Joe Hill - Strange Weather

  • Eigenzitat aus amazon.de:


    Zwischen diesen beiden Buchdeckeln finden sich vier Kurzromane aus der Feder von Joe Hill King, von denen eine zumindest bereits in einem Magazin veröffentlicht worden war.


    Snapshot


    Der junge Mike lebt Mitte der Achtziger Jahre mit seinem alleinerziehenden Vater in einem kleinen Ort in den USA. Wo er wegen seines Nachnamens, aus dem sich leicht „Fag“ machen lässt – aber auch wegen seines enormen Übergewichts – gerne und oft gehänselt wird. So hat er mit seinen Altersgenossen vergleichsweise wenig zu tun und verbringt viel Zeit in der Garage mit irgendwelchen Erfindungen. Hin und wieder besucht er auch sein ehemaliges Kindermädchen, Shelly, die mittlerweile unter Altersdemenz zu leiden beginnt.


    Als er Shelly eines Tages auf der Straße aufliest, ist diese sehr verwirrt und der Überzeugung, dass sie auf dem Weg gewesen ist Mike wieder einmal zu beaufsichtigen. Außerdem ist sie auf der Flucht vor dem „Polaroidmann“, der ihr wohl etwas wegnehmen möchte. Fürsorglich bringt Mike sie nach Hause, wo ihr Mann überglücklich ist und Mike gleichzeitig bittet, ihm bei der Versorgung seiner zunehmend verwirrten Frau zu helfen. Unwillig, aber mit einem tiefen Gefühl der Verpflichtung stimmt Mike dieser Reglung zu.


    Wenig später trifft Mike an einer Tankstelle einen auffällig tätowierten Mann, der ihn nicht nur wegen seiner Körperfülle beleidigt, sondern ihn auch noch in einen Auftrag drängt, den Mike so missausführt, dass es beinahe zu einer Schlägerei kommt. Dabei fällt auf, dass dieser Mann eine etwas ungewöhnliche Sofortbildkamera dabei hat, mit der während der Auseinandersetzung etwas Unheimliches geschieht. Sollte dies der gefürchtete „Polaroidmann“ sein. Bald hat Mike darüber schreckliche Gewissheit – eine Gewissheit, die sein ganzes weiteres Leben nachhaltig beeinflussen soll.


    Loaded


    Es ist einige Jahre her, dass ein junger Mann vor den Augen seiner Verlobten von der Polizei niedergeschossen. Er hatte das Pech in der Nähe eines gestohlenen Wagens mit etwas reflektierendem in der Hand gesehen zu werden und einen Mädchenrucksack auf dem Rücken zu haben – und er war schwarz.


    Heute ist dieses Mädchen eine Reporterin, die unter anderem den damaligen Fall in einer preisge-krönten Artikelserie aufgearbeitet hat. Nun gibt es einen Schusswechsel in einem Einkaufszentrum an dessen Ende vier Tote und ein heldenhafter Kaufhaussicherheitsmann stehen, der vom Polizeichef des Ortes gehörig gefeuert wird. Und von der NRA, denn er war „the good guy with a gun.“ Doch als die junge Reporterin anfängt an überstehenden Fäden des Gewebes dieser Geschichte zu rupfen ergibt sich ein ganz anderes Bild.


    Eine bitterböse Geschichte über den US-Amerikanischen Waffenwahn, über Rassismus und die Macht der Presse. Überzeugend und erschreckend.


    Aloft


    Aubrey und Hariet steigen in Angedenken an eine verstorbene Freundin in ein Flugzeug um einen Fallschirmsprung zu machen – und das, obwohl Aubrey verzweifelte Höhenangst hat. Aber er möchte das Angedenken an die Verstorbene nicht enttäuschen. Und er ist verzweifelt in Harriet verliebt. Trotzdem entschließt er sich dazu, kurz vor dem Sprung einen Rückzieher zu machen. Da fallen auf einmal Triebwerke und Elektronik der Maschine aus und da das Verbleiben im Flugzeug in einem Sturzflug um die Maschinen so wieder zu starten seiner Höhenangst auch nicht entgegen kommt, findet sich Aubrey auf einmal im freien Fall – und er landet im wahrsten Sinne des Wortes in Wolkenkuckucksheim.


    Eine interessante Variante des Robinson Crusoe-Motivs, das viele überraschende Wendungen und eine Menge psychologische Tiefe enthält.


    Rain


    Es ist ein wunderschöner Sonnentag im August und beinahe jeder ist im Garten oder auf der Straße, denn es ist eigentlich kein Wölkchen am Himmel. Doch dann zieht plötzlich eine Wolke auf und Donner und Blitz hallen über die Landschaft – und im nächsten Moment hagelt es messerscharfe Nadeln aus Kristallen, die die Menschen im Freien entweder schwer verletzen oder töten. Zurück bleibt eine traumatisierte Gegend und darin Honeysuckle Speck, die mit ansehen musste, wie ihre Verlobte und ihre Schwiegermutter in Spe von dem ungewöhnlichen Regen zerfetzt worden sind, als sie gerade einige Möbel in ihr Haus bringen wollten.


    Da sie ihren Schwiegervater in Spe nicht erreichen kann, beschließt sie, diesen in Denver aufzusuchen und macht sich auf den Weg. Dabei sieht sie ein in apokalyptische Wehen geworfenes Land, in dem es viele großartige Menschen gibt, aber auch Opportunisten, Plünderer und Leute, die glauben, nun endlich ihre Vorurteile – unter anderem gegenüber Homosexuellen – ausleben zu können.


    Solche apokalyptischen Szenarien sind uns von Joe Hill etwa aus „Fireman“ und natürlich auch von seinem Vater überaus bekannt. In diesem Kurzroman wird die aktuelle politische Lage in den USA mit einbezogen, was – laut Nachwort – zu einem deutlich pessimistischeren Ende geführt hat, als es zu Beginn des Schreibens Anfang 2016 ursprünglich geplant gewesen ist. Auch interessanter Lesestoff.


    Alles in Allem eine sehr gelungene und lesenswerte Sammlung voller überraschender Ideen und überzeugend gezeichneter Charaktere. :thumleft:
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