Deanna Zinßmeister - Das Auge von Licentia

  • Inhaltsangabe:


    Die 15jährige Jonata darf zum ersten Mal mit auf die Jagd. Nun will sie ihrem Vater und den anderen Jungs im Dorf beweisen, dass sie ihnen ebenbürtig ist. Doch anstatt einen Keiler zu erlegen, trifft sie unverhofft auf Tristan, einem Jungen von den Wolfsbannern. Und als wäre das nicht genug erschienen die Drachen am Nachthimmel.


    Völlig durcheinander kehrt sie zum Dorf zurück. Was wollten die Drachen? Und warum war Tristan auf der Lichtung? Denn eigentlich ist es ihnen verboten, die Lichtung zu betreten. Vor vielen Jahren hatte sich eine Gruppe Menschen aus Licentia gelöst, da ein Wolfs-Unglück die Gemeinde zerstritten hatte. Seither achtete man penibel darauf, die Grenzen nicht zu überschreiten. Doch Jonata verstand das nicht, zumal sich Tristan als ein völlig normaler Junge herausstellt, der auch noch ihr Herz höher schlagen lässt.


    Und dann sind da noch ihre Eltern und der Dorfpfarrer Gabriel, die sich sehr merkwürdig verhalten. Offenbar gibt es Geheimnisse. Nur welche und warum?


    Mein Fazit:


    Deana Zinßmeister ist bekannt für fundierte historische Romane und einige durfte ich schon lesen. Jetzt hat sie es mit einer Art Dystopie gemixt und auf diese Mischung war ich äußerst gespannt.


    Eines vorweg möchte ich betonen: Mit dem Klappentext zu diesem Buch wird eigentlich schon alles gesagt, im Grunde schon das ganze Buch. Das finde ich sehr schade, denn damit wurde sehr viel Spannung aus der Geschichte herausgenommen.


    Licentia ist ein mittelalterliches Dorf irgendwo zwischen den Bergen. Die Menschen leben dort in Ruhe und Frieden. Große waldige Gebiete umrunden es und trennen es von dem Dorf der Wolfsbanner. Die Licentianer erzählen den Kindern furchtbare Märchen, um sie von dem Gebiet der Wolfsbanner fernzuhalten. Denn ein großes Unglück entzweite die Gemeinschaft einst und die Wolfsbanner bezogen ein eigenes Dorf. Die Kinder überrascht es irgendwie nicht, dass es keine weiteren Verwandten gibt. Auch da gibt es ein Märchen: Sie seien alle von einer verheerenden Krankheit befallen worden und um die Kinder zu schützen, hätte man das Dorf Licentia gegründet. Keines der Kinder hat Großeltern, Onkel oder Tanten.


    In diesem Dorf wächst Jonata auf. Ihr Vater lehrt sie das Jagen und Ausnehmen der Tiere. Regelmäßig macht sie Schießübungen. Und dann darf sie das erste Mal mit zur Jagd und dann passiert das, was niemand vorher sehen konnte: Sie trifft auf Tristan, einem Jungen aus dem Wolfsbanner-Dorf. Sein Rudel Wölfe im Schlepptau, ist ihm die Begegnung genauso suspekt wie ihr, aber als die Drachen kommen, schlug offenbar der Liebes-Blitz bei beiden ein, denn sie entwickeln Gefühle füreinander und Neugier auf den jeweils anderen. Sie bringen Ereignisse in Gang, die sich fast nicht mehr aufhalten lassen. Denn Jonata ist der Star einer TV-Show, die eigentlich mit sinkenden Zuschauerzahlen zu kämpfen hat. Und Jonata weiß nichts davon – ebenso wie Tristan. Für sie gibt es keine Welt außerhalb des Dorfes und somit ist ihnen das Moderne völlig fremd.


    Ohne Zweifel, die Autorin hat sehr viel Liebe in dieses Werk investiert. Sehr flüssig und leicht verständlich werden die Geschehnisse um Licentia geschildert, meist in kurzen Kapiteln. Auch wechseln die Perspektiven und als Leserin bekommt man einen guten Einblick in die Gefühlswelt des Protagonisten. Ich konnte es mir sehr gut vorstellen, zumindest hatte ich keine Probleme damit. Allerdings hätte ich mir deutlich mehr Tiefgang bei der ganzen Geschichte gewünscht. Warum Jonatas Eltern den Schritt in diese TV-Show wagten, wurde erklärt. Aber welche Motive hatten die anderen Dorfbewohner? Was bringt Menschen dazu, sich vom modernen Leben komplett abzuwenden und in einer Welt zu tauchen, aus der es offenbar kein Weg zurück gibt. Und wie schafft man es, das keines der Kinder unangenehme Fragen stellt oder Verdacht schöpft? Ebenso ist es äußerst erstaunlich, das alle Dorfbewohner dicht halten, nicht mal ein Wort herausrutscht!


    Der Teil mit der TV-Sendung nimmt nicht allzu großen Raum ein, was ich auch sehr schade finde. Auch da hätte ich mir mehr Hintergrund gewünscht. Zwar wird durch die kurzen Kapitel durchaus deutlich, dass die TV-Show ihren Zenit bereits überschritten hat. Aber es kommen keine Zweifel an der Richtigkeit der Sendung auf, weder beim Sender selbst noch bei den Zuschauern. Niemand erhebt in irgendeiner Weise Kritik an dem System oder zweifelt die Richtigkeit dessen an.


    Obwohl ich Serien inzwischen ja nicht immer so toll finde, aber bei dieser Geschichte wäre es vielleicht wünschenswert gewesen. Das Ende ist für mich auch etwas unbefriedigend und ließ mich mit einigen Fragen zurück. Daher kann ich leider nur drei Sterne vergeben und eine bedingte Lese-Empfehlung aussprechen.

  • Gute Grundidee, tolles Setting, aber leider auch ein paar Schwächen


    Klappentext
    „Jonata lebt mit ihrer Familie in der Mittelaltersiedlung Licentia. Smartphones, den Supermarkt um die Ecke, all das kennt sie nicht, ahnt noch nicht mal von deren Existenz. Und schon gar nicht weiß sie, dass „Licentia“ in Wahrheit eine Fernsehshow ist, und die ganze Welt ihr und den anderen Bewohnern Licentias zusieht – jeden Tag, schon seit Jahren. Erst, als sie auf Tristan trifft, einen Jungen aus dem verfeindeten Clan der Wolfsbanner, kommen die Lügen und Geheimnisse ihres Dorfs langsam ans Tageslicht, und Jonata wird für manche Dorfbewohner zu einer Bedrohung …“


    Gestaltung
    Mit den dunklen Farben bestehend aus schwarz und dunkelgrün wirkt das Cover sehr mystisch und geheimnisvoll. Dabei gefällt mir richtig gut, dass die Farben vor dem schwarzen Hintergrund aussehen wie ein Auge, das den Betrachter scharf und beobachtend ansieht. Dies passt hervorragend zur Handlung! Auch das Mädchen, das vor dem Auge zu sehen ist, ist gut darin eingearbeitet, da es aussieht, als wäre es eins mit dem Auge.


    Meine Meinung
    Mich hat vor allem die im Klappentext anklingende Idee einer in einer Mittelaltersiedlung lebenden Menschengruppe, die für eine TV-Show gefilmt wird und nichts davon weiß, interessiert. Daher wollte ich das Buch unbedingt lesen und herausfinden, was es mit der TV-Show und dem Dorf, das anscheinend von nichts weiß, auf sich hat.


    Diesbezüglich muss ich jedoch sagen, dass mir die Hintergründe ein wenig zu blass blieben. Das Wie und Warum hinter der Show wurde kaum beleuchtet. Auch blieben mir die Beweggründe der Bewohner der Mittelaltersiedlung zu oberflächlich, da ich mir nicht vorstellen kann, was einen Menschen dazu bewegen könnte, für so eine lange Zeit bei einer solchen Show mitzumachen und seine Kinder nicht einzuweihen und sie wie im Mittelalter leben zu lassen.


    Genauere Informationen wären an dieser Stelle schön gewesen, weil ich die Idee des Buches nämlich wirklich gerne mochte und sie auch super spannend fand. Diesbezüglich hätte ich es sogar noch besser gefunden, wenn die Fernsehshow im Klappentext gar nicht erwähnt worden wäre, denn so hätte ich beim Lesen mehr rätseln und überlegen können, was hinter allem steckt. Gerade als Protagonistin Jonata auf den Jungen Tristan trifft und die zwei langsam hinter die Kulissen des Dorfes blicken, wäre es spannend gewesen, wenn ich noch mehr mit den beiden hätte miträtseln können. Daher empfehle ich jedem, der das Buch noch lesen möchte, sich den Klappentext nicht durchzulesen.


    Etwas störend empfand ich die Liebesgeschichte zwischen Jonata und Tristan, denn Jonata war mir für ihr Alter von 15 Jahren etwas zu naiv und dann passte es für mich nicht zu ihr, dass sie sich in Tristan verliebt. Dies ging im Übrigen für meinen Geschmack auch viel zu schnell, da sie sich sehen und zack – Liebe! Gerade angesichts der Verfeindung der beiden Clans, aus denen Jonata und Tristan stammen hätte ich mehr Zurückhaltung, Skepsis und Zweifel der beiden füreinander erwartet und nicht, dass sie sich so schnell mögen.


    Klasse fand ich den Schreibstil von Autorin Deana Zinßmeister, denn sie schreibt mit klaren, einfachen Sätzen, die dafür sorgen, dass man die Geschichte nahezu inhaliert. Auch sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass man beim Lesen schnell vorankommt und so ein unheimliches Lesetempo entsteht. Zwar fehlten mir bei der Handlung ein wenig die Überraschungen und die unvorhersehbaren Polt-Twists, aber insgesamt konnte mich die Geschichte gut unterhalten, auch wenn ich nicht vollends mitgerissen wurde, wie ich es mir gewünscht hätte. Besonders schön hat Frau Zinsmeister auch das mittelalterliche Setting und Leben in Licentia eingefangen, denn meiner Ansicht nach hat die Autorin dies lebendig beschrieben und realistisch dargestellt. Ich hatte oftmals ein Bild von der Siedlung oder anderen Schauplätzen vor meinem inneren Auge.


    Fazit
    „Das Auge von Licentia“ verfügt über eine tolle Grundidee, die mit einem großartigen Schreibstil, der von Einfachheit und Klarheit geprägt ist, umgesetzt worden ist. Leider haperte es hierbei noch an Kleinigkeiten, die dafür gesorgt haben, dass mich die Geschichte nicht ganz so sehr mitgerissen hat, wie sie es hätte können. Beispielsweise sind hier die Liebesgeschichte zu nennen, die für meinen Geschmack zu schnell ging oder die Hintergrundinfos, von denen es ruhig noch ein paar mehr hätte geben können. Zudem hätte ich gerne gemeinsam mit Jonata und Tristan gerätselt und gerne selber entdeckt, dass alles eine Fernsehshow ist, sodass ich jedem, der das Buch noch lesen möchte empfehle, den Klappentext vorher nicht zu lesen.
    3 von 5 Sternen!


    Reihen-Infos
    Einzelband

  • "Auch wenn alles andere erfriert, die Brennnessel überlebt selbst die kältesten Temperaturen. So ähnlich bist du auch."
    (S. 107)


    Meine Meinung:
    Bereits zu Anfang lernen wir Jonata und Tristan kennen. Sie leben in einer vollkommen anderen Welt, wie wir sie heute nicht kennen, und doch spielt es in der heutigen Zeit. Das Witzige daran ist, sie leben in einer Sendung und wissen es nicht einmal. Die ganze Welt kann ihnen beim Leben zuschauen, jeden ihrer Geheimnisse wissen, jede Handlung nach verfolgen. Dabei ist Jonata erst 15 Jahre alt. Sie hatte gedacht, ihr Leben sei ganz normal, wie das der Anderen Kinder, bis sie auf Tristan trifft, auf den sie gar nicht treffen durfte und schlagartig ändert sich alles in Licentia und auch im Wolfsbannerdorf, wo Tristan gemeinsam mit Wölfen lebt. Denn er ist ein Wolfsbanner. Sie verlieben sich recht schnell ineinander und merken auch recht schnell, dass sich irgendwas in Licentia faul ist. Doch auf dem Weg, dies herauszufinden, geraten sie selbst in Gewissenskonflikte und merken, dass sie selbst ein großes Geheimnis dieser Welt sind.
    Ich war mir beim Lesen sehr unschlüssig, wie ich Jonata und Tristan beurteilen sollte. Denn in einigen Momenten, wenn beide jeweils in ihrem Dorf sind und ihre Pflichten erfüllen, machen sie den Eindruck, als wären sie sehr viel älter als 15 oder 16 Jahre. Doch gemeinsam sind sie wie ein kleines Liebespärchen und die Sprache machte mich etwas misstrauisch. Tristan verhält sich jedoch ihr gegenüber wie ein richtiger Gentleman, macht im ersten Eindruck ihrer Begegnung sogar den Anschein, als sei er einer von den "Bad Boys", doch recht schnell legt sich dieser Gedanke wieder.
    Jonata ist eine sehr mutige und starke Persönlichkeit, nicht zuletzt deshalb, dass sie in ihrem Dorf als einziges Mädchen Jagen, Schießen und Rennen kann, wie kein Junge und demnach auch so erzogen wird.



    Die Handlung hat mir zu Anfang sehr gut gefallen. Ich finde die Thematik ist einfach unglaublich gut überlegt. Diese Art von Geschichte hatte ich bisher nicht so gelesen. Und vor allem, war ich sehr gespannt, was die Autorin daraus gemacht hatte. Natürlich steht hier auch die Liebesgeschichte von Jonata und Tristan im Mittelpunkt, dennoch spielt die modernisierte Außenwelt eine große Rolle, in der die Menschen besessen von einer Sendung sind, sodass sie sich reale Menschen beim Lesen zuschauen und nicht genug davon bekommen. Ein großes Statement der Autorin an die Leser, aber auch an die ganze Welt.
    Dennoch konnte mich die Handlung zum Ende hin nicht sonderlich überzeugen. Ich habe mehr Spannung und mehr Tiefe gehofft, kritische Worte aufgrund der Überwachung wären angebracht gewesen verpackt in einer Geschichte, was jedoch nicht kam. Es gibt zwar eine Überraschung zum Ende hin, die ich so nicht erwartet hatte, dennoch konnte mich der Verlauf nicht vollständig begeistern.


    Der Schreibstil hat mir jedoch wirklich sehr gut gefallen. Er ist einfach gehalten, gut lesbar und der Schreibstil ändert sich, je nachdem in welcher Perspektive erzählt wird. Natürlich sprechen Menschen im Mittelalter vollkommen anders als in der Gegenwart, vor allem in einer modernisierten Welt. Aber auch Unterschiede zwischen den einzelnen Dörfern ist erkennbar. Dies hat mich sehr gut gefallen!




    Fazit:
    Ein schöner Anfang der Geschichte, die sehr großes Potenzial hat, da sie uns alle etwas angeht, jedoch wurde dieses Potenzial nicht ganz ausgenutzt. Sollte es ein weiteren Band geben, würde ich es wahrscheinlich nicht lesen wollen!


    Es bekommt dementsprechend 3,5 von 5 Krönchen!

    Gelesen (2019): 27


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    „Von seinen Eltern lernt man lieben, lachen, und laufen. Doch erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man Flügel hat.“
    – Helen Hayes