Valerie Fritsch – Winters Garten

  • Original : Deutsch (Österreich), 2016


    INHALT :
    Winters Garten, so heißt die idyllische Kolonie jenseits der Stadt, in der alles üppig wächst und gedeiht, die Pflanzen wie die Tiere, in der die Alten abends geigend auf der Veranda sitzen, die Eltern ihre Säuglinge wiegen und die Hofhunde den Kindern das Blut von den aufgeschlagenen Knien lecken.

    Winters Garten, das ist der Sehnsuchtsort, an den der Vogelzüchter Anton mit seiner Frau Frederike nach Jahren in der Stadt zurückkehrt, als alles in Bewegung gerät und sich wandelt: die Häuser und Straßenzüge verfallen, die wilden Tiere in die Vorgärten und Hinterhöfe eindringen und der Schlaf der Menschen schwer ist von Träumen, in denen das Leben, wie sie es bisher kannten, aufhört zu existieren.

    Sprachmächtig und in sinnlichen Bildern erzählt die junge österreichische Autorin Valerie Fritsch von einer Welt aus den Fugen. Und von zwei Menschen, die sich unsterblich ineinander verlieben, als die Gegenwart nichts mehr verspricht und die Zukunft womöglich ein Traum bleiben muss.
    (Quelle : Suhrkamp)


    BEMERKUNGEN :
    Anton Winter wächst in einer drolligen Art von einer zwanzig- bis dreißigköpfigen Wohngemeinschaft in einem riesigen Haus inmitten eines noch riesigeren Gartens auf. Eine Stunde von der grossen Stadt am Meer entfernt, ist es eine behütete Parallelgesellschaft, und es ist nahezu verboten, diese Welten zu mischen. Das erste (von sieben) Kapiteln strahlt eine Behütetheit aus, nahezu einen paradiesischen Zustand. Es sprüht von Bildern und Erinnerungen. Teils viele Adjektive und farbenprächtige Vergleiche und handfeste Beschreibungen. Insbesondere die geliebten Großeltern (von den Personen) stehen da. Hier gehen Tod, Krankheit und Leben manchmal Hand in Hand. Fast eine Vertrautheit, die eben keine Angst erzeugt. Doch, könnte man sich später fragen, was erinnert man von der Kindheit?


    Zeitsprung: und Anton findet sich als Vogelzüchter AUF einem Hochhaus der ehemals verpönten Stadt. Angesteckt ? Er ist Zeuge der Intimwelt der Nachbarn. Hier erscheint der Tod als Drohung und Dauerpräsenz, ja, kündigt sich da ein Weltenende an? Alles scheint einem voraussehbaren Ende entgegenzugehen, bricht zusammen, stirbt. Kann darin dann mit der Geburtshelferin (trotz alledem!) Friederike eine Liebesgeschichte in der Apokalypse wachsen ? Oder sie einfach sprachlos ENTDECKEN und feststellen ?


    Mit dem wiedergefundenen Bruder und seiner Frau und deren Säugling geht es zurück in das Haus, in den Garten der Vergangenheit und der Kindheit. Verlassen. Doch sie richten sich ein. Kommt der Winter… Der ewige ? Oder doch ein Neuanfang ?


    Was man auch inhaltlich sagen mag zu diesem Roman, so sind wohl die Gegenwärtigkeit der Kindheit und ihrer Träume, aber auch die Frage nach (selbstverständlichem?) Umgang mit Tod und Leben, und letztlich die Liebe die großen Themen. Halt vielleicht die größten Themen überhaupt ? Doch vor allem wie die junge Autorin sprachlich überaus erfrischend, neu, stets überraschend darangeht ist schon bemerkenswert. Die meiste Zeit über verwendet sie den erzählerischen Modus, nur in zwei Kapiteln taucht der Dialog auf, und selbst da : teils IM Traum. Manche Motive, literarisch-sprachliche, wie auch inhaltliche, erinnerten mich an Tribute an einige große Schriftsteller. Aber da kann ich mich auch irren. Sie selber liebt den Ransmayr. Ich meinte hier und da einen Hesse, einen Handke rauszulesen, aber auch Bilder eines Lenz, eines Grass. Aber ich will mich nicht in ein Wespennest setzen.


    Ein schon ganz besonderer « Endzeitroman » in Fabulier- und Märchenton. Bei vielen Sätzen und Gednken könnte man verweilen. Ich las betont langsam, und könnte doch fast wieder von vorne anfangen.


    Große Empfehlung !


    AUTORIN :Valerie Fritsch, 1989 in Graz geboren, wuchs in Graz und Kärnten auf. Nach ihrer Reifeprüfung 2007 absolvierte sie ein Studium an der Akademie für angewandte Photographie und arbeitet seither als Photokünstlerin und Schriftstellerin. Sie ist Mitglied des Grazer Autorenkollektivs plattform. Publikationen in Literaturmagazinen und Anthologien sowie im Rundfunk. 2011 erschien ihr Debütroman Die VerkörperungEN bei Leykam.
    Der Reisegeschichten- und Bilderzyklus « Die Welt ist meine Innerei » (Septime 2012) führt Fritsch u.a. nach Äthiopien, Peru, Madagaskar, Vietnam, Malaysia, Bangladesch, Kuba, Indien, Rumänien, Moldawien, Marokko, Myanmar, Russland, Nigeria, Benin, Togo, Ghana, Eritrea und in den Iran.
    2015 erschien der Gedichtband « kinder der unschärferelation « bei Leykam, 2016 Winters Garten.


    Sie lebt in Graz und Wien.


    Zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien, insbesondere der Peter Rosegger Preis des Landes Steiermark 2015, Longlist Deutscher Buchpreis 2015 mit Winters Garten.


    Gebundene Ausgabe: 154 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 4 (7. März 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3518424718
    ISBN-13: 978-3518424711