Lenz Koppelstätter - Nachts am Brenner

  • Nachts am Brenner, Kriminalroman von Lenz Koppelstätter, 336 Seiten, erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
    Der Südtiroler Commissario Grauner ermittelt in seinem persönlichsten Fall.
    Alpenidylle zwischen Österreich und Italien, der sagenumwobene Brennerpass. Hier wurde ein alter Mann grausam ermordet. Er lebte sehr zurückgezogen, sein einziger Kontakt, seine Kartelrunde. Als die in die Jahre gekommenen Freunde befragt werden sollen, verschwindet einer von Ihnen spurlos. Grauner und sein neapolitanischer Kollege Saltapepe beginnen mit den Ermittlungen. Ein alter Lederkoffer bringt den Ermittler auf eine Spur, die mit dem ungeklärten Mord an seinen Eltern in Zusammenhang steht. Da der Commissario befürchtet, dass ihm wegen Befangenheit der Fall entzogen werden könnte, beginnt er im Geheimen zu ermitteln. Auch Saltapepe begibt sich auf den Spuren des Mörders in Lebensgefahr. Ein ungesühntes Verbrechen und geheime, illegale „Machenschaften“ tun sich auf. Kann das Ermittlerduo diesen komplizierten Fall lösen?
    Die im auktorialen Erzählstil geschriebene Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von 3 Tagen. Die einzelnen Kapitel sind mit einer Zeitangabe versehen und in Abschnitte unterteilt, was mir sehr dabei geholfen hat, den Überblick zu behalten, dabei hilfreich waren auch die Landkarten die auf die inneren Umschlagseiten gedruckt sind. Ein wortgewaltiger Krimi in einer düsteren Sprache, Briefe, Eigennamen und besondere Textstellen erscheinen kursiv gedruckt. Viele Dialoge – auch in italienischer Sprache machen die Erzählung äußerst lebendig. Koppelstätter konnte mich wieder einmal mit seinem bildhaften Erzählstil und der eindrucksvollen Sprache restlos begeistern. Sätze wie: „ Es ist nicht die Nacht, die das Unheil bringt, sondern ihr verschwinden“ oder „ Weil sie daherkommt diese Höllenstund‘, in der das dunkle Schwarz und das helle Blau um den Himmel ringen“, erzeugen Gänsehaut bzw. ein wohlig schauriges Gefühl. Der Spannungsbogen beginnt im Prolog und bleibt gleichbleibend hoch bis zum Ende. Trotz verschiedener Erzählstränge und der atmosphärisch dichten Handlung, war es ein Leichtes dem Plot zu jeder Zeit zu folgen. Im Epilog ergab sich noch eine überraschende Wendung, die auf eine Fortsetzung hoffen lässt. Gut gefallen hat mir die Zusammenarbeit von Grauner und Saltapepe, eine Vertrautheit die sich im Verlauf der insgesamt 3 Bände langsam entwickelt hat. Der Ispettore aus Neapel scheint in Norditalien angekommen zu sein. Grauner, der seine Heimat und die Natur liebende Kommissar ist mir trotz seiner Ängste und seiner kauzigen Art sehr ans Herz gewachsen. Die Szene mit seinem neuen Fiat brachte mich zum Schmunzeln. Alles in allem habe ich die Lektüre sehr genossen. In Südtirol fühle ich mich wohl, das Buch gab mir ein herrliches „Urlaubsgefühl“, denn die verschiedenen Orte des Settings sind mir vertraut. Ein Krimi der sich von selber liest. Es bleibt die Hoffnung auf ein „Wiedersehen“ mit den Ermittlern in einer weiteren Folge. Von mir dafür 5 begeisterte Lesesterne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und eine klare Leseempfehlung.

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Kampf gegen die Dämonen
    Das Cover zeigt eine Idylle, dem ist aber im Inhalt nicht so. Trotzdem ein gelungenes Bild.
    Zum Inhalt:
    Auf dem Brennerpass wird eine sehr verstümmelte Leiche gefunden. Ein alter Mann, einer aus der Kartenspielrunde. Grauner und Saltapepe werden zum Tatort gerufen.
    Kurze Zeit später ist ein weiterer Spieler aus der Kartenrunde tot. Was ist hier los, warum werden hier die sehr alten Männer niedergemetzelt. Bei der Spurensuche werden Zyankalikapseln entdeckt. Hinweise auf die Kriegszeit. Waren es flüchtige, ehemalige Schergen des Verbrechersyndikats, die hier die Spielerrunde umbringt?
    Für Grauner beginnt noch ein anderes Kapitel, beim ersten Tatort findet er eine Visitenkarte, die Grauner das Blut in den Adern gefrieren lässt. Der Name Peter Geißler taucht auf, der Mörder seiner Eltern.
    Für Grauner und Saltapepe beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit und auch gegen die Vergangenheit. Welches Drama spielt sich am Brenner ab? Werden wir es erfahren?
    Mein Fazit:
    Der Autor Lenz Koppelstätter triftet hier sehr weit in die Vergangenheit ab. Vom Ende der Kriegszeit bis hin zur Ermordung von Grauners Eltern. Die Geschichte hat nicht nur einen Strang. Den offiziellen Part für die Ermittlungen an den alten Männern und dann der ganz persönliche von Grauner. Dieser Teil beherrscht das Buch vom Anfang bis zum Ende. Dieser dritte Teil ist nicht mit den beiden ersten zu vergleichen, obwohl die Protagonisten die gleichen Launen haben wie in den beiden anderen Büchern. Hier steht doch mehr der Commissario mit Mittelpunkt, mit seiner Geschichte die er nie verarbeitet hat. Aber Saltapepe steht ihm treu zur Seite.
    Stellenweise war die Geschichte leider zu langatmig, dass man keine Lust mehr hatte uns sich etwas durch quälen musste. Aber das waren ganz wenige Stellen, ich sehe es mal als Pause zwischendurch.
    Ab dem letzten Drittel war es wieder ein spannungsgeladener Krimi. Mit einem fulminanten Epilog, der meiner Meinung nach das Beste Ende war, das sich der Autor einfallen ließ.
    Ich kann trotz der kleinen Schwächen eine Leseempfehlung abgeben und vergebe die volle Punktezahl.

    :lol::totlach: Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde (chinesisches Sprichwort)

  • Vergangenheitsbewältigung für Grauner und sein Südtirol


    Wie auch schon beim Vorgänger „Die Stille der Lärche“ kreiert Lenz Koppelstätter auch in „Nachts am Brenner“ wieder seine ganz eigene Atmosphäre, die dem Leser die Bewohner Südtirols und deren Eigenheiten näherbringt. Lokalkolorit entsteht auch durch die passend und dosiert eingesetzte ortstypische Sprache, in die auch etwas Italienisch miteinfließt.


    Nebenerwerbsbauer und Haupterwerbskommissar Johann Grauner muss diesmal einen grausamen Mord am Brenner aufklären, Kompetenzverwirrungen mit den dort zuständigen Polizisten (und später auch den österreichischen Behörden) inklusive. Grauner und sein Kollege Claudio Saltapepe beginnen mit den ganz normalen und dennoch spannenden Ermittlungen – sie befragen Dorfbewohner, Freunde und Wegbegleiter des Toten.
    Die Spur, besser die Spuren, führen schließlich in verschiedene Richtungen und es passiert ein weiteres Verbrechen. Noch dazu wird Graupner durch ganz aktuelle Entwicklungen mit einem dunklen Kapitel seiner Vergangenheit konfrontiert und stellt neben dem Fall seine eigenen privaten Ermittlungen an.
    Die Geschichte ist spannend, liest sich flott und der Erzählstil ist sehr angenehm. Wenn man etwas kritisieren kann, dann, dass doch viele kleinere Ereignisse eine Rolle spielen und am Ende relativ viel zu Falllösung zusammengesetzt werden muss. Nicht nur die Vergangenheit wird aufgearbeitet, auch aktuelle politische Themen bekommen ihren Platz und die zahlreichen Fäden werden nicht alle am Ende des Krimis klar verbunden. Die restlichen Zusammenhänge kann sich der Leser aber sehr einfach selbst denken. Überraschen kann Koppelstätter schlussendlich dann aber mit einem Epilog…


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Es ist Nacht am Brenner als der Bahnbeamte Giuseppe Bertoldo auf seinem Weg von den alten Bahnarbeiterwohnungen in Richtung des Dorf einen Zahn findet. Er folgt der Blutspur und entdeckt noch weitere Leichenteile. Sofort informiert er die zuständigen Behörden und am nächsten Morgen treffen die Polizeibeamten der Quästur von Bozen am Brenner ein. Bald stellt sich heraus, dass es noch einen weiteren Toten gibt. Während Commissario Grauner die Ermittlungen leitet, tut sich eine neue Spur auf, die zur Aufklärung des gewaltsamen Todes seiner Eltern führen.

    Meine persönlichen Eindrücke

    Nach Der Tote am Gletscher und Die Stille der Lärchen ist dies ein weiterer spannender Kriminalfall aus den Südtiroler Bergen. Koppelstätter führt mich mit angenehm flüssigem Schreibstil, gut strukturierten Handlungsabläufe und tiefen Einblicken in Grauners Familienvergangenheit durch den Krimi. Er schildert fast liebevoll die innerliche Unruhe, die Grauner plagt und beschreibt die Dämonen, die Grauner endlich besiegen muss. Mit Hilfe seiner Mitarbeiter kann er endlich den Mord an seinen Eltern aufklären und doch ist alles anders als gedacht. Am Ende findet Grauner endlich den Grund für den Tod seiner Eltern und kann Frieden mit sich selbst schließen.

    Fazit

    Für mich ist „Nachts am Brenner“ von Lenz Koppelstätter bis jetzt der beste Krimi der Buchreihe. Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass Koppelstätter dieses Mal mit Südtiroler Spracheigenheiten spärlicher umgegangen ist. Die Krimi ist gut aufgebaut und die Spannung bleibt bis zum Ende.

  • Für mich macht der Reiz der Reihe zu einem großen Teil die Charaktere aus. Grauner und sein Kollege Saltapepe sind auf den ersten Blick absolute Gegensätze. Auf den zweiten Blick erkennt man, dass der eher bedächtige, bodenständige Mann aus den Bergen viel mehr mit dem jungen Ermittler vom Meer gemeinsam hat, als beide ahnen.


    Auch das Opfer und seine Bekannten scheinen die typischen Bewohner der Region zu sein. Sie bleiben unter sich und machen Außenstehenden schwer, Zugang zu ihnen zu bekommen. Das lässt den Eindruck entstehen, als ob der Täter auch aus dem Ort, zumindest aber aus der Gegend kommt. Gleichzeitig macht es aber auch die Ermittlungen für Saltapepe schwer, weil auch er immer noch aus Außenstehender gilt.


    Für Grauner wird der Fall auch eine Reise in die Vergangenheit, denn es scheint endlich so, als ob er die entscheidende Spur gefunden hat, um den Tod seiner Eltern aufzuklären.


    Ich mag die Art, wie Lenz Koppelstätter seine Fälle in die Umgebung einbindet. Auch wenn sie sich alle in einem relativ kleinen Umfeld abspielen, wirken sie trotzdem nicht konstruiert. Beim aktuellen Fall gingen mir die Ermittlungen allerdings ein wenig langsam voran, es kam mir ab und zu so vor, als ob Grauner zögern würde. Das hat mich beim Lesen manchmal ein bisschen ausgebremst. Das ist aber der einzige Kritikpunkt und ich werde der Reihe auch weiterhin treu bleiben.