Mavis Doriel Hay - Geheimnis in rot / The Santa Claus Murder

  • Kurzmeinung

    Lavendel
    Schöner, typischer "Who dun it" in typisch britischer Manier. Spannend mit interessanter Auflösung.
  • Strukturiert aufgebauter Krimi mit dem Flair der 40er Jahre - spannend und unterhaltsam!


    Klappentext


    Das traditionelle Familienfest im Hause Melbury beginnt wenig beschaulich, als Sir Osmond von einem als Weihnachtsmann verkleideten Gast ermordet aufgefunden wird. Die Trauer der anwesenden Verwandtschaft hält sich jedoch in Grenzen, da Sir Osmond ein beträchtliches Erbe hinterlässt. Jedes der eingeladenen Familienmitglieder zieht seinen Nutzen aus dem Tod des Patriarchen – nur der Weihnachtsmann, der genug Gelegenheiten hatte, den alten Herrn ins Jenseits zu befördern, besitzt kein Motiv. Inmitten von Missgunst, Verdächtigungen und Abscheu stellt sich schließlich heraus: Es kann nicht nur einen verkleideten Weihnachtsmann gegeben haben.


    Meine Meinung


    Letztes Jahr um die Weihnachtszeit kam ebenfalls eine Neuauflage eines Krimiklassikers heraus mit "Geheimnis in weiß", das mir richtig gut gefallen hatte. Natürlich war ich jetzt neugierig, ob mich diese Neuauflage genauso begeistern kann.


    Die Aufmachung mit dem bedruckten Leineneinband sieht wirklich toll aus und fühlt sich auch schön an! Es ist sogar biegsam, das ist echt was besonderes und sehr handlich beim lesen.


    Das Buch ist kapitelweise aus der Sichtweise der verschiedenen involvierten Personen geschrieben. Zu Anfang wird sehr expliziet auf die Charaktere eingegangen und das ist auch gut so. Denn die Verwandtschaft des reichen und ermordeten Sir Osmond ist zahlreich zu Weihnachten angereist - wie jedes Jahr - und man merkt hier schon gewisse Spannungen, die unter den potenziellen Erben herrschen.
    Ich bin trotzdem manchmal etwas durcheinander gekommen, denn manchmal werden die Personen mit Vornamen, manchmal mit Nachnamen erwähnt, was für mich etwas Verwirrung gestiftet hat.


    Aber dennoch kommt man gut mit und die Handlung entwickelt eine sehr eigenwillige und durchaus fesselnde Atmsophäre. Es ist wirklich durch und durch Krimi, denn alles bezieht sich auf die Ermittlung des Mörders innerhalb der Familie und den anwesenden Personen auf dem Anwesen in Flaxmere. Dabei gibt es immer wieder Hinweise und ich war lange am miträtseln, welche Indizien nun mit dem Verbrechen zusammenhängen und welches die falschen Fährten sind.
    Man erfährt zwar viel über alle Betroffenen, bleibt aber doch außen vor, denn die hauptsächliche Perspektive übernimmt Colonel Halstock, der ermittelnde Kommissar. Er geht dabei sehr akribisch und strukturiert vor und entwickelt einige Verdachtsmomente, die aber immer wieder verworfen werden müssen. Irgendwie scheint das alles nicht so recht zusammenzupassen, aber am Ende ergibt alles ein logisches und gut durchdachtes Bild.


    Mir hat dieser "alte" Krimi jedenfalls sehr viel Spaß gemacht, vor allem auch durch den Charme der 40er Jahre. Einziges Manko ist wirklich die Vielfalt an Figuren, durch die ich nicht immer alles so gut durchblicken konnte. Man muss sich hier beim Lesen schon konzentrieren und gut aufpassen.


    Fazit: 4 Sterne


    © Aleshanee
    Weltenwanderer

  • Amüsante Ermittlungsarbeit aus den Vierzigern

    Dieser Krimi ist kein „neues“ Werk, sondern eine Wiederauflage des Kriminalromans von Mavis Doriel Hay von 1936. Dies muss man vorab wissen, um sich vollständig auf den wunderbaren Schreib- und Erzählstil der Autorin einlassen zu können und auch gewissen Ausdrücke und Sichtweisen der Protagonisten besser zu verstehen.
    Die Hauptfiguren in diesem „Krimi-Klassiker“ sind großteils Mitglieder einer Familie, der Melburys, die einen imposanten Wohnsitz im Ort Flaxmere in der Nähe von Bristol ihr Eigen nennt. Umrahmt werden die Geschwister, ihre Angeheirateten und Kinder sowie der Herr des Hauses, Sir Osmond, von einigen Dienstboten, einem Chauffeur und Osmonds Privatsekretärin.
    Eines der traditionellen Weihnachtstreffen geht schief und es gibt einen Mord. Colonel Halstock übernimmt die Ermittlungen, die sich aus heutiger Sicht angenehm ruhig, durchdacht und auch etwas amüsant gestalten, fehlten doch damals viele der Möglichkeiten, die bei heutigen Polizeiarbeiten selbstverständlich sind. Aber die gute alte Taktik mit Einzelgesprächen und Zusammensetzen aller Hinweise und Widersprüche liest sich unterhaltsam und gibt dem Leser Zeit, selbst mitzuraten.
    Nicht fehlen dürfen auch klassische Elemente wie ein (geändertes?) Testament, daraus resultierend Neid und Missgunst sowie einige Falschaussagen in den Verhören. Zwar wird die Handlung durchaus chronologisch erzählt, aber es kommen einige Schlüsselfiguren ausführlich selbst zu Wort, diverse Abschnitte zeigen also auch verschiedene Sichtweisen auf, was Abwechslung bringt.
    Letztendlich kann man als Leser durchaus schon früh auf einen Teil der Lösung kommen und mit den vielen Namen kommt man leicht durcheinander. Der so erfrischende Schreibstil und die recht eigenen Charaktere machen das aber wieder wett.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


  • Der Mörder ist nicht immer der Gärtner


    Bei diesem Buch muss ich ausdrücklich einmal die Ausstattung loben, was für mich sonst eher zweitrangig ist. Doch hier ergeben physische Form und erzählerischer Inhalt ein äußerst stimmiges Ganzes. Wo findet man sonst noch eine so liebevolle Gestaltung - handliches Format, Soft-Einband, bedrucktes, griffiges Leinen, und ein dezent hintersinniges Einbandmotiv, Ton in Ton abgestimmt auf das Lesebändchen. Auch als physisches Objekt (und erst recht als (Weihnachts-) Geschenk ) überzeugt diese grandiose Wiederentdeckung des Klett-Cotta-Verlags.


    Inhaltlich bin ich mindestens ebenso positiv überrascht. Der Name der Autorin, Mavis Doriel Hay, sagte mir bislang gar nichts – ich möchte aber zu behaupten wagen, dass es sich hier um einen völlig und Unrecht vergessenen Klassiker aus den 30 er Jahren handelt.


    Erzähltechnisch haben wir es hier mit einem viktorianischen Briefroman zu tun, der ganz eindeutig von berühmten Vorbildern des Genres geprägt ist. Die Gesellschaftsschicht, die Dialoge, das Bemühen um möglichst wenig Aufsehen – all das gemahnt an Dorothy L. Sayers, mit der zusammen die Autorin ja angeblich studiert haben soll. Die eigentliche Erzähltechnik jedoch ist zu 100 Prozent von Wilkie Collins inspiriert. Wer die „Frau in Weiß“ mochte, wird von diesem Buch begeistert sein.


    Wie bei Collins werden auch hier im Nachhinein verschiedene beteiligte Personen gebeten, ihre Sicht der Dinge schriftlich zu schildern. Das sind hauptsächlich Familienmitglieder , aber auch Colonel Halstock, ein Freund der Familie, der dem eigentlichen Ermittler Rousden assistiert. Die Autorin arrangiert es geschickt so, dass die Berichte in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden (obwohl zu verschiedenen Zeitpunkten abgefasst ). Dadurch, und durch die jeweils individuelle und ergänzende Sichtweise der Erzählenden, wird der Leser in die Lage versetzt, fleißig mitzuraten. Man hat also als Leser eine durchaus realistische Chance, auf die Lösung zu kommen. Allerdings ist die Autorin gewieft genug, ausreichend Überraschungsmomente einzubauen - ich gestehe, ich war die ganze Zeit über auf dem Holzweg!


    Über die Handlung an sich möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren, da gerade bei dieser Art von Landhauskrimi die Gefahr besteht, zu viel zu verraten. Und ein Landhauskrimi erster Güte ist es! Es gibt ein geradezu klassisches Setting: der gestrenge Patriarch, ein heiß ersehntes Erbe, eine angestaubte Tante, eine allzu rührige Privatsekretärin, glückliche und unglückliche Erben, ein Mord im Arbeitszimmer, und ehrwürdige Bedienstete.


    Dass das Ganze auch noch an Weihnachten spielt, verleiht der Erzählung in meinen Augen ihre besondere Würze. Denn damals wie heute ist und war man darauf bedacht, sich angestrengt um Harmonie zu bemühen. Was nur selten gelingt!


    Die Geschichte wird für den Leser gleich mehrfach gefiltert: schon zum Zeitpunkt des ersten Erscheinens Mitte der 30er Jahre erzählte die Autorin von einer längst vergangenen Zeit, den „Goldenen Zwanzigern“. Diese Zeit wird äußerst überzeugend zum Leben erweckt, aber mit Farbtupfern. Telegramme, Chauffeure, Abende am Kamin, nachbarschaftliche Besuche, Familienanwälte, Knallbonbons und Mistelzweige - da muten die Erwähnung von Telefon und Schreibmaschine geradezu exotisch an. Auch der Wunsch der Enkelin von Sir Oswald, Architektur zu studieren, darf in diesem Sinne als ausgesprochen fortschrittlich gewertet werden.


    Ich kann zusammenfassend eigentlich nur sagen, dass an diesem Buch eigentlich alles für mich stimmig war. Besonders nett fand ich die tabellarische Auflistung aller möglichen Motive und Gelegenheiten am Ende, sowie den Grundriss des Familiensitzes Flaxmere - so konnte man seine eigenen Vermutungen überprüfen, und der Handlung leichter folgen. Auch die kongeniale Übersetzung von Barbara Heller möchte ich lobend erwähnen. Ich werde dieses kleine Juwel mit Sicherheit weiterempfehlen und (nicht nur zu Weihnachten) verschenken.




    Meine Wertung: 5/5

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • Gemütlicher Krimi nicht nur für die Weihnachtszeit:santa:


    Zum Inhalt:

    Das traditionelle Familienfest im Hause Melbury beginnt wenig beschaulich, als Sir Osmond von einem als Weihnachtsmann verkleideten Gast ermordet aufgefunden wird. Die Trauer der anwesenden Verwandtschaft hält sich jedoch in Grenzen, da Sir Osmond ein beträchtliches Erbe hinterlässt.

    (Quelle: https://www.klett-cotta.de/buc…er/Geheimnis_in_Rot/84828)


    Zum Buch selbst:

    Das schöne Cover des Buches hat mich direkt angesprochen und so griff ich es vom Stapel um mir den Klappentext durchzulesen. Aha! Ein Mord in einem Herrenhaus? England? Der Glanz längst vergangener Zeiten? Und dann auch noch Weihnachten? Na das ist doch was für mich! Also durfte dieser kleine Krimi von Mavis Doriel Hay in mein Bücherregal einziehen und nun habe ich es gelesen.

    Mit 303 Seiten hat es für einen Krimi, einen wie ich finde, guten Umfang. Flotte Leser dürften ihn an einem Tag durchgelesen haben, man kann es aber auch gemächlich angehen lassen und sich ein bisschen Zeit nehme für diese Geschichte.


    Das Buch wird aus der Persepektive verschiedener Personen, jeweils in der Ich-Form, erzählt. Man erfährt zunächst einiges über die einzelnen Figuren und ihre jeweiligen Situation. Die Geschichte braucht ein wenig, um wirklich in Fahrt zu kommen. Für mich fühlte es sich wie eine kleine Ewigkeit an, bevor es endlich ans Eingemachte ging: der Mord an Sir Osmond. Ich gebe zu, an diesem Punkt war ich ein bisschen genervt vom Buch. Ich legte es beiseite und nahm mir ein anderes Buch. Aber, ich gebe ja nicht so schnell auf und so nahm ich es mir nach zwei Tagen Pause wieder vor und was soll ich sagen? Endlich kam die Geschichte in die Gänge:cheers:


    Auf den Inhalt gehe ich jetzt nicht näher ein. Den müsst ihr euch selbst erlesen.


    Das Buch liest sich gut, die Sprache ist klar und verständlich. Ich mag die gewählte Ich-Form des Romans sehr. Ich habe dann immer das Gefühl, ich bin ganz nah an den einzelnen Figuren dran.


    Mavis Doriel Hay präsentiert einige potentielle Mörder, die eigentlich alle ein Motiv haben. Lediglich die Gelegenheiten, Sir Ormond ins Jenseits zu befördern, waren mal mehr, mal weniger stark.

    Ich persönlich bin dem Täter erst relative spät auf die Spur gekommen, als es eigentlich kein anderer mehr sein konnte. Und ich war überrascht, sowohl vom Täter selbst, als auch vom Motiv. Daran hatte ich so gar nicht gedacht. Eingefleischte Miss Marples und Hercules Poirots sind Täter und Motiv wohl aber schon eher in den Sinn gekommen.


    Was hat mir nicht gefallen?

    Der recht zähe Start hat mir die Geschichte ein wenig verhagelt. Sicher ist es notwendig, einige Erläuterungen zu den Personen und der Familiensituation zu geben, damit die Geschichte am Ende auch einen Sinn ergibt. Mir hat es aber einfach ein wenig zulange gedauert, bis die Geschichte ins Rollen kam.


    Nichtsdestotrotz hat mir die Geschichte gut gefallen. Ich liebe alte Herrenhäuser in einsamen englischen Landschaften. Egal ob es einen Mord gibt oder ein Geist spukt oder ob ein Geist einen Mord begeht. Ich mag einfach die Atmosphäre, die solche Bücher in sich tragen.


    Ich gebe dem Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: von :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    "Die Menschheit ist ein Buch, das immer wieder von neuem aufgelegt wird, ohne die Aussicht, jemals ein Bestseller zu werden"

    William Faulkner


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