J. Paul Henderson - Der Vater, der vom Himmel fiel/The Last of the Bowmans

  • Kurzbeschreibung (Verlagsseite)
    Sieben Jahre haben die Bowman-Brüder Billy und Greg nicht miteinander gesprochen, als ihr Vater plötzlich stirbt und Greg, das einstige schwarze Schaf der Familie, zurückkommt. Was er vorfindet, ist ein bröckelndes Elternhaus, Onkel Frank, der mit 80 einen Banküberfall plant, und eine beunruhigende Erinnerung mit pinkfarbenen Haaren. Da braucht es – neben viel Phantasie – schon übersinnliche Hilfe, um den väterlichen Auftrag zu erfüllen: aus alldem wieder eine Familie zu machen.


    Über den Autor (Verlagsseite)
    J. Paul Henderson, geboren 1948 in Bradford, Yorkshire, studierte Amerikanistik und promovierte über Darlington Hoopes (den letzten sozialistischen Präsidentschaftskandidaten der USA). Nach Gelegenheitsjobs als Gießer, Busfahrer und Finanzbuchhalter arbeitete er als Vertriebschef für den New Yorker Sachbuchverlag Wiley-Blackwell. Inzwischen wohnt er wieder in Bradford. Nachdem seine Mutter Alzheimer bekommen hatte und gestorben war, wurde er mit einem unernsten Roman über ein ernstes Thema, ›Letzter Bus nach Coffeeville‹, zum Schriftsteller.


    Meine Meinung
    Eine kuriose Familiengeschichte, deren Titel zwar passt, mir aber nicht so gut gefällt. Eigentlich ist diese Art betont origineller Romantitel langsam ausgelutscht, meine ich.


    Hier geht es nun um die Bowmans, speziell um die männlichen Familienmitglieder. Gleich auf den ersten Seiten verliert Lyle Bowman, der Vater von Greg und Billy, unter aberwitzigen Umständen das Leben. Auch die anschließende Beerdigung kommt reichlich skurril daher, so dass ich mir trotz des eher traurigen Anlasses das Grinsen nicht verkneifen konnte. Dieser eigenwillig-hintersinnige Humor prägt besonders den Einstieg, flackert aber auch in der Folge immer wieder auf.


    Einen „vom Himmel fallenden Vater“ hätte es für mein Empfinden nicht unbedingt gebraucht, um die Geschichte auf ihren Weg zu bringen. Aber gut, Lyle Bowman darf also aufgrund etwas seltsamer Umstände für zwanzig Tage zurück in die Welt der Lebenden, dort allerdings nur mit einer einzigen Person und nur an einem ganz bestimmten Ort kommunizieren. Er entscheidet sich für sein altes Haus und für seinen jüngeren Sohn Greg, das schwarze Schaf der Familie. Nachdem Greg den ersten Schrecken überwunden hat, erfüllt er den Wunsch des verstorbenen Vaters und ergründet die Geheimnisse von Onkel Frank und Bruder Billy. Zum ersten Mal übernimmt Greg Verantwortung, etwas, das er Zeit seines Lebens vermieden hat.


    Nach dem furiosen Beginn wird es ruhiger, ernster und geht mehr in die Tiefe der innerfamiliären Beziehungen. An manchen Stellen verläuft sich die Geschichte für meinen Geschmack ein wenig zu sehr in Erinnerungen und Familienanekdoten, da gibt es schon mal die ein oder andere Länge, dochinsgesamt habe ich mich mit den Bowmans gut unterhalten. Die engstirnige Kleinstadtatmosphäre, die eigenwilligen, teilweise kauzigen Figuren, die Dialoge, alles ist ein bisschen überzeichnet, aber mit einem durchaus glaubhaften Kern. Besonders amüsiert habe ich mich mit den Auftritten von Onkel Frank und der kleinen Katy.


    Das Ende hätte ich dann in dieser Form nicht gebraucht, zu künstlich und zu aufgesetzt. Ein paar Seiten vorher hätte für michSchluss sein dürfen.


    Wechselweise anrührend, witzig situationskomisch, aber auch mal etwas langatmig, alles in allem ein unterhaltsamer Roman um die Irrungen und Wirrungen der Familie Bowman. Eine Stelle aus dem Buch spiegelt den Kern der Geschichte ganz gut wider: „ Das musste Bowman-Liebe sein, vermutete Greg: stillschweigend, peinlich berührt, aber immer da“.



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  • skurrile Familiengeschichte


    In dieses Buch geht es um die Familie Bowmans, speziell um die männlichen Familienmitglieder. Auf den ersten Seiten verliert der Vater der Familie Lyle Bowman das Leben (das ganze wurde komisch dargestellt, ich persönlich finde das aber nicht so lustig). Die anschließende Beerdigung wird sehr skurril dargestellt - auch ich musste da ab und an Grinsen.


    Die Protagonisten sind vom Charakter her sehr ausgeprägt -was das Buch für mich sehr interessant macht. Das ganze Buch ist von einem (mehr oder weniger) komischen/witzigen/skurrilen Faden geprägt - das Buch bietet tolle Unterhaltung. Ich konnte aber an den Stellen, wo es vorgesehen/gewünscht wäre, nicht immer lachen, aber habe mich dennoch gut unterhalten gefühlt.

  • Der Vater der vom Himmel fiel, Familienroman von J. Paul Henderson, 340 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.
    Eine wunderschöne Geschichte über skurrile Typen, Familiengeheimnisse übersinnliche Geschehnisse, erzählt in feinstem britisch-schwarzem Humor.
    Lyle Bowmans Tod war eigentlich ein Versehen. Der alte Mann vertauschte das Glas in dem er sein Antibiotikum aufgelöst hat, mit dem Glas Terpentin, in das er seinen Pinsel stellen wollte. Vom falschen Getränk etwas benommen, überquerte er etwas später unvorsichtig die Straße, wurde von einem Bus überfahren und starb. Sieben Jahre haben die beiden Söhne des Verstorbenen, Billy und der zur Trauerfeier aus den USA angereiste Greg, nicht mehr miteinander gesprochen. Greg der sich um das Haus kümmern soll, wird vom „Geist“ seines Vaters heimgesucht. Er soll das in Ordnung bringen, was Lyle zu Lebzeiten nicht mehr geschafft hat. Die Familie wieder zusammenbringen, das Geheimnis seines älteren Bruders aufdecken und herausfinden, was der verschrobene Onkel Frank so alles plant. Kann es Greg gelingen, vor seiner Abreise, das Vermächtnis seines Vaters zu erfüllen?
    Die Geschichte ist im auktorialen Erzählstil verfasst. Die witzigen Dialoge beleben die Erzählung enorm, deshalb fiel es mir schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Immer wieder musste ich schmunzeln, selbst Lyle’s Trauerfeier ist überaus vergnüglich geschildert. 10 Kapitel, die in Abschnitte aufgeteilt und mit zum Inhalt passenden Überschriften versehen sind,dadurch ist der Roman sehr übersichtlich. Ein dazu flüssiger Erzählstil und herrlich charaktertiefe Personen machen die Lektüre zu einem besonderen Lesevergnügen. Ein tolles Buch, Hardcover mit rotem Leineneinband. Darüber der Schutzumschlag, mit dem leider im Diogenes-Verlag üblichen, nichtssagenden Titelbild. Nichts desto trotz hat mir das Lesen dieses Romans ein ganz besonderes Lesevergnügen beschert, so gut habe ich mich selten unterhalten gefühlt.
    Die Charaktere waren durchgehend interessant und glaubwürdig dargestellt. Eine Familie in der jeder ein Geheimnis oder zumindest „ein Rad ab hat“. Meine allerliebste Figur war natürlich Onkel Frank, schrullig, eigensinnig und stocktaub. Die Sprüche die Frank draufhatte, in unglaublicher Situationskomik, wer hätte nicht auch gerne so einen Onkel in der Familie. Billy, der ältere Bruder machte im Laufe der Geschichte die größte Entwicklung durch, er schafft es sein „Problem“ zu lösen ihm geht es am Ende der Geschichte sehr viel besser. Am wenigsten charakterlich verändert hat sich Greg, seine Bindungsängste haben sich ein Jahr später scheinbar auch nicht verbessert. Kathy, die sich immer gerne in den Mittelpunkt stellt, Mrs. Turton die neugierige Nachbarin, mit ihrem Hang in jedem Menschen einen Kriminellen zu vermuten oder auch Jean’s Mutter Betty die sich so köstlich komische Wortgefechte mit Onkel Frank liefert. Sie alle wollte ich eigentlich nicht gehen lassen - ein Buch bei dem man nicht will, dass es endet. Die Story ist so witzig wie es die Leseprobe verspricht. J.P. Henderson hat es geschafft mich zu überraschen. Nicht nur humorvolle Szenen sondern auch tiefgründige Weisheiten werden hier geboten, z.B. „die mit der lautesten Meinung sind für gewöhnlich die, die am Wenigsten wissen“. Vorliegender Familienroman war ein absolutes Lesehighlight, dafür von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung und begeisterte 5 Sterne.
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    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Very british - Kurzurlaub vom Tod.
    Das Cover ist typisch Diogenes Verlag, also mit Verlagswiedererkennung. Die Inhaltsangabe und der Buchtitel lassen einen den Roman in die Hand nehmen und Neugier erwecken. Obwohl im Klappentext ein Fehler vorhanden ist. Frank ist nicht der Sohn von Lyle Bowmann.
    Zum Inhalt:
    Lyle Bowman trinkt statt seines Antibiotikums, wegen seines nächsten Zahnarztbesuches-, das Glas mit Terpentin leer. Er war danach wie auf Speed, als er sein Lieblingsnaschwerk, den Double Decker holen will. Beim Überqueren der Straße wird er von einem Bus angefahren und stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Sein letzten Worte: Double Decker. Ein junge Mann antwortet, nein kein Double Decker es war ein normaler Bus.
    Lyles Beerdigung ist schon eine sehr skurrile Angelegenheit. Der Reverend weiß nicht was er noch alles sagen soll und Lyles Enkelin tanzt und singt in der Kirche einen Britney Spears Song. Wahrlich ein kurioses Begräbnis.
    Dann taucht auch endlich Lyles ältester Sohn Greg auf. Greg ist nach sieben Jahren, das erste Mal wieder in der Heimat. Nach einem Streit mit Billy seinem Bruder.
    Es beginnt eine Geschichte mit einer Aussöhnung zwischen den beiden Brüdern. Die Enthüllung vieler Geheimnisse die durch Lyle an seinen ältesten Sohn Greg weitergegeben werden. Lyle hat vom Himmel Heimaturlaub erhalten. Für 20 Tage. Ist aber nur für Greg sichtbar. Die Familiengeschichte wird aufgerollt, von den verstorbenen Großeltern bis hin zur Gegenwart. Billys Fußpsychose und Greg Angst vor einer festen Bindung. Und natürlich Onkel Franks Cowboywelt.


    Mein Fazit:
    Dem Autor J. Paul Henderson ist hier eine Geschichte gelungen, die einen doch einigen Lachfalten mehr ins Gesicht treibt. Ich musste oft an die Geschichten von Monty Python denken. Ein sehr unterhaltsamer aber auch zum Nachdenken anregender Roman. Eine Familie entdeckt Geheimnisse und versucht vorhandene Probleme zu lösen.
    Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Keine Sätze die nur zu Füllung der Seiten dienen. Was mittlerweile ja schon selten vorkommt.


    Für mich ist der Roman ein sehr gelungenes Werk. Ich kann hier eine klare Leseempfehlung aussprechen und vergebe hier die volle Punktzahl.

    :lol::totlach: Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde (chinesisches Sprichwort)

  • DIE SCHRÄGE FAMILIE BOWMAN


    „Der Vater, der vom Himmel fiel“ ist ein Titel, der mir für dieses Buch nicht eingefallen wäre. Ich finde ihn unpassend. Der Originaltitel führt im Deutschen aber auch in die Irre: „The Last of the Bowmans“.
    Mir machte die Geschichte um die Familie Bowman sehr viel Freude. Das eine um das andere Mal konnte ich mich eines Schmunzelns nicht erwehren. Ab und zu war es auch ein lauter Lacher, denn eine Pointe jagte die nächste. So viele schräge Typen auf einen Haufen hat man wirklich selten. Da ist zunächst der 83jährige, noch recht muntere, Süßigkeiten liebende Lyle Bowman, der durch eine unglückselige Verwechslung unter einen Bus und damit zu Tode kam. Auf den Einfall ihn als Geist nochmals zurückkehren zu lassen in sein Wohnhaus, muss man erst einmal kommen. Er erscheint seinem jüngeren Sohn Greg, ausgerechnet dem schwarzen Schaf in der Familie. Lyle bittet ihn, in einer relativ kurzen Frist, die ungelösten Dinge in der Familie positiv zu klären. Damit wird Greg zum ersten Mal in seinem Leben in eine Verantwortung genommen, die nicht nur ihn selbst betrifft. Er ist nämlich ein richtiger Lufthut. Nun wird er „gezwungen“ genauer hinzusehen, was mit seinem Bruder Billy und seinem Onkel Frank nicht stimmt. Beide verhalten sich mehr als seltsam. Greg verbleibt nur eine kurze Frist, um hinter deren Probleme zu kommen. Der nochmalige irdische Aufenthalt seines Vaters ist von sehr kurzer Dauer. Die Zeit läuft unerbittlich...
    Wie Henderson die Geschiche vorantreibt, welche Einfälle er verarbeitet, das muss man gelesen haben. Bis in die Nebenhandlungen hat er die witzigsten, skurillsten Figuren geschaffen. Ich nenne nur die Großeltern Bowman (schräger geht es nicht mehr) und natürlich die Nachbarin Mrs. Turton.
    Einen Satz möchte ich herausgreifen, um zu zeigen, wie Henderson mit Worten umzugehen weiß. Auf Seite 210 sagt der Vater Lyle zu seinem Sohn Greg:
    „Ich bin tot und habe eine Deadline einzuhalten.“
    Absolut urkomisch, dass sich der ältere Bruder Billy Bowman ausgerechnet in die Tochter eines Podologen verliebte und sie heiratete. Warum? Einfach lesen!
    „Der Vater, der vom Himmel fiel“ ist für mich feinster britischer und schwarzer Humor bis hin zu brüllender Komik. In einem wirklich gekonnt lässigen Schreibstil gelingen dem Autoren J. Paul Henderson auch die bittersten, ernsten Momente des Lebens leichter erscheinen zu lassen. Sein Humor blieb mir nicht im Hals stecken. Nein, er befreite.


    Ich empfehle dieses Buch und bewerte es mit fünf von fünf Sternen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: