Graham Norton - Ein irischer Dorfpolizist / Holding

  • Gleich zu Beginn des Buches lernen wir den stark übergewichtigen, gehemmten und etwas phlegmatischen Dorfpolizisten PJ kennen. Unverhofft werden im Ort Duneen auf der Baustelle eines Neubaugebietes die Überreste einer Leiche gefunden. Zunächst will PJ nur unbedingt überregionale Unterstützung anfordern, aber als diese dann unterwegs ist, überkommt ihn dann doch Bedauern, dass sie ihm dann sicher den Fall abnehmen werden. Noch bevor sie eintreffen hat er sogar schon eine Spur. Wie ihm zugetragen wird, gibt es seit langer Zeit einen Vermisstenfall. Thomas Burke ist damals auf geheimnisvolle Weise verschwunden und wurde von niemandem mehr gesehen oder gehört.


    Aus Cork wird Detective Superintendent Linus Dunne entsannt, der gleich nicht viel von „Sumo“ PJ hält. Umgekehrt hält PJ den Mann aus Cork für einen widerlichen Typen und unerträglichen Schwachkopf. Zwischen den beiden entwickelt sich mit der Zeit eine interessante Beziehung.


    Dem Dorftratsch muss nachgegangen werden. PJ würde selber so gerne eine der Vernehmungen durchführen, aber dann hat er auch wieder Ängste zu versagen. Trotzdem führt er dann das erste Gespräch mit Evelyn Ross, die damals in Thomas verschossen war.


    PJ ist 53 alt und eingefleischter Junggeselle, und plötzlich interessieren sich zwei Frauen gleichzeitig für ihn. Wieder haben Evelyn und Brid Riordan ein Auge auf denselben Mann geworfen. Trotz aller Unerfahrenheit zeigt sich nach und nach, dass die Ermittlungsarbeit ihm doch ganz gut von der Hand geht, irgendwie hat PJ doch eine gewisse Begabung dafür und kommt voran.


    Dann springt das Buch um mehrere Monate und geht in Teil 2 im Frühjahr weiter. Es kommt zu interessanten weiteren Entwicklungen und am Ende ereignet sich ein rasantes Finale. Alle Geheimnisse werden aufgeklärt.


    In diesem recht ruhigen Buch steht der Kriminalfall nicht so sehr im Mittelpunkt. Es geht sehr viel um das Zwischenmenschliche unter den beteiligten Personen und Dorfbewohnern. Auch für PJ finden ungeahnte Interaktionen statt. Nachvollziehbar wird das eigene Hadern im Zusammenhang mit Fresslust oder Alkoholmissbrauch dargestellt. Keine der Personen ist besonders sympathisch, man kann sich mit keinem der Protagonisten richtig identifizieren. Alle Charaktere sind jedoch detailreich ausgearbeitet, Mitleid prägt das Gefühl für die Handelnden. Anschaulich wird ein schlichtes Polizistendasein im ländlichen Irland beschrieben. Es dreht sich vieles um das Verharren im Vergangenen, unerfüllte Lebenskonzepte und wirtschaftliche Zwänge. Auch dieses Buch ist wieder eher ein Familiendrama als ein spannender Krimi zum Mitraten.


    Fazit: Ein ruhiger, nachdenklicher ländlicher Krimi.

    4 von 5 Punkten

  • Vorab: dieses Buch ist eine Mischung aus Cover-, Verlags- und Titel-Kauf, der Autor sagte mir nichts. Als ich dann aus dem Klappentext erführ, dass Graham Norton ein britischer Talkmaster ist und ich ihn googlete, hatte ich fast schon keine Lust mehr auf das Buch, da er mich nicht so wirklich begeistern konnte. Und anfangs tat ich mich auch schwer, in die Geschichte reinzukommen aber irgendwie zog es mich trotzdem immer wieder zum Buch hin - so dass ich heute die zweite Hälfte in einem Rutsch durchgelesen habe und das Buch mit :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: bewertet habe.

    Der Stil ist schnörkellos und teilweise etwas derb, was meine Erwartungen anfangs nach unten korrigierte. Doch im weiteren Verlauf bekamen die Protagonisten immer mehr Tiefe, was auch an Graham Nortons Talent liegt, Charaktere zu beschreiben und Ihnen im Verlauf der Story immer mehr Farbe zu verleihen.

    Die Geschichte ist authentisch erzählt und lebt von pointierten erzählerischen Details ohne auszuufern - ich kannt mir vorstellen, dass die Story genau so passiert, nichts wurde übertrieben aber langweilg war es auch nicht.

    Es geht in der Story zwar um Mord aber ich finde nicht, dass dieses Buch ein typischer Krimi ist, es ist ebenso Liebesgeschichte wie ein wenig Schicksalsroman - aber das macht in meinen Augen das Buch gerade so charmant.

    Isenhart musste grinsen, ihre Blicke begegneten sich. "Du hast nur tausend Mal", wisperte er.
    Konrads müdes Schmunzeln wuchs sich zu einem breiten Grinsen aus. "Ich verrat dir was", flüsterte er zurück, "das ist Mumpitz."


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  • Ich habe die englische Ausgabe gelesen, im Urlaub habe ich das Buch gesehen und habe mich an ein anderes Buch fes Autors erinnern, das mir sehr gut gefallen hat. Da ist Holding wie von selbst in meine Tasche gehüpft (natürlich erst, nachdem ich es bezahlt habe ;) )


    Ich hätte die Geschichte nicht bei den Krimis eingeordnet. Sicher, es gibt Tote, aber für mich ist es mehr eine Gesellschaftsstudie. Graham Norton beschreibt die Charaktere mit allen Facetten und von allen Seiten. Man muss aufmerksam lesen, denn die Beobachtungen der Einwohner des Dorfs und das, was sie übereinander sagen und denken, machen das Bild erst rund.


    Von Anfang an habe ich eine gewisse Traurigkeit gespürt, die über dem kleinen Ort wie eine Wolke hing und ich hatte den Eindruck, als ob viel mehr passiert ist, als der Autor anfangs erzählte. Der Eindruck hat sich bestätigt. Manches war vorhersehbar, anderes hat mich überrascht.


    Ein bisschen war ich versucht, die Geschichte als "typisch irisch" zu bezeichnen, weil sie viele Elemente hat, die ich in Romanen, die in Irland spielen, schon so oder ähnlich gelesen habe. Viel Neues hat der Autor also nicht erzählt, aber die Art, wie er seine Geschichte erzählt hat, hat mir sehr gut gefallen.

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