Saygin Ersin - Der Meisterkoch / Pir-i Lezzet

  • Zum Cover:
    Es fällt ins Auge und es passt wunderbar zur Geschichte. Nicht nur weil es orientalisch anmutet, sondern auch wegen der eingebauten Handwerksutensilien eines Kochs.


    Inhalt:
    Ein exzellenter Meisterkoch im Orient um 1600 , löst bei den Geniesern seiner Speisen Verzückhng aus. Er kann aber weitaus mehr als meisterlich kochen Geheimes Wissen um die Kochkunst ermöglicht es ihm, ganz spezielle Ergebnisse hervorzubringen.


    In Rückblenden erfährt man, wie der Meisterkoch zu seinem Beruf und seinem Wissen kam. Warum er unbedingt in die Sultans Küche aufgenommen werden wollte, was in der Gegenwart der Geschichte spielt, und seine genauen Ziele und deren Umsetzung bleiben lange ein Rätsel.


    Meinung:
    Schon nach den ersten Seiten fühlt man sich in eine orientalisches Märchenwelt versetzt. So liest sich dann auch das ganze Buch wie ein Märchen.


    Anfangs steht das Kochen im Mittelpunkt. Achtung! Man sollte das Buch nicht mit leerem Magen zu lesen beginnen. Wenn auch immer weiter gekocht wird, geht es dann um den Koch, seine Geschichte, sein Leben, sein Schicksal.


    Anfangs tut man sich schwer, mit den fremden Namen und Gerichten. Die Namen werden weniger, bzw. Werden auch andere Bezeichnungen zu den Personen hinzugefügt, die die Zuordnung erleichtern. Fußnoten oder ein Glossar was unter den einzelnen Speisen zu verstehen ist, wäre schön gewesen.


    Leider verrät der Klappentextund die Rückseite des Buches schon um was es dem Meisterkoch geht. Schade, denn ohne dieses Wissen wäre die die Spannung und das anfängliche Rätselraten noch intensiver gewesen.


    Fazit:
    Ein gut zu lesendes Buch mit einem interessanten Protagonisten. Die märchenhafte Geschichte hat einen besonderen Flair. Zwischendurch lies die Spannung kurzfrustig etwas nach und das Schlußgeschehen hätte etwas detaillierter sein dürfen.
    Das Buch bekommt verdiente 4 Sterne von mir.


    Es ist ein ewiger Zwiespalt: arbeitet man am Abbau des SuB oder am Abbau der WL?




  • Da ich gern Bücher lese, in denen nicht nur die schiere Zubereitung, sondern auch die Philosophie und Ästhetik des Kochens und Essens ihren Raum finden, stand "Der Meisterkoch" schon länger auf meiner Merkliste. Die Erwartungen hinsichtlich der kulinarischen Aspekte wurden auch nicht enttäuscht, und ich hätte nicht nur gern von den geschilderten Gerichten probiert, sondern fand auch die Verknüpfungen zwischen Seele(nheil) und Nahrungsgenuss immer wieder höchst interessant.


    Die im Roman nicht wirklich entfaltete und manchmal gar zu melodramatisch dargestellte Liebesgeschichte konnte mich nicht recht überzeugen.


    Dafür hat der Roman mich jedoch auf faszinierende Weise an verschiedene Orte des Osmanischen Reiches entführt: Angefangen bei den Palastküchen mit ihren unbedingt zu beachtenden Hackordnungen, überhaupt dem ganzen verschachtelten Gefüge des Sultanspalastes und anderer reicher Häuser und Lusttempel wie armseliger Kaschemmen des damaligen Istanbul, über die Häuser des Astrologen und der Gewürzhüterin bis hin zum geheimnisvollen Bibliothekar in Alexandria durchläuft der Held des Romans so spannende Stationen, dass ich manchmal fast atemlos gelesen habe.


    Und hier liegt auch mein Hauptkritikpunkt: Der Autor treibt das Buch für mein Empfinden zu schnell voran. Ich wollte als Leserin noch länger an einem Ort verweilen, ihn in mich aufnehmen, die Handlung dort in Ruhe gezeigt bekommen, alles genauso auskosten wie die im Roman immer wieder beschriebenen Düfte und Speisen. Aber gar zu oft fasst der Autor Entwicklungen einfach nur zusammen, statt sie vorm Auge der LeserInnen geschehen zu lassen, berichtet, statt seine Figuren einfach agieren zu lassen... Das fand ich ausgesprochen schade. Der Roman hätte gern 150 Seiten länger sein und die Geschehnisse auserzählen dürfen. So viel Geduld würde der Geschichte eines Geschmacksbeherrschers doch gut zu Gesichte stehen?!


    Dem Übersetzer gut zu Gesichte stehen würde der Verzicht auf Anglizismen wie "im Clinch liegen", "Gangway" oder das niederländische "Smutje" - ein Begriff, der erst um 1900 herum für den Schiffskoch geprägt wurde. Solche Wörter nehme ich in einem Roman, der Jahrhunderte früher im Osmanischen Reich spielt, als unpassend wahr.


    Sehr gut gefallen hat mir dagegen das Cover. Die orientalischen Ornamente, in die ein paar Kochlöffel und andere Küchenutensilien und Nahrungsmittel eingebaut sind, fangen Thema und Stimmung dieses Märchens aus 1001 Nacht wunderbar ein.


    Trotz der genannten Schwächen habe ich das Buch mit großem Vergnügen gelesen, daher: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Jane Austen - Stolz und Vorurteil (Reread)

    :montag: Sally Coulthard - Am Anfang war das Huhn





  • Mal sehen, ob die Verlinkung zum türkischen Original inzwischen klappt:


    Edit: Squirrel Jetzt erscheint das Bild des Originals auch oben bei dir im Beitrag, vorher war es nicht zu sehen gewesen. :scratch:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Jane Austen - Stolz und Vorurteil (Reread)

    :montag: Sally Coulthard - Am Anfang war das Huhn





  • "Widme dich der Liebe und dem Kochen mit ganzem Herzen." (Dalai Lama)

    Um 1600, Istanbul. Der junge Knabe Cihan überlebt im Topaki-Palast das grausame Dekret des Sultans, der alle männlichen Verwandten ermorden lässt, nur mit Hilfe des dort beschäftigten Küchenchefs, der sich seiner annimmt und von dort entfernt. Cihan hat die außergewöhnliche Begabung, einen sehr ausgeprägten und feinen Geschmackssinn zu besitzen, der ihn schon bald mit den besten Köchen des Landes zusammenbringt, die ihn fördern und fordern. Dabei lernt er seine große Liebe kennen, die Tänzerin Kamer, von der er aber schon bald wieder getrennt wird. Doch er hofft darauf, dass sich ihre Wege irgendwann wieder kreuzen. Seine Ausbildung führt ihn durch die Länder des Orients, wo er so manches Küchen- und Gewürzgeheimnis aufschnappt und seine Kochkünste immer mehr verfeinert. Dann ist es endlich soweit: er nimmt als Küchenmeister des Sultans in der Palastküche seinen Platz ein und sinnt insgeheim nicht nur auf Rache für die Dinge, die ihm als Kind wiederfahren sind, er hofft auch, endlich Kamer wiederzusehen…


    Saygin Ersin hat mit „Der Meisterkoch“ nicht nur einen sehr opulenten und farbenprächtigen Roman vorgelegt, sondern entführt den Leser in die sagenumworbene Zeit der 1001 Nacht. Der flüssige, leicht blumige und bildgewaltige Erzählstil lässt den Leser schnell zwischen den Seiten abtauchen und sich an der Seite von Cihan auf eine abenteuerliche Reise begeben, die sämtliche Sinne anspricht. Geschickt webt Ersin die Geschichte um Cihan, lässt den Leser durch Rückblenden seine schicksalhafte Kindheit miterleben sowie seine Laufbahn, die ihn nicht nur zu einem vollendeten Küchenmeister, sondern auch zum Herrscher der Gewürze und des Geschmacks werden lassen. Der Autor schildert die Geschichte so plastisch, dass man als Leser nicht nur die wundervollen exotischen Gerüche in der Nase hat, sondern sie auch am Gaumen spürt. Die Beschreibungen der Palastküchen, des unzähligen Personals und des extrem hohen Aufwands, der damals betrieben wurde, lässt einen an ein Schlaraffenland denken, in dem unendlich Milch und Honig fließen, während im sich im Kopf wunderschöne farbenprächtige Bilder formen. Die eingewebte romantische Liebesgeschichte ist ein gutes Kontrastprogramm zu den Rachegedanken, die Cihan mit seinen Gerichten in die Tat umsetzen will. Der Autor lässt seinen Protagonisten wie einen Magier der Sinne wirken, der durch den Umgang mit Kräutern und Gewürzen seine Konsumenten verzaubert und so Zugang zu allerlei Informationen und Bereiche erhält. Ersin webt seinen Spannungsbogen sehr geschickt durch die wechselnden Perspektiven, die er bis zum Ende gut hoch halten kann.


    Die Charaktere sind sehr differenziert ausgestaltet, wirken auf gewisse Weise zauberhaft, aber auch glaubwürdig und authentisch. Der Leser tummelt sich unsichtbar in ihrem Dunstkreis, um nicht nur Geheimnissen und Intrigen auf die Spur zu kommen, sondern auch das Schicksal einiger zu verfolgen. Cihan ist ein Geschmackstalent, dessen Welt nicht nur die Dufte, sondern auch der Gaumen ist. Er ist wiss- und lernbegierig, fleißig, geschickt und innovativ in der Auswahl seiner Zutaten, die die Genießer nicht nur schwelgen lassen, sondern ihm auch Türen öffnen, die eigentlich verschlossen sind. Auf wundersame Weise gelingt es ihm, seine Umwelt allein durch sein Können zu manipulieren, um sein Ziel zu erreichen. Kamer ist eine talentierte Tänzerin, die im Palast wie in einem Gefängnis lebt. Sie kann sich dort zwar frei bewegen, doch untersteht sie den Wachen und wird wie ein Eigentum behandelt. Aber auch die Herrin der Aromen sowie die vielen Küchenchefs, denen Cihan auf seinen Reisen begegnet, hinterlassen großen Eindruck und sind für die Geschichte unerlässlich.


    „Der Meisterkoch“ ist eine wunderschöne Entführung in den farbenprächtigen, exotischen Orient. Der Roman lässt den Leser in eine Märchenwelt eintauchen, die nicht nur seine kulinarischen Genüsse anspricht, sondern auch mit einer Geschichte verzaubern kann, die außergewöhnlich und geheimnisvoll ist. Absolute Leseempfehlung!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten