Judith Pinnow - Die Phantasie der Schildkröte

  • Kurzmeinung

    volatile
    Wunderbar gelesen von Luise Helm. Starker Anfang, humorvoll und cozy, aber Geschichte streckenweise schwach mMn.
  • Kurzmeinung

    Cordi
    Eine bezaubernde & liebenswert humorvolle Geschichte über Veränderungen, Freunde und das Glück.
  • Edith ist Mitte Vierzig und in ihrem Leben sowie in ihrem Handeln ziemlich gefangen. Sie lebt nach strengen Abläufen, schaut nie über den Tellerrand hinaus, hat kaum soziale Kontakte und verhält sich sehr zwanghaft, ähnlich dem Asberger Syndrom. Dann platzt ein zehnjähriges Mädchen in ihr Leben, breitet sich dort aus, stellt ihr Aufgaben und verändert durch diese Herausforderungen Ediths Leben.


    Judith Pinnow hat sich für ihren dritten Roman eine Protagonistin ausgedacht, die per se kein Sympathieträger ist. Ich habe sie jedoch sofort gemocht und mit jeder ihrer Eigenarten hat sich dieses Gefühl verstärkt. Edith ist sehr authentisch gezeichnet. Besonders glaubwürdig empfand ich, wie sich Edith eigentlich immer wieder von dem kleinen Mädchen abkapseln will, sich dann aber irgendwie doch mitten in den von ihr gestellten Aufgaben befindet. Sie lässt sich also nicht sofort darauf ein á la ,,okay, dann bin ich eben nicht mehr zwanghaft“, sondern sie durchläuft einen (zum Teil schmerzhaften) Prozess.


    Die Autorin geht sensibel mit dem Thema des zwanghaften Verhaltens um. Die Entwicklung ihrer Protagonistin, die sich so langsam aus ihrem Kokon befreit, war unglaublich interessant und einen kleinen Hauch Magie habe ich bei der Handlung verspürt, was ein nettes Extra war.


    Das Buch animiert dazu Neuem gegenüber offen zu sein, denn selbst wenn man nicht so zwanghaft ist wie Edith, sollte man sein Verhalten einmal genauer beleuchten und schauen, ob sich dort nicht doch ein paar Verhaltensmuster eingeschlichen haben, die festgefahren sind.


    Fazit: Ein wunderschönes Buch, das lebensbejahend ist, das eine tolle Entwicklung der Protagonistin beinhaltet und das mich regelrecht verzaubert hat.

    • Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
    • :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
  • eine Protagonistin ausgedacht, die per se kein Sympathieträger ist.

    Solche mag ich immer, überhaupt, wenn sie dann noch, wie Du schreibst, eine glaubwürdige Entwicklung durchleiden. Klingt alles in allem sehr überzeugend, danke für die Vorstellung. :winken:

  • Solche mag ich immer, überhaupt, wenn sie dann noch, wie Du schreibst, eine glaubwürdige Entwicklung durchleiden. Klingt alles in allem sehr überzeugend, danke für die Vorstellung. :winken:

    Sehr gerne! Ich habe es wirklich sehr genossen.

  • Die Phantasie der Schildkröte von Judith Pinnow


    Über das Buch:


    Format: Hardcover

    Verlag: Krüger

    Genre: Roman

    Preis: 19,99 Euro

    ISBN: 9783810530356

    Seiten: 416

    Erschien: 2017

    Originalsprache: Deutsch


    Inhalt:


    Was passiert, wenn ein Kind das Leben einer Erwachsenen in die Hand nimmt? Edith ist Mitte Vierzig und wohnt allein in einer kleinen Wohnung in Köln. Ihr Leben verläuft in sehr engen Bahnen. Tagsüber arbeitet sie bei einer Versicherung, abends schaut sie Fernsehen.
    Außer zu ihrer Mutter, mit der sie sich pflichtschuldig einmal im Monat treifft, um sich von ihr kritisieren zu lassen, hat sie kaum Kontakte. Das ändert sich, als sie mit einer Zehnjährigen im Aufzug stecken bleibt. Die Kleine beginnt ein raffiniertes Spiel mit ihr, der Beginn einer sehr ungewöhnlichen Freundschaft. Jeden Tag muss Edith eine neue Aufgabe erledigen, und ihr Leben verändert sich dabei mehr als sie es je für möglich gehalten hätte.


    Das Cover:


    Das Cover passt super zu dem Buch und dem Titel.


    Die ersten 3 Sätze:


    Mein Gefühl sagte mir schon den ganzen Morgen, denn irgendetwas in der Luft lag. Es lauerte auf mich. Die erste Badroutine lief noch ganz normal.


    Meine Meinung:


    Dieses Buch hat mich von Anfang an gefässelt. Ich habe es innerhalb eines Tages durch gehabt. Die Protagonistin Edith kam mir am Anfang komisch vor, mit ihren ganzen Ticks. Alles musste ganz genau so sein, wie es immer war, ansonsten bekam sie gleich Panik.

    Ich fand es super, das dann das Kind „Schneewitchen“ und Frau Knoppel „eine ältere Nachbarin“ mit ihr in Kontakt kamen. Schneewitchen ist ein ganz aufgewechtes und liebes Mädchen. Sie zieht einen richtig mit, das Leben zu genießen. Frau Knoppel ist eine ältere
    Frau, die einen etwas schräg vorkommt. Beide versuchen das Leben von Edith zu verändern.

    Die Geschichte lässt sich gut und mitreißend lesen. Man möchte sofort die nächste Seite lesen, wenn man eine Seite zu Ende hat. Immer wieder stellen sich einen Fragen, die man schnell oder langsam beantwortet bekommt. Es kommen viele Stellen vor, die einen zum
    denken bringen oder zum lachen. Manchmal denkt man auch einfach nur „Häh“.

    Ich fand die Geschichte einfach nur genial.

    Das Ende war richtig überraschend, weil ich es mir anders vorgestellt hatte, aber irgendwie passte es. Ich weiß jetzt schon, das ich von dieser Autorin noch mal ein Buch lesen werde.


    Fazit:


    Ein super Buch, das einen mitreißt und einem nicht so schnell wieder los lässt.


    Über die Autorin:


    Judith Pinnow, geboren 1973 in Thübingen, besuchte die Schauspiel-Schule in Ulm und studierte an Lee Strasberg Theatre Institute in New York. Als Schauspielerin war sie im Fernsehen und in Filmen zu sehen. Bekannt wurde sie als Fernsehmoderatorin. Mit ihren Ehemann und Kollegen Stefan Pinnow und ihren 3 Kindern lebt sie in der Nähe von
    Köln.


    Wie viele Sterne?


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Ein Tag ohne ein Buch, ist ein schlechter Tag! :study:


    Gelesene Bücher 2015: 176
    Gelesene Bücher 2016: 165
    Gelesene Bücher 2017: 165
    Gelesene Bücher 2018: 151

    Gelesene Bücher 2019: 17

  • Das Leben der 45jährigen Edith besteht im wesentlichen aus Routine. Sie hat sogar ihre Klamotten und Schuhe bestimmten Tagen zugewiesen, träumt beim Frühstücksfernsehen manchmal davon, mit der Moderatorin befreundet zu sein, hat ihre fixen Fernsehtermine (passenderweise mit "Monk") und will ansonsten am liebsten von der Welt in Ruhe gelassen werden. Die regelmäßigen Restaurantbesuche mit ihrer Mutter machen sie eigentlich auch nicht glücklich, weil die sie dann sowieso immer nur kritisiert, aber einfach nicht hingehen kommt für die pflichtbewusste Edith natürlich auch nicht in Frage.


    Eines Tages begegnet sie im Aufzug ihres Mietshauses einem etwa zehnjährigen Mädchen, das keinerlei Berührungsängste zu haben scheint und sie einfach anquatscht. Genau das, was Edith gar nicht leiden kann. Und dann kommt es, wie es kommen muss: der Aufzug bleibt stecken, und die Kleine, die sich Schneewittchen nennt, weil sie ihren Namen nicht mag, quasselt einfach weiter. Edith kriegt schier die Krise - und ertappt sich dabei, wie sie Schneewittchen beibringt, Kaugummiblasen zu machen.


    Doch das ist erst der Anfang. Schneewittchen taucht immer wieder bei Edith auf, beginnt sogar, ihr kleine Aufgaben zu stellen, und Edith ist furchtbar genervt von dem aufdringlichen Balg, aber auf irgendeine merkwürdige Weise berührt die Kleine etwas in ihr und zwingt sie förmlich, sich die Frage zu stellen, ob denn wirklich alles in ihrem Leben in Stein gemeißelt ist oder sie nicht einfach auch mal von den einengenden Routinen losmachen kann.


    Das pfiffig-nervig-niedliche Kind, das einen grummeligen Einsiedler (m/w/d) aus der Reserve lockt, war schon Stoff unzähliger Bücher und Filme und ist wahrlich nichts Neues, aber trotzdem hat mir dieser unterhaltsame Roman, in dem unter anderem auch eine grantige Nachbarin mit überraschenden Vorlieben, eine Schildkröte namens Mechthild und ein Cafékellner mit viel Menschenkenntnis wichtige Rollen spielen, gut gefallen.


    Das lag vor allem an dem selbstironischen Tonfall, den Edith als Ich-Erzählerin hier anschlägt. Den Charakter der zurückgezogen lebenden Frau voller Ängste und Unsicherheiten (an denen ihre grässliche ewig nörgelnde Mutter sicher nicht unschuldig ist) hat Judith Pinnow großartig eingefangen. Man spürt, dass Edith eigentlich weiß, was zu tun wäre, es aber aufgrund anerzogener Glaubenssätze nicht schafft, aus ihren eingefahrenen Gleisen auszubrechen, und ich fand es herrlich, wie sie innerlich bissige Kommentare abgibt, die sie nach außen hin nie verlauten lassen würde.


    Die Entwicklungen, die Schneewittchen auslöst, mochte ich allerdings nur teilweise. Manches war mir doch ein bisschen zu abgedreht und übertrieben. (Komischerweise stören mich so unrealistische Dinge in Filmen weniger - ich könnte mir das Buch auch mit einer guten Besetzung ausgezeichnet als unterhaltsamen und anrührenden Film vorstellen.) Irgendwann habe ich dann aber beschlossen, den Roman einfach als warmherziges Märchen für Erwachsene und nicht als Buch mit größtem Realitätsanspruch zu lesen. Unter dieser Prämisse habe ich die zweite Hälfte dann sehr genossen und das Buch am Ende mit einem Lächeln zugeklappt.