John Burnside - Ashland & Vine (ab 18.10.2017)

  • Ich bin gespannt was du zu den letzten beiden Kapitel schreiben wirst.

    Ich fand diese letzten beiden Kapitel umwerfend. Wie du auch schon geschrieben hast, würde ich am liebsten die letzten paar Seiten komplett zitieren.
    Ich werde sicher noch die beiden Kapitel kommentieren, muss dich aber leider noch etwas warten lassen. Spätestens am Wochenende wird es auf
    jeden Fall soweit sein.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

    :study: Joseph Roth - Hiob (MLR)

  • Ich werde sicher noch die beiden Kapitel kommentieren, muss dich aber leider noch etwas warten lassen. Spätestens am Wochenende wird es auf
    jeden Fall soweit sein.

    Kein Problem :winken: Ich bin schon neugierig was du alles schreiben wirst.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Kapitel 16 und 17

    Das ausgerechnet der Grund von Simons verschwinden war, weil er ein Deserteur ist, war die nächste Überraschung. Überhaupt kamen viele schreckliche Details zum Vorschein. Jeremy, der Augenzeuge (!) dieser entsetzlichen Gräueltat wurde. Wie das ganze politisch unter dem Tisch gekehrt wurde Und was Simon alles sehen musste Menschen können die schlimmsten Bestien sein.

    Krieg ist die Abwesenehit von Vernunft. Simon, der die Gräuel und die Mordlust, die er und andere erlebt haben, hier sehr eindringklich beschreibt, ergreift Partei
    für die Soldaten, auch für die "faulen Äpfel", wie er es nennt. Dieses Aussage hat mir sehr gut gefallen.und sie geht dem Problem auch auf den Grund.

    Zitat

    I was trained to think - to know - that if I faltered for one moment, if I hesitated for a split second, then I, or worse, my comrades, could die screaming. (...)
    So - you see the problem. It`s not the bad aples who are responsible. They are just instruments. It`s the system. It`s war itself.

    Ausgelöst haben diesen Wahnsinn nicht die später als Schuldige angeklagten, sonder die amerikanische Regierung, die Präsidenten Nixon und Johnson, die oberen
    Ränge des Militärs. Das Durchschnittsalter der amerikanischen Sodaten in Vietnam war >19 Jahre<. Man hat Kinder in den Krieg geschickt! Mehr muss dazu nicht mehr
    sagen.

    Seltsam auf den ersten Blick der Grund Jennifers Abwesenheit. Weil sie sich "in die Idee der Unsichtbarkeit verliebt - oder nein, sie hat sich in jene Person verliebt, die sie geworden ist"

    Das ist schon ein sehr exzentrisches Verhalten und ich frage mich, ob Jennifer mit dieser Entscheidung wirklich glücklich geworden ist. Da spielt wohl auch schon etwas
    Selbstverliebtheit mit. Der zweite, eher realistische Hintergrund entspricht wohl eher der Wahrheit. Sie wurde alleingelassen von jenen, denen sie vertraut hat und zu ihrer
    Familie konnte sie nicht zurück. Also wählt sie den Rückzug in ein wie sie glaubt, "ganz normales", ruhiges Leben. Ich denke aber, dass der Schatten ihrer Vergangenheit
    bleiben wird, oder wie Jean es ausdrückte, "Die Bastarde in deinem Kopf musst du noch loswerden".
    ,

    Was dann kam, war ein Leben auf der Straße. Und dieses Leben hat mit Romantik so überhaupt nichts zu tun. Das beschreibt Burnside sehr eindringlich.

    Sehr eindringlich und im Gegensatz zu den literarischen Ausflügen z.b. in Jack Kerouacs Roman >On the road< ein überaus realitisches Bild, das jenseits der Romantisierung
    dieses Lebens auf der Straße steht. Das klingt dann eher nach Robert McLiam Wilsons hervorragendem Roman >Ripley Bogle<. Simon drückt es so aus:

    Zitat

    In fact, I couldn`t find anything but road. Leaves, and more leaves, a flicker of light off to the west and suddenly everything is differrent. Transformed. Which is not
    to say that the road is romantic. It`s not Jack Kerouac. It`s not Woody Guthrie. It`s sleeping in railroad stations at night, because you missed the last train and the
    next one out is O-six-ten. It`s the drunk at the back of the bus who smells of tobacco and beer. (...) It`s the sunday crowd coming home from a day of church, all the
    painfully obese women who think that somebody`s going to cure them of appetite. It`s the boy with the withered hand, gazing out into the grey of a fall night, not
    because there`s anything out there, but because he can`t bear to look at the other passengers, to see himself, still not healed, through their eyes.

    Später dann noch ein Satz, der die Sache endgültig klärt: "The other thing about the road is that it doesn`t lead anywhere."

    Burnside hat dieses Kapitel so großartig geschrieben.

    Ja, man weiß gar nicht wo man anfangen soll zu zitieren. Ich nehme ein längeres Zitat, dass für mich wunderschön Kates neuen Weg beschreibt, einen Weg, der ihr
    eigenes Leben, ihr eigenes Gefühl von Glück in den Vordergrund stellt und sie weiß, wer ihr dabei geholfen hat.

    Man kann den Grund als kitschig empfinden (für mich war es stimmig), warum Jean Kate ausgesucht hatte. Sie ähnelte ihr. Simon erklärt es so: "Dass Sie die Einzige waren, die sie retten konnte. (...) Vielleicht haben sie sich beide gegenseitig gerettet. Jean schenkte Ihnen einen Ort, an dem Sie sich wie zu Hause fühlen. Und Sie gaben ihr eine zweite Chance."

    Die beiden haben sich gefunden und ob das nun Schicksal, Vorbestimmung oder einfach Zufall war, bleibt unerklärlich. Es gibt Geheimnisse deren Zauber nur dadurch wirkt,
    dass sie nicht gelüftet werden. Wenn man das Kitsch nennt, hat man einfach vergessen wieviel Schönheit in den einfachen Dingen liegen kann.

    Das Buch (und unsere MLR!!!! ) haben mir ausgesprochen gut gefallen!

    Oh ja, Es war eine tolle MLR zu einem wunderbaren Roman von John Burnside. Die Sache mit dem halben Stern Abzug kann ich nachvollziehen. Bei manchen Ereignissen
    hat Burnside vielleicht etwas zu sehr nachgeholfen um sie stimmig zu gestalten. Das wirft meiner Meinung nach aber nur einen winzigen Schatten auf diesen, ansonsten
    großartigen Roman, dessen Zauber man sich kaum entziehen kann. Deshalb zum Abschluss noch die letzten Zeilen dieser Geschichte:

    Zitat

    At first, all I could hear was the sound of melting ice dripping off the eaves and then I realised what it was I had been listening to in the dream. It was this.
    Nothing more. The sound of thaw. A kind of music. An end, and a beginning. Here, and elsewhere.

    Bis bald
    lg taliesin :winken:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

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  • Das klingt dann eher nach Robert McLiam Wilsons hervorragendem Roman >Ripley Bogle<.

    Gerade bestellt :-, Bevor er nicht mehr erhältlich ist :uups:



    Das wirft meiner Meinung nach aber nur einen winzigen Schatten auf diesen, ansonsten
    großartigen Roman, dessen Zauber man sich kaum entziehen kann.

    So ist es! Ich kann den Roman auch nur vorbehaltlos empfehlen :D

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  • Gerade bestellt Bevor er nicht mehr erhältlich ist

    Da wünsche ich dir viel Spaß. Steht auf meiner ewigen Bestenliste ganz weit oben. Nicht nur sprachlich absolut brillant.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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