Becky Chambers - Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten / The Long Way to a Small, Angry Planet

  • Ein großartiges Buch über das Leben und wie wichtig Toleranz für das Zusammenleben ist ...


    Verlagsinfo


    Als die junge Marsianerin Rosemary Harper auf der Wayfarer anheuert, wird sie von äußerst gemischten Gefühlen heimgesucht – der ramponierte Raumkreuzer hat schon bessere Zeiten gesehen, und der Job scheint reine Routine: Wurmlöcher durchs Weltall zu bohren, um Verbindungswege zwischen weit entfernten Galaxien anzulegen, ist auf den ersten Blick alles andere als glamourös.


    Die Crewmitglieder, mit denen sie nun auf engstem Raum zusammenlebt, gehören den unterschiedlichsten galaktischen Spezies an. Da gibt es die Pilotin Sissix, ein freundliches und polyamoröses reptilienähnliches Wesen, den Mechaniker Jenks, der in die KI des Raumschiffs verliebt ist, und den weisen und gütigen Dr. Koch, der einer aussterbenden Spezies angehört.


    Doch dann nimmt Kapitän Ashby den ebenso profitablen wie riskanten Auftrag an, einen Raumtunnel zu einem weit entfernten Planeten anzulegen, auf dem die kriegerische Rasse der Toremi lebt. Für Rosemary verwandelt sich die Flucht vor der eigenen Vergangenheit in das größte Abenteuer ihres Lebens.


    Meine Meinung


    Anfangs war ich zwar noch nicht so überzeugt, wahrscheinlich weil ich nicht so genau wusste, was da jetzt auf mich zukommt. Es geht nämlich nicht um ein abenteuerlich kriegerisches Weltraumspektakel, sondern beginnt eher gemächlich mit der Vorstellung der Crew, den Einblicken in die GU (Galaktische Union) und den Hintergründen, wie die verschiedenen Spezies in dieser fiktiven Zukunft überleben.
    Nachdem ich mich darauf eingelassen hatte, war ich sehr begeistert von den vielen Nuancen, die Becky Chambers hier wunderbar zu transportieren versteht. Denn der Titel ist hier Programm: es ist ein langer Weg, den die Charaktere zurücklegen müssen und dabei erfährt man viel über ihr (das) Leben und die verschiedenen Motive, die jeder von ihnen in sich trägt.


    Rosemary zum Beispiel begibt sich mit einer neuen Identität auf die Wayfarer, um dort mit einem neuen Job ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen.
    Ashby Santoso, der Captain des Raumschiffs, ist ein großartiger und toleranter Mensch, der auch seine Geheimnisse hat, aber sich immer für seine Crew einsetzt. Das muss er auch, denn die unterschiedlichen Spezies, die sich bei ihm tummeln, stellen ihn oft vor eine Herausforderung.
    Die zwei Techniker Jenks und Kizzy sind der humorvolle Part, die immer einen witzigen Spruch auf den Lippen haben, Arbis Corbin ist dagegen die Spaßbremse, ein eher zurückgezogener, pedantischer Mensch, den keiner von ihnen so wirklich gut leiden kann.
    Die Pilotin Sissix ähnelt einer Echse und ihre Rasse hat außergewöhnliche Eigenheiten, die teilweise höchst seltsam scheinen und vielleicht auch Unerständnis hervorrufen können, aber auch ganz besonders berührend wirken.
    Dr. Koch ist, ja, der Koch der Crew und versiert in Heilung und Kräuterkunde, der ein sehr schweres Schicksal zu tragen hat - ebenso wie der Navigator Ohan, der ebenfalls aus einer sehr kuriosen Spezies entstammt.
    Und nicht zu vergessen die KI des Schiffes, Lovey, die mit einem eigenen Bewusstsein ausgestattet ist und ein besonders Verhältnis zu einem der Crewmitglieder entwickelt.


    Ihr seht, die Geschichte ist mit einer Fülle von fremdartigen Lebensarten gespickt, die man aber alle auf eine höchst anschauliche und unterhaltsame Art vor Augen geführt bekommt. Dabei schafft es die Autorin, jeden von ihnen auf besondere Weise darzustellen und zu zeigen wie es möglich ist, trotz unterschiedlicher Lebensauffassungen zusammenzuwachsen. Die intensive Arbeit auf der Wayfarer entwickelt ein symbiotisches Verhältnis und zeigt im Kleinen wie auch im großen Ganzen, wie mit Toleranz und Rücksichtnahme eine verständnisvolle Einheit möglich sein kann.


    "Die menschliche Besessenheit von "Glück" hatte er nie richtig verstanden.
    Kein Wesen konnte ständig glücklich sein, genauso wenig wie jemand dauerhaft
    im Zorn, in Langeweile oder in Trauer verharren konnte." S. 277


    Gerade diese Einblicke in andere Spezies durch die Rasse Mensch und andersherum zeigt, wie wichtig Akzeptanz ist, dabei hat mich ganz besonders ein Gespräch zwischen Dr. Koch und Rosemary über Schuld und Vertrauen berührt.


    "Die Erinnerungen griffen nach Dr. Koch und versuchten, ihn von seinem sicheren
    Beobachtungsposten wegzuziehen. Sie zerrten an ihm, flehten ihn an, nachzugeben.
    Doch das würde er nicht tun. Er war nicht der Gefangene dieser Erinnerungen.
    Er war ihr Wärter." S. 279


    Aber natürlich lernt man auch einige Hintergründe kennen, wie die Bündnisse in den Galaxien entstanden sind, wie sich der Handel und die Bündnisse entwickelt haben und wie die Arbeit der Wayfarer vonstatten geht, die auf ihrem Weg durchs All sozusagen "Zeittunnel graben", um ein schnelleres Fortbewegen zwischen den Planetensystemen zu gewährleisten. Dabei wird es manchmal auch ein bisschen technisch, wobei ich aber immer ganz gut mitgekommen bin.


    Überhaupt ist der Schreibstil einnehmend und trotz vieler Details flüssig zu lesen. Es gibt keinen Durchhänger oder langatmige Stellen; es geht konstant und mit gutem Tempo voran, wobei jetzt nicht unbedingt große Spannungsmomente zu erwarten sind, aber dafür viele originelle, berührende und bedeutende Momente. Dafür gibts gegen Ende noch eine dramatische Wendung, die mir sehr nahe gegangen ist. Überhaupt sind mir all die Figuren total ans Herz gewachsen und ich hoffe sehr, dass mir der ein oder andere auch im zweiten Band aus der Reihe über den Weg laufen wird!


    Fazit: 4.5 Sterne


    © Aleshanee
    Weltenwanderer


    Wayfarers


    1 - Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten
    2 - Zwischen zwei Sternen (ET Januar 2018)
    3 - Im Original: Record of a Spaceborn

  • Inhalt: Wayfarer - Wandersmann, irgendwann in der Zukunft. Ein kleines Schiff, das seine besten Zeiten hinter sich hat, beherbergt eine kleine, überschaubare Mannschaft. Ihre Arbeit ist das öffnen von neuen Tunneln, die entfernte Teile der Galaxie miteinander vernetzen sollen. Und gerade diese Crew rund um Captain Ashby zieht einen großen Auftrag an Land: Erstmals soll ein Tunnel die übrige Galaxis mit dem Territorium der Toremi vernetzen. Doch bevor sie ihre Arbeit beginnen können, muss der Wayfarer den langen Weg zu eben jenem Planeten zurücklegen, der zum neuen Eingang werden soll.


    Meine Meinung: Ja, es ist eine lange Reise zu....wem nochmal?
    Eigentlich hätte mir der Titel schon sagen müssen, dass der Weg das Ziel ist und es nicht primär um den kleinen Planeten geht, den es zu erreichen gilt. Von diesem Punkt ausgehend kann ich eine ganze Menge Kritik anbringen, die möglicherweise mit meinen falschen Erwartungen zusammenhängen. Dennoch drängt sich mir die Frage auf, warum dieser politische Strang mit den Toremis als Aufhänger verwendet wird. Das erinnert mich als Plot eher an Star Trek, wo die meisten Charaktere durch ihre Positionen zwangsläufig an politisches Geschehen geraten. Und bei der Crew vom Wayfarer ist das nicht ansatzweise der Fall. Das ist eine Truppe mit Angehörigen verschiedener Spezies, die sich gerade so viel für die großen Ereignisse interessiert, wie es sie selbst betrifft. Natürlich greift Ashby als Captain zu, als er oben erwähnten Auftrag bekommt, aber ziemlich schnell verflüchtigt sich der ursprüngliche Grund, der Aufhänger wieder in der Geschichte. Gewissensfragen und Bedenken werden dann - wie auch das spannungsmäßige Finale - auf wenigen Seiten am Ende abgehandelt.


    So viel zu Erwartung und Enttäuschung. Ich hatte dementsprechend selber einen langen Weg mit diesem Buch und war versucht abzubrechen, bis ich nicht gequälten zwei Dritteln eine Erleuchtung bekam: Man stelle sich die Geschichte als Serie vor, die einzelnen Kapitel als Folgen und schließlich macht das gesamte Konzept einen Sinn! Das Buch hat episodenhafte Abschnitte, die häufig einzelne Crewmitglieder oder Planetenbesuche in den Fokus stellen und dann in einem Kapitel komplett abhandeln. Dementsprechend ist das Figureninventar sehr groß, während es nur die Crew als kleinen Kern gibt. Auch die fehlende Spannungskurve im Ganzen ist einleuchtend, sowie die ständige "Was sollte das jetzt?"-Fragerei im Hinterkopf.


    Als ich nun endlich Konzept begriffen hatte und den Anspruch Chambers, Charaktere und Beziehungen zu fokussieren, war es schon etwas spät, um das Ruder herumzureißen - und das Finale hat dann auch nicht viel Positives beigetragen und soll vor allem auf den Nachfolger/Ableger hinarbeiten. Dabei sind die Charaktere an sich wirklich nett ausgearbeitet, auch wenn ich mir ein paar mehr Ecken und Kanten gewünscht hätte. Man mag fast alle auf Anhieb und das Bild wird auch nie getrübt. Viele Crewmitglieder sind darüber hinaus auch Menschen, sodass die Identifikation mit ihnen noch leichter fällt. Gleichzeitig gibt es immer wieder Momente, an denen geschickt Zweifel an der Sinnhaftigkeit gewisser menschlicher Gewohnheiten eröffnet werden, wenn Angehörige anderer Spezies sich darüber wundern oder aufregen.


    Fazit: Meine falsche Erwartungshaltung hat mich vermutlich vom Genuss von 250 Seiten guter Sci-Fi-Literatur abgehalten. Das Buch ist dennoch okay gewesen für mich und bestimmt lesenswert für viele andere. Das Ende kann man aber getrost vergessen. Manchmal sollte doch das Ziel etwas stärker das Ziel sein.

    "All we have to decide is what to do with the time that is given to us."

  • Wurde mir auf Twitter empfohlen und durch meine Neugier hat es sich um meinen SuB herumgeschlichen.
    Ich kann nur sagen: Ein großartiges Buch!
    So großartig, dass ich es nochmals als Print gekauft habe (las es als eBook) und meiner Mutter schenkte.
    Und noch zwei weitere Exemplare, um großartigen Menschen eine Freude zu machen.
    Das bestes Buch seit langer Zeit.

  • Nicht "gleich", aber auf jeden Fall bald.
    Und ich glaube diesmal sofort als Buch, dann kann ich es nach dem Lesen an meine Ma weitergeben :)

  • Ich bin lange um dieses Buch herumgeschlichen, hieß es doch, dass es hier weniger um ein Weltraumabenteuer geht, als vielmehr um die Beziehungen der Crewmitglieder untereinander. Zahlreiche positive Rezensionen haben mich dann aber doch dazu gebracht dieses Buch zu lesen. Und was soll ich sagen, es hat mir ausgesprochen gut gefallen.


    Die Story dreht sich tatsächlich in erster Linie um die Crewmitglieder des Raumschiffs Wayfarer. Aber die Crew ist überschaubar, denn sie besteht (wenn ich mich nicht verzählt habe) aus acht Mitgliedern plus der Schiffs-KI. Dennoch ist die gesamte Geschichte in eine "Rahmenhandlung" verpackt. Und diese Rahmenhandlung führt die Crew in unterschiedliche Situationen, die dazu führen, dass sie sich untereinander immer besser kennen- und schätzen lernt.


    Die Stärke des Buchs liegt aber auf der Ausarbeitung der Charaktere. Diese sind zum Teil so intensiv beschrieben, dass sie mir richtig ans Herz gewachsen sind. Es gab Momente in dem Buch, in denen ich mit ihnen mitlachen musste, aber auch Augenblicke, in denen mir die Augen feucht wurden. Das zeigt schon, mit welch einer Tiefe die Autorin die Charaktere ausgestattet hat.


    Gegen Ende des Buchs tritt diese "Rahmenhandlung" auf ein Finale zu, welches gravierende Auswirkungen auf die Crew und ihren Zusammenhalt hat. Auch dieses bringt die Autorin gekonnt rüber und verschafft der Geschichte ein zufriedenstellenden Abschluss. Vielleicht hätte über das gesamte Buch gesehen der Geschichte etwas mehr Ausgewogenheit zwischen der eigentlichen Handlung und der Ausgestaltung der Charaktere gut getan, aber ich kann mich dennoch nicht beschweren.


    Fazit: Dieses Buch ist für mich eine positive Überraschung und ich kann es allen Lesern ans Herz legen, die Geschichten mit sehr gut ausgearbeiteten Charakteren mögen.


    Von mir gibt es für dieses Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich lese eher selten Science Fiction und wenn, dann auf Empfehlung, so wie dieses hier.

    Der Schreibstil ist sehr gut, das Buch ist flüssig zu lesen, man fliegt nur so über die Zeilen.

    Die Crew der Wayfarer bestreitet ihren Lebensunterhalt damit, Tunnel durch den Raum zu bohren, um schneller von einem Ort zum anderen zu gelangen.

    Sie besteht aus dem Kapitän Ashby, der Pilotin Sissix, einer Aandrisk, dem/den Navigatoren Ohan, einem Sianatpaar, dem Koch, der Mechtech Kizzy, dem

    Comptech Jenks, dem Algaeisten Corbin, der für den Treibstoff sorgt, der Verwaltungsassistentin Rosmary, die neu zur Crew stößt, und der KI Lovey.

    Hauptthema sind die Charaktere, die dem Leser sorgsam und ausführlich nahegebracht werden. Jeder Spezies wird viel Zeit gewidmet, um ihre Denk-

    und Lebensweise sowie Persönlichkeit kennenzulernen und ihre teilweise erstaunliche Entwicklung zu verfolgen.


    Man "sieht" die Menschen auch durch die Augen anderer Spezies. Am abgefahrensten waren für mich die Toremi Ka.

    Es ist eine sehr intensive, emotionale Geschichte. Selten hat mir eine Story so oft ein Lächeln entlockt oder auch mal Tränen.

    Mich hat das Buch voll überzeugt und gehört ab sofort zu meinen Lieblingsbüchern.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Wurde mir auf Twitter empfohlen und durch meine Neugier hat es sich um meinen SuB herumgeschlichen.
    Ich kann nur sagen: Ein großartiges Buch!
    So großartig, dass ich es nochmals als Print gekauft habe (las es als eBook) und meiner Mutter schenkte.
    Und noch zwei weitere Exemplare, um großartigen Menschen eine Freude zu machen.
    Das bestes Buch seit langer Zeit.

    Ich kann mich der Meinung fast komplett anschließen. Beim letzten Satz muss ich allerdings leichte Einwände erheben. Ich habe nämlich das zweite Buch von Becky Chambers schon gelesen. :wink:

  • Beim letzten Satz muss ich allerdings leichte Einwände erheben.

    Ich bezog das auf meinen Buchkonsum in den letzten Jahren. ;)


    Kurzes Addendum:

    Hab die beiden Bücher von Becky Chambers einem Freund ausgeliehen, der diese jeweils an einem Abend durchgesüchtelt hat.

    Er ist auch sehr begeistert von den Büchern.

  • Ich kann mich leider den begeisterten Meinungen nicht anschließen. Meine Meinung geht eher in Richtung Seta s Rezension. Genau so wie sie, hatte ich bestimmte Erwartungen an das Buch, die dann nicht erfüllt wurden. Bevor ich zu den Kritikpunkten komme, muss ich sagen, dass die Autorin ein fantasievolles, detailreiches, teilweise auch ungewöhnliches Universum geschaffen hat. Sie hat tolle Ideen eingebaut, insbesondere die Charaktere betreffend. Auch an dem Sprachstil der Autorin ist soweit nichts auszusetzen. Deshalb ist es schade, dass das vorhandene Potenzial nicht ganz genutzt wurde. In dieser Geschichte gibt es einige interessante, ausgefallene Charaktere, die aber meistens nicht wirklich etwas Interessantes zu sagen haben. Die Dialoge zwischen ihnen fand ich oft langweilig. Alle Konflikte, die auftauchen, werden in der Regel schnell und unkompliziert gelöst. Auch eine vermeintlich bedrohliche Situation ist es hier nicht wirklich. Alles ist nett, harmonisch und dementsprechend nicht sehr spannend. Eine echte Weiterentwicklung oder gar einen wirklichen Höhepunkt gibt es nicht. Man kann eine Geschichte natürlich so harmonisch und positiv erzählen und viele finden genau daran gefallen, aber mich konnte das nicht begeistern. Insgesamt ist es aber eine solide erzählte Geschichte, die von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: bekommt.

  • Die Autorin

    Becky Chambers ist als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers in Kalifornien aufgewachsen. Die Zeit zum Schreiben ihres ersten Romans hat sie sich durch eine Kickstarter-Kampagne finanziert. Derzeit arbeitet sie an einem zweiten Buch im Wayfarer-Universum.


    Inhalt

    Irgendwann in naher Zukunft muss der Planet Erde aufgegeben werden. Die überlebenden Menschen werden von der Galaktischen Union aufgenommen, einem Verbund verschiedener Galaxien mit den unterschiedlichsten Lebensformen. Die kosmopolitischen Bewohner der GU sind mit dem Anblick von Wesen vertraut mit mehr als zwei Gliedmaßen, Schuppen oder Federn. Selbstverständlich müssen die Arbeitsplätze auf der Wayfarer u. a. Raumschiffen der Vielfalt der Arten angepasst werden. Denken Sie nur an Schwänze und Krallen als Unfallrisiken!


    Als Rosemary Harper an Bord des Raumkreuzers Wayfarer geploppt wird, gehört sie gemeinsam mit Kapitän Ashby der Minderheit der Menschen an. Ihren neuen Job als Verwaltungsassistentin an Bord beginnt Rosemary mit einer blütenweißen Biografie und schüttelt ihre Vergangenheit völlig ab. Käptn Ashby Santoso erweist sich als begabter Teambuilder und guter Menschenkenner. Als Besitzer der Wayfarer führt er wie ein freier Bauunternehmer Aufträge im All aus. Er und seine Crew sollen an den Außengrenzen des Alls einen Raumtunnel als Reiseweg anlegen, eine Aufgabe, die die Mannschaft mit räuberischen Völkern und allerlei Gefahren konfrontieren wird. Utopische Spielereien wie Zahnputz-Bots, Tagesnachrichten per Neuralimplantat oder ein Norovirus zur Erzeugung intellektueller Fähigkeiten gehören zur Zeit der Wayfarer zum Standard.


    Der Buchtitel „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ lehnt sich an die blumige Ausdrucksweise der Spezies Grum an. Im ersten Band einer geplanten Trilogie stellt Becky Chambers ihre Figuren vor. Artis Corbin sorgt als Algaeist für die Versorgung des Antriebs der Wayfarer mit Algen. Die künstliche Intelligenzform Lovelace, genannt Lovey, hat Daten über die Wayfarer und ihre Geschichte parat. Leib und Seele hält Dr Koch zusammen, der zu den munter fabulierenden Grum gehört und im besten ayurvedischen Sinn als Arzt und Koch tätig ist. Ein großer Teil der Gespräche auf der Wayfarer dreht sich um das Zusammenleben und -arbeiten der verschiedenen Spezies. Kein einfaches Unterfangen, wenn sich die Geschlechtszugehörigkeit im Laufe des Lebens ändern kann oder ein Wesen sich als Paar begreift und mit „das Paar“ oder „ersie“ angesprochen werden möchte. Eine Gemeinschaft ohne Vorurteile und Rollenzuschreibungen gibt es auch in der GU der Zukunft (noch) nicht, so dass kräftig über exzentrisch aussehende Spezies gestichelt wird. Bei einigen hat sich nicht nur eine Abneigung gegen Frauen oder Echsenwesen (Corbin) gehalten, sondern auch Technophobie. Wo genau die Grenze zwischen fremd und gefährlich zu ziehen ist, wird für das Schicksal des Galaxienbundes entscheidend sein.


    Für die Zukunft des Bundes muss sehr bald über den korrekten Umgang mit vernunftbegabten Digitalwesen entschieden werden. Lovelace ist ein vermutlich von Menschen programmierter Roboter, der eigene Gefühle und Wünsche entwickelt. Menschen der Gegenwart kooperieren zwar problemlos mit künstlicher Intelligenz, sind sich jedoch bewusst, dass sie mit einem Rechner kommunizieren, der bitte wie eine Maschine und nicht wie ein Mensch aussehen soll. Die Frage, wer Lovey in welcher Absicht so empfindsam agieren lässt, war mein persönlicher Cliffhänger im Buch. Ich bin schon sehr gespannt, was die Autorin mit ihren empfindungsfähigen Robotern in den Folgebänden noch vorhat.


    Von den Persönlichkeiten der Figuren mit zwei und mehr Beinen, über Wirtschaft, Politik und den Stand der Medizin in der GU – im ersten Band bleiben kaum Fragen zum Setting offen. Mit einem Stopp zum Shoppen und für Wellness-Anwendungen gegen den Raumkoller der Mannschaft zeigt Becky Chambers im Buch eine deutlich weibliche Handschrift und legt zunächst großen Wert auf die Beziehungsebene.


    Fazit

    Ein spannender, origineller Science Fiction-Roman mit ungewöhnlichen Figuren, der für meine ausgeprägte Neugier gerade den richtigen Umfang hat.


    (26.10.2016)


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Ich kann mich leider den begeisterten Meinungen nicht anschließen. Meine Meinung geht eher in Richtung Seta s Rezension. Genau so wie sie, hatte ich bestimmte Erwartungen an das Buch, die dann nicht erfüllt wurden. Bevor ich zu den Kritikpunkten komme, muss ich sagen, dass die Autorin ein fantasievolles, detailreiches, teilweise auch ungewöhnliches Universum geschaffen hat. Sie hat tolle Ideen eingebaut, insbesondere die Charaktere betreffend. Auch an dem Sprachstil der Autorin ist soweit nichts auszusetzen. Deshalb ist es schade, dass das vorhandene Potenzial nicht ganz genutzt wurde. In dieser Geschichte gibt es einige interessante, ausgefallene Charaktere, die aber meistens nicht wirklich etwas Interessantes zu sagen haben. Die Dialoge zwischen ihnen fand ich oft langweilig. Alle Konflikte, die auftauchen, werden in der Regel schnell und unkompliziert gelöst. Auch eine vermeintlich bedrohliche Situation ist es hier nicht wirklich. Alles ist nett, harmonisch und dementsprechend nicht sehr spannend. Eine echte Weiterentwicklung oder gar einen wirklichen Höhepunkt gibt es nicht. Man kann eine Geschichte natürlich so harmonisch und positiv erzählen und viele finden genau daran gefallen, aber mich konnte das nicht begeistern. Insgesamt ist es aber eine solide erzählte Geschichte, die von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: bekommt.

    So ziemlich genau meine Meinung. Ich konnte dem Buch nicht viel abgewinnen. Es ist nett. Schnell ausgelesen. Die Konflikte hätten so auch in 45minütigen TV-Serien-Folgen aufgearbeitet werden können, so unspektakulär sind sie.

    Ich habe eine Handlung vermisst. Das ganze Buch ist eine Aneinanderreihung von Episoden, die einem die Buchwelt erklären sollen.

    Das TB habe ich nach dem Lesen in einen öffentlichen Bücherschrank gestellt. Teil 2 kam für mich nicht infrage.


    ***

    Aeria

  • Rosemary will ihre Vergangenheit und alles, was damit zusammenhängt, hinter sich lassen und nimmt eine Stelle als Verwaltungsassistentin auf einem Raumschiff an, das künstliche Wurmlöcher als Abkürzung zwischen zwei weit voneinander entfernten Orten im Weltraum bohrt. Die "Wayfarer" ist jedoch alles andere als ein hochmodernes Fluggerät, auf den Neuankömmling wirkt sie eher wie ein willkürlich aus Einzelteilen zusammengebastelter Blechhaufen und nicht sonderlich vertrauenerweckend.


    An Bord jedoch wird sie von der Crew, einem bunten Mix aus Angehörigen verschiedenster Spezies, mit offenen Armen empfangen (OK, mit einer grummeligen Ausnahme - aber der ist immer so), und es fällt ihr nicht allzu schwer, sich an das Leben an Bord eines Raumschiffes zu gewöhnen.


    Als ein hoch lukrativer und gleichzeitig gefährlicher Auftrag ins Haus bzw. ins Schiff flattert, entschließt sich Captain Ashby Santoso nach langer Überlegung, diesen anzunehmen, wohl wissend, dass es ganz bestimmt die eine oder andere haarige Situation geben wird.


    Diese wunderschöne Space Opera hat mich von den ersten Seiten an in ihren Bann gezogen, vor allem durch die liebevoll gezeichneten Figuren unterschiedlichster Arten, die an Bord ihres klapprigen Raumschiffs geradezu vorbildlich Diversität leben, und den köstlichen Humor.


    Die gefahrvolle Mission und ein paar ungemütliche Begegnungen sorgen für Spannung, doch der größte Reiz des Buches liegt für mich in den Beziehungen zwischen den Figuren, dem Zusammenleben und den Konflikten der Crew und der Verschiedenartigkeit der diversen Spezies mit all ihren jeweiligen Charakteristika und persönlichen Eigenheiten (dabei darf die herzallerliebste Lovey, die Bord-KI, nicht unerwähnt bleiben). Hier ist für einige überraschende Entwicklungen gesorgt, die ich noch viel interessanter fand als die meisten Gefahrensituationen.


    Wer actionreiche Science Fiction sucht, ist wahrscheinlich mit anderen Büchern besser beraten, doch mir hat gerade der Fokus auf das Miteinander der bunt zusammengewürfelten Besatzung und die eine oder andere philosophische Fragestellung gut gefallen. Und ich fand es klasse, dass sich die Mannschaft nicht nur mit heldenhaften Ruhmestaten und brandgefährlichen Missionen beschäftigt, sondern dass es auch viel um den Bordalltag geht - nicht in Form öder Routine, sondern mit einem scharfen Auge für all die kleinen Details im Alltagsleben, die selten so banal sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen mögen.



    Lediglich ein kleiner Kritikpunkt wäre anzubringen - zum Ende hin ging es mir mit einigen Dingen ein bisschen zu schnell. Aber trotzdem freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzung!

  • Magdalena, Dein Fazit sehe ich genauso. Mich hat das Buch absolut begeistert.


    Freue Dich aber vielleicht nicht zu sehr auf die Fortsetzungen, denn es geht leider nicht so weiter, auch nicht mit den liebgewonnenen Protas.

    Obwohl auch Band 2 und 3 sehr gut geschrieben sind, gefiel mir nur den 2. Band noch sehr gut. Jeder Band hat eine ganz andere Story.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Alles ist nett, harmonisch und dementsprechend nicht sehr spannend.

    Und ich glaube, das war genau das, was mir gefallen hat. :D Übermäßig komplexe und stocksteife, düstere Science-fiction gibt es doch schon zur Genüge. Ich mochte dieses locker-flockige Gefühl, das die Geschichte verbreitet hat. Auch mir haben es die Charaktere am meisten angetan, allen voran die beiden Techs mit ihrer wunderbaren Freundschaft. Aber auch Ashby und Dr. Koch waren echt klasse. Zudem gab es auch den ein oder anderen, bei dem man nicht sofort wusste, wie man bei ihm dran ist. Das ganze Drumherum, das Ziel der Mission usw. geriet für mich zur Nebensache. Wie die Charaktere miteinander agiert haben, ihre Freundschaften und ihre oft so spaßigen Dialoge haben mich einfach nur wunderbar unterhalten und ließen ein wohliges Gefühl aufkommen. Zugegeben, extrem tiefgründig war es nicht und es gibt mit Sicherheit besser ausgearbeitetes und komplexeres Worldbuilding, aber manchmal darf es auch einfach nur Entertainment sein.

    Ich weiß gar nicht ob ich weitere Bände lesen möchte wenn es nur um Charaktere geht, die Nebenrollen in dieser Geschichte hatten. Ich kann mit dem Ende gut leben und belasse es vermutlich dabei.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ich weiß gar nicht ob ich weitere Bände lesen möchte wenn es nur um Charaktere geht, die Nebenrollen in dieser Geschichte hatten. Ich kann mit dem Ende gut leben und belasse es vermutlich dabei.

    Ich fand das auch erst ein bisschen schade, aber Teil 2 und 3 haben mir trotzdem sehr gut gefallen. Das sind einfach so richtig schöne Wohlfühlbücher.

  • Ich weiß gar nicht ob ich weitere Bände lesen möchte wenn es nur um Charaktere geht, die Nebenrollen in dieser Geschichte hatten. Ich kann mit dem Ende gut leben und belasse es vermutlich dabei.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Natürlich möchtest Du. :wink: In "Unter uns die Nacht" gibt es im Prinzip keine Nebenrolle aus anderen Teilen . Und ja Magdalena hat recht. Auch die später erschienen Bücher sind Wohlfüchbücher und sie sind völlig verschieden, keine Fortsetzungen. Es führt praktisch kein Weg an "Zwischen zwei Sternen" vorbei. Für mich das beste, was es im Genre Science Fiction gibt.