Daniel Kehlmann - Tyll

  • Amazon: Tyll Ulenspiegel - Vagant, Schausteller und Provokateur - wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Müllerssohn in einem kleinen Dorf geboren. Sein Vater, ein Magier und Welterforscher, gerät schon bald mit der Kirche in Konflikt. Tyll muss fliehen, die Bäckerstochter Nele begleitet ihn. Auf seinen Wegen durch das von den Religionskriegen verheerte Land begegnen sie vielen kleinen Leuten und einigen der sogenannten Großen: dem jungen Gelehrten und Schriftsteller Martin von Wolkenstein, der für sein Leben gern den Krieg kennenlernen möchte, dem melancholischen Henker Tilman und Pirmin, dem Jongleur, dem sprechenden Esel Origenes, dem exilierten Königspaar Elisabeth und Friedrich von Böhmen, deren Ungeschick den Krieg einst ausgelöst hat, dem Arzt Paul Fleming, der den absonderlichen Plan verfolgt, Gedichte auf Deutsch zu schreiben, und nicht zuletzt dem fanatischen Jesuiten Tesimond und dem Weltweisen Athanasius Kircher, dessen größtes Geheimnis darin besteht, dass er seine aufsehenerregenden Versuchsergebnisse erschwindelt und erfunden hat. Ihre Schicksale verbinden sich zu einem Zeitgewebe, zum Epos vom Dreißigjährigen Krieg. Und um wen sollte es sich entfalten, wenn nicht um Tyll, jenen rätselhaften Gaukler, der eines Tages beschlossen hat, niemals zu sterben.


    Ein "Zwar/Aber-Buch". Zwar ist es sprachlich hervorragend und spannend. Zwar gibt es viele interesserante, gut herausgearbeitete Personen. Zwar wird die Zeit teilweise wunderbar deutlich, in der das Buch spielt. Zwar hat das Buch alles, was es zu einem tollen Buch braucht. Aber es gibt von allem zu wenig. Aber das Buch ist zu kurz. Gerade wenn man sich für eine Person so richtig interessiert, wenn man unbedingt wissen will, wie geht es mit ihm weiter - hört man nichts mehr von ihr. Es gibt so herrliche Charaktere im Buch (Mein Liebling ist der Esel Origenes), die einfach nicht mehr auftauchen. Es ist zum Heulen. Wäre das Buch doppelt so lang geworden, würde es bestimmt zu meinen Lieblingsbüchern gehören. Mir hat jede Seite, die ich gelesen habe, ausnehmend gut gefallen, aber viele Seiten haben mir gefehlt.
    Der Sprachfluss ist vorbildlich, endet aber in so was wie Cliffhangern. Nur dass man für immer hängen muss. Wenn ich lesen würde:"Endlich der Nachfolgeband von Tyll", zack hätte ich ihn gekauft. So bleibt bei allem Lesegenuss ein schales Gefühl zurück. Ich weiß auch gar nicht, wieviele Sterne ich geben soll, denn ich bin zwischen Begeisterung und Enttäuschung hin und her gerissen. Gut, rein literarisch gesehen, ist das alles auch ein künstlerischer Trick, aber für einen Genussleser fehlt einfach etwas.
    Deshalb sind auch die Buchstaben im Buch so groß und man muss so oft umblättern.


    Mannomann!

  • Danke, eine Vorstellung welche sehr gefällt.
    Im Literaturclub wird im November über dieses Buch diskutiert werden.
    Nicola Steiner, Martin Ebel, Hildegard Keller und – als Gast – der Schauspieler Mike Müller diskutieren im November über Ayelet Gundar-Goshen: «Lügnerin», Franz Hohler: «Das Päckchen», Daniel Kehlmann: «Tyll» und Robert Menasse: «Die Hauptstadt».
    Auf die Meinung der Runde bin ich sehr gespannt :wink:

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich habe "Tyll" heute beendet und war positiv überrascht. Nachdem Denis Scheck das Buch in den höchsten Tönen gelobt hatte, wurde ich misstrauisch, da mein Geschmack nur selten mit seinem übereinstimmt. Hier ist das aber weitgehend der Fall.
    Der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, er kam mir für die geschilderte Epoche authentisch vor. Anschaulich und drastisch entwirft Daniel Kehlmann einen Eindruck des Dreißigjährigen Krieges mitsamt seinen Gräueln, der Leser kann sich das Elend lebhaft vorstellen und hat den Gestank der Toten, Exkremente und schwärenden Wunden in der Nase - man sollte nicht beim Essen lesen oder beim Lesen essen. Auch die Hexenprozesse, die im frühen 17.Jahrhundert einen traurigen Höhepunkt erreichten, werden thematisiert.
    In manchen Kapiteln werden erhöhte Anforderungen an die Geschichtskenntnisse des Lesers gestellt. Ich bin nicht sicher, ob jeder gleich "Liz" (Königin Elizabeth von Böhmen) und ihre Vorgeschichte oder Athanasius Kircher zuordnen kann. :-k Ich hatte damit kein Problem, da ich viel Historisches lese; für Leser, die sich erstmals auf dieses Gebiet wagen, wäre vielleicht ein Personenverzeichnis hilfreich gewesen. Dies gilt umso mehr, als die häufigen Perspektivwechsel mit immer neuen Romanfiguren gelegentlich etwas verwirrend sind. Mir ist nicht ganz klar, warum der Autor diese Perspektivwechsel, die noch nicht einmal chronologisch angelegt sind, für nötig erachtet. Die Figur des Tyll Ulenspiegel, die zwar in jedem Kapitel - manchmal aber zu kurz für meinen Geschmack - auftaucht, ist eher ein "übergeordnetes Element". Bei einem Roman, der den Titel "Tyll" trägt, hätte ich noch ein stärkeres Augenmerk hinsichtlich der Titelfigur erwartet.
    Dafür ist mir der sprechende Esel Origines an´s Herz gewachsen :love: , ihn hätte ich gern geknuddelt.
    Alles in Allem hat mir der Roman gut gefallen und ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und eine Leseempfehlung, besonders für Leser, die sich für den Dreißigjährigen Krieg interessieren und sich schon ein bisschen damit auskennen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Danke für deine Meinung @€nigma - jetzt kann ich ja ganz entspannt an das Buch gehen. Wir haben es uns nämlich in meinem Lesekreis als nächste Lektüre ausgesucht. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • er kam mir für die geschilderte Epoche authentisch vor.

    Das Buch wurde in meiner Lieblingsbuchhandlung beim Bücherabend letzte Woche vorgestellt und zwar von der Angestellten, die oft Bücher präsentiert, deren Rezensionen ich wenig später hier von @€nigma finde, also jemandem, dessen Lieblingsgenre historische Romane sind. Sie sagte, dass der Autor sich nicht immer an die genaue historische Realität gehalten hätte, v.a. bezüglich des 30-jährigen Krieges (sie sagte allerdings auch, dass es sie ausnahmsweise hier nicht gestört hätte).


    Ich bekomme das Buch demnächst und werde dann fundierter darüber reden können als nur so vom Hörensagen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • dass der Autor sich nicht immer an die genaue historische Realität gehalten hätte, v.a. bezüglich des 30-jährigen Krieges

    Das ist möglich, ich kenne mich mit dem Dreißigjährigen Krieg auch nicht besonders gut aus, was die politischen Aspekte betrifft. Aber der Autor hat eine "Atmosphäre" von Verwüstung und Elend geschaffen, wie ich sie auch schon in anderen Romanen über die erste Hälfte des 17.Jahrhunderts angetroffen habe. Ich hatte bei diesem Buch ein ausgeprägtes "Kopfkino". Ich habe "Tyll" auch nicht als angestrebte genaue Präsentation des Dreißigjährigen Krieges verstanden, sondern eher als eine Option, Schlaglichter auf die Gesellschaft ihrer Zeit durch alle Schichten dieser Gesellschaft zu werfen. :-k
    Ein Autorennachwort mit Aussagen zu Fakten und Fiktion wäre auf jeden Fall sinnvoll gewesen.

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  • zu der historischen Korrektheit: Kehlmann hat die Figur Eulenspiegel in eine andere Zeit und an anderen Ort gesetzt.
    Hier wird es also wahrscheinlich schwierig, andererseits die historische Korrektheit, z.b. durch Register darzustellen. Das ist schon ein Drahtseilakt.

  • Ja, das wurde bei der Buchvorstellung auch gesagt: Till Eulenspiegel wird im 14. Jahrhundert angesiedelt, der 30-jährige Krieg dauerte von 1618-1648.


    Aber weil Till ja ohnehin eine Figur zwischen Wirklichkeit und Sage ist, kann man als Autor problemlos damit "spielen".

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  • Mit Tyll von Daniel Kehlmann las ich ein sehr gut geschriebenes Buch, es gelingt dem Autor mich mit seiner Sprache so zu führen das es sich leicht und packend liest. Es ist eine geniale Idee, wie er Tyll in diese katastrophale Zeit versetzt, denn dieser in der Gestalt des Narren kann einerseits den einfachen Menschen vor Augen führen wie hässlich das Leben sein kann und sie dennoch ob nun gewollt oder nicht zum lachen bringen kann, ihr Schicksal vergessend und den „Mächtigen“ wie schändlich ihr Verhalten.
    Während dieser Zeitspanne trifft man auf sehr interessante Persönlichkeiten wie Athanasius Kircher, diesen Universalgelehrten, den ich schon in einer „Mamut-Leserunde“ kennen lernte. Hier wird er nebst seiner Suche nach dem „Drachen“ noch von einer andern mir unbekannten, hässlichen Seite vorgestellt. Man lernt Paul Flemming der deutsche Gedichte schrieb kennen, wobei die Kirchenkantate von Johann Sebastian Bach „In all meinen Taten“ auf dessen Kirchenlied basiert. Diese Personen wie auch viel andere begleite ich als Leser eine gewisse Zeit auf ihrem Weg um sich wieder zu trennen, nicht gewiss ob es ein „Wiedersehen“ geben wird. Mich hat dies gar nicht gestört oder irritiert, es passte zum Roman.
    Genau betrachtet ist es eine triste, kummervolle Geschichte mit viel Elend in einer furchtbaren Zeit. Dennoch mit Begegnungen wie „dem dicken Grafen“ oder


    lockern die Geschichte immer wieder auf. Das ist Fabulierkunst welche gefällt, und dies beherrscht der Autor meisterhaft.
    Noch einige Worte zum Cover welches wirklich nicht besonders elegant ist, jedoch sehr passend wie man nachlesen kann El entierro de la sardina ein Gemälde von Francisco de Goya welches heute in der Königlichen Akademie für schöne Künste in Madrid hängt.

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    Horst Lichter

  • Inhaltsangabe:
    „Tyll", der neue Roman des Erfolgsautors Daniel Kehlmann – er veröffentlichte u.a. "Die Vermessung der Welt", "Ruhm", "F" und "Du hättest gehen sollen" –, ist die Neuerfindung einer legendären Figur: ein großer Roman über die Macht der Kunst und die Verwüstungen des Krieges, über eine aus den Fugen geratene Welt.
    Tyll Ulenspiegel - Vagant, Schausteller und Provokateur - wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Müllerssohn in einem kleinen Dorf geboren. Sein Vater, ein Magier und Welterforscher, gerät schon bald mit der Kirche in Konflikt. Tyll muss fliehen, die Bäckerstochter Nele begleitet ihn. Auf seinen Wegen durch das von den Religionskriegen verheerte Land begegnen sie vielen kleinen Leuten und einigen der sogenannten Großen: dem jungen Gelehrten und Schriftsteller Martin von Wolkenstein, der für sein Leben gern den Krieg kennenlernen möchte, dem melancholischen Henker Tilman und Pirmin, dem Jongleur, dem sprechenden Esel Origenes, dem exilierten Königspaar Elisabeth und Friedrich von Böhmen, deren Ungeschick den Krieg einst ausgelöst hat, dem Arzt Paul Fleming, der den absonderlichen Plan verfolgt, Gedichte auf Deutsch zu schreiben, und nicht zuletzt dem fanatischen Jesuiten Tesimond und dem Weltweisen Athanasius Kircher, dessen größtes Geheimnis darin besteht, dass er seine aufsehenerregenden Versuchsergebnisse erschwindelt und erfunden hat. Ihre Schicksale verbinden sich zu einem Zeitgewebe, zum Epos vom Dreißigjährigen Krieg. Und um wen sollte es sich entfalten, wenn nicht um Tyll, jenen rätselhaften Gaukler, der eines Tages beschlossen hat, niemals zu sterben. (Quelle: Verlagswebsite)
    Autor:
    Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, wurde für sein Werk unter anderem mit dem Candide-Preis, dem WELT-Literaturpreis, dem Per-Olov-Enquist-Preis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman Die Vermessung der Welt ist zu einem der erfolgreichsten deutschen Romane der Nachkriegszeit geworden. Zur Zeit unterrichtet er an der New York University und ist Fellow am Cullman Center for Writers and Scholars der New York Public Library. (Quelle: Verlagswebsite)


    Allgemeines:
    Erschienen bei Rowohlt im Oktober 2017
    480 Seiten, unterteilt in 8 Abschnitte
    Erzählt wird überwiegend in der 3. Person, hin und wieder wechselt der Autor in die Ich-Form.
    Der Roman spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs an verschiedenen Schauplätzen in Europa.


    Meine Meinung:
    Ich kann mich den begeisterten Rezensionen nur bedingt anschließen. Kehlmann kann wunderbar erzählen – das ist unbestritten. Er findet eine Sprache die perfekt in die damalige Zeit zu passen scheint. Auch seine Figuren sind gut herausgebildet und man wird wirklich großartig unterhalten. (Auch mein Liebling ist der Esel Origenes :wink: )
    ABER: warum gibt der Autor einem Roman über Elisabeth von Böhmen und ihren Gemahl Friedrich – den Winterkönig – den Namen eines allseits bekannten Gauklers? Für mich war viel zu wenig Ulenspiegel in diesem Roman. Ja, anfangs erleben wir ihn so wie wir ihn zu kennen glauben: mit Kunststücken unterhaltend und den Menschen auf schon fast bösartige Weise ihre Dummheit vor Augen führend. Und wir erfahren auch ein wenig über seine Kindheit. Aber ansonsten taucht er nur episodenweise auf und oft eigentlich nur in der Rolle des Erzählers, statt als echter Bestandteil einer fortschreitenden Handlung. Aber so wirklich fortschreitend ist auch der ganze Roman nicht. Episodenhaft erzählt der Autor über die Gräuel des Krieges und über das Schicksal des oben genannten Winterkönigs und vor allem seiner Gemahlin. Tyll taucht in verschiedenen Rollen hin und wieder auf. Ebenso tauchen immer wieder andere historisch bekannte Personen wie Athanasius Kircher oder der Jesuit Oswald Tesimond auf. Ein Personenverzeichnis wäre für Leser, die sich im 17. Jahrhundert nicht so gut auskennen, sicher wünschenswert gewesen.


    Was mich ein bisschen verwirrt hat, waren vor allem die Zeitsprünge von einem Abschnitt zum nächsten. Fröhlich wechselt der Erzähler vom alten Tyll zum Kind und wieder zurück (und das nicht in Form von Erinnerungen). Aber das kann ich noch unter dichterischer Freiheit abtun – wo steht geschrieben, dass ein Roman der Zeit linear folgen muss.
    Alles in allem hat mich Tyll durchaus gut unterhalten, aber über den Eulenspiegel weiß ich nach der Lektüre nicht mehr als vorher. Und da das eigentlich meine Erwartung an den Roman gewesen ist, kann ich leider nicht mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: vergeben. Schade drum. Dennoch kann ich das Buch durchaus weiterempfehlen, wenn man mit den richtigen Voraussetzungen herangeht, wird man auch nicht enttäuscht sein. Wer sich für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und die damaligen politischen Irrungen und Wirrungen interessiert, darf hier gern zugreifen. Bei den Verhandlungen in Osnabrück (sinngemäß: "Bevor man verhandelt muss man darüber verhandeln, worüber man verhandelt.") habe ich mich fatal an eine kürzlich gescheiterte Regierungsbildung erinnert gefühlt. :totlach:


    Fazit:
    Erzählerisch großartiger Roman über die Gräuel des Krieges und die Kraft der Kunst, der die eigentliche Hauptfigur jedoch zu sehr vernachlässigt.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Klar, wenn man einen Roman über Till Eulenspiegel erwartet, dann ist man am Ende enttäuscht. Allerdings lebte der wahre Eulenspiegel ja sogar in einer anderen Zeit, er fungiert ja in diesem Roman eher als Symbol, als Metapher - wie sehr viel in diesem Buch. Der Roman ist keine Erzählung einer geschichtlichen Epoche, sondern eher das Gleichnis einer Denkungsart. Macht, Respekt, Adel, Regierung und Moral, all das kommt in den großen melting pot und zeigt in aufblubbernden Blasen sein oft bizarres Gesicht. Und der Narr ist der Pegel, der uns zeigt, mit welchem Maß gemessen wird.


    So ungefähr habe ich das Buch wahrgenommen und dann stimmte fast alles. (Und, psst, deshalb bekommt es mein Sohn zu Weihnachten).


    Aber Origines hätte ich gern ausführlicher behandelt gesehen, das stimmt auch für mich.

  • Klar, wenn man einen Roman über Till Eulenspiegel erwartet, dann ist man am Ende enttäuscht. Allerdings lebte der wahre Eulenspiegel ja sogar in einer anderen Zeit,

    Das ist mir sehr wohl bewusst, aber dennoch nimmt mir der Narr einfach zu wenig Raum in diesem Buch ein. Er ist für mich einfach nicht die Hauptperson - und damit hatte ich einfach fest gerechnet. Es war unter anderem gerade die Frage, wie der Autor den Spagat hinbekommt, Eulenspiegel in eine ganz andere Zeit zu versetzen, die mich extrem neugierig auf dieses Buch gemacht hat.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


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  • aber dennoch nimmt mir der Narr einfach zu wenig Raum in diesem Buch ein. Er ist für mich einfach nicht die Hauptperson

    So sehe ich das auch.

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  • Ihr macht mich sehr neugierig. Nach dem, was ich über das Buch gelesen habe, dachte ich auch, dass Till Eulenspiegel die Person ist, um die sich die Handlung dreht. Dank Eurer Kommentare kann ich meine Erwartung in eine andere Richtung lenken und einer Enttäuschung vorbeugen.


    Inzwischen habe ich das Buch ganz oben auf dem SuB meiner Bücher liegen, doch wahrscheinlich packe ich es erst im nächsten Jahr.

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  • Es stimmt, wenn man das erste Kapitel liest, klingt alles nach einer Geschichte über Till. Jedoch im Velauf wird recht schnell klar das man sich von dieser Idee als Leser lösen muss, somit wird man nicht enttäuscht. Die Figur des Till ist zwar immer präsent, jedoch sie steht nicht im Vordergrund. Jedoch wenn man bedenkt dass Till nicht nur einer jener netten Gaukler war welcher mit seinen lustigen Sprüchen das Volk unterhielt, sondern den Menschen durchaus ihre Bösartigkeit vor Augen führte, ist er in dieser Geschichte genau im richtigen Mass präsent.
    Ich möchte gerne noch auf ein Gepräch in der Zeit mit Daniel Kehlmann hinweisen welches sehr interessant klingt und seine Absicht wieso er sich des Narren bedient für diesen Roman in einem klareren Licht erscheinen lässt.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Es stimmt, wenn man das erste Kapitel liest, klingt alles nach einer Geschichte über Till. Jedoch im Velauf wird recht schnell klar das man sich von dieser Idee als Leser lösen muss, somit wird man nicht enttäuscht.

    Das ist schon richtig, aber als ich das Buch bestellt habe, kannte ich Titel und Klappentext und bin somit von anderen Voraussetzungen ausgegangen.

    Jedoch wenn man bedenkt dass Till nicht nur einer jener netten Gaukler war welcher mit seinen lustigen Sprüchen das Volk unterhielt, sondern den Menschen durchaus ihre Bösartigkeit vor Augen führte, ist er in dieser Geschichte genau im richtigen Mass präsent.

    Genau darum habe ich ja viel mehr von ihm lesen wollen. Diese Eigenschaft trat genau einmal ganz am Anfang des Buches in den Vordergrund. Später sagte er nur noch Liz und Friedrich die bittere Wahrheit ins Gesciht, wenn er denn mal in der Handlung präsent war. Aber das ist natürlich alles subjektive Wahrnehmung und ich sage ja auch gar nicht, dass der Roman nicht lesenswert ist. Ich wollte nur, dass diejenigen, die meine Rezi lesen, wissen, was mich an dem Buch enttäuscht hat und es ihnen dann hoffentlich nicht genauso geht.

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  • @Hirilvorgul ich verstehe dich absolut denn wenn man vom Titel und Klappentext ausgeht werden Erwartungen geschürt welche sich in dem Sinn, sowohl umfassend über Till wie auch den Dreissigjährigen Krieg einen Roman lesen zu können, nicht erfüllt. Ich hatte das Glück dass das Buch ein Geschenk war und somit begann ich einfach unbeschwert zu lesen, war begeistert, bin es immer noch :wink: Deine Rezension finde ich wirklich super, ist ein toller Beitrag in diesem Thread, somit bewahrt er viele zukünftige Leser vor einer allfälligen Enttäuschung. Zudem zeigt dein Fazit klar und deutlich dass der Leser eine ausserordentlich gut erzählte Geschichte erwarten darf.

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    Horst Lichter