang in dem Dorf, wenn es darum geht, Dritten keinen Einblick zu gewähren, ein fester zu sein. Trotzdem gibt es Risse in der Dorfidylle, die allerdings aus der langen gemeinsamen Vergangenheit herrühren: Hier die vermögenden Schulzes (aus denen Ellen, Eva und Anne stammen), dort die armen Bewohner der Kotten wie die Hartmanns. Diese Ressentiments schwingen deutlich mit.


    Die vielen Spuren, denen das Ermittler-Duo unter erhöhtem Zeitdruck nachgehen muss, verdichten sich zu einem fulminanten Showdown.


    Fazit:


    Ein gelungener Auftakt in eine neue Krimi-Reihe aus dem Münsterland. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)