Philipp Möller - Gottlos glücklich

  • "ein Plädoyer für ein erfülltes Leben ohne Gott"


    So geht es ja nun wirklich nicht. Das ist ein wirklich schlechtes Buch. Wobei wichtig ist zu sagen, dass ich mit Möller fast grundsätzlich einer Meinung bin. Aber wie er es bringt, das grenzt an Unverschämtheit. Es gibt eine ganze Menge guter und wichtiger Fakten, verwertbare Informationen. Aber die hätten auch in eine Broschüre gepasst. Also hat Möller versucht, eine Art Rahmenhandlung zu basteln. Das geht aber so was von in die Hose! Schwänke aus seinem Leben führen uns zu Gelegenheiten, in denen er dann ein wenig von seinem Wissen preisgibt. Diese Schwänke sind oft unglaubwürdig, wirken konstruiert und die Dialoge sind hölzern. Hölzern! Es ist nicht zu fassen, wie einer solche Dialoge schreiben kann. Andauernd kommt Lokalkolorit ins Spiel (in der Kita, im TV-Studio in der Schule), von denen ich in diesem Zusammenhang null Information benötige. Ich wollte nicht lesen, wie Möller mit ein paar Sätzen aus einem rotzfrechen Bengel einen klugen jungen Mann macht. Das glaubt der doch selbst nicht. Und das mit hölzernen Dialogen. 300 Seiten schreibt er voll. Wären es 50 geworden, wir hätten hier eine lesenswerte Broschüre, aber er muss ein ganzes Buch daraus machen. Habe ich schon erwähnt, dass die Dialoge sehr, sehr hölzern sind? Und überhaupt: Was sollen überhaupt Dialoge in einem solchen Buch? Warum muss ich erfahren, wo er durch einen dollen Zufall ein Dokument gefunden hat? Er war Gast in Talkshows, erzählt un dann nicht, was er da gesagt hat, sondern was er gedacht hat.
    Ich habe das Buch ganz gelesen, denn wie gesagt, die Fakten sind oft wirklich interessant, aber es war eine Qual. Und nicht nur wegen der hölzernen Dialoge. Es ist eine vertane Chance. Schade.
    Übrigens sind die Dialoge sehr hölzern.

  • Inhaltsangabe laut Amazon:
    Bestsellerautor Philipp Möller glaubt nicht an Gott – und ist damit nicht allein. Knapp 40 Prozent aller Deutschen fühlen sich keiner Religion zugehörig. Umso erstaunlicher findet es Möller, wie sehr die Religionen dennoch unsere Gesellschaft beeinflussen.
    Vom Kirchengeläut bis zum Kopftuch der Kindergärtnerin, das Religiöse behelligt auch die, die nicht an Gott glauben. Dabei sind sich heute die meisten Deutschen einig: Religion ist vor allem Privatsache. Zudem: Alle kostspieligen Großbaustellen der Religionen müssen auch von den Atheisten mitbezahlt werden – oder wussten Sie zum Beispiel, dass Bischöfe ihr Gehalt aus allgemeinen Steuern erhalten?
    Fünf Millionen Menschen haben Möllers religionskritischen Debattenclip im Netz mittlerweile aufgerufen. In ›Gottlos glücklich‹ führt Möller aus, warum Religion und Glauben Privatsache sein sollten.
    »Ich möchte zeigen, dass ein Leben ohne Gott für extrem viele Menschen absolut selbstverständlich und wunderschön ist, und ein Gegengewicht bieten zu religiöser Werbung, so wie sie heute – im Verborgenen wie im Öffentlichen – absolut wieder üblich ist.«
    Provokant, unterhaltsam und unkonventionell trifft Philipp Möller mit seinen Fragen und Thesen einen Nerv. In ›Gottlos glücklich‹ nimmt er uns mit auf eine unglaubliche Reise hinter die Kulissen der »Kirchenrepublik« Deutschland.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • die Fakten sind oft wirklich interessant

    Schade, dass Du nicht die einen oder anderen erwähnt hast.
    Ehrlich gesagt, bin ich aus Deiner Rezension nicht ganz schlau geworden. Soll das Buch nur humorvoll sein oder befasst sich der Autor auch ernsthaft mit dem Thema? - einem an und für sich sehr interessanten.
    Heute kommen sicher viele Menschen ohne Religion ganz gut zurecht, aber ob wir es auf unserem evolutionären Weg "ohne" so weit geschafft hätten, ist nicht sicher. In eine Welt geworfen, die unsere Vorfahren nicht rational erklären konnten, mit Krankheiten, Hunger, Krieg und unzähligen anderen Übeln konfrontiert, dazu mit einem Denkorgan ausgestattet, das nach Erklärungen verlangt, war der Glaube an eine göttliche Macht vielleicht sogar überlebensnotwendig.
    Dazu hätte ich ein sehr interessantes Buch in petto, ich denke, das muss ich bald mal lesen.

  • Soll das Buch nur humorvoll sein oder befasst sich der Autor auch ernsthaft mit dem Thema?

    Ich weiß es nicht.
    Sein Impetus ist bestimmt die Ernsthaftigkeit. Aber ich hatte bereits nach ca. 50 Seiten den Impuls, das Buch für immer wegzulegen, da er nur über eine Aktion berichtet hat, wo sie Geld für eine Werbeaktion auf Bussen gesammelt haben. Humorvoll ist das gar nicht, er selbst versucht sich halt in einer ironischen, satirischen Sprache, aber das ist der reine Krampf.
    Die Fakten sind vor allem Zahlen zu den Zuschüssen, die die Kirche kriegt, wie sie von den Steuerzahlern alimentiert wird. Es gibt Fakten über die Verstrickungen im Schulsystem. Solche Sachen sind teilweise gut gebracht, aber in einem Wust von biographischen Anekdoten versteckt. Um sie zu finden, muss man das Buch praktisch ganz lesen. Und mich interesserieren die Querelen in der sebstverwalteten Kita in diesem Zusammenhang gar nicht.
    Ich verstehe auch nicht, warum er diesen Weg gewählt hat, was er wollte. Vielleicht wollte er einfach nur Masse schaffen.

  • Und mich interesserieren die Querelen in der sebstverwalteten Kita in diesem Zusammenhang gar nicht.

    Das kann ich verstehen, darüber hätte ich mich auch geärgert - und wahrscheinlich gar nicht fertig gelesen.

  • Alle kostspieligen Großbaustellen der Religionen müssen auch von den Atheisten mitbezahlt werden

    z.B. kirchliche Krankenhäuser, Kitas, soziale Einrichtungen, ...


    Ich möchte niemandem seinen Atheismus nehmen, möchte nur denen, die den totalen Rückzug der Kirchen aus Öffentlichkeit und Gesellschaft fordern, zu bedenken geben, was im Ernstfall auf dem Spiel steht, denn ich glaube nicht, dass der Staat in der Lage wäre, sämtliche von den Kirchen besetzten Institutionen zu übernehmen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich vermute, dass dieses Buch einfach unter falschen Vorzeichen gelesen wurde. Möller ist ja, was seine Bücher oder auch Programme angeht, in erster Linie Kabarettist bzw. Comedian - ist nicht so einfach zu unterscheiden. Ein durchweg ernsthaftes Buch würde ich bei ihm nie erwarten. Er schreibt keine Sachbücher sondern will mit seiner comedyhaften Schreibweise ein ganz bestimmtes Publikum erreichen und ihm die Fakten/den Sinn näherbringen, ohne zu versachlichen wie ein Schulbuch. Ich fürchte, wenn man das haben will, muss man auf andere Schriftsteller zurückgreifen. :wink:

  • ...denn ich glaube nicht, dass der Staat in der Lage wäre, sämtliche von den Kirchen besetzten Institutionen zu übernehmen.

    Warum eigentlich nicht? Wenn sie sowieso schon von allen Steuerzahlern finanziert werden :-,
    Und ich musste mir im kath. KiGa noch bei der versuchten Anmeldung unseres Ältesten anhören, dass selbstverständlich erst einmal die katholischen Kinder einen Platz erhalten, ehe ein ungetauftes Kind angenommen wird. Die Steuern der Atheisten werden aber gerne mitverwendet [-(

  • z.B. kirchliche Krankenhäuser, Kitas, soziale Einrichtungen, ...


    Ich möchte niemandem seinen Atheismus nehmen, möchte nur denen, die den totalen Rückzug der Kirchen aus Öffentlichkeit und Gesellschaft fordern, zu bedenken geben, was im Ernstfall auf dem Spiel steht, denn ich glaube nicht, dass der Staat in der Lage wäre, sämtliche von den Kirchen besetzten Institutionen zu übernehmen.

    Muss er ja auch nicht, er sollte sie einfach wie jeden Verein behandeln der so etwas ins Leben ruft und sich angeblich selbst erhält.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Hm.
    Bevor ich mich als bekennende Atheisten mit religiösem Familienhintergrund in diese Diskussion einklinke, muss ich erstmal ein paar Worte zu dem Buch loswerden, um das es hier ja eigentlich geht:


    Auch ich empfand den Schreibstil zum großen Teil als Zumutung und Schlag ins Gesicht eines denkfähigen und des Lesens kundigen Erwachsenen. :thumbdown:
    Stellenweise war das wirklich unterstes Bildzeitungsniveau zum absoluten Fremdschämen.
    Vor allem dieses bekloppte Kapitel, in dem Herr Möller ellenlang seine Erstkommunion aus der Sicht eines Neunjährigen schilderte, war in meinen Augen überflüssig wie ein Kropf und peinlich ohne Ende.


    Nichts desto trotz hat er recht.
    Er hat recht damit, dass wir in Deutschland meilenweit davon entfernt sind Staat und Kirche voneinander zu trennen (obwohl immer wieder propagiert wird dass Religion Privatvergnügen sei); er hat recht damit dass der freien Religionsausübung laut Gesetz ein höherer Stellenwert zugestanden wird als der körperlichen Unversehrtheit eines Kindes (Stichwort männliche Beschneidung); er hat recht damit dass in unseren Schulen nicht objektiv über die verschiedenen Religionen gelehrt, sondern direkt in die hineinindoktriniert wird; er hat recht damit dass der Staat dem einzelnen Menschen aufgrund der religiösen Lobby keinerlei Mitspracherecht beim eigenen Sterbeprozess einräumt; er hat recht damit dass die religiösen Interessenvertreter drauf und dran sind hart erkämpfte Entscheidungsfreiheiten für Frauen wieder rückgängig machen zu wollen (Stichwort Abtreibung); er hat recht damit dass zweitausend Jahre Christentum nicht zweitausend Jahre der Nächstenliebe waren, sondern zweitausend Jahre Antisemitismus und Homophobie (von den unzähligen Toten durch Glaubenskriege und Hexenverfolgungen mal ganz abgesehen).
    Er hat recht damit dass die Kirche Kindesmissbrauch aktiv vertuscht und auch heutzutage noch eine hartherzige, mordende Fanatikerin (Mutter Teresa) heilig spricht und die Fakten unter den Teppich kehrt.


    Und er hat vor Allem recht damit das anzuprangern, zu hinterfragen und darüber aufzuklären.


    Und an dieser Stelle ist es vielleicht gar nicht mal so verkehrt dass hier ein Phillip Möller mit seinem Comedian-Background und seiner unorthodoxen Schreibweise eine andere Zielgruppe erreicht als beispielsweise ein Richard Dawkins, der um einiges anstrengender zu lesen ist.


    Die Art, wie Möller in seinem Buch die Fakten darlegt, war auch für mich fast eine Zumutung, aber das ändert nichts daran dass diese Fakten existieren und ausgesprochen gehören.
    Zur Not eben auch auf diese Art und Weise.