Die fast 100-jährige Henriette reist mit ihrer Urenkelin Rachel vom uruguayischen Montevideo nach Berlin, um Rachels Abschluss zu feiern. Doch was Rachel nicht weiß, Henriette ist gebürtige Deutsche und stammt aus Küstrin. Sie wurde von ihren Eltern während des zweiten Weltkrieges allein nach Argentinien geschickt, um sie vor den Nazis zu retten, denn Henriettes Familie waren Juden. Henriette hat niemals über die damalige Zeit und ihre Familie gesprochen, es regelrecht geheim gehalten, so weiß ihre Familie nichts von ihren ehemaligen Wurzeln. Ihre Rückkehr nach 80 Jahren nach Deutschland setzen viele Erinnerungen in Henriette frei, vor allem an ihre alten Kinder- und Jugendfreunde, die sogenannte Kleeblattbande, die immer zusammen hielten und vielen miteinander erlebten. Ihr gehörten Charlotte, Karl und Hans an. Hans war Henriettes erste große Liebe. Ob sie ihn wohl doch noch wiederfindet?
Dr. Hans Meyer zu Düttingdorf hat mit seinem Buch „Unsere Seite des Himmels“ einen sehr ergreifenden, gefühlvollen und spannenden Roman vorgelegt, der wie ein Zeitzeugnis wirkt und ein wahrer Pageturner ist. Der Schreibstil ist flüssig, sehr realitätsnah und voller Emotionen. Der Roman wird aus der Sicht von Henriette in der dritten Person erzählt. Wechselnde Kapitel erzählen mal von den gegenwärtigen Reiseerlebnissen und Nachforschungen von Henriette und Rachel, mal von der Vergangenheit Henriettes zur Vorkriegszeit und den Zuständen während des 2. Weltkrieges. Der Spannungsbogen wird zuerst langsam aufgebaut, steigert sich während der Geschichte aber immer weiter in die Höhe, wobei der Leser genügend Raum für eigene Spekulationen und Gedanken hat, wie wohl alles enden wird. Der historische Hintergrund wurde vom Autor gut recherchiert und mit der Handlung verwebt. Die damalige Judenverfolgung in einem kleinen Ort wird ebenso thematisiert, wie die Entfremdung von ehemaligen Freunden und Nachbarn sowie die vereinzelten, die auf eigene Gefahr denen Hilfe leisteten, die geächtet wurden und zeigen eine gespaltene Gesellschaft auf, die sowohl Angst und Schrecken verbreitet, aber auch Hoffnung durchschimmern lässt.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und individuell ausgestaltet worden. Sie wirken lebendig und sehr authentisch, der Leser durchlebt mit ihnen die gesamte Palette der Gefühle. Henriette ist eine sehr sympathische Frau, die ein sehr bewegtes Leben führte. Viele Schicksalsschläge musste sie durchleben und die Verleugnung ihrer wirklichen Identität hat sie ihr Leben lang begleitet. Doch am Ende ihres Lebens möchte sie mit einigen Dingen Frieden schließen und sich Gewissheit verschaffen. Der Leser lernt Henriette als junges Mädchen innerhalb ihrer Familie kennen und begleitet sie bis hin zur jungen Frau, die mutterseelenallein in einem fremden Land zurechtkommen muss. Sie ist eine zurückhaltenden, aber auch mutige Frau, die sich irgendwann auflehnt und Widerstand leistet, doch am Ende sich ein Leben lang aus Angst selbst verleugnet. Rachel ist eine junge Frau, die von dem Leben ihrer Urgroßmutter überhaupt keine Ahnung hat. Sie ist lebenslustig, fröhlich, dabei hilfsbereit und optimistisch. Charlotte, Karl und Hans sind Henriettes Freunde, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, verstehen sich die vier sehr gut und stehen füreinander ein. Auch die anderen Charaktere wie z.B. Frau Dr. Hehn oder auch Herr Rieger bleiben dem Leser im Gedächtnis aufgrund ihres Verhaltens und ihrer Einstellung. Sie alle machen die Geschichte rundum lebendig und sehr real.
„Unsere Seite des Himmels“ ist ein sehr fesselnder und emotionaler Roman über Deutschlands unrühmlichste Zeit der Geschichte. Gleichzeitig ist es eine Familien- und Liebesgeschichte, gespickt mit Geheimnissen und Gefühlen. Alle, die sich gern in andere Zeiten träumen und gefühlvolle Geschichten lieben, werden hier auf jeden Fall wunderbar unterhalten. Absolute Leseempfehlung für eine Entdeckung und ein wirkliches Highlight!!!
Einfach wunderbare !