Was ist ein Klassiker

  • Aufgeschreckt durch mein falsches Einordnen der Deutschstunde von Lenz frage ich mich seit Tagen genau das:"Was ist ein Klassiker?"
    Ist es all das, was nicht in den letzten Jahren erschienen ist und doch noch irgendwie bekannt?
    Oder sind es die Werke, die geadelt sind, dass sie in einem Kanon erwähnt sind, Schullektüre wurden?
    Oder gibt es sogar einen zeitlichen Schnitt?


    Ohne großes Überlegen waren Klassiker für mich Goethe, Schiller und Genossen. Hesse so gerade schon nicht mehr. Aber begründen konnte ich das nie.
    Hier im Forum scheint es jetzt so zu sein, dass die Nachkriegsautoren, Grass, Lenz, Böll usw. dazu gehören. Ich verstehe den Gedanken dahinter auch gut, nur mein Gefühl will nicht so recht. Ich gehe auch mal davon aus, dass es hier keine feste Regel gibt, welches Buch in welche Kategorie gehört?
    Ich würde gern von anderen lesen, wie sie für sich diese Unterscheidung treffen.


    Nach etwas Nachdenken scheint sich für mich zu kristallisieren: Autoren die bis zum Beginn der Hitlerzeit produzierten.
    Bin mal gespannt
    Klaus

  • Hmmm... interessante Fragestellung.


    Ich denke nicht, dass nur die oben erwähnten Goethe, Schiller usw. zu den Klassikern gehören. Wir finden eben diese auch in ganz anderen Sparten, wie zum Beispiel "Vom Winde verweht" von Margaret Mitchell.


    Klassiker entstehen meiner Meinung nach, durch einen hohen Bekanntheitsgrad, durch Benutzung als Schullektüre und die über Jahre und Jahrzehnte hinweg ihren Reiz für die Öffentlichkeit nicht verlieren.


    Ein guter Krimi ist noch lange kein Klassiker. Da muss schon so etwas kommen wie "Es geschah am hellichten Tag". Das ist wiederum ein Klassiker.


    So richtig begründen kann ich es halt auch nicht. Aber hier werden bestimmt noch mehr User Meinungen dazu haben.

    Liebe Grüße
    Pokerface


    Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen (Yoda) :study:

  • Eine wirklich interessante Frage, über die ich mir auch schon des öfteren Gedanken gemacht habe und zu keinem wirklichen Schluss gekommen bin. Ich denke, die Definition hängt auch von dem Rahmen ab, in dem man sich bewegt. Im wissenschaftlichen Umfeld könnte ich mir vorstellen, dass ein "Klassiker" zum einen tatsächlich bereits kanonisiert sein muss und dies auf Grund seiner Repräsentationsfährigkeit einer Gattung oder ähnliches geschieht. Also ein Text, der eben alle "klassischen" Merkmale aufweist, wird dazu gezählt - wie zum Beispiel Schillers "Die Räuber" typisch für den Sturm und Drang ist und daher ein Klassiker.
    Im Alltagsgebrauch verwässert der Begriff da schon etwas und je nach Argumentation kann ich das auch nachvollziehen. Wenn ein Text (oder Film, etc.) sich mit Themen auseinandersetzt, die immer aktuell waren und vermutlich auch immer aktuell bleiben werden (Liebe, Tod, so in der Richtung), und auch narrativ einen gewissen Anspruch erfüllen, besteht ja auch die Chance, dass sie irgendwann in einen Kanon aufgehoben werden. Und wennhalt auch mal ein nicht kanonisierter Text (wer kanonisiert eigentlich? Und wann passiert das? 50 Jahre später?) als Klassiker bezeichnet wird, vielleicht dann, wenn er eine große Reichweite hat und vielen bekannt ist. So zumindest würde ich das interpretieren. :-k
    Und hier im Forum bin ich bei für mich grenzwertigen Texten immer ganz froh, wenn schon ein Thread dazu besteht und ich ihn nicht einordnen muss :pale::lol:

  • Ich würde zur Definition auch eine Schnittmenge von Bedeutung und Alter heranziehen. Bedeutung könnte auch durch Bekanntheitsgrad ersetzt werden.
    "Bedeutung" kann man auch wieder so und so interpretieren, ich würde sagen, ein gewisser "Nährwert" für die Gesellschaft oder den einzelnen muss vorliegen/vorgelegen haben.
    Ich nähere mich mal weiter an, in dem ich Beispiele aufliste:
    Gabriele Tergit - Käsebier erobert den Kufürstendamm: Weimarer Republik, daher älter, nicht sehr bekannt, aber Klassiker.
    Birgit Vanderbeke - Das Muschelessen: Inzwischen Schullektüre, relativ bekannt, aber noch kein Klassiker, da zu "jung".
    Ganghofer: Sehr bekannt, alt, Klassiker.
    :)

  • Je mehr ich darüber nachdenke, desto schwieriger finde ich es. Z.B.: muss der Text auch in seiner Zeit populär gewesen sein? Gibt es, wie in der Musik, vielleicht eine Zeit, die man Klassik nennt?
    Die Frage, wer eigentlich kanonisiert, die hätte ich gern beantwortet, denn gefragt habe ich mich das schon oft.
    In der Musik ist es ja auch so, dass gewisse Stilelemente erfüllt sein müssen.
    Irgendwie schwingt für mich auch Qualität immer mit, aber ob das auch richtig ist? Kann es miserable Klassiker geben?
    Bei Filmen scheint das Wort "Kult" sowas ähnliches zu implizieren.
    Das Gefühl, das die "DEutschstunde" für mich kein Klassiker ist, verfestigt sich beim Nachdenken. Bei Ganghofer wehrt sich was bei mir. Irgendwas, keine Ahnung.

  • Das ist wohl eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Genau so, wie die Frage, welche Bücher man kennen oder gelesen haben sollte? Oder die Frage, was ist eigentlich Weltliteratur? Alles Fragen, die man für sich beantworten kann und wahrscheinlich unterschiedlichste Antworten bekommt, wenn man sie stellt. Ganz eng gesehen, ist klassische Literatur die, die zur Zeit Goethes und Schillers entstanden ist. Man spricht ja auch von der Literaturepoche der Weimarer Klassik. Was darüber hinaus gelesen wird, an Schulen, sollte man vielleicht mal gehört haben, ist jetzt aber nicht unbedingt Klassik.


    Kult ist für mich ein Begriff für "angestaubt, kein Bringer, aber leider auch nicht totzukriegen".


    Wenn du Qualität mit heranziehst, rennst du aber auch gegen Wände. Was nützen sprachliche Ausformulierungen, die schön klingen, wenn sie heute nicht mehr ohne Interpretationshilfe verstanden werden können? Und ist z.B. "Romeo und Julia" wirklich so toll, oder eben nur eine Liebesgeschichte nach Schema F?


    Die Fragen sind interessant. Leider schwierig. Und ehrlich gesagt, je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger Antworten habe ich.

  • Schwierige Frage, viele Ansätze - und vermutlich wird es 1000 unterschiedliche Antworten dazu geben. :loool:

    muss der Text auch in seiner Zeit populär gewesen sein?

    Diese Frage verneine ich glatt - viele Größen, die wir heute den Klassikern zurechnen, waren zu ihrer Zeit bestimmt nicht populär. Ich bin kein Literaturexperte oder Germanist, insofern darf mich jeder gerne berichtigen, aber wenn ich mich recht erinnere, war z.B. Kleist zu seiner Zeit nicht populär und auch Schiller hatte wohl so seine Probleme. :-k und bestimmt gibt es noch genügend andere Beispiele dafür.

    Kann es miserable Klassiker geben?

    Ja, denn das liegt am Leser - allein wenn man sich hier bei uns diverse Rezensionsthreads durchliest, sieht man immer aufs Neue, wie unterschiedlich wir Bücher lesen, aufnehmen, interpretieren, empfinden und dann eben auch klassifizieren als "hervorragend, gut, durchschnittlich, miserabel, katastrophal". Dabei ist es ganz gleich, ob wir von zeitgenössischen Romanen oder von Klassikern reden - der Leser entscheidet für sich selbst, ob ein Buch für ihn persönlich gut oder eben miserabel ist. :wink:


    Ganz eng gesehen, ist klassische Literatur die, die zur Zeit Goethes und Schillers entstanden ist. Man spricht ja auch von der Literaturepoche der Weimarer Klassik.

    Eine Epoche macht noch keine klassische Literatur, da muss ich Dir widersprechen. Zu den Klassikern gehört nach meinem Empfinden viel mehr als nur die Werke der Weimarer Klassik.


    Viele gute Gedanken hab ich hier gelesen - z.B. @Caracolitas Ansatz, dass der Rahmen eine Rolle spielt - für mich spielt aber auch die Zeit eine entscheidende Rolle. Niemand hätte zu Lebzeiten Goethes Kleist zu den Klassikern gerechnet (falls man damals überhaupt schon solch eine Einordnung vornahm). In der Zeit der Weimarer Republik hätte wohl auch niemand unbedingt Gerhard Hauptmann oder Gottfried Benn dazugezählt, gleichwohl tun wir das heute auch.
    Wenn also Du, @Klaus V., die "Deutschstunde" nicht als Klassiker empfindest, kann das sehr wohl auch etwas damit zu tun haben, dass dieses Buch in einer Zeit geschrieben wurde, die für Dich persönlich noch greifbar ist, zur jüngsten Vergangenheit gehört (für mich durchaus auch). Aber für jemanden, der 30 Jahre jünger ist als wir, ist die Entstehungszeit des Buches schon richtige Vergangenheit und damit wird die Wahrnehmung für denjenigen eine ganz andere sein.


    Ob wir Bücher, die "erst" 50-60 Jahre alt sind, als Klassiker empfinden, ist für mich also durchaus eine sehr persönliche Wertung, Einschätzung. In 100 Jahren werden sie es ganz sicher sein. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

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  • Das ist eine schöne Frage, die ich noch nie zu Ende gedacht habe. Irgendwo in meinem Hinterstübchen hatte ich mir gemerkt, dass es eine engere Definition gibt, so wie es findo gemeint hat. Bei Wikipedia gibt es diesen Vorschlag, der für mich plausibel ist:

    • lange überregionale Bekanntheit (oft auch generationsübergreifend)
    • gewisser Traditionswert
    • hoher Wiedererkennungswert
    • hohe Qualität wird zugestanden
    • Innovationspotential
    • Einfluss auf die Kultur
    • bei Texten: Zeitlosigkeit der Themen, so zum Beispiel Liebe, Hass & Wut, Familie, Abenteuer, Widerstand & Anpassung

    Es müssen nicht alle Merkmale auf jeden Klassiker zutreffen.

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Die Frage, wer eigentlich kanonisiert,

    Mmh, eigentlich die germanistischen Fakultäten der Universitäten, wenn sie Leselisten erstellen. Zumindest hatte ich während meines Studiums immer den Eindruck. Und auch ich würde nicht jeder Zuordnung zustimmen.



    Kann es miserable Klassiker geben?

    Im Sinne "So schlecht, dass es schon wieder gut wird" ("Angriff der Killertomaten"), sicherlich. Manchmal kann ein Buch auch wichtige Dinge enthalten, die die Zeit verändern oder besonders gut wiedergeben - aber es ist einfach mies geschrieben, hat aber zum Thema keine zeitgenössische Konkurrenz. Aber das ist sicherlich auch Geschmackssache.


    Ein Problem, dass ich mit moderneren Klassikern gelegentlich - nein, eigentlich öfter - habe, ist, dass sie so erscheinen, als wenn sie Germanisten geschrieben haben, damit andere Germanisten darüber reden und schreiben. Das wirkt dann gelegentlich wie nach Rezept geschrieben und ödet mich nach einem ausgiebigen Literaturstudium mit zwei Sprachen (und Englisch wird nun in sehr vielen Kulturkreisen geschrieben) und Jahren des eigenen Unterrichtens eher an.


    Zur Kultfrage: Das würde ich eher verneinen. Einen Kult um bestimmte Dinge machen oft eng umrissene Gruppierungen (auch wenn der Begriff selbst heutzutage infaltionär und oft falsch verwendet wird. Meist um ein Produkt zu hypen, bevor es überhaupt jemand wirklich wahrgenommen hat.

  • Ein Problem, dass ich mit moderneren Klassikern gelegentlich - nein, eigentlich öfter - habe, ist, dass sie so erscheinen, als wenn sie Germanisten geschrieben haben, damit andere Germanisten darüber reden und schreiben. Das wirkt dann gelegentlich wie nach Rezept geschrieben und ödet mich nach einem ausgiebigen Literaturstudium mit zwei Sprachen (und Englisch wird nun in sehr vielen Kulturkreisen geschrieben) und Jahren des eigenen Unterrichtens eher an.

    Hast Du ein Beispiel dafür? :wink: Ich hab ja öfter das Problem, dass ich (grad hochgelobte oder mit Preisen ausgezeichnete) Bücher deutschsprachiger Autoren als extrem gekünstelt empfinde so nach dem Motto "seht her, ich beherrsche die deutsche Sprache, jetzt lobt mich mal dafür" - nur interessant schreiben können sie nicht. Jüngstes Beispiel dafür ist Kirchhoffs "Widerfahrnis". :roll:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Bei Ganghofer wehrt sich was bei mir. Irgendwas, keine Ahnung.

    Bei mir auch.
    Wenn ich Klassiker aufzählen müsste, käme es mir nie in den Sinn, Ganghofer zu nennen.
    In meiner Familie (damit meine ich meine Eltern und Großeltern) gab es nur ganz wenige Bücher. Und Ludwig Ganghofer gehörte dazu, deshalb habe ich bestimmt auch Ganghofer schon gelesen. Ich kann mich aber nicht an Buchtitel oder -inhalte erinnern, was nach ca. 50 Jahren auch nicht verwunderlich ist.


    Klassiker sind für mich auch Bücher, die noch keine 50 Jahre alt sind, z.B. Bölls Katharina Blum. Aber ich kann die Kriterien, nach denen ich Klassiker als solche bezeichne, nicht genau benennen. Für mich ist das eher eine intuitive Einordnung. Deshalb ist es sehr interessant, welche Kriterien andere Büchertreffler anlegen, um ein Buch einen Klassiker zu nennen.

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Eine sehr interessante Frage, über dich ich mir erst mal noch Gedanken machen muss. :-k



    Klassiker entstehen meiner Meinung nach, durch einen hohen Bekanntheitsgrad,

    Ich würde zur Definition auch eine Schnittmenge von Bedeutung und Alter heranziehen. Bedeutung könnte auch durch Bekanntheitsgrad ersetzt werden.

    Demnach wäre beispielsweise "Harry Potter" für Euch ein Klassiker (oder vielmehr gleich sieben davon)?



    Über dieses Thema grüble ich heute bestimmt stundenlang nach. :loool::totlach:

  • @Hiyanha: Harry Potter würde ich unbedingt dazu zählen, wenn man nach @cyphellas Merkmalen geht, dann sind sie es auf jeden Fall. Auch auf Games of Thrones trifft es ohne Zweifel zu.


    Mal an Beispiel von Harry Potter
    - überregionale Bekanntheit - gegeben
    - generationsübergreifend - auf jeden Fall, auch, wenn es ursprünglich "nur" ein Kinderbuch war
    - universelle Themen - Freundschaft, Liebe, Hass, Mut, Toleranz, Vielfalt, Anders-sein, Rassismus, Kampf für eine gute Sache
    - hohe Qualität - vielleicht nicht in Bezug auf Sprache, eher in Bezug auf die Theamtik und die Ebenen der Geschichte
    - Innovationspotential - wer würde das bestreiten, so oft, wie Rowling schon nachgeahmt wurde (denkt nur an Neff's "Schule der Magier" oder von Clare "Magisterium")
    - Einfluss auf die Kultur - viele wurden durch J. K. Rowling überhaupt erst zum Lesen gebracht, Harry Potter Themeparks etc.
    - Zeitlosigkeit - ja, auch das sind die Themen, die in HP angesprochen werden

  • Das ist eine schöne Frage, die ich noch nie zu Ende gedacht habe. Irgendwo in meinem Hinterstübchen hatte ich mir gemerkt, dass es eine engere Definition gibt, so wie es findo gemeint hat. Bei Wikipedia gibt es diesen Vorschlag, der für mich plausibel ist:

    • lange überregionale Bekanntheit (oft auch generationsübergreifend)
    • gewisser Traditionswert
    • hoher Wiedererkennungswert
    • hohe Qualität wird zugestanden
    • Innovationspotential
    • Einfluss auf die Kultur
    • bei Texten: Zeitlosigkeit der Themen, so zum Beispiel Liebe, Hass & Wut, Familie, Abenteuer, Widerstand & Anpassung

    Es müssen nicht alle Merkmale auf jeden Klassiker zutreffen.

    Das jedenfalls gefällt mir gar nicht. Zum Beispiel die Zeitlosigkeit der Themen. Moby Dick ist bestimmt kein Klassiker, aber Walfang kein zeitloses Thema. Die hohe Qualität wird VON WEM zugestanden? Was wird wiedererkannt? Der Titel? Zitate? der INhalt? Und auch die Innovation spielt für mich bestimmt keine Rolle, zu den Klassikern gehören für mich auch Bücher, die Bekanntes wieder aufleben lassen.
    Ich finde, dass die Wikipediaautoren da auch geschummelt haben und ziemlich vage geblieben sind. Die wissen es auch nicht.


    Der Hinweis auf die Weimarer Klassik ist verlockend, greift aber schon deshalb zu kurz, weil es sich ja nur auf deutsche Bücher beschränken würde.


    Harry Potter zu den Klassikern zu zählen finde ich eine deutlich zu steile These, schon weil ich glaube, es gehört ein wenig dazu, dass ein Buch aus dem Tagesgeschäft ausgeschieden sein muss, damit man merkt, ob es ein Klassiker geworden ist. Solange man noch auf den Folgeband warten kann, ist es keiner.
    Vielleicht ist es so: Ein Buch wird bekannt, ist Tagesgespräch, wird bearbeitet oder irgendwas und landet dann in den Regalen. Wenn es dann nach ..... Jahren immer noch in nennenswerter Stückzahl verkauft wird, ist es zum Klassiker geworden. Könnte Potter passieren, weiß man aber noch nicht.


    Ganz sicher aber erscheint mir: Die Einordnung hier im Forum bedarf eines Überdenkens.

  • Mir gefällt die von @cyphella verlinkte Liste als grober Richtwert gut.
    Es steht ja auch dabei:

    Es müssen nicht alle Merkmale auf jeden Klassiker zutreffen.

    Manche Punkte dieser Liste (hohe Qualität :wink: ) sind für einige "Klassiker" strittig, bzw. Geschmackssache, andere nicht (lange überregionale Bekanntheit).
    Das unten verlinkte Buch würde ich jedenfalls zu den Klassikern zählen, obwohl es im Hinblick auf die "literarische" Klassik (Weimarer Klassik) erstens im falschen Land und zweitens viel zu spät entstanden ist.
    Ich bin ja eher mit englischen als mit deutschen Büchern beschäftigt und stelle in großen Buchhandlungen immer wieder fest, dass bei den englischen Büchern im Classics-Regal von Chaucer bis ins 20.Jahrhundert alles Mögliche vertreten ist, das überregional bekannt ist, an Schulen/ Universitäten gelesen wird und auch über die Jahrhundertte, Jahrzehnte oder Jahre vergleichsweise viele Leser beeindruckt hat.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meiner Meinung nach KANN man die Frage nicht eindeutig beantworten.
    Harry Potter zähle ich persönlich zu den Büchern, die man in seinem Leben gelesen haben sollte, allerdings ist das für mich (noch) kein Klassiker.
    Es kann sich aber dazu entwickeln, denn hier kommt der schon angesprochene Zeitfaktor ins Spiel.


    Wenn die Leute - sagen wir - in 30 Jahren noch immer Harry Potter kaufen und lesen wie wahnsinnig, dann kann man die Reihe mit aufnehmen.

  • Zu dieser Frage empfehle ich die Lektüre eines Essays von Italo Calvino mit dem Titel: "Warum Klassiker lesen?", das hierzulande in einer gleichnahmigen Essaysammlung veröffentlicht wurde.


    Calvino versucht darin, sich genau der hier auch gestellten Frage anzunähern und tut dies, indem er diverse Definitionen vorschlägt, wie z.B. diese:

    Zitat von Italo Calvino

    Klassiker sind jene Bücher, die beladen mit den Spuren aller Leseerfahrungen daherkommen, die unserer vorausgegangen sind, und die hinter sich die Spur herziehen, die sie in der Kultur oder den Kulturen (oder einfach in der Sprache oder in den Bräuchen) hinterlassen haben, durch die sie gegangen sind.


    Ich finde den Essay von Calvino deshalb so schön, weil er keine bestimmte Definition vorgibt, sondern einfach den Leser an seinen Überlegungen zu den Fragen "Was sind Klassiker übrhaupt?" und "Wieso sollte ich sowas lesen?" teilhaben lässt - in dem für ihn typischen Stil.


    Wie gesagt, es ist nur eine Annäherung, denn eine verbindliche Definition von "Klassiker" gibt es nicht und kann es meines Erachtens auch nicht geben. Dazu hat Literatur einfach zu viel mit (Lese-) Geschmäckern zu tun und durchaus auch mit Modeerscheinungen in den Stilen und Inhalten. Lesen und auch die Einordnung von Gelesenem sind immer auch mit Gefühlen gegenüber der jeweiligen Lektüre verbunden (etwas ähnliches schrieb @Squirrel oben ja auch schon, mancher mag ein Buch und mancher nicht). Und da Gefühle nun einmal von Person zu Person unterschiedlich sind, sind Einordnungen, die in irgendeiner Weise (auch) auf Gefühlen basieren, ebenfalls unterschiedlich.


    Deshalb bin ich der Ansicht, dass man eigentlich nur sagen kann, für mich ist dieses oder jenes Buch ein Klassiker. Bei bestimmten Büchern bzw. Schriftstellern (Goethe beispielsweise) wird da dann ein großer Konsens herrschen, wobei man sich da sicher über den Grund für den Klassiker-Status streiten kann, denn auch Gorthe gefällt nicht jedem, aber er ist nun einmal sehr bekannt (und viel zitiert, was m.E. durchaus ein Zeichen dafür sein kann, dass man einen Klassiker vor sich hat).


    Ich finde, ein Merkmal eines Klassikers ist es, dass das Buch auch von anderen - was natürlich heißt von späteren - Generationen gelesen werden kann und zwar in einer Weise, dass die späteren Leser irgendetwas aus dieser Lektüre "mitnehmen"; das muss nicht unbedingt ein Lernerfolg sein, das kann auch einfach ein gutes Gefühl sein und es muss auch nicht zwangsläufig dasselbe sein, was die älteren Generationen in dem Buch gesehen oder dort herausgelesen haben. Was ich meine ist, ein Buch, das man eigentlich nur in der Zeit lesen kann, in der es geschrieben wurde und erschienen ist und das man später nicht mehr versteht / verstehen kann, kann auch kein Klassiker werden.


    Aber davon abgesehen finde ich, wie gesagt, dass man in erster Linie für sich selbst entscheiden muss, ob man ein Buch als Klassiker ansieht oder nicht, kann ich sagen, dass ich persönlich - um auf den Eingangsbeitrag zu sprechen zu kommen - Lenz' Deutschstunde sehr wohl als Klassiker der deutschen Nachkriegsliteratur betrachte.


    Deine Aussagen, @Klaus V., sind mir aber zu absolut. Dass die Deutschstunde für dich kein Klassiker ist, ist schon OK. Aber wenn du z.B. schreibst,

    Moby Dick ist bestimmt kein Klassiker

    dann frage ich mich wirklich, wie du darauf kommst, dass dies bestimmt so sei (bzw. in diesem Fall nicht so sei). Auch Moby Dick gehört für mich zu den Klassikern, und für viele andere ebenfalls. Es würde mich schon interessieren, weshalb du dies diesem Buch mit deiner Formulierung so definitiv absprichst.


    Und bei dieser Anmerkung:

    Ganz sicher aber erscheint mir: Die Einordnung hier im Forum bedarf eines Überdenkens.

    kann ich ebenfalls nur fragen: Warum? Weil DU einiges anders einordnen würdest?

    Bemerkung meines Vaters beim Anblick meiner Bücherberge: "Wir haben ja alle unsere Macken... und du hast deine Bücher!"

  • Deine Aussagen, @Klaus V., sind mir aber zu absolut. Dass die Deutschstunde für dich kein Klassiker ist, ist schon OK. Aber wenn du z.B. schreibst,

    EIn! Ein! Oh verdammt. Ich meinte natürlich ein und nicht kein. Es ist ein Tippfehler! Entschuldigung! Es tut mir leid.
    Natürlich meinte ich, dass Moby Dick sicher ein Klassiker ist.

  • Und bei dieser Anmerkung: Die Eindordnung hier im Forum bedarf eines Überdenkens kann ich ebenfalls nur fragen warum? Weil du es anders einordnen würdest?

    Nein, weil ich Dinge finden will. Oder will, dass andere etwas finden. Wenn wir hier eine Eindordnung haben, die für jeden etwas anderes bedeutet, ist sie doch nicht mehr hilfreich. Ich kam ja nur auf das Thema, weil ich eben die Deutschstunde nicht unter Klassiker gesucht habe. Ich frage also, ob die Kategorie "Klassiker" an sich sinnvoll ist.