Lize Spit - Und es schmilzt / Het Smelt

  • Kurzmeinung

    Emili
    Kein Wohlfühlroman. Eine tragische und dramatische Geschichte, die ich so nicht erwartet habe.
  • Kurzmeinung

    elmores
    Es gab ein paar köstliche Lacher, aber alles in allem viel zu kompliziert und langatmig...
  • Auf jeden Fall zeigen unsere vielen Überlegungen und Gespräche hier, dass es sich doch irgendwie um ein sehr außergewöhnliches Buch handelt.

    Das auf jeden Fall.
    ...und wenn ich darüber nachdenke, dass die Autorin selbst von der "Leichtigkeit des Romans in seinem Humor" gesprochen hat, dann kommen mir einige Fragezeichen auf die Stirn. Womöglich wollte sie gar nichts so Tiefschürfendes schreiben sondern fand das alles auch nur spaßig und drollig. :-k

  • sondern fand das alles auch nur spaßig und drollig

    In diesem Fall kann man nur hoffen, dass das Buch nicht einer Betroffenen in die Hände fällt. Die findet das nämlich sicher nicht spaßig und drollig.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • ...und wenn ich darüber nachdenke, dass die Autorin selbst von der "Leichtigkeit des Romans in seinem Humor" gesprochen hat, dann kommen mir einige Fragezeichen auf die Stirn. Womöglich wollte sie gar nichts so Tiefschürfendes schreiben sondern fand das alles auch nur spaßig und drollig.

    Also als humorvoll würde ich den Roman nun mal gar nicht einstufen. Ich hab ja schon einen starken Drang zu schwarzem Humor, aber auch den konnte ich hier nicht finden - und er wäre auch irgendwie fehl am Platz gewesen.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Ups - einmal im falschen Thread...

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Über das Buch:

    Genre: Roman
    Verlag: S. Fischer
    Format: Hardcover
    ISBN: 9783103972825
    Preis: 22,00 Euro
    Erschien: 2017
    Originalsprache: Holländisch
    Originaltitel: Het Smelt erschien 2016
    Seiten: 505

    Inhalt:

    Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit. Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie sie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf - mit einem großen Eisblock im Kofferraum.

    Das Cover:

    Ich fand das Cover zu schlicht. Dafür was im Buch abging, war das Cover echt zu harmlos.

    Die ersten 3 Sätze:

    Die Einladung traf vor drei Wochen ein und war übertrieben frankiert. Das Gewicht der Marken, das ja zusätzliches Porto gekostet haben musste, stimmte mich zunächst hoffnungsvoll: Es gibt immer noch Dinge, die einander möglich machen. Ich fand den Umschlag zuoberst auf einem der beiden Posthäufchen - einen Dutzend Briefe und Flayer, die gleich hoch gestapelt vor meiner Tür lagen.

    Meine Meinung:

    Oh Mann, dieses Buch war echt heftig. So offen geschrieben und die Autorin hat Szenen beschrieben, die wir uns gar nicht zu denken wagen.
    Ich fand auch, das manches zu weit ging. Das die drei jungen Protagonisten (Eva, Lauren und Pim) oft sehr schreckliche sexuelle Spiele spielten, die schon fast an sexuelle Belästigung grenzten.
    So, wie sie es beschrieben haben, echt ekelhaft. Auch das Eva am Ende nicht schreckliches Erfahren musste und wie es beschrieben wurde, ging gar nicht.
    Mir tat auch Eva oft leid, wie sie bei ihren Eltern aufgewachsen ist. Der Vater ging ja mal gar nicht. Er war ein richtiges Arschloch.
    Das Buch war zwar fesselnd, aber es ging mir oft sehr unter die Haut. So heftig und offen war es geschrieben. Man wollte schnell weiter lesen, weil es so spannend war, aber man traute sich nicht weiter zu lesen, weil man Angst hat, was wohl auf der nächsten Seite passiert.
    Das Eva und die anderen Protagonisten sind so ehrlich und schockierend geschrieben, das man froh ist, sie nicht in echt zu kennen.
    Ich war echt froh, als ich das Buch durch hatte, obwohl das Ende auch sehr schockierend war.
    Das Buch hat einen auch noch, nach dem Lesen sehr beschäftigt.
    Woran ich mich auch erst gewöhnen musste, war das Hin und Hergespringe zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Das war oft sehr verwirrend und anstrengend.

    Fazit:

    Eine sehr erschreckende und offene Geschichte, die mir oft zu krass war.

    Über die Autorin:

    Lize Spit wurde 1988 geboren, wuchs in einem kleinen Dorf in Flandern auf und lebt heute in Brüssel. Sie schreibt Romane, Drehbücher und Kurzgeschichten. Ihr erster Roman "Und es schmilzt" stand nach Erscheinen ein Jahr lang auf Platz 1 der belgischen Bestsellerliste und gwann zahlreiche Literaturpreise, darunter das Bronzen Beil Preis für den besten Debütroman und den Deutsch National Bookseller Award.

    Wie viele Sterne?

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Ein Tag ohne ein Buch, ist ein schlechter Tag! :study:


    Gelesene Bücher 2015: 176
    Gelesene Bücher 2016: 165
    Gelesene Bücher 2017: 165
    Gelesene Bücher 2018: 151

    Gelesene Bücher 2019: 17

  • Inhalt

    Die Icherzählerin Eva ist auf den Hof ihres Jugendfreundes Pit zur Einweihung seines neuen Melkcomputers und zugleich zum Gedenken an seinen verstorbenen Bruder Jan eingeladen. Eva stammt aus Bovenmoor, einem kleinen flämischen Polderdorf und ist wie die Autorin Lize Spit 1988 geboren. Ihr Bruder Jolan ist drei Jahre älter, Schwester Tesje drei Jahre jünger. Auf den Weg nach Bovenmoor nimmt Eva eine Eisplatte mit, die sie für diesen Zweck in der Kühltruhe der Nachbarn gefrieren ließ. In Rückblenden erinnert sie sich an die Ereignisse im Sommer 2002, als sie 13 war und mit Laurens, dem Schlachtersohn, und Pim, dem Bauernsohn, als die „Drei Musketiere“ unterwegs war. Weil in ihrem Jahrgang zu wenige Kinder geboren wurden, unterrichtete die Lehrerin die Dreierbande als Beiklasse zusammen mit eine älteren Klasse. Eva wächst in einer dysfunktionalen, desinteressierten Familie auf; die Eltern trinken und sind vermutlich psychisch krank. Die jüngere Schwester Tesje zeigt eine Reihe von beunruhigenden Zwängen, so dass Eva für ihre Eltern und ihre Schwester stets mit dem Schlimmsten rechnet, wenn sie ins Haus der Familie zurückkehrt. Nur in Häusern, in denen keine Katastrophen lauern, fühlt sie sich sicher. Monströse Ereignisse zogen Eva schon immer an; denn wer im Dorf etwas darstellen wollte, musste etwas zu erzählen haben. Pim und Laurens nehmen bei den Drei Musketieren die Rollen obsessiver Forscher ein, sie befassen sich zunächst theoretisch mit den Körpern der Mädchen aus ihrer Schule. Eva dient bei sonderbaren Spielen ihrer Freunde als Scriptgirl und Komplizin, sie agiert wie ein Junge, der irritierender Weise eine Menstruationsblutung bekommt. Mit den Veränderungen ihres Körpers bleibt sie alleingelassen und vertraut sie nur den Lesern des Romans an.


    Nach nostalgischen Exkursen in die 90er Jahre mit gelungenen Bildern und Dialogen eskalieren die pubertären Streiche von Laurens, Pim und ihrer willigen Assistentin in einem Gewaltexzess, der mich in seinem Ausmaß ratlos zurückließ. Ob im Dorf fern von Hilfsangeboten niemand den psychischen Abstieg der Familie de Wolf und das Abgleiten der Drei Musketiere wahrgenommen haben will, habe ich mich gefragt. Bei drastischen Gewalt- und Vernachlässigungs-Szenen wie hier kann weniger oft mehr sein.


    Fazit

    Als Shooting Star der Flämischen Literatur legt Lize Spit einen Roman über Pubertierende in der flämischen Provinz vor, dessen Gewaltszenen mich in ihrem Umfang abstießen. Die gleichmütige Reihung von Gewalt und Vernachlässigung wirkte als schier unglaublicher Sumpf aus Beschränktheit und Gewalttätigkeit in der belgischen Provinz. Die erwachsene Protagonistin protokolliert, ohne im Rückblick zu reflektieren, wie sie sich in die gewalttätigen Machenschaften ihrer Freunde verstricken konnte. Kaum zu glauben, dass so etwas zu Beginn unseres Jahrhunderts stattfinden konnte, aber die Schilderung wirkte auf mich wie ein Wettbewerb um die krasseste Pubertät und die hinterwäldlerischste Provinz. Wer bisher meinte, in einem engstirnigen Kaff eine schreckliche Kindheit verbracht zu haben, wird sich eines Besseres besinnen … Das Rätseln um Jans Tod, um den Zweck der Eisplatte und die über allem drohende Eskalation bauten zwar von Anfang an Spannung auf, aus der Feder einer inzwischen erwachsenen Erzählerfigur ist mir diese Reihung ohne Reifung der Figur jedoch zu schlicht gestrickt. Mir fehlt ein tieferer Einblick in Sein und Bewusstsein von Spits Figuren aus Evas Sicht. Um in den Hype um einen 500-Seiten-Erstlingsroman einzustimmen, genügen mir nüchtern wiedergegebene Gewaltszenen nicht. Spits Erstling wirkt leider nur wie ein Wallpaper zum Foto-Shooting für die Marke Lize Spit.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Habe das Buch gerade eben zu Ende gelesen und mir dann mal den Thread angeschaut, um zu sehen, was das Buch bei jedem von Euch ausgelöst hat.

    Nicht alle Fragen waren am Ende für mich geklärt: Woher haben die Drei die


    Das Ende ließ mich unzufrieden zurück. Zwar war mir irgendwann klar, dass der Eisblock

    Zum 1. Spoiler (und da bin ich mir tatsächlich sehr sicher :D):

    Zum 2. Spoiler:

    Sie hätte schon längst Geheimnisse aufdecken können (z.B. das Rätsel); dass sie es nicht tut, hat keine Logik, und auch der Zeitpunkt der Offenlegung ist willkürlich ohne Bezug zur dramatischen Konstruktion.

    Dass das Rätsel erst ganz zum Schluss aufgelöst wird, hat mich nicht gestört. Eine frühere Offenlegung hätte nur den Spannungsbogen unterbrochen. Ich hatte auch gar nicht das Bedürfnis, zwischendurch mitzurätseln wie bei einem Krimi, weil ich das Buch nicht als Krimi gelesen habe. Für mich ist es das Psychogramm einer nicht funktionierenden Dorfgemeinschaft und zeigt auf, wie Dinge aus dem Ruder laufen können, wenn man nicht hinschaut.


    Dem Spoiler stimme ich voll und ganz zu und auch ich finde nicht, dass das Rätsel früher hätte aufgelöst werden sollen. Ich gehöre auch zu denjenigen die das Rätsel um den Eisblock erst auf den letzten 100 Seiten gelöst haben (eben auch, weil ich es als Teil der Geschichte und nicht als vom Leser ernsthaft zu lösendes Rätsel empfunden habe) und da passte die Auflösung für mich auch genau dorthin :) Es gab einen kleinen "Aha"-Moment und alles fügte sich irgendwie zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.


    Auf jeden Fall ein Buch über das ich noch einige Zeit nachdenken werde!

  • Klappentext


    Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit.


    Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum.

    Meine Meinung


    Eva bekommt eine Einladung zu einem Einweihungsfest in ihrem Heimatdorf - ein Auslöser, der all die Erinnerungen wieder aufleben lässt, die sie mit scheinbar kühler Distanz in all den Jahren in sich getragen hat. Diese Gefühlskälte spiegelt sich im Titel und auch in der Erzählweise wieder und zeigt überaus deutlich, wie distanziert die Protagonistin alles betrachen muss, um von der Flut der Gefühle nicht weggespült zu werden.


    Während man ihrem Weg nach Bovenmeer folgt, erzählt sie in der Ich-Perspektive aus ihrer Vergangenheit, ihrer Kindheit und ihrer Jugend in dieser scheinbaren "Dorf Idylle", bis hin zu dem verhängnisvollen Sommer im Jahr 2002. Dabei bleibt sie stets in einem nüchternen, unaufgeregten Stil, als wäre sie eher Beobachterin als Teilnehmerin. Allerdings merkt man schon zu Beginn, das etwas gehörig schief gelaufen ist und sich in ihrem Bericht aus der Vergangenheit etwas anbahnt, das ihr Leben für immer zerrüttet hat.


    Ich habe in einigen Rezensionen gelesen, dass diese Geschichte unnütz sei, zu brutal, zu offen - und wofür es gut sein soll, sowas zu veröffentlichen. Für manche mögen diese Einblicke ein Horrorszenario sein, für andere sind sie aber "Normalität". Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Menschen solche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben und damit irgendwie weiter- und überleben müssen. Es soll schockieren, natürlich, und es soll aufmerksam machen auf die vielen, im Herzen einsamen Seelen, die leiden und keine Chance sehen, auf ihren zerrüttenden Trümmern ihrer Vergangenheit ein "gutes" Leben aufzubauen.


    Evas Kindheit ist geprägt davon, dass sie sich nirgends zugehörig fühlt. Von den alkoholabhängigen Eltern nicht angenommen, von den Geschwistern auch nicht so recht wahrgenommen, klammert sie sich an die einzigen Menschen, die ihr zur Verfügung stehen: Pim und Laurens, zwei Jungs, die als einzige in dem kleinen Dorf in ihrem Alter sind und mit denen sie zumindest eine Art von Freundschaft verbindet. Sie ist gefangen in einer Abhängigkeit, einen Halt zu finden, doch entwickelt sich ihre Rolle in dem Dreiergespann in der Pupertät zu einer Art Zuschauer. Ihre verzweifelte Suche nach Akzeptanz und ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit lassen sie Entscheidungen treffen, die aus einem "Spiel" bitteren Ernst werden lassen und zu einer grauenvollen Tragödie führen.


    Durch den nüchternen Erzählstil konnte ich auf gewisse Weise Abstand halten. Vieles ist nur zwischen den Zeilen zu erkennen, manches aber auch in deutlichen Worten und einer emotionslosen Tragik, die erst nach und nach ihre Wirkung entfaltet. Man weiß aber, dass einem noch etwas schreckliches bevorstehen wird, man wartet geradezu auf diesen Moment, der einem dann wirklich den Boden unter den Füßen wegzieht.

    Es gibt explizite Details von Gewalt, der man sich vor dem Lesen klar sein sollte und die mir grade durch die rationale Beschreibung umso mehr unter die Haut ging. Diese Bilder werden einem wohl längere Zeit nicht mehr loslassen.


    "Zu grausam und überzogen", auch das hab ich in anderen Rezensionen gelesen, dem ich mich aber nicht anschließen kann. Ob man sowas jetzt lesen muss ist die andere Frage, aber es zeigt nunmal einfach in aller Deutlichkeit, was leider in der Welt passiert. Die Eva in dieser Geschichte ist "nur" ein Beispiel für viele Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, die mit ihren Erinnerungen leben müssen, die schreckliches durchlitten haben und keine Worte finden, um sich mitzuteilen. Deren Selbstwert kaum vorhanden ist und die so vieles über sich ergehen lassen, in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, weil sie es nicht schaffen, sich aus dieser "wertlosen" Rolle freizukämpfen.

    Die Details, die hier schockieren, sind auf jeden Fall heftig, aber anscheinend war es für die Autorin nötig, es in dieser Form aufs Papier zu bringen. Warum, diese Fragen werden wir nicht ergründen können, ich kann nur hoffen, dass sie auf keine eigenen Erfahrungen zurückgegriffen hat.


    Den Schutz, den Eva um sich aufgebaut hat, die "eingefrorenen" Gefühle, die sie nicht an sich herankommen lassen kann, schmelzen dahin wie der Eisblock, den sie im Kofferraum bei sich hat. Er scheint ihr einziger Ausweg, um ein für allemal mit der Vergangenheit abzuschließen und abzurechnen; für all ihre Hilflosigkeit und Einsamkeit ein Ende zu finden und endlich Gehör zu bekommen.


    Eine unendlich traurige, bittere Geschichte, die eine ungeschönte Realität zeigt, die ungern wahrgenommen wird. Eine "Sterne" Bewertung ist hier echt schwer, denn der Stil verlangt Durchhaltevermögen und ein dickes Fell - aber für den Mut, die Eindringlichkeit und Offenheit muss ich 5 Sterne vergeben.


    Weltenwanderer

  • Ich habe das Buch heute Nachmittag ausgelesen. Wenn ich nicht hier und bei Amazon in den Rezensionen gelesen hätte, daß das Buch so eine Tiefenwirkung hat und so einen Sog erzeugt, hätte ich bereits auf S. 50 abgebrochen, denn ich fand es ehrlich stinklangweilig. Man muß schon bis S. 400 durchhalten, wenn man den Teil lesen will, der vermutlich den erzählerischen Höhepunkt bildet oder zumindest eine Begründung für alles weitere liefert. Dieser "Höhepunkt" erschien mir allerdings so zwangsläufig, daß er quasi keiner war. Und danach passiert auch nicht mehr viel, wie eigentlich in dem ganzen Buch, und schon gar nicht das Richtige. Alle Figuren wirkten auf mich wie ferngesteuert, distanziert von sich selbst und von allem/allen anderen. Da frage ich mich also Leser, warum Figuren, die sich selbst so behandeln, von mir mehr erwarten dürfen sollten. Eva, die Hauptperson, bleibt sich selbst sogar in dem Moment, wo sie um Hilfe bitten könnte, so gleichgültig, daß sie es einfach läßt


    Was ich nicht gebraucht hätte, war, daß Spit mich als Leser



    Leider beinhaltet das Buch auch keine Triggerwarnung, was ich für ein Versäumnis halte - immerhin wurde darauf auch bei Amazon in den Rezensionen hingewiesen. Das Buch kann retraumatisieren.

    Wenn ich vorher gewußt hätte, worum es geht, hätte ich es nicht gelesen. Ich fühlte mich nach der Lektüre, als hätte ich eine Dusche nötig, und das schätze ich nicht an Dingen, die mich in meiner Freizeit unterhalten sollen.

    I will take with me the emptiness of my hands. What you do not have you find everywhere. (W. S. Merwin)


  • Das hast Du wunderbar rezensiert, Regenmann, das trifft ziemlich genau meine eigene Leseerfahrung damals. Dieser Roman ist m.E. nicht gut investierte Lesezeit.

    „Für die Leute, die einen zum ersten Mal besuchen, eine imposante Bibliothek entdecken und nichts Besseres zu sagen wissen als: "Haben Sie das alles gelesen?“, kenne ich mehrere Antworten. [...] Die erste ist: "Nein. Das sind nur die Bücher, die ich nächste Woche lesen muss. Die, die ich schon gelesen habe, sind in der Universität." Die zweite Antwort lautet: "Ich hab keins dieser Bücher gelesen. Warum würde ich sie sonst hier aufbewahren?“

    — Umberto Eco

  • Das Buch kann retraumatisieren.

    [...] Ich fühlte mich nach der Lektüre, als hätte ich eine Dusche nötig, und das schätze ich nicht an Dingen, die mich in meiner Freizeit unterhalten sollen.

    Danke für die klaren Worte! Da weiß ich schon einmal, was ich nicht lesen werde.

  • Danke für deine Rezension Regenmann

    Damit ist für mich klar, dass ich dieses Buch nicht lesen werde, denn so eine Szene würde ich vermutlich nicht oder nur sehr schwer ertragen. Ich habe ja von Fitzek Passagier 23 abgebrochen und da wird sowas nur angedeutet und nicht noch ausführlich beschrieben. Trotzdem habe ich es nicht ertragen.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)