Madeleine Puljic - Das Unglück Mensch

  • Das Unglück Mensch - Madeleine Puljic


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    320 Seiten
    Dystopie


    Inhalt:
    Manche behaupten, Noryak wäre keine Stadt, sondern eine Krankheit.
    In Noryaks Centern werden Menschen genetisch optimiert und künstlich erzeugt. Wer natürlich geboren wurde, muss sein Dasein in einer der Fabriken fristen, in denen Maschinenteile wertvoller sind als Menschenleben.
    Doch im Untergrund wächst bereits der Widerstand.
    Hier sammeln sich die Puristen.
    Um ihre Menschlichkeit zu demonstrieren, haben sie ihr eigenes Fleisch zerschnitten. Jetzt ist es das Blut der Oberschicht, das sie fordern.
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    Meinung:


    Nach dem Studieren des Klappentextes erwartete ich eine düstere, beklemmende Dystopie. Eine Rebellion. Hintergründe. Gewalt.
    Technologie. Spannung.
    Ich erwartete eine Welle der Machtdemonstration.


    All das habe ich auch bekommen.
    Allerdings und zu meinem Leidwesen, anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
    Bevor ich mich jedoch im Hin und Her meiner Argumentation verliere, möchte ich nochmal betonen, dass dies mein persönlicher Geschmack ist und ich mir ziemlich sicher bin, dass es dort draußen Leser gibt, die das mögen werden.
    Strukturell, atmosphärisch und vom Gefühl her, erinnert mich das Buch nämlich stark an meinen Zwiespalt bei „Unstern“ von Kathrin Ils.


    In einer Gesellschaft, in der die „Natürlichgeborenen“ verpönt sind, in der Kloster und Gebetsstätten kein Ort der Hoffnung, sondern der Ausbildung sind... in dieser Gesellschaft wachsen Niove und Atlan auf.


    Einen wirklichen Erzählstrang, dem man folgen kann, gibt es nicht.
    Innerhalb der Kapitel wird immer wieder von einer Person zur anderen gewechselt, was mir über die gesamte Geschichte hinweg enorme Schwierigkeiten bereitete.
    Vor allem zum Ende hin, wenn mehr und mehr Protagonisten zu Wort kommen, um das große Ganze darzustellen, wird es leider sehr verworren, aber sei’s drum.


    Nioves und Atlans Erzählungen haben mir noch mit am Besten gefallen.
    Atlan, ein Junge, der im Kloster aufwächst, wird im Laufe der Jahre erwachsen und bekommt auf seinem Weg zur Priesterweihe so einiges an Informationen und Vorhergensweisen mit.
    Obwohl er sich über die Zeit hinweg entwickelt, blieb er in meinen Augen meist der zurückhaltende, regelkonforme Mensch, der er zu Anfang war.
    Das brachte ihn mir nahe und machte ihn sympathisch.


    Viel interessanter jedoch - und eigentlich auch ein Grund, warum ich das Buch zuende gelesen habe, fand ich Niove.
    Sie ist eine so genannte „Optimierte“ - eine aus der Oberschicht.
    Während die meisten Klone komplett im Reagenzglas aus künstlicher DNS gezogen werden, wurde Niove nur halb „gezüchtet“ - geklonte DNS vermischt mit der DNS ihrer Mutter, einer Natürlichen, macht aus ihr ein ganz besonderes Mädchen. Nämlich eins mit Gefühlen, fähig zu eigenem Denken, wenn auch optimiert zur Intelligenzüberproduktion.
    Ein halber Klon und die Tochter von Hr. Esser, einem der Gründer des Gen- und Klonforschungscenters „N4“.


    Diese Gefühle, die Niove aus der Masse abheben und ihre Intelligenz, sowie das Bedürfnis, den Armen, Nicht-Optimierten zu helfen, sind der Schlüsselpunkt der Geschichte.
    Und dann gibt es da noch die Puristen.
    Menschen, die auch „Die Reinen“ genannt werden, was für mich so irgendwie keinen Sinn ergibt.
    Sie sind zwar rein, im Sinne von Unoptimiert, aber ihre Seele ist durch die ganzen Selbstverstümmelungen, die sie von der Masse abheben sollen, doch grau, milchig und trüb.


    Ihr seht, ich muss viel mehr der Geschichte erklären, als dass ich argumentieren kann, warum sie mir nicht gefallen hat.
    Natürlich sind Dystopien nicht immer logisch angelegt, aber hier gab es mir zu viele Nebenstorys.
    Zu viele Charaktere, die einfach auftauchten und zu viele Fäden, die vom Hauptstrang abgingen, sodass ich irgendwann angefangen habe sie nur noch zu überfliegen.
    Zumal die Protagonisten selbst, wenn ich das richtig verstanden habe, auch in gefühlt ein Dutzend Verschwörungen und Pläne verwickelt waren, sodass ich nicht mehr das Gefühl eines Aufstands hatte, der ja im Klappentext thematisiert wird, sondern eher das von einem summenden Bienenstock, in dem jeder seinen Platz sucht - was in gewisser Weise auch stimmt, aber überhaupt nicht meins ist.


    Der Schreibstil der Autorin war dem aufkommenden Endzeitszenario angepasst. Düster, beklemmend, aber vor allem - religiös.
    Ein weiterer Punkt, mit dem ich leider absolut nichts anfangen konnte.
    Durch die ganze Geschichte ziehen sich Kloster, Gebetsstätten, der Glaube und Nicht-Glaube an Gott usw usw.
    Damit habe ich nun mal so gar nichts am Hut und empfand das eher als nervig, denn hilfreich.
    Es ist allerdings essentiell für die Story und vermutlich mit ein Auslöser dafür, dass auch die dargestellte Spannung nicht richtig auf mich übergreifen konnte.


    Man sieht also, „Das Unglück Mensch“ war definitiv nicht mein Fall, aber...


    Fazit:


    ...während ich mich in keinster Weise in das Buch fallen lassen konnte und nur wegen Nioves Persönlichkeit weitergelesen habe, gibt es sicher Menschen, die mehr mit dem dysoptischen, aber doch möglichen Endzeitroman anfangen können.


    Wer sich gern ein allumfassendes, dunkles Bild von der Zukunft malen lassen will, wer sich für Rebellion, Aufstände und Religion begeistern kann und auch mit Verlusten klar kommt, der ist mit der Geschichte gut beraten.


    Ein halber Stern für Niove, zwei Sterne für die Idee, Endergebnis: 2,5 von 5 :bewertung1von5: Sterne.