Anne Freytag - 434 Tage

  • Kurzmeinung

    javaline
    Über weite Strecken überraschend vielschichtig. Das Ende verdarb diesen Eindruck leider durch Schwarz-Weiß-Malerei.
  • Inhaltsangabe:


    Anja Plöger ist seit knapp zehn Jahren mit Tobias verheiratet. Sie ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau und lebt in einem wunderschönen Haus bei München.


    Auf einer Geschäftsreise in Genf trifft sie Julian wieder. Mit Julian verbindet sie die Erinnerung und Gefühle der Ersten große Liebe. Im Alter von 17 Jahren lernte sie ihn kennen und war sofort in ihn verliebt. Fünf gemeinsame Jahre verbrachten sie, ehe Julian zu einem Praktikum nach New York aufbrach und Anja die Beziehung einseitig beendete.


    Obwohl sie die Sicherheit ihrer Ehe schätzt und Tobias tiefe Gefühle und Dankbarkeit entgegenbringt, beginnt sie eine Affäre mit Julian. Er gibt ihr alles, was sie in der Ehe vermisst: Spontanität, Aufmerksamkeit und ein Hauch von Freiheit. Nach 434 Tagen, solange dauert die Affäre inzwischen schon, ist sie des Lügens und der Heimlichkeiten müde. Und sie gesteht Tobias ihre Affäre!


    Damit setzt Anja dramatische Ereignisse in Gang …


    Mein Fazit:


    Dies ist mein erstes Buch von Anne Freytag. Ich habe es mir irgendwann nach dem Besuch der Leipziger Buchmesse auf die Audible-Merkliste gesetzt, da ich ein Interview der Autorin verfolgen konnte und sie mir sehr sympathisch ist. Demnächst habe ich wieder Gelegenheit, sie zu sehen, nämlich in München auf der LitLove.


    Aber nun zu dieser Geschichte: Was für eine emotionale Achterbahnfahrt und aus dem Leben gegriffen. Es geschieht womöglich tausendfach in Deutschland – jeden Tag!


    Anja Plöger hat eine Affäre und schon gleich zu Beginn der Geschichte setzt sie sich mit ihren widersprüchlichen Gefühlen auseinander. Sie liebt ihren Mann und ihr Leben und versucht selbst zu begreifen, warum sie mit Julian eine Affäre eingegangen ist und somit ihre Ehe und ihr bisheriges Leben aufs Spiel setzt. Auch wenn sie ganz klar zugibt, dass es falsch ist, so kann sie auch (noch) nicht wirklich von Julian loslassen.


    Auf drei Zeitebenen wird die Geschichte von Anja, Julian und Tobias erzählt. Der Gegenwarts-Strang, wo Anja sich mit ihrem Leben auseinander setzt und Tobias letztendlich von der Affäre erzählt. Eigentlich hatte sie Julian treffen wollen, aber sie entschied sich, reinen Tisch zu machen. Zu ihrem eigenen Erstaunen bleibt Tobias jedoch gelassen und er wiederum sagt ihr, dass er es ahnte, dass sie eine Affäre hat. In zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt Anja von der Jugendliebe, wie sie Julian kennenlernte und sich später ein Leben mit ihm aufbaute – bis er nach New York aufbrach, um dort ein Praktikum in einer Rechtsanwalts-Kanzlei zu absolvieren. Während er im Flieger saß, warf sie einen Brief in den Briefkasten. In diesem Brief hatte sie die Beziehung beendet. Die andere Zeitebene ist nicht ganz so einfach zu beschreiben, da Julian in brieflichen Rückblicken davon erzählte, wie es für ihn war, die Trennung und sein Leben ohne Anja. Eigentlich beginnt dieser Erzählstrang mit der Geschäftsreise in Genf, wo sie sich nach 12 Jahren plötzlich wiedersehen.


    Auch wenn die Zeitsprünge unvermittelt und abrupt kommen, verdichten sich allmählich die tiefgründigen Gefühle der Protagonisten, wie sie die Dinge sehen, müssen sich ehrlich eingestehen, was wirklich hinter dieser Affäre steckt, warum sie mit ihrem Leben nicht zufrieden sind. Erst durch die Briefe von Julian erfährt Anja, wie es ihm wirklich in den letzten Jahren ergangen war. Die Trennung von ihr hatte ihn tief getroffen, doch aus gekränkter Eitelkeit waren beide nicht in der Lage, sich abschließend zu erklären und trauerten lange um den jeweils anderen. Während ich Julians Briefe als sehr angenehm und zuweilen fesselnd fand, war mir Anjas Gedankengänge um die Affäre und ihre Ehe manchmal etwas zu viel.


    Obwohl es lange nicht danach aussieht, steuert die Geschichte auf ein dramatisches Ende zu. Ohne die ganze Zeit Hinweise darauf zu finden, wendet sich das Blatt plötzlich, aber doch authentisch und glaubhaft. Ich war buchstäblich geschockt und musste es erst mal verdauen.


    Die Vorleserin hat mit ihrer sinnlichen Stimme die Geschichte sehr gut betont. Allerdings ertönte gelegentlich ein Echo, wenn die Stimme angehoben wurde, das fiel mir schon deutlich auf. Da hätte man vielleicht etwas mehr auf die Akkustik achten können. Ansonsten wurde die Geschichte sehr gut von der Vorleserin transportiert und die Spannung stieg langsam aber stetig, denn es war irgendwann klar: Da kommt noch was Entscheidendes!


    Trotz der kleinen Kritikpunkte kann ich dem Hörvergnügen fünf Sterne vergeben, denn es hat mich von der ersten Sekunde an gefesselt.